Zensur ist ein elementarer und in der Theorie noch nicht hinreichend präzise bestimmter Sachverhalt in der Geschichte der Kommunikation. Das 18. Jahrhundert war für die Ausbildung der Praktiken der Zensur und ihrer Erörterungen eine bedeutsame Epoche. Zensur erfordert bei ihrer Erforschung Interdisziplinarität und Transnationalität. Sie lässt sich kaum auf bestimmte Jahrhunderte beschränken und ist g, geprägt von der Fülle des zumeist ungedruckten, in Archiven überlieferten Materials und von der Vielzahl der Systemkomponenten. Der Gegenstand der Zensur ist äußerst komplex. Der Begriff „Zensur“ wird auf der einen Seite angebunden an rechtliche Verfahren und Institutionen, also an das jeweilige Rechtssystem; auf der anderen Seite wird er, unterbestimmt, benutz als Synonym für eine gesamtgesellschaftlich, also sozial, politisch, religiös und kulturell vermittelte Kontrolle der Normen und Kommunikation von Rede, Schrift und Bild.
Instrument
Die Natur ist weder Feind noch Lehrmeister
Beim Thema „Natur“ prallen zwei Meinungen hart aufeinander. Für die einen gilt uneingeschränkt: „Macht euch die Erde untertan.“ Sie wollen den Pfad der Technik weiterbeschreiten und die Natur so vollständig wie möglich beherrschen. Bernward Gesang fügt hinzu: „Natur erleben sie vorrangig als eine Grenze. Eine Grenze unserer Freiheit und unseres Körpers, die uns Krankheiten und Tod bringt.“ Die Menschheit hat die Natur in der Geschichte der Zivilisation enorm verändert, und in der westlichen Welt, also da, wo der Mensch die Natur konsequent beherrscht, geht es fast jedem besser als je zuvor. Das ist das Fazit: Keiner muss mehr hungern, viele Seuchen sind verschwunden und die Lebenserwartung steigt stetig. Hat der Wohlstand die Menschen nicht glücklicher gemacht? Professor Dr. Bernward Gesang lehrt Philosophie mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsethik in Mannheim.
Nichts bewegt sich schneller als das Licht
Die vom Menschen vorgenommene Einteilung der Natur in sichtbare und unsichtbare Vorgänge hängt davon ab, dass Menschen ein Wissen um ihre Erlebnisse haben, ohne welches sie die Natur gar nicht auf diese Weise einteilen würden. Markus Gabriel erklärt: „Die physikalischen Einteilungen sind deswegen auch weit davon entfernt, auch nur annähernd so objektiv und vom menschlichen Subjekt unabhängig zu sein, wie uns dies oft weisgemacht wird. Vielmehr spiegelt die Sprache der Physik unsere menschlichen Erkenntnisinteressen.“ Man muss sich nur klarmachen, dass das gegenwärtige physikalische Weltbild auf der gut belegten Annahme aufbaut, dass sich innerhalb des kosmischen Horizonts, also innerhalb der vom Menschen beobachtbaren Natur, nichts in der Raumzeit schneller bewegt als das Licht. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.
Emotionen dienen der sozialen Kommunikation
Der Rolle der Gefühle hat als einer der Ersten Antonio Damasio erkannt. Der Neurologe, der fast sein ganzes Forscherleben dem Zusammenspiel zwischen Fühlen und Denken gewidmet hat, belegte, was Philosophen wie David Hume schon im 18. Jahrhundert postuliert hatten: Erst die Emotionen geben dem Verstand eine Richtung und dem Handeln einen Sinn. Ulrich Schnabel fügt hinzu: „Wer keinen Zugang zu seinen Gefühlen hat, dem fällt auch das sogenannte vernünftige Denken enorm schwer.“ Antonio Damasio ist fest davon überzeugt, dass ein Leben ohne Gefühle zwar theoretisch möglich, aber nicht von langer Dauer wäre. So sind Gefühle aus Sicht der Biologie entscheidende Instrument des Überlebens. Sie vermitteln wichtige Informationen, die man oft gar nicht bewusst zur Kenntnis nimmt, die einen aber dennoch leiten und steuern, weil man sie körperlich spürt. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.
