Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Die Beschleunigung des Artensterbens ist keine bloße Annahme, sondern belegbar.“ Der Living-Planet-Index hat ermittelt, dass die Wirbeltierbestände der Erde sind seit 1970 um etwa 60 Prozent geschrumpft sind. Um ihn zu ermitteln, sind die wissenschaftlichen Daten eines halben Jahrhunderts über fast 17.000 Populationen von mehr als 4.000 Wirbeltierarten ausgewertet worden. Es gibt also heute insgesamt weniger als halb so viele wilde Tiere wie noch vor fünfzig Jahren. Nimmt die Zahl der Individuen innerhalb der Arten weiter ab, muss zwangsläufig in den kommenden Jahrzehnten auch die Aussterberate schneller in die die Höhe schießen In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.
Tiere
Das Schmecken ist ein Erkenntnisvermögen
In der Weisheit – sapientia – lassen sich deren Ursprünge im Wissen und Schmecken – beides sapor – noch erkennen. Lisz Hirn erklärt: „Das Schmecken ist hier nicht eine bloße Sinneswahrnehmung, sondern ein Erkenntnisvermögen.“ Schon Friedrich Nietzsche hat es „als eine kulturell oder individuell erworbene Form des lebenspraktischen – philosophischen – Weisheit“ verstanden. Das heißt, die Beurteilung und Erkenntnis der Dinge fordert die mündige Stellungnahme des Einzelnen. Diese kann jedoch mehr oder weniger erkenntnisreich ausfallen. Der Sapiens, der Schmeckende/Weise stellt Friedrich Nietzsche fest, schmeckt – nicht nur im übertragenen Sinne – quasi die bedeutsamen Unterschiede heraus. Er ist ein Mensch des „schärfsten Geschmacks“. Wo dieser Geschmack fehlt, kann man auf Vormünder zurückgreifen. Lisz Hirn arbeitet als Publizistin und Philosophin in der Jugend- und Erwachsenenbildung, unter anderem am Universitätslehrgang „Philosophische Praxis“.
Kein Ort auf der Welt ist frei vom Einfluss der Menschen
Dirk Steffens und Fritz Habekuss stellen fest: „Es gibt heute keinen Ort mehr, der vom Einfluss des Menschen frei ist. Am Grund des Marianengrabens, 11.000 Meter unter dem Meer: Müll. In den Schneeflocken der Arktis, in abgefülltem Mineralwasser, in Bier, gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot, und wahrscheinlich atmen wir es längst: Plastik.“ Menschen und Nutztiere zusammen wiegen heute mehr als zwanzigmal so viel die alle wilden Tiere. Auf drei Vögel in der Natur kommen sieben Masthähnchen. Weltweit wachsen Pflanzen kräftiger, weil sie durch das Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre gedüngt werden. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.
Weltweit gibt es sechs Prozent Vegetarier
Der Frage, warum und ob man überhaupt andere Tiere essen sollte, kann man sich aus ethischer und naturwissenschaftlicher Sicht nähern. Malte Rubach stellt fest: „Zum jetzigen Stand ist nahezu die gesamte Menschheit in der Lage, andere Tiere zu essen und diese Tatsache besteht schon seit Jahrmillionen.“ Der Anteil der Menschheit, der aus ethischen Gründen dazu nicht in der Lage ist, die vegan lebenden Menschen, beläuft sich weltweit im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Den Anteil der Vegetarier, die nur keine Tiere töten, aber von lebendigen Tieren stammende Lebensmittel genießen wollen, schätzt die Marktforschungsagentur Euromonitor auf weltweit sechs Prozent. In Propagandafilmen des Veganismus wie „The Game Changers“ wird es so dargestellt, als wäre der Mensch als Pflanzenfresser geboren. Der Referent und Buchautor Dr. Malte Rubach hat Ernährungswissenschaften in Deutschland, der Türkei und den USA studiert.
