Aristoteles vertraut der lebensweltlichen Erfahrung

Von manchen Interpreten wir die aristotelische Methode der philosophischen Klärung als „topisch“ bezeichnet. Julian Nida-Rümelin erklärt: „Gemeint ist, dass Aristoteles nicht, wie etwa Platon, unser Alltagswissen durch ein wissenschaftlich-philosophisches Grundlagenwissen ersetzen möchte, sondern vielmehr der lebensweltlichen Erfahrung vertraut.“ Daher beginnt seine Argumentation meist unter Bezugnahme auf das, was die Menschen für richtig halten – die „tópoi“, die Allgemeinplätze, auf die sich alle einigen können. Aber sie bleibt dabei nicht stehen, sondern geht dann über dieses „tópoi“ hinaus, um – möglichst nah an dem, was Menschen gemeinsam für richtig halten – eine tragfähige Theorie zu entwickeln. In einzelnen Fällen führt diese Theorie dann doch sehr weit ab von den üblichen Meinungen. Ein Beispiel ist die Theorie der Lebensformen von Aristoteles. Julian Nida-Rümelin gehört zu den renommiertesten deutschen Philosophen und „public intellectuals“.

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Variablen beschreiben die Welt

In der Welt herrscht Veränderung. Es gibt eine zeitliche Struktur von Beziehungen zwischen Ereignissen, die alles andere als illusorisch sind. Sie ist kein global geordnetes Geschehen. Sondern sie ist ein lokales und komplexes Ereignis, das es nicht zulässt, in Begriffen einer einzigen globalen Ordnung beschrieben zu werden. Die Dinge des Lebens an sich sind zerbrechlich, kurz und voller Illusionen. Wie funktioniert eine grundlegende Beschreibung der Welt? Carlo Rovelli antwortet: „Auf die einfachste Art. So wie wir die Welt dachten, bis Isaac Newton und alle davon überzeugte, dass eine Zeitvariable unverzichtbar sei.“ Für Carlo Rovelli jedoch ist die Zeitvariable für eine Beschreibung der Welt nicht notwendig. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Silvio Vietta stellt Jean-Jacques Rousseau vor

Selten kann man bei der Lektüre eines Theoretikers so direkt der Geburt einer radikal neuen und zugleich schrecklichen Staatstheorie beiwohnen. Es ist der totalitär-egalitäre Staat, den Jean-Jacques Rousseaus „Contrat“ gebiert. Und damit den Terreur der französischen Revolution ebenso wie den Terror der totalitären kommunistischen Regimes. Sie alle konnten sich auf Jean-Jacques Rousseau berufen. Sie taten dies auch zum Teil bei der Realisierung ihres schrecklichen Regimes als Ausdruck einer idealistischen Idee. Silvio Vietta weiß: „Gegen den totalitären Staat mit dem höchst moralischen Anspruch hat der einzelne Bürger wenig Chancen.“ Weil eben der Staat mit Jean-Jacques Rousseau ja immer beanspruchen kann, das „Gemeinwohl“ zu vertreten. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Die Alltagssprache besitzt Vielfalt und Reichtum

Axel Braig stellt fest: „Ludwig Wittgenstein erläutert den Gegensatz zwischen der Vielfalt und dem Reichtum der Alltagssprache und der Eindimensionalität der künstlichen Sprache.“ Er schreibt: „Unsere Sprache kann man ansehen als eine alte Stadt. Ein Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern, und Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten. Und dies umgeben von einer Menge neuer Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen und mit einförmigen Häusern.“ In einem anderen Zusammenhang verwendet Ludwig Wittgenstein ein ähnliches Bild: „Die Sprache ist ein Labyrinth von Wegen. Du kommst von einer Seite und kennts dich aus. Du kommst von einer anderen zur selben Stelle, und du kennst dich nicht mehr aus.“ Axel Braig wandte sich nach Jahren als Orchestermusiker und Allgemeinarzt erst spät noch einem Philosophiestudium zu.