Der Trompeter Till Brönner ist Deutschlands erfolgreichster Jazz-Star
Die Jazzmusik neu erfunden hat Till Brönner nicht, aber Musikalben unter anderem für Hildegard Knef, Manfred Krug und die No Angels produziert, mit Dave Brubeck, Chaka Khan und Natalie Cole gespielt und mit Carla Bruni, Sérgio Mendes und Annie Lennox zusammengearbeitet. Wohltemperiert und glasklar lässt Till Brönner seine entspannten Versionen der Klassiker aus dem Great American Songbook auf seiner neuen CD „The Good Life“ klingen. Wobei es im Text des instrumental gespielten Titeltracks nicht um die Annehmlichkeiten des Lebens geht, sondern um die Frage: Was ist man bereit, davon zu opfern für die wahre Liebe? Um am Ende etwas Echtes, etwas Bleibendes erhalten. Die meiste Zeit im Jahr lebt Till Brönner mittlerweile in Los Angeles.
Die alten ökonomischen Regeln scheinen außer Kraft gesetzt
Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft bis auf Weiteres jeden Monat für 80 Milliarden Euro Staatsanleihen und neuerdings auch Schuldpapiere von Unternehmen. Das bedeutet letztendlich auch, frisch gedrucktes Geld unter die Leute zu bringen. Für Wolfgang Kaden ist das hochgradig unsolide. Er kritisiert die schöne neue Wirtschaftswelt: „Kredite gibt es zum Nulltarif; die Notenbanken rund um den Erdball bunkern inzwischen tonnenweise Schuldpapiere der Regierenden; und wer Geld spart, muss womöglich mit Strafabschlägen rechnen.“ Die alten ökonomischen Regeln von ehrbarer kaufmännischer Rechnung scheinen außer Kraft gesetzt. Die Verschuldung, die schon in den vergangenen Jahrzehnten eine bemerkenswerte Häufung von Krisen und Crashs beschert hat, wird mit Hilfe der Notenbanken in immer lichtere Höhen getrieben. Wolfgang Kaden, der ehemalige Chefredakteur des „Spiegels“ und des „Manager Magazins“ gehört zu den renommiertesten Wirtschaftsjournalisten in Deutschland.
Große Veränderungen können durch kleine Anfänge entstehen
Eine gute Umgebung hat eine soziale Funktion. Sehr nützlich ist vor allem eine unterstützende Gemeinschaft. Sie macht es einfacher, eine Gewohnheit zu üben, und gleichzeitig schwerer, eine Gewohnheit nicht zu pflegen. Die Einbeziehung von anderen Menschen bei einer Veränderung einer Gewohnheit ist empfehlenswert. Der Kontakt zu solchen Personen ist zu suchen, die die gewünschte Gewohnheit bereits praktizieren. Viele Menschen können sich erfahrungsgemäß auf Situationen, die sie schon im Geiste durchgespielt haben, leichter einstellen. Das Instrument der mentalen Vorwegnahme ist für die Einführung einer neuen Gewohnheit sicherlich von Nutzen. Eine Gewohnheit ist ein Teil dessen, was das Leben und die Persönlichkeit ausmacht. Durch eine neue Gewohnheit verändern sich auch die Wahrnehmungsmuster einer Person. Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat unter anderem eine Professur am Londoner King´s College inne.
Das menschliche Handeln wird durch das Temperament geleitet
David Hume als vorurteilsloser Betrachter menschlichen Handelns stellt fest, dass die Menschen fast vollständig durch die Art ihres Wesens und ihr Temperament geleitet werden und dass allgemeine Maximen nur geringen Einfluss haben, wenn sie nicht den persönlichen Geschmack oder das individuelle Gefühl ansprechen. David Hume nennt ein Beispiel: „Wenn jemand moderate Leidenschaften und einen wachen Sinn für Ehre und Tugend hat, wird sein Verhalten stets den Regeln der Moral entsprechen, oder er wird, sollte er von ihnen abweichen, ohne Mühe und schnell zu ihnen zurückkehren.“ Wenn aber jemand auf der anderen Seite von Natur aus ein so pervertiertes Gemüt besitzt und von solcher Fühllosigkeit und Unempfindlichkeit ist, dass er für Tugend und Menschlichkeit keinen Geschmack hat, dass er keine Zuneigung zu seinen Mitgeschöpfen empfindet und dass er keinen Wunsch verspürt, Achtung und Beifall anderer zu finden, dann muss er als ein unheilbar Kranker gelten, für den auch die Philosophie kein Heilmittel bereithält. David Hume, der von 1711 bis 1776 lebte, gehört zu den Klassikern der europäischen Philosophie.