Die Deutschen sind liberaler und friedlicher geworden
Innerhalb der letzten 30 Jahren sind die Mehrheit der Deutschen und der übrigen Welt deutlich fürsorglicher, liberaler und friedlicher, kurz: progressiver geworden. Dieser Wandel veranschaulicht allerdings nicht, warum am rechten Rand der deutschen Parteienlandschaft eine Lücke aufgeklafft ist. Diese besetzt jetzt eine neue Partei, die Alternative für Deutschland (AfD). Philipp Hübl blickt zurück: „Fast alle Länder und Kulturen haben in den letzten Jahrhunderten eine Entwicklung vom kollektivistischen Stammesmodell zu modernen Gesellschaftsnormen durchgemacht.“ Die Menschen legen mehr Wert auf Individualismus und universelle Gesetze, sodass der moralische Kompass immer weniger in Richtung Autorität und Loyalität ausschlägt. Fairness und Freiheit rückt in den Vordergrund, wie der amerikanische Anthropologe Alan Fiske zeigt. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).
Für Südafrika gilt der Slogan: „Die Welt in einem Land“
Für Dieter Losskarn ist es fast unmöglich, eine bessere Beschreibung für das Reiseland Südafrika zu finden als den Slogan: „Die Welt in einem Land“. Der Schwarze Kontinent präsentiert sich hier seinen Besuchern in kontrastreicher Vielfalt. Es gibt weite Savannen, Wüstengebiete, Hochplateaus, Buschland und Regenwälder, aber auch pulsierende Metropolen und endlose Küsten mit Traumstränden. Natur- und Aktivurlaubern sind in Südafrika fast keine Grenze gesetzt. Allein auf den berühmten Tafelberg führen über 300 verschiedene Wanderwege, von anstrengend bis sehr anstrengend. Bei einem Besuch in Südafrika ohne Safari würde etwas fehlen. Im weltberühmten Kruger National Park kann man Elefanten, Nashörner, Löwen, Leoparden, Büffel und viele andere Wildtiere beobachten. Der Autor Dieter Losskarn ist Journalist und Fotograf und lebt seit 1994 in Kapstadt.
Längst ist der Mensch des Menschen Wolf
Nahrungsketten bilden die zentralen Abläufe in der Natur. Sie entsprechend den Produktionsketten in der Wirtschaft der Menschen. Das Prinzip ist ebenso einfach wie seit Urzeiten bekannt: Alle Lebewesen werden von anderen genutzt. „Gefressen“, wie man abwertend zu sagen pflegt. Josef H. Reichholf erläutert: „Das „Fressen und Gefressenwerden“ in der Natur missfällt uns, insbesondere, wenn es uns direkt oder indirekt betrifft.“ Direktes Betroffensein ist extrem selten geworden. Denn alle Raubtiere, die dem Menschen gefährlich werden können, sind entweder weithin ausgerottet oder in spezielle Gebiete, meistens Reservate, zurückgedrängt. Längst ist der Mensch des Menschen Wolf, wie schon die Alten wussten. Die Zahl der Menschen, die Raubtieren zum Opfer fallen, liegt weit niedriger als die vom Blitz Erschlagenen. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.
Der Mensch denkt und kann sich irren
Nur wer von einer Sache überzeugt ist, eine Meinung hat oder sich ein Urteil bilden kann, kann darin irren. Ludwig Huber blickt zurück: „Schon in der Antike und im Mittelalter haben Philosophen unterschiedliche Antworten auf die Fragen gefunden, ob Tiere denken können, Entscheidungen treffen, Ziele haben und Handlungen planen. Und schließlich haben sie auch darüber nachgedacht, ob Tiere etwas in vollem Bewusstsein tun.“ Oftmals wurde die Frage des Denkens bei Tieren kategorisch und allgemein gestellt. Dabei nahm man weder auf die möglichen Unterschiede zwischen Tierarten oder gar Individuen Rücksicht, noch auf die Möglichkeit unterschiedlicher Denkkategorien. Man stellte die Frage „Denken Tiere?“ deshalb so allgemein, weil man auf einen entscheidenden, kategorischen Unterschied zum denkenden Menschen hinweisen wollte. Ludwig Huber ist Professor und Leiter des interdisziplinären Messerli Forschungsinstituts für Mensch-Tier-Beziehungen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Alle Lebewesen erzeugen unentwegt Sinnliches