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Die Postmoderne verursacht alle Übel

Die Postmoderne ist an allem schuld. Denn sie ist der Ausgangspunkt für die Übel der Gegenwart, für die vier apokalyptischen Reiter Konstruktivismus, Relativismus, Moralismus und Identitätspolitik. Daniel-Pascal Zorn erklärt: „Für die Postmoderne ist die reale Welt nur eine Konstruktion. Nämlich ein Effekt von Machtansprüchen und anonymen Strukturen, der keinen Zugriff auf eine gemeinsame Wirklichkeit mehr erlaubt: Konstruktivismus.“ Hier gibt es keine Wahrheit mehr, nur noch relative Meinungen, die versuchen, sich gegen andere Meinungen durchzusetzen: Relativismus. Weil man dabei keine verbindlichen Maßstäbe mehr akzeptiert, ersetzt man Fakten und Tatsachen durch fiktive Vorstellungen und gedankliche Konstrukte. Deshalb gelingt die Durchsetzung von Meinungen nur noch mit moralischer Erpressung: Moralismus. Daniel-Pascal Zorn studierte Philosophie, Geschichte und Komparatistik. Seit 2021 ist er Geschäftsführer des Zentrums für Prinzipienforschung an der Bergischen Universität Wuppertal.

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Freiheit kann ein Irrglaube sein

Laut Isaiah Berlin fühlt ein Mensch sich eben in dem Maße frei, in dem er glaubt, er sei seiner selbst bewusst, kontrolliere den eigenen Willen und sein handlungsfähig. Katia Henriette Backhaus erklärt: „Berlins These nach handelt es sich bei diesen Annahmen um einen Irrglauben. Freiheit wird nur vorgetäuscht. Weil Selbstbestimmung im Endeffekt nichts anderes ist als nur wieder eine Form der Herrschaft über das Selbst ist.“ Das dominierende Selbst, welches das Moment im Inneren beherrscht, ist für Isaiah Berlin das zentrale Problem. Es setzt eine Spaltung der Persönlichkeit in einen transzendenten, dominierenden Kontrolleur einerseits und das empirische Bündel von Wünschen und Leidenschaften andererseits voraus. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Geld ist ein gesellschaftliches Instrument

Im Studium wurde Thomas Mayer, wie bis heute allen angehenden Volkswirten, kurz und knapp erklärt, Geld sei ein Mittel zum Tausch, zur Wertaufbewahrung und eine Rechnungseinheit. Lange Zeit hat der Ökonom die apodiktische Behauptung nicht weiter hinterfragt. Thomas Mayer weiß: „Doch so einfach ist es nicht. Geld ist ein gesellschaftliches Instrument, dessen Komplexität oft nicht verstanden wird.“ In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich zur Natur des Geldes zwei unterschiedliche Theorien finden. Nämlich eine ökonomische und eine anthropologisch-historische. Der bekannteste Vertreter der ökonomischen Auffassung des Geldes ist der schottische Moralphilosoph und Ökonom Adam Smith. Er schuf im 18. Jahrhundert das theoretische Gerüst für die heute gültige Lehre der Ökonomie. Thomas Mayer ist promovierter Ökonom und ausgewiesener Finanzexperte. Seit 2014 ist er Leiter der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.

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Nachhaltigkeit ist ein umfassendes Konzept

Das neue Denken über die Nachhaltigkeit ist unzureichend. Katia Henriette Bachhaus erläutert: „Darüber nachzudenken, wie die Welt und ihre Menschen nachhaltiger werden könnten, ist zu wenig für das, was Nachhaltigkeit verlangt. Denn das Konzept der Nachhaltigkeit ist so sehr ein theoretisches wie ein praktisches. Und nachhaltige Praxis reicht von politischer Gesetzgebung bis in den individuellen Alltag hinein.“ Die Bedeutung der praktischen Seite der Nachhaltigkeit wird jedoch von politiktheoretischen und umweltethischen Ansätzen zuweilen vernachlässigt. Manche Autoren sprechen von einer regelrechten Lücke zwischen der Theorie ökologischer Werte und einer ökologischen Handlungstheorie. Doch das praktische Veränderungen aus theoretischer Überzeugung geschehen, ist eine zu große Hoffnung. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Menschen können ihr Schicksal selbst bestimmen