Serge Latouche vertritt das Konzept der Wachstumsrücknahme
In der jüngsten Zeit ist in den unterschiedlichsten Medien der Begriff „Degrowth“ zu lesen. Selbst die Politik beschäftigt sich seit Neuestem mit der Wachstumsrücknahme – nicht nur die Grünen. Serge Latouche fügt hinzu: „Außerdem steht Degrowth im Mittelpunkt der zunehmend militanten regionalen wie lokalen Proteste gegen Großprojekte.“ In Italien und Frankreich und neuerdings auch in Spanien und Belgien bilden sich spontan Gruppen die dem unendlichen Wachstum kritisch gegenüberstehen. Sie organisieren Demonstrationen und Protestmärsche und richten Netzwerke ein. Außerdem ist der wachstumskritische Ansatz die Basis von individuellen wie gemeinschaftlichen Aktionen. Dazu zählen auch Zusammenschlüsse von Verbrauchern, die einen bewusst schlichten Lebensstil propagieren. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.
Die meisten Europäer lehnen genmanipulierte Lebensmittel ab
Das geplante Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) ist äußerst umstritten. Der deutsche Verbraucherschützer Thilo Bode bezeichnet sich prinzipiell als Befürworter des freien Handels, ist aber strikter Gegner von TTIP. Thilo Bode schreibt in seinem Buch „TTIP. Die Freihandelslüge“, dass die Befürworter von TTIP unter der Bevölkerung diffuse Ängste schüren. Er meint damit, dass in Deutschland beispielsweise das Argument gebracht wird, wenn sich die EU nicht mit den Amerikanern zusammentut, künftig asiatische Länder die Standards setzen. Thilo Bode ergänzt: „Das wird nicht näher begründet, aber es insinuiert, dass Europa wirtschaftlich abgehängt wird. Dafür gibt es aber überhaupt keine Evidenz.“ Außerdem kritisiert Thilo Bode, dass die Versprechungen der Industrie und der Politiker in Bezug auf Wachstum und Beschäftigung maßlos übertrieben sind.
Die Kernfrage der Philosophie lautet: „Wie soll man leben?“
Der kanadische Philosoph Charles Taylor ist ein globaler Denker. In seinen Werken, die von Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Ludwig Wittgenstein inspiriert sind, verbindet sich Ideengeschichte mit aktueller Gesellschaftsanalyse, Metaphysik mit konkreten Gesetzesvorlagen. Im Zentrum der Philosophie von Charles Taylor steht immer die Frage, was ein modernes Ich im Innersten zusammenhält. Charles Taylor zählt zu den bedeutendsten Philosophen unserer Zeit und ist gleichzeitig praktizierender Katholik. Für ihn gibt es zwei Weisen, sich zu einer Religion zu bekennen: „Die erste beruht darin, gewisse Lehrsätze für wahr zu halten und sich nach ihnen zu richten. Die andere, sie ist im Christentum besonders traditionsreich, beschreibt das religiöse Leben als einen Weg oder eine Reise – und den Gläubigen als einen Suchenden.“
Francis Bacon erkennt im Reichtum keine wirklichen Nutzen
Francis Bacon kann den Reichtum nicht besser definieren als das Gepäck der Tugend. Großer Reichtum hat für den englischen Philosophen und Staatsmann, dessen Schriften maßgeblich zur Begründung des Empirismus beitrugen, keinen wirklichen Nutzen, es sei denn man würde ihn verschenken. Ansonsten dient er seiner Meinung nach nur der eigenen Vergötterung. Francis Bacon schreibt: „Kein Mensch kann den wahren Umfang großer Reichtümer je ganz ermessen; er kann sie höchstens bewahren oder verteilen oder sich des Ruhmes freuen, die sie ihm verleihen, aber sie haben keinen praktischen Nutzen für den Eigentümer.“ Francis Bacon gibt zu, dass man einwenden könnte, der Reichtum könnte dazu dienen, Menschen aus Gefahren und Schwierigkeiten zu befreien. Für ihn allerdings gilt mit Sicherheit, dass große Reichtümer mehr Menschen versklavt als befreit haben.
