Carol Gilligan reklamiert eine eigene weibliche Auffassung der Moral

Carol Gilligan, die in Harvard als Psychologie-Professorin lehrte, erhebt gegen die ihrer Ansicht nach männlich geprägte individualistische und rationale Moral der Gerechtigkeit „Die andere Stimme“ eines solidarischen, gemeinschaftsorientierten Entwurf einer Moral, der aus Beziehungen und Kontexten erwachsende Pflichtgefühl in den Mittelpunkt stellt. Ludger Pfeil erklärt: „Gilligan fand in ihren Untersuchungen zur Moralpsychologie heraus, dass Frauen moralische Konflikte lösen, indem sie auf bestimmte Tugenden wie Rücksichtnahme und Hilfeleistung Bezug nehmen, während sich Männer eher an Gerechtigkeitsidealen orientieren und eine damit verbundene abstraktere Perspektive einnehmen.“ Rollen- und kontextbezogene Informationen wie persönliche Bindungen sind für Frauen wichtiger, um eine Entscheidung zu treffen. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Die Lustaggression hat einen aktiv suchenden Charakter

Es gibt aggressive Handlungen, durch die ein Mensch nichts gewinnt, nichts abwendet und niemanden für eine Tat bestraft. Hans-Peter Nolting erklärt: „Es kommt vor, dass Menschen von sich aus Gelegenheit suchen, andere zu verprügeln, andere zu schikanieren oder gar grausam zu quälen. Es muss ihnen in irgendeiner Weise Spaß machen, sonst würden sie es nicht tun.“ Insofern kann man hier von „Lustaggression“ sprechen. Lustaggression gibt es in unterschiedlichen Varianten. Die extremste Ausprägung ist der Sadismus. Zu der Variante, die man als Kampflust bezeichnen kann, gehört folgendes Beispiel: Fußball-Hooligans freuen sich auf das Wochenende, an dem sie sich eine Schlacht mit gegnerischen „Fans“ liefern können – wobei in diesem Fall die Freude auf beiden Seiten besteht. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Das Glück ist nicht vom Reichtum abhängig

Auf die Frage, was wirklich im Leben zählt hat sich inzwischen die Antwort herumgesprochen, dass es eher nicht Erfolg, Reichtum oder Karriere sind. Sicher ist Geld hilfreich, aber es gibt Untersuchungen, wonach das subjektive Glücksgefühl von einem Jahreseinkommen von 75.000 Euro an nicht mehr weiter steigt, egal wie viel man mehr verdient. Der Soziologe Hartmut Rosa versucht in seinen Büchern eine Soziologie des guten Lebens zu entwerfen. Werner Bartens erklärt: „Der Entfremdung, die viele Menschen störend für ihr Glück empfinden, setzt er nicht Selbstbestimmung und Authentizität entgegen, sondern das Konzept der Resonanz, das auf einer Wechselseitigkeit der Beziehungen, auf Erwiderung und Schwingung aufbaut.“ Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Die Mörder von Paris sind keine „Irren“ im volkstümlichen Sinn

Auf die Frage, ob die Mörder von Paris psychisch Kranke im klinischen Sinne sind, antwortet Nahlah Saimeh: „Nein. Zwar sind terroristische Ausbildungslager für dissoziale, psychopathische junge Männer anziehend. Diese Orte sind ein Eldorado der hemmungslosen, sadistischen Gewaltausübung. Sie können dort morden und vergewaltigen, und das noch mit Absolution.“ Außerdem entspricht Gewalt und Terror dem hypermaskulinen Rollenstereotyp von Härte und Unerschrockenheit. Aber auch diese Leute sind für Nahlah Saimeh keine „Irren“ im volkstümlichen Sinn, denn sie haben nicht den kompletten Bezug zur Realität verloren, wie es bei Psychosen oder Schizophrenien der Fall sein kann. Das gilt auch für die Mörder von Paris. Nahlah Saimeh ist Ärztliche Direktorin des LWL-Zentrums für forensische Psychiatrie in Lippstadt, Westfalen. Im Jahr 2012 erschien ihr Buch „Jeder kann zum Mörder werden“.