Wahrscheinlichkeit ist keine neue Idee. Es gibt schon lange die Vorstellung, dass die Menschen der Zukunft nicht passiv entgegensehen müssen. Sondern sie können ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Dies wurde einstmals als Selbstbehauptung gegen die Götter gesehen sowie gegen die unergründliche Natur. Es ist für Jonathan Aldred kein Zufall, dass moderne Konzepte über Wahrscheinlichkeiten sich in der westlichen Gesellschaft gegen Ende des 18. Jahrhunderts endgültig durchsetzen. Denn dies geschah zu einer Zeit, als der eiserne Griff der Kirche sich durch den Triumph der Aufklärung zu lockern begann. Probabilistisches Denken stand für den zuversichtlichen Glauben, die stoische Unterwerfung unter Ungewissheiten durch Fortschritt hinter sich lassen zu können. Jonathan Aldred ist Direktor of Studies in Ökonomie am Emmanuel College. Außerdem lehrt er als Newton Trust Lecturer am Department of Land Economy der University of Cambridge.

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Albert Einstein ändert die Spielregeln der Physik

Carlo Rovelli glaubt, dass alle naturwissenschaftlichen Theorien auf der großen und verflochtenen Komplexität der Weltsicht der Menschen basieren. Und jede gute Theorie stellt seines Erachtens eine neue Erkenntnis und ein dynamisches Element in der Entwicklung eben dieser Weltsicht dar. In großen wissenschaftlichen Revolutionen verändert sich nicht das, was vernünftigerweise zu erwarten gewesen wäre, sondern vielmehr das, was niemand erwartet hätte. Ein gutes Beispiel ist Albert Einstein, das moderne Symbol für konzeptuelle Erneuerung und wissenschaftlichen Revolution. Als er 1905 seine Spezielle Relativitätstheorie entwickelte, geschah die in Antwort auf eine Krise. Die von Galileo Galilei und Isaac Newton postulierte Relativität konnte offenbar verschiedene Beobachtungsdaten nicht erklären. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die Ideale der Logik sind Konsistenz und Kohärenz

Die klassischen Ideale der Logik sind die Konsistenz und die Kohärenz. Ein Gedankensystem bzw. eine Theorie, ist konsistent, wenn in ihm weder ein expliziter Widerspruch vorkommt noch aus ihm ableitbar ist. Es ist außerdem kohärent, wenn die Teile sinnvoll zusammenhängen. Markus Gabriel ergänzt: „Beide Ideale werden durch die Entwicklungen der modernen Logik eingeschränkt beziehungsweise modifiziert.“ Seit dem 19. Jahrhundert ist die Einsicht bekannt, dass es kein Gesamtsystem aller Gedanken geben kann, das insgesamt konsistent und kohärent ist. Jedes Gedankensystem muss einige Gedanken ausschließen, um Stabilität herzustellen. Populär wurde dieser schon lange bekannte Umstand durch die Errungenschaften des Mathematikers Kurt Friedrich Gödel (1906 – 1978). Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Die Naturwissenschaften mehrten das Wissen

Je nachdem, ob man diesen Begriff weit oder eng fasst, kann man sagen, dass die Naturwissenschaften mit Isaac Newton, Galileo Galilei, Archimedes, Hipparch, Hippokrates, Pythagoras oder Anaximander ihren Anfang nahmen. Ob historisch oder symbolisch, jeder dieser Momente kennzeichnet den Erwerb eines neuen Instruments in der Menschheitsgeschichte. Jeder davon war für die Mehrung des Wissens von entscheidender Bedeutung. Carlo Rovelli stellt fest: „Wenn wir mit Naturwissenschaften eine Forschung meinen, die auf systematischen Experimenten basiert, dann begann sie mehr oder weniger mit Galilei.“ Wenn man damit eine Sammlung quantitativer Beobachtungen und theoretisch-mathematischer Modelle meint, gehört auch die Astronomie von Hipparch und Ptolemäus zur Naturwissenschaft. Denn sie ordnen ihre Beobachtungen und ermöglichen präzise Vorhersagen. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die industrielle Revolution verstärkte den Konsum

Konsum als Lebensmodell hat, so seine Befürworter, die beste aller Welten geschaffen. Je mehr Gesellschaften konsumieren, desto innovativer sind sie, desto wohlhabender, sicherer, friedlicher. Und nicht nur das: Durch die Massenproduktion wurde es möglich das Los aller Menschen zu verbessern. Philipp Blom nennt Beispiele: „Nie waren so wenige Menschen hungrig wie heute, nie konnten mehr Menschen lesen und schreiben. Nie war die Kindersterblichkeit niedriger, nie lebten mehr Menschen in Demokratien oder in stabilen Staaten mit demokratischen Zügen.“ Ohne Konsumkonjunktur und ohne die fossilen Brennstoffe, die sie schufen, wäre nichts von alledem möglich gewesen. Richtig, sagen die Kritiker. Unsicher ist allerdings, ob dieses Modell eine Zukunft hat. Fraglich ist auch wie lange es durchgehalten werden kann, bevor die Risiken, die es geschaffen hat, erdrückend werden. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Für Geld machen Menschen fast alles