Rebekka Reinhard wirft einen philosophischen Blick auf die Mode
Seit David Beckham auf die merkwürdige Idee kam, mit einer übergroßen Wollmütze – in Fachkreisen auch Beanie genannt – herumzulaufen, ist in der Mode nichts mehr wie es war. Die Wollmütze ist für Rebekka Reinhard ein gutes Beispiel dafür, worum es heute in der Mode geht: „Oberstes Prinzip ist nicht mehr, wie zu Zeiten des Sonnenkönigs, die Eleganz, sondern die Neuheit.“ Eleganz und Kleidsamkeit haben ihre Bedeutung für das Modischen verloren. Nach gut dreihundertvierzig Jahren ist die Haute Couture fast ausgestorben. Der Mode geht es nicht mehr darum, dem Körper zu schmeicheln, indem sie aus einer Frau eine Dame und aus einem Mann einen Herren macht. Dr. Rebekka Reinhard studierte Philosophie, Amerikanistik und Italianistik und promovierte über amerikanische und französische Gegenwartsphilosophie. Zu ihren erfolgreichen Büchern zählen „Die Sinn-Diät“, „Odysseus oder Die Kunst des Irrens“ und „Würde Platon Prada tragen?“
Platon entwickelte an seiner Akademie ein neues Erziehungsideal
Kalokagathia, also schön und gut zu sein und der Agón, sprich der Wettkampf, sind die beiden Begriffe, die das Denken im antiken Griechenland und sein Bildungsideal wesentlich bestimmten. Der Brauch, seien Kräfte und Fähigkeiten im Wettbewerb zu messen, beschränkte sich nicht auf den Sport, sondern schloss auch musische Elemente wie Theater, Gesang, Musik und Tanz mit ein. Sie wurden auch bei den großen Festen für die Götter in Athen, Isthmia oder Delphi mit unterschiedlichem Gewicht neben den körperlichen Leistungen gewürdigt. Eine Ausnahme in diesem attischen und gesamtgriechischen Konzept machte lediglich Sparta, dessen Jugend mit äußerster Härte einem militärischen Drill, im Sinne des Staates, unterzogen wurde. Eine geordnete Schulbildung stand üblicherweise nur den Söhnen zu, die Mädchen wurden im Hause und für das Haus erzogen.
Der Geist des Menschen ist ein vollkommen offenes System
Wolfgang Prinz vertritt in seinem neuen Buch „Die Welt im Spiegel“ die These, dass der Mensch eine Maschine ist, die ihre kollektive Welt erfindet. Er beantwortet in seinem Werk Fragen, die sich auf den Aufbau des menschlichen Geistes beziehen, das menschliche Denken betreffen und sich mit dem umstrittenen freien Willen des Menschen beschäftigen. Wolfgang Prinz stellt in diesem Zusammenhang eine Theorie des Geistes vor, die den traditionellen Rahmen der Kognitionspsychologie entscheidend erweitert. Sein Ansatz bietet Anknüpfungspunkte zur Philosophie, zur Neurowissenschaft und zur Sozialwissenschaft. Wolfgang Prinz ist emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sowie Honorarprofessor an den Universitäten München und Leipzig.
Jens Weidmann kann noch keine Krise des Papiergeldes erkennen
Bundesbank-Chef Jens Weidmann glaubt, dass sich die Krise in Europa im Augenblick etwas beruhigt zu haben scheint. Er erkennt Fortschritte bei den Reformen, schränkt allerdings ein, dass die Ursachen noch lange nicht alle beseitigt sind. Jens Weidmann war stets dagegen, dass die Europäische Zentralbank Anleihen von Krisenstaaten kauft, da er für eine saubere Trennung von Geld- und Fiskalpolitik eintritt. Jens Weidmann erklärt: „Ich befürchte, dass der Reformeifer erlahmt, wenn immer wieder die Geldpolitik zur Problemlösung bereitsteht.“ Aus seiner Sicht liegt der Kern der Krise in den europäischen Peripherieländern. Dort kam es zu einer übermäßigen Anstieg der privaten Verschuldung, eine viel zu hohe Staatsverschuldung sowie einen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit. Dadurch kommen Zweifel auf, ob diese Länder ihre Schulden selbst schultern werden können.
Der Staat hat seine aktuelle Schuldenkrise selbst verursacht
Ein freiheitlicher Staat finanziert seine Aufgaben grundsätzlich aus Steuererträgen. Er lässt laut Paul Kirchhof die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit durch Garantie der Eigentümer- und Berufsfreiheit in privater Hand, verzichtet also auf die Finanzierung des Staates durch Staatsdomänen und -unternehmen. Paul Kirchhof erklärt: „Er sichert seine Finanzkraft, indem er steuerlich am Erfolg des privaten Wirtschaftens teilhat. Grundsätzlich kann der Staat finanzwirtschaftlich nur geben, was er vorher steuerlich genommen hat.“ Da der Staat in der Vergangenheit allerdings immer mehr ausgegeben als er eingenommen hat, trägt er die Schuld an der staatlichen Schuldenkrise. Paul Kirchhof ist einer der führenden Finanzexperten und bekanntesten deutschen Autoren. Er ist Professor für Öffentliches Recht sowie Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und war zwölf Jahre Richter des Bundesverfassungsgerichts.