Das Sinnenleben erlischt nicht in dem Augenblick, in dem der wahrnehmende Akt vollzogen worden ist. Emanuele Coccia erläutert: „Das Sinnliche hat schon vor uns gelebt. Und es lebt auch noch nach der Wahrnehmung in uns weiter.“ Es lebt, ähnlich wie das Grundraunen all der menschlichen Gedanken, wie der lebendige Fluss aller Erinnerungen. Es existiert wie der letzte Horizont. In diesem nehmen alle Vorhaben und Handlungen Gestalt an, werden realisierbar und, ja, Wirklichkeit. Übrigens bleibt es laut Emanuele Coccia nicht nur beim Empfangen von Sinnlichem: „Alle Lebewesen erzeugen unentwegt Sinnliches. Darin ist der Mensch allen anderen Tieren überlegen: Er spricht, parfümiert sich, zeichnet, schematisiert.“ Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
Tiere können urteilen und irren
Ob Tiere denken, Verstand haben oder irren können, ist mit mindestens zwei Problemen verbunden. Einerseits mit der Bedeutung von Konzepten und Begriffen, mit denen die Wissenschaft komplexe Sachverhalte beschreibt. Andererseits mit der methodischen Schwierigkeit, die den Handlungen von Tieren zugrunde liegenden mentalen Prozesse aufzudecken. Ludwig Huber erklärt: „Ob Tiere irren können, hängt also einerseits davon ab, ob wir einen strengen Urteils- und Irrtumsbegriff anlegen.“ Dann kommt man nämlich zu dem Schluss, dass Tiere, weil sie keine propositionellen Einstellungen bilden können, weder urteilen noch irren können. Wenn man die Begriffe jedoch etwas weiter fasst, kann man durchaus davon sprechen wollen, dass Tiere urteilen und irren. Ludwig Huber ist Professor und Leiter des interdisziplinären Messerli Forschungsinstituts für Mensch-Tier-Beziehungen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Das rationale Tier ist allgegenwärtig
Ludwig Huber will in seinem Buch „Das rationale Tier“ nicht nur zeigen, was die Forschung heute über den Geist der Tiere weiß und wie sie es herausgefunden hat, sondern auch, wozu das gut ist. Neben der zweckfreien Befriedigung der Neugierde treibt ihn auch ein moralischer Imperativ. Ludwig Huber schreibt: „Um sie zu retten, müssen wir uns kümmern, und kümmern können wir uns nur, wenn wir sie verstehen.“ Dazu stellt er die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Diese verlangen eine entschiedene Revision der irrationalen und ethisch fragwürdigen Einstellungen der Menschen gegenüber Tieren. Intelligenzbestien in der Tierwelt findet man an Land, in der Luft und auch unter Wasser. Ludwig Huber ist Professor und Leiter des interdisziplinären Messerli Forschungsinstituts für Mensch-Tier-Beziehungen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Flüsse sind der Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen
Wanderungen an Flüssen präsentieren Facetten der Flussnatur. Sie fassen Vertrautes, Gewohntes in Beispiele, die jedoch längst nicht alles umfassen, was wichtig ist, um die Flussnatur zu verstehen. Angler werden kritisieren, dass Fische bisher in dem Buch „Flussnatur“ so gut wie nicht vorkamen, obwohl diese für sie das Wichtigste sind. Die Schifffahrt verweist auf die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Flüsse als Wasserstraßen und auf Schiffe als energiegünstiges Transportmittel. Josef H. Reichholf fügt hinzu: „Die Landwirtschaft fordert von der Gesellschaft, dass ihr sowohl Verluste durch Überschwemmungen als auch Ausfälle durch Dürre erstattet werden.“ Weil sie, gerade so wie die Schifffahrt und die Angler, von zuverlässiger Beständigkeit der Bedingungen ausgehen will. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.
Fast jede Technik lässt sich als Waffe einsetzen
Die Begabung für die Sprache und für die Vernunft gehört zweifellos zum Wesen des Menschen. Ohne jede Technik ein Mängelwesen, macht sich der Mensch mit der Hilfe von Technik von zahlreichen Zwängen der Natur frei. Er unterwirft sie seinem Willen. Otfried Höffe erklärt: „Die Technik hat sowohl eine emanzipatorische Tragweite – sie befreit von Zwängen – als auch eine positive, konstruktive Bedeutung.“ Nicht nur der Suezkanal, die Mondlandung und die immer kleineren und trotzdem immer leistungsfähigeren Rechner, sondern auch antike Aquädukte und gotische Kathedralen sind technische Meisterleistungen. Ein Mensch, der für die Wirklichkeit offen ist, übersieht auch nicht die von vornherein für aggressive und destruktive Ziele und Zwecke entworfene Technik. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.