Es gibt eine ökonomische Theorie der Motivation. Sie unterstellt, dass man so gut wie jeden Menschen dazu bringen kann, so gut wie alles zu tun, wenn man ihm nur genug Geld dafür zahlt. Da Geld alle anderen Motivationen ersetzen kann, betrachten es die meisten Ökonomen als austauschbar mit allen anderen Motivationen. Sie sehen darin gewissermaßen eine neutrale gemeinsam Währung, in der man sämtliche Motivationen ausdrücken kann. Jonathan Aldred stellt fest: „Das ergibt ein eindimensionales Bild der menschlichen Motivation, nach dem Geld ganz einfach zu bereits vorhandenen Motiven hinzukommt oder ersetzt, falls sie nicht vorhanden sind.“ Jonathan Aldred ist Direktor of Studies in Ökonomie am Emmanuel College. Außerdem lehrt er als Newton Trust Lecturer am Department of Land Economy der University of Cambridge.

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Stephen Hawking war ein Mann mit einer Mission

In der Physik gibt es unterschiedliche Theorien für unterschiedliche Größenordnungen. Für die atomare und subatomare Skala benutzen die Physiker in der Regel die Quantentheorie. Für die Alltagsskala verwenden sie die Isaac Newtonsche Physik als effektive oder approximative Theorie. Und für die kosmische Skala , welche die Gravitation dominiert, die Allgemeine Relativitätstheorie. Leonard Mlodinow ergänzt: „Man kann Schreiben in analoger Weise analysieren. Da sind die Wortwahl, die Sätze, die Abschnitte, die Kapitel, das Buch.“ Man hat Anliegen und Werkzeuge auf jeder Ebene, einige für das große Ganze und andere zur Analyse des Wesentlichen. Stephen Hawking war ein Mann mit einer Mission. Allerdings war er nicht immer davon besessen gewesen, die Dinge richtig zu machen. Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Die Ökonomie missbraucht die Ideen der Aufklärung

Es ist für Philipp Blom erstaunlich zu sehen, was im Zusammenhang des verabsolutierten Marktes aus den Ideen der Aufklärung wird, die ein fester Bestandteil seiner Theorien sind. Hier wie dort sind Menschen rational, liegt ihr Heil in der Vernunft. Beide sind universalistisch und tolerant. Sie gehen davon aus, dass Menschen von Geburt an mit Freiheiten und Rechten ausgestattet sind. Beide sehen optimistisch in die Zukunft, die besser, gerechter und wohlhabender sein wird. Der alles entscheidende Unterschied wird laut Philipp Blom allerdings wirksam, wenn diese Gedanken aus dem Kontext der philosophischen Debatte in den der ökonomischen Theorie transportiert werden und dabei ihre qualitativen Aspekte verlieren. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Es gibt keine absoluten Wahrheiten

Die beste Wahrheitstheorie ist für Silvio Vietta die „Theorie der Richtigkeit“. Wahr ist eine Erkenntnis oder ein Satz, wenn er dem Sachverhalt, den er beschreibt, auch entspricht. Die heutige Wissenschaft weiß, dass es bei komplexen Sachverhalten keine absoluten Wahrheiten gibt. Wohl aber gibt es Annäherungen an wahrheitsgemäße Beschreibungen. Diese bewegen sich allerdings zumeist auf einem abstrakten Niveau der Formelsprache. Der österreich-britische Philosoph Karl Popper schlägt daher vor, wissenschaftliche Theorien nur nach dem „Falsifizierbarkeits“-Kriterium zu unterscheiden. Aber gerade bei einfachen Wahrnehmungen von Tatsachen ist das Prinzip der Richtigkeit der Aussage fundamental für eine zivile Gesellschaft. Das gilt für die Bereiche Rechtsprechung, Politik, und die Öffentlichkeitsarbeit der Medien. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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In einer Demokratie ist Gerechtigkeit möglich