Der Ursprung von Denken und Sprache in der Philosophie
Aristoteles versteht die Sprache als den Inbegriff von Zeichen für Vorstellungen, die in der Seele hervorgerufen werden. Dabei kann es sich nur um natürliche Zeichen handeln, denn sonst wäre die faktische Verschiedenheit der Sprachen nicht zu erklären. Als die natürliche Basis der menschlichen Verständigung gilt, dass sich bei allen Menschen bei denselben realen Umständen die gleichen Vorstellungen einstellen. Aristoteles fasste die Sprache als konventionelles Zeichensystem auf. Die Sprache ist seiner Meinung nach dazu da, sich das Nützliche, aber auch das Schädliche, das Gerechte, aber auch das Ungerechte, anzueignen. Denn nur der Mensch allein kann zwischen dem Guten und dem Schlechtem unterscheiden. Herbert Schnädelbach erklärt wie Sprache und die Einsicht bei Aristoteles zusammenhängen: „Die Verbindung von Sprache und Vernunft, die zu den anthropologischen Grundüberzeugungen unserer philosophischen Tradition gehört, ist bei Aristoteles als ein Relation von Mittel und Zweck zu denken.“
Stephan Bierling kritisiert die Außenpolitik Deutschlands
Stephan Bierling, Professor für Internationale Politik an der Universität Regensburg, fasst die aktuelle weltpolitische Lage wie folgt zusammen: „Chinas Einfluss steigt von Tag zu Tag, Indien und Brasilien wachsen zu Großmächten heran, die Krisen und Konflikte im Mittleren Osten werden immer unüberschaubarer. Die Umbrüche in der Weltpolitik verlaufen in rasender Geschwindigkeit, selten in der Geschichte hat sich die Macht global so schnell verschoben.“ Stephan Bierling kritisiert, dass Deutschland – zweitgrößte Exportnation, Führungsmacht der Europäischen Union, Anführer im Kampf um den Erhalt des Euros und mit seinem Soldaten vom Kosovo bis Afghanistan im Einsatz – in diesem Zusammenhang für die Welt des 21. Jahrhunderts keine Gestaltungskonzepte zu bieten hat. Stephan Bierlings Erklärung dafür lautet, dass Deutschland seit dem Scheitern der EU-Verfassung vor allem mit der Lösung europäischer Krisen beschäftigt ist.
Max Frisch reflektiert über den Beruf des Schauspielers
Für Max Frisch ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Schauspieler, im Gegensatz zu jedem anderen Künstler, kein anderes Instrument hat als sich selbst, seine eigene leibliche Persönlichkeit. Auch die Maler, die Bildhauer, die Schriftsteller und die Musiker sind eitel. Aber in einer Gesellschaft treten sie immer ohne ihre Werkzeuge auf, das heißt sie kommen ohne Palette, ohne Meißel, ohne Computer und ohne Kontrabass. Der Schauspieler dagegen, ob er will oder nicht, kann sein Instrument nicht zu Hause lassen. Max Frisch schreibt: „So kommt der Schauspieler, wenn nicht gerade ein Haus einstürzt, nie ganz aus seiner Begabung heraus; das ist sein Fluch, sein Gehäuse, seine besondere Wirkung, die verblüfft und später langweilt, je mehr er nämlich, kraft seiner immer gegenwärtigen Mittel, die Gesellschaft dominiert.“
Die Freiheit darf sich nicht auf die Eliten beschränken
Laut Lisa Herzog muss derjenige, der ein Leben in Freiheit führen möchte, den ungezügelten Markt bekämpfen. Der Grundwert des Liberalismus ist ihrer Meinung nach die Freiheit des Individuums. Rechte sichern diese Freiheit. Sie schützen die Religion, die eigene Meinung und deren Äußerung sowie den Lebensstil vor willkürlichen Zugriffen. Lisa Herzog erklärt: „Diese wiederum müssen selbst durch staatliche Instanzen durchgesetzt werden – schon in diesem Sinne kann ein konsistenter Liberalismus nicht völlig vom Staat absehen. Lisa Herzog hat Philosophie und Ökonomie studiert, an der Universität Oxford über Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Adam Smith promoviert und habilitiert sich jetzt an der Universität St. Gallen.
