Weise Menschen achten nicht auf Äußerlichkeiten

Einen wichtigen Aspekt hat Michael R. Levenson in die Erforschung der Weisheit eingebracht. Er betrachtet die Selbsttranszendenz als das zentrale Charakteristikum von Weisheit. Judith Glück erklärt: „Weise Menschen haben sich intensiv und kritisch mit sich selbst auseinandergesetzt. Und sie sind in der Lage, sich selbst mit allen ihren Stärken und Schwächen so zu akzeptieren, wie sie sind.“ Sie sind so weit mit sich selbst im Reinen, dass sie es nicht mehr nötig haben, nach Selbstbestätigung zu suchen. Dadurch sind im Kern ihres Wesens unabhängig von äußeren Dingen, die den meisten anderen Menschen wichtig sind. Dazu zählen etwa Statussymbole oder die Bestätigung durch andere. Die meisten anderen Menschen sind noch nicht ganz so weit. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Der kulturelle Wandel hat die Menschen materialistischer gemacht

Der kulturelle Wandel in den modernen Staaten des Westens hat die Menschen verändert. Zunächst einmal hat er sie materialistischer gemacht. David Brooks nennt ein Beispiel: „Studenten legen heute mehr Wert auf Geld und beruflichen Erfolg.“ Im Jahr 1966 sagten 80 Prozent der amerikanischen Erstsemester, sie seien in einem hohen Maße motiviert, eine sinnvolle Lebensanschauung zu entwickeln. Heute sagen das weniger als die Hälfte von ihnen. Finanzielle Sicherheit dagegen, die ehedem als ein mittlerer Wert angesehen wurde, ist heute das oberste Ziel von Studenten. Die Gesellschaft von heute ist wesentlich individualistischer als diejenige des Jahres 1966. Wer glaubt, seine Schwächen nicht aus eigener Kraft überwinden zu können, ist bereit demütig Hilfe von außen anzunehmen. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Hochstapler machen Menschen zu ihren Komplizen

Es passiert nur anderen Menschen, den Gierigen und Leichtgläubigen, aber niemals einem selbst: Diebstahl im Internet, Abzockerei, Anlagebetrug. Das ist ein großer Irrtum. Wahre Künstler des Betrugs finden bei jedem Menschen die Schwachstelle. Das hat die amerikanische Psychologin Maria Konnikova in ihrem neuen Buch „Täuschend echt und glatt gelogen“ herausgefunden. Ob bei Investitionslügen, Kunstfälschungen, falschen Doktortiteln oder Schneeballsystem: Immer geht es um Vertrauen, um die Fähigkeit, andere etwas glauben zu lassen. Der Künstler des Betrugs begeht dabei keine Schwerverbrechen. Seine Kunst ist die Anwendung seiner hochentwickelten Sozialkompetenz: Überredung, Sympathie und Vertrauen. Ein guter Hochstapler zwingt einen Menschen nicht, irgendetwas zu tun, sondern macht ihn zu seinem Komplizen. Maria Konnikova analysiert: „Er stiehlt nicht, wir geben. Freiwillig. Wir glauben ihm, weil wir glauben wollen.“

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Beim Sex ist das eigene Verhalten kaum zu kontrollieren

Beim Sex ist der Mensch in der Regel nackt. Nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Thomas Junker erläutert: „Die Konzentration auf das sinnliche Erleben machen es ab einem bestimmten Punkt fast unmöglich, das eigene Verhalten zu kontrollieren.“ Dem kann man sich verweigern und versuchen, die Kontrolle durch das Bewusstsein aufrechtzuerhalten. Aber auch das ist ein Signal – ein Signal der Distanz, der Vorsicht und des Misstrauens. Natürlich kann man versuchen, beim Sex etwas vorzuspielen oder vorzutäuschen. Für eine Weile mag das sogar funktionieren. Wenn die Evolutionsbiologie allerdings recht hat, dann lässt sich eine solche Fassade aber nicht auf Dauer aufrechterhalten. Denn zusammen mit den sexuellen Signalen hat sich auch ein feines Gespür für ihre Echtheit entwickelt. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Ulrich Schnabel untersucht den Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl

Psychologen machen einen Unterschied zwischen den Begriffen „Mitleid“ und „Mitgefühl“. Das reine Mitleid ist dabei jene Art von teilnahmsvollen Kummer, die sich auf eine Zuschauerrolle beschränkt, passiv bleibt und einen sicheren emotionalen Abstand wahrt – es entspricht also jener Haltung, die die meisten Menschen zum Beispiel gegenüber Obdachlosen einnehmen. Ulrich Schnabel ergänzt: „Man fühlt sich betroffen, hat eventuell auch ein schlechtes Gewissen, spürt aber nicht den Antrieb oder hat nicht die nötigen Mittel, einzugreifen und die Situation des anderen substanziell zu verbessern.“ Anders hingegen ist es beim Mitgefühl, das mit der Bereitschaft einhergeht, sich persönlich zu engagieren – was zum beispielsweise der Fall ist, wenn ein naher Verwandter obdachlos wird. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Das Verhältnis des Menschen zum Tier ist höchst differenziert

Konrad Paul Liessmann macht darauf aufmerksam, was das Tier für den Menschen schon alles gewesen ist: „Spiegelbild und Gegenbild, Figur der Sehnsucht und des Grauens, Ausdruck von Angst und Herrschsucht, Beute und Bestie, und immer wieder: Natur, Natur, Natur – in all ihrer Wildheit und Schönheit und im Wissen, dass diese Natur das Andere des Menschen und doch er selbst sein kann.“ Die Verbindung von Mensch und Tier hat eine lange, wechselvolle und ist zugleich eine Geschichte der Widersprüche. Dabei ist manchmal alles andere als klar gewesen, ob die Menschen Tiere sind oder Tieren auch Menschliches zugeschrieben werden könnte. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Reinhard Haller erklärt die narzisstische Persönlichkeitsstörung

Während bei den meisten Menschen narzisstische Reaktionen zur psychologischen Grundausstattung gehören, gibt es eine besondere Gruppe von Individuen, deren Persönlichkeit und Verhalten ausschließlich von den narzisstischen Elementen geprägt ist. Reinhard Haller ergänzt: „Sie sind durch und durch narzisstisch, von der Jugend bis ins hohe Alter, in allen Begegnungen und Lebenssituationen. Gepresst in eine narzisstische Schablone, können sie gar nicht anders als selbstbezogen, rücksichtslos und eitel sein.“ Sie verfügen über keine Alternativen für ihr Verhalten. Der Narzissmus ist der wesentliche Teil ihres Wesens und bestimmt ihren Charakter. Wenn Egozentrik, krankhafte Empfindlichkeit und mangelndes Einfühlungsvermögen ein Leben lang vorhanden und extrem ausgeprägt sind, dann bezeichnet Reinhard Haller dies als narzisstische Persönlichkeitsstörung. Der Arzt, Psychotherapeut und Bestsellerautor Reinhard Haller arbeitet als Chefarzt in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

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Christian Thieleman ist fasziniert vom dunklen Klang

Zu den frühesten musikalischen Erinnerungen des Dirigenten Christian Thielemann gehört, dass seine Mutter mit ihm oft Volkslieder gesungen hat. Mit fünf Jahren bekam er seinen ersten Klavierunterricht. Da die erste Unterrichtsstunde nicht sehr gut ausfiel, endete sie in Tränen. Da seine Mutter und sein Vater ausgezeichnete Klavierspieler waren, dachte der Knabe, er müsse das Instrument auch sofort perfekt beherrschen. Christian Thielemann erzählt aus seiner Kindheit: „Dann ging es aber ganz schnell, und ich bewegte mich in der Musik so natürlich wie ein Fisch im Wasser. Mit sieben wollte ich auch noch Geige lernen, bin aber bald auf die Bratsche umgestiegen. Schon damals faszinierte mich ein dunklerer Klang mehr.“

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Die neuen Spielregeln für die Arbeitswelt von morgen

Das Autorenteam Imke Keicher und Kirsten Brühl vertritt die These, dass in der Arbeitswelt gerade ein massiver Umbruch stattfindet, der dennoch vergleichsweise unspektakulär verläuft. Die Menschen können aber die neuen Chancen nutzen, die dieser fundamentale Wandel mit sich bringt, wenn sie ihn verstehen und sich darauf einlassen. Laut Imke Keicher und Kirsten Brühl passiert in der Wirtschaft im Moment folgendes: die Unternehmen stehen unter Innovationszwang, es herrscht ein globaler Wettbewerb um Talente und das Tempo der Veränderungen nimmt stetig zu. Imke Keicher ist Zukunfts- und Trendforscherin des Zukunftsinstituts Kelkheim und selbständige Unternehmensberaterin. Kirsten Brühl arbeitet als Autorin für das Zukunftsinstitut. Die Diplom-Volkswirtin ist daneben selbstständig als Coach und Beraterin tätig.

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