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Immanuel Kant erklärt a priori gültige Erkenntnisse

Immanuel Kant ist davon überzeugt, dass die Menschen im Besitz gewisser Erkenntnisse a priori sind und dass sogar der gewöhnliche Verstand über solche verfügt. Das sind Erkenntnisse, die nicht durch Erfahrungen oder Wahrnehmungen gewonnen werden, sondern deren Wahrheit bereits feststeht. Er stellt ein Merkmal in den Vordergrund, wodurch sicher die reine Erkenntnis von der empirischen unterschieden werden kann. Die Erfahrung lehrt, dass etwas so oder so beschaffen ist und nicht anders sein könne. Immanuel Kant schreibt: „Findet sich also erstlich ein Satz, der zugleich mit seiner Notwenigkeit gedacht wird, so ist er ein Urteil a priori; ist er überdem auch von keinem abgeleitet, als der selbst wiederum als ein notweniger Satz gültig ist, so ist er schlechterdings a priori.“

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Oskar Maria Graf ist der Chronist des bayerischen Dorflebens

Der bayerische Schriftsteller Oskar Maria Graf verstand es wie kein Zweiter, fern von aller Idylle und Bauerntümelei über die Menschen seiner Heimat zu schreiben. Er pflegt dabei einen Realismus, der sich durch Illusionslosigkeit und manchmal peinigende Härte auszeichnet. Zu den Figuren, die Oskar Maria Graf in seinen Romanen aufleben lässt, zählen Großbauern, Kleinhäusler, Tagelöhner, aber auch Bohemiens. Diese Protagonisten können berechnend und hundsgemein, eitel oder dumm sein. In manchen Fällen sind sie aber auch mutig, hilfsbereit, mitfühlend oder kämpferisch. Oskar Maria Graf, der sich manchmal selbst, nicht ohne damit zu kokettieren, als „Provinzschriftsteller“ bezeichnete, war auch ein politischer Schriftsteller. Nicht dass er Agitprop betrieben hätte, sondern im Stil eines genauen, gnadenlosen und selbstkritischen Beobachters, der erkannte, wie die politischen und sozialen Gegebenheiten unerbittlich das Leben der kleinen Leute prägten.

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Platon entwickelte an seiner Akademie ein neues Erziehungsideal

Kalokagathia, also schön und gut zu sein und der Agón, sprich der Wettkampf, sind die beiden Begriffe, die das Denken im antiken Griechenland und sein Bildungsideal wesentlich bestimmten. Der Brauch, seien Kräfte und Fähigkeiten im Wettbewerb zu messen, beschränkte sich nicht auf den Sport, sondern schloss auch musische Elemente wie Theater, Gesang, Musik und Tanz mit ein. Sie wurden auch bei den großen Festen für die Götter in Athen, Isthmia oder Delphi mit unterschiedlichem Gewicht neben den körperlichen Leistungen gewürdigt. Eine Ausnahme in diesem attischen und gesamtgriechischen Konzept machte lediglich Sparta, dessen Jugend mit äußerster Härte einem militärischen Drill, im Sinne des Staates, unterzogen wurde. Eine geordnete Schulbildung stand üblicherweise nur den Söhnen zu, die Mädchen wurden im Hause und für das Haus erzogen.

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Für den Maler Théodore Géricault ist das Leben ein ewiger Kampf

Der französische Maler und Romantiker Théodore Géricault, der von 1991 bis 1824 lebte, hat eines der bedeutendsten Schlüsselbilder des 19. Jahrhundert gemalt: „Das Floß der Medusa“. Das Werk wird zu den größten Kunstwerken Frankreichs gezählt und gehört ohne Zweifel auch zu den meistbewunderten Gemälden der französischen Kunst. Es beeindruckt den Betrachter durch seine visionäre Malerei, die ins Kosmische und Endzeitliche vorzudringen scheint und durch den dramatischen Furor, mit dem im Bild Hoffnung und Verzweiflung aufeinanderprallen. Nicht nur in diesem berühmten Bild ist für den Maler Théodore Géricault das Leben ein ewiger Kampf, sondern generell eine einzige physische wie psychische Bedrohung. Körper, Geist und Psyche sind immer von Angriffen bedroht, von Schlägen des Schicksals, die schwere Traumata hinterlassen, ja zu langem Leiden oder zum plötzlichen Tode führen können.