Friedrich Nietzsche sucht nach dem Sinn des Lebens
Auch im vielfältigen, sprunghaften und teilweise widersprüchlichen Denken Friedrich Nietzsches lassen sich immer wiederkehrende Motive und dominierende Fragen erkennen. So steht beispielsweise die erste Phase seines philosophischen Denkens, die mit den ersten „Baseler Vorträgen“ beginnt und mit der „Morgenröthe“ endet, unter der Leitfrage nach dem Wert und Sinn der menschlichen Existenz. Im 9. Abschnitt seiner zweiten „Unzeitgemäßen Betrachtungen“ zieht er die metaphysische Reichweite der Frage nach der Welt auf den Punkt einer existentiellen Frage nach dem Sinn des Lebens eines einzelnen Individuums zusammen. Er schreibt: „Wozu die Welt da ist, wozu die Menschheit da ist, soll uns einstweilen gar nicht kümmern, … aber wozu du Einzelner da bist, das frage dich.“
Der Kapitalismus kann auch ohne Wachstum überleben
Laut Tim Jackson gibt es Ökonomen, für die Wachstum und Kapitalismus wie eineiige Zwillinge zusammengehören. Wachstum ist für sie die Arbeitsgrundlage des Kapitalismus oder die notwendige Voraussetzung für eine kapitalistische Wirtschaft. Deshalb gilt die Vorstellung, ohne Wachstum auskommen zu wollen, bei diesen Wirtschaftswissenschaftlern als gleichbedeutend mit der Abschaffung des Kapitalismus. Tim Jackson ist fest davon überzeugt, dass diese Annahme grundlegend nicht zutrifft. Seiner Meinung nach verhalten sich nicht alle Varianten des Kapitalismus hinsichtlich des Wachstums gleich. Er schreibt: „Der Punkt ist aber, dass es kapitalistische Volkswirtschaften gibt und geben kann, die nicht wachsen. Ebenso gibt es nichtkapitalistische Volkswirtschaften, die wachsen.“ Tim Jackson ist Professor für Nachhaltige Entwicklung am Zentrum für Umweltstrategien der Universität Surrey.
Ralf Dahrendorf seziert den Totalitarismus in Europa
Der Totalitarismus fällt für Ralf Dahrendorf aus dem Bild des Forschritts heraus, sowohl von der traditionellen zur rationalen Herrschaft als auch vom Autoritarismus zur Verfassung der Freiheit. Die viel zitierte Definition des Totalitarismus von Carl Friedrich lautet: „Der Totalitarismus ist eine Ideologie, eine typisch von einem Mann geführte Einheitspartei, eine terroristische Polizei, ein Kommunikationsmonopol und eine zentral verwaltete Wirtschaft.“ Beim Begriff des Totalitarismus denkt man sofort an Adolf Hitlers deutschen Nationalsozialismus und Josef Stalins sowjetischen Kommunismus. In beiden Systemen war das Ziel der totalen Kontrolle durch Mobilisierung erkennbar. Autoritäre Regimes gestatten dennoch große Bereiche der Privatheit und der Apathie. Ralf Dahrendorf schreibt: „Demokratie mobilisiert, tut dies aber, um Kontrolle zu dezentralisieren. In totalitären Regimes ist Mobilisierung das Instrument der zentralisierten Kontrolle.“
Christian Thieleman ist fasziniert vom dunklen Klang
Zu den frühesten musikalischen Erinnerungen des Dirigenten Christian Thielemann gehört, dass seine Mutter mit ihm oft Volkslieder gesungen hat. Mit fünf Jahren bekam er seinen ersten Klavierunterricht. Da die erste Unterrichtsstunde nicht sehr gut ausfiel, endete sie in Tränen. Da seine Mutter und sein Vater ausgezeichnete Klavierspieler waren, dachte der Knabe, er müsse das Instrument auch sofort perfekt beherrschen. Christian Thielemann erzählt aus seiner Kindheit: „Dann ging es aber ganz schnell, und ich bewegte mich in der Musik so natürlich wie ein Fisch im Wasser. Mit sieben wollte ich auch noch Geige lernen, bin aber bald auf die Bratsche umgestiegen. Schon damals faszinierte mich ein dunklerer Klang mehr.“