Es gibt Vorschläge, eine Theorie der Gerechtigkeit solle nicht Fragen der Verteilungsgerechtigkeit in den Vordergrund stellen. Sondern es wird gefordert, eher das Erreichen von politscher Gleichheit nach vorne zu rücken. Das kommt laut Danielle Allen mit der Behauptung gleich, dass man Gerechtigkeit mit demokratischen Mitteln erreichen kann. Das moderne Experiment einer demokratischen Regierungsform währt seit beinahe 250 Jahren und dennoch tun sich viele auch heute noch mit dem Verständnis der Ideale schwer. Danielle Allen stellt fest: „Bis zu einem gewissen Grad schlägt sich in dieser Schwierigkeit die Tatsache nieder, dass der Grund unter unseren Füßen unablässig schwankt. Denn die demografischen Gegebenheiten wandeln sich.“ Die Politikwissenschaftlerin und Altphilologin Danielle Allen lehrt als Professorin an der Harvard University. Zugleich ist sie Direktorin des Edmond J. Safra Center for Ethics in Harvard.

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Danielle Allen entwickelt eine Theorie der Gerechtigkeit

Danielle Allen entwickelt in ihrem Buch ein neues Verständnis von politischer Gleichheit für Gesellschaften großer sozialer und kultureller Vielfalt. Ausgangspunkt ihrer scharfsinnigen Analyse ist das Verhältnis zwischen negativen und positiven Rechten. Sie plädiert dafür, beiden die gleiche Wertigkeit einzuräumen. Auf diese Weise gelangt sie zu einer Theorie der Gerechtigkeit, die auf dem Prinzip „Differenz ohne Herrschaft“ basiert. Danielle Allen vertritt die These, dass sich echte politische Gleichheit nur in demokratischen Gesellschaften mit starken sozialen Bindungen verwirklichen lässt. Dazu gilt es, Differenzen auszuhalten und neue Kulturen der Interaktion aufzubauen. Und es braucht dazu eine Politik, die genau dies etwa durch sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen fördert. Die Politikwissenschaftlerin und Altphilologin Danielle Allen lehrt als Professorin an der Harvard University. Zugleich ist sie Direktorin des Edmond J. Safra Center for Ethics in Harvard.

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Die Logik des Allgemeinen dominiert die Moderne

Was ist die Moderne? Was sind die zentralen Merkmale der modernen Gesellschaft in ihrer klassischen Gestalt? Aus der Sicht von Andreas Reckwitz ist die Antwort eindeutig: „Der strukturelle Kern der klassischen Moderne, wie sie sich seit dem 18. Jahrhundert zunächst in Westeuropa ausgebildet hat, ist zunächst eine soziale Logik des Allgemeinen. Diese drängt auf eine Standardisierung, Formalisierung und Generalisierung sämtlicher Einheiten des Sozialen.“ Die Moderne formatiert die Welt der bis dahin traditionellen Gesellschaften grundlegend um. Sie prägt ihr in ihren Praktiken, Diskursen und institutionellen Komplexen durchgängig und immer wieder aufs Neue Formen des Allgemeinen auf. Als großflächige Praxis betreibt sie ein, wie Andreas Reckwitz es nennen möchte, umfassendes „doing generality“ der Welt. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Die modernen Identitäten sind von sozialer Natur

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hätte niemand, der nach der Identität eines Menschen fragte, die Kategorien race, Gender, Nationalität, Region oder Religion erwähnt. Früher war die Identität etwas ganz Besonderes und Persönliches. Kwame Anthony Appiah vergleicht dies mit der Gegenwart: „Die Identitäten, an die wir heute denken, haben wir dagegen meist mit Millionen oder Milliarden anderen Menschen gemeinsam. Sie sind von sozialer Natur.“ In den sozialwissenschaftlichen Theorien des frühen 20. Jahrhunderts sucht man nach solchen Identitäten vergebens. In seinem 1934 veröffentlichten Buch „Mind, Self, and Society“ skizzierte George Herbert Mead eine einflussreiche Theorie des Selbst als Produkt eines „Ich“, das auf die sozialen Anforderungen der anderen reagiert und durch deren Verinnerlichung das „Mich“, wie er dies nannte, herausbildet. Professor Kwame Anthony Appiah lehrt Philosophie und Jura an der New York University.