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Alice Munro erhält 2014 den Nobelpreis für Literatur

Die kanadische Schriftstellerin Alice Munro lebt im Süden der Provinz Ontario, auf einer Halbinsel zwischen Toronto und Detroit, auf der Ostseite des Lake Huron in der Kleinstadt Clinton. Am vergangen Donnerstag hat die Schwedische Akademie dieser Autorin, die 82 Jahre alt ist, den Literaturnobelpreis zugesprochen. Ihr schriftstellerisches Werk umfasst eine Zeitspanne von 60 Jahren und ist nur einem Genre gewidmet: der Kurzgeschichte. Diese Short Storys handeln meist von Alltagssituationen, von der eigenen Familie, manchmal über Generationen, von Personen, die in Clinton oder einer anderen kanadischen Kleinstadt leben oder zumindest wohnen könnten. Auch wenn Alice Munro alltägliche Situationen beschreibt, wird dem Leser dabei manchmal ein bisschen bange. Denn er merkt bei aller Gewöhnlichkeit der Menschen, dass sie eigentlich an einem Ort zu etwas ganz Außergewöhnlichen stehen, dass sie möglicherweise ein existentielle Herausforderung meistern müssen. Dies scheint alles viel wahrscheinlicher zu sein, als der normale Trott des Alltags.

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Claude Simon revolutioniert die europäische Romankunst

Der Schriftsteller Claude Simon entwickelt in seinen Geschichten Erzählformen und Satzkonstruktionen, die nach Marcel Proust und James Joyce, dem europäischen Roman eine neue Form geben. Dafür hat Claude Simon im Jahr 1985 den Nobelpreis für Literatur erhalten. In den Romanen „Der Wind“ (1957) und „Das Gras“ (1960) wendet der Autor schon die für ihn typischen langen Sätze an, die alle Konventionen des Satzbaus zertrümmern. In seinem siebten Werk „Die Straße in Flandern“ (1960) löst Claude Simon auch die überkommene Form des Romans ab. Er nimmt Abschied von psychologisch kausaler Schlüssigkeit, Chronologie und Handlung. Stattdessen konfrontiert er seine Leser mit in einen suggestiven Mahlstrom rotierender und immer wieder variierten Bilder, der in die Tiefen des Lebens vordringt, wie es zuvor in der europäischen Literatur nicht dagewesen ist.

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Freiheit ist der Anspruch auf ein Leben in Eigenverantwortung

Die Freiheit der Menschen bestimmt die Grenzen des legitimen staatlichen Handelns wie Wilhelm von Humboldt 1792 in seiner Schrift „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen“ schreibt. Programme, die den Wohlstand mehren sollen, gleichgültig, ob es sich dabei um das materielle oder um das moralisch-sittliche Wohl handelt, sind dabei immer Feinde der Freiheit. Sie drängen das Individuum durch eine Politik der Umverteilung oder durch sittliche Beaufsichtigung aus seiner Selbstverantwortung. Freiheit heißt in der Zeit des bürgerlichen Aufbruchs für Wolfgang Kersting Selbstbestimmung, Selbstbeanspruchung und Selbstständigkeit. Freiheit ist dabei ethische Autarkie und die Herausbildung einer eigenverantwortlichen Kompetenz der Lebensführung. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

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Karlheinz A. Geißler singt ein schönes Loblied auf den Sonntag

Karlheinz A. Geißler behauptet: „Eile macht unsozial, unbarmherzig und hart.“ Mit dem Zeitdruck sinkt die Bereitschaft zu fürsorglichem, prosozialem Verhalten. Eilende, gestresste und gehetzte Menschen zeigen weniger Hilfsbereitschaft als diejenigen, die sich nicht unter Zeitdruck fühlen. Dass Barmherzigkeit eine Sache des menschlichen Charakters ist, war bekannt, dass sie daneben aber auch eine Sache des Zeitdrucks ist, macht Karlheinz A. Geißler nachdenklich. Mit Recht sind die Europäer stolz darauf, was sie im Hinblick auf die Zivilisierung und Kultivierung bisher erreicht haben. Karlheinz A. Geißler stellt sich allerdings die Frage, was aus der Humanität, dem Sinn für Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe werden soll, wenn die Menschen immer mehr unter Zeitdruck geraten, kontinuierlich schneller werden und dazu noch alles tun, um mit noch mehr Geschwindigkeit durchs Leben zu rasen. Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Markus Hengstschläger warnt vor der Durchschnittsfalle

Markus Hengstschläger kritisiert in seinem Buch „Die Durchschnittsfalle“ ein System, in dem alle Menschen möglichst nah an einem gemeinsamen Durchschnitt sind, weil dieses in keinerlei Weise für die Zukunft gerüstet ist. Er schreibt: „Das Problem ist die fehlende Varianz, die fehlende Individualität.“ Individualität ist laut Markus Hengstschläger das höchste Gut, wenn es darum geht, sich auf die Zukunft vorzubreiten, der Durchschnitt dagegen sinnlos und gefährlich. Wenn sich heute eine Gesellschaft optimal auf die Zukunft vorbereiten will, muss es ihr Ziel sein, jedem Einzelnen die Chance zu geben, seine individuellen Leistungsvoraussetzungen zu entdecken und sie durch harte Arbeit in eine besondere Leistung zu verwandeln. Im Alter von 16 Jahren war Markus Hengstschläger als Punk unterwegs. Mit 24 Jahren promovierte er zum Doktor der Genetik und wurde elf Jahre später zum jüngsten Universitätsprofessor für Medizinische Genetik berufen.

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Nadine Gordimer schreibt Gesellschaftsromane

Nadine Gordimer ist die renommierteste Schriftstellerin Südafrikas. 1991 erhielt sie den Literaturnobelpreis. Die Ehrung galt einem Werk, das damals schon aus einem Dutzend Romanen, über zweihundert Kurzgeschichten, vielen Essays und Vorträgen bestand. 1979 erschien der Roman „Burgers Tochter“, den das Nobelpreiskomitee als eines ihrer Meisterwerke würdigt. Er handelt vom Schüleraufstand in Soweto 1976, bei dem fünfhundert Kinder und Jugendliche durch Polizeigewalt ums Leben kamen. Die Hauptfigur dieses äußerst komplexen Werks ist Rosa Burger, eine junge Weiße burischer Abstammung, deren Eltern im Gefängnis starben, weil sie als Kommunisten für die Freiheit kämpften. Im Laufe der Geschichte verliert sich die Heldin im Chaos ihrer Suche nach der eigenen Identität, zwischen ihren weißen und schwarzen Freuden, zwischen den Flügelkämpfen des African National Kongress (ANC) und der ständigen Bedrohung durch die Sicherheitsbehörden.

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Der harte Hund und Romantiker Steve McQueen

Steve McQueen wurde am 24. März 1930 in Beech Grove, im amerikanischen Bundesstaat Indiana geboren. Von seinem Vater verstoßen, wurde er von seinen Großeltern aufgezogen. Er war ein so schwieriger Jugendlicher, dass er drei Jahre in einer kalifornischen Besserungsanstalt zubringen musste. Er lief von zu Hause weg und wurde zum Vagabunden, der auf Schiffen, Ölfeldern oder als Jahrmarktschreier arbeitete. 1952 trat er dem New Yorks Neighborhood Playhouse bei und studierte Schauspielerei bei Uta Hagen und Herbert Berghof.

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