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Das Wesen des Menschen umfasst zwei Welten

Das Wesen des Menschen umfasst zwei Welten. Die eine besteht aus den naturgegebenen Regeln der Lebensregulation, deren Fäden durch die unsichtbaren Hände von Schmerz und Freude gezogen werden. Antonio Damasio erklärt: „Wir sind uns weder diesen Regeln noch ihrer Grundlagen bewusst; vielmehr erkennen wir nur bestimmte Folgen, die wir Schmerz oder Freude nennen.“ Es gibt aber auch noch eine andere Welt. In dieser konnten und können die Menschen die Bedingungen umgehen, die ihnen auferlegt wurde. Dazu haben die Menschen kulturelle Formen der Lebensbewältigung erfunden, mit denen sie die Grundlagen ergänzen. Das Ergebnis waren die Entdeckungen, welche die Wissenschaft nach wie vor in den Universen im Menschen selbst und um ihn herum machen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Die Grenzlinie zwischen Anlage und Umwelt ist stark umstritten

Theorien des menschlichen Verhaltens stützen sich auf die der menschlichen Natur: auf Regelmäßigkeiten, die sich aus der universalen menschlichen Biologie ergeben, im Gegensatz zu denen, die in den Normen oder Bräuchen der verschiedenen menschlichen Gemeinschaften wurzeln. Francis Fukuyama fügt hinzu: „Die Grenzlinie zwischen Anlage und Umwelt ist heutzutage stark umstritten, doch kaum jemand würde leugnen, dass diese beiden gegensätzlichen Pole existieren.“ Zum Glück braucht diese Grenze nicht exakt gezogen zu werden, wenn man eine Theorie entwickeln will, die nützliche Einsichten in die menschliche Motivation liefert. Frühneuzeitliche Denker wie Thomas Hobbes, John Locke und Jean-Jaques Rousseau grübelten intensiv über den „Naturzustand“, eine Urzeit vor dem Aufkommen der menschlichen Gesellschaft. Francis Fukuyama ist einer der bedeutendsten politischen Theoretiker der Gegenwart. Sein Bestseller „Das Ende der Geschichte“ machte ihn international bekannt.

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Die Wissenschaft ist die größte Errungenschaft der Menschheit

Bereits im Alter von 24 Jahren schrieb Alfred Jules Ayer (1910 – 1989) ein Buch, in dem er erklärte, dass der Großteil der Geschichte der Philosophie leeres Geschwafel oder gar kompletter Unsinn sei. Das 1936 veröffentlichte Werk trug den Titel „Sprache, Wahrheit und Logik“. Das Buch wurde zu einer wichtigen Streitschrift für eine neue philosophische Richtung, die man als logischen Positivismus oder logischen Empirismus bezeichnete. Nigel Warburton erklärt: „Für die logischen Empiristen ist die Wissenschaft die größten Errungenschaft der Menschheit.“ „Metaphysik“ ist ein Begriff, der verwendet wird, um diejenige Realität zu bezeichnen, die jenseits der sinnlich erfahrbaren physischen Welt lieg. Dass es eine solche Realität gab, stand für Philosophen wie Immanuel Kant, Arthur Schopenhauer und Georg Wilhelm Friedrich Hegel fest. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.“

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Politik und Recht sind immer schon moralisch

Bei der Moral geht es nicht nur um Leben und Tod, um Freiheit oder Gerechtigkeit, sondern auch um Urteile über Ernährung, Kleidung, Sex oder Drogen. Philipp Hübl stellt fest: „Moral gibt Antworten auf die Frage, was wir für richtig halten und was wir tun sollten. Darum sind Politik und Recht immer schon moralisch, weil sie auf Werten und Normen beruhen.“ Emotionen bringen einen Menschen dazu, so oder so zu handeln, aber sie nötigen oder determinieren ihn nicht. Viele Faktoren bestimmen das persönliche Handeln: Erziehung, erlernte Routinen, vernünftige Überlegungen und Grundbedürfnisse wie Hunger und Schlaf. Genauso finden sich zahllose Graustufen zwischen „Gut“ und „Böse“. Dennoch hegen viele Menschen den Wunsch nach moralischer Eindeutigkeit. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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