Die menschliche Expansion wirkt zerstörerisch
An einigen Orten auf der Welt ist die zerstörerische Kraft der menschlichen Expansion besonders augenfällig geworden. Als Beispiel nennen Dirk Steffens und Fritz Habekuss Neuseeland. Dort hat sich das Leben einige Millionen Jahre lang weitgehend getrennt vom Rest der Welt entwickelt. Abgesehen von einigen Fledermausarten hat die Evolution auf den abgelegenen Inseln keine Säugetiere hervorgebracht. Dafür aber eine besonders artenreiche Vogelwelt. Die ist inzwischen allerdings arg geschrumpft. Neuseeland war die letzte große Landmasse, die besiedelt wurde. Wahrscheinlich erst vor 800 Jahren erreichten polynesische Kanus die bis dahin unbekannte Küste. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.
Die Hoffnung ist eine Kraftspenderin in der Not
Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 05/2021 handelt von der Hoffnung. Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt im Editorial: „Keine Revolution, keine Fridays for Future, keine Zukunft gäbe es ohne den festen Glauben an das Gelingen. Die Hoffnung muss sich von der Angst lösen, um Kraft zu entwickeln.“ Positive Erwartungen sind allerdings auch risikobehaftet. Was, wenn das Erhoffte nicht eintritt? Gar alles noch schlimmer kommt? Andererseits gilt: Wenn die Furcht jede Hoffnung im Keim erstickt, gäbe es kein lebenswertes Morgen mehr. Es besteht für viele Menschen kein Zweifel daran, dass die Hoffnung eine Energiequelle ist, eine Kraftspenderin in der Not. Die antiken Stoiker sahen weder in der Hoffnung noch in der Furcht den Weg zu einem gelingenden Leben. Vielmehr rieten sie ab von jeder affektiven Zukunftserwartung und forderten eine vernunftgeleitete Konzentration auf das Hier und Jetzt.
Intelligenz war vor dem Homo sapiens auf der Welt
Intelligenz kam nicht erst mit dem Homo sapiens auf die Welt. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts stießen Paläontologen zum ersten Mal auf Fossilien von Homininen, also menschenartigen Wesen. Diese waren älter als eine Million Jahre und besaßen kleine Gehirne. Damit verwischte sich die bis dahin scharfe Grenze zwischen Mensch und Tier. Stefan Klein erläutert: „Man versuchte sie neu zu definieren, indem man erklärte, Menschen zeichneten sich durch ihre Gabe aus, Werkzeuge zu benutzen.“ Um diese Behauptung zu prüfen, beauftragte der Fossilienjäger Louis Leakey eine junge Frau in den Urwald zu gehen, um Tiere zu beobachten. Jane Goodall erwies sich als überragende Verhaltensforscherin. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.
Der Mensch hat sich von der Natur entfremdet
Während die Menschheit die Natur zerstört, boomt gleichzeitig der Markt, der ihre Schönheit feiert. Dirk Steffens und Fritz Habekuss erklären: „Bücher über Bäume haben das Zeug, Weltbestseller zu werden. Outdoor-Zeitschriften, Reiseblogs und High-End-Dokumentationen feiern in orgiastischen Bildern die Wildnis, wo es sie noch gibt.“ Diese Produkte sollen den Graben der Entfremdung überbrücken, der sich zwischen den Menschen und der Natur aufgetan hat. Während sich ihre Zerstörung immer weiter beschleunigt, wird die abstrakte Liebe zu ihr paradoxerweise immer größer. Inzwischen enthüllt die Biologie sogar, dass Umwelteinflüsse sogar das Erbgut verändern können. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.
Am Anfang war die Schönheit
Nichts ist für den Philosophen Konrad Paul Liessmann so verführerisch wie die Verführung: „Das Lockende und Verlockende, die Andeutungen und Versprechungen, die Eröffnung von bisher ungeahnten Möglichkeiten, das Verlassen eines sicheren Bodens, das Umgehen des Gewohnten, das Faszinosum des Neuen: Wer wollte dem widerstehen?“ Im Paradies muss es schön gewesen sein, so war es wohl. Am Anfang war die Schönheit, aber diese führte zu Wut, Trauer und Neid. Und der Schöpfer des Menschen ähnelte weniger einem Gott in seiner Machtvollkommenheit als einem Bastler. Dieser probiert einiges aus, um bei einem Produkt zu landen, das er nach kurzer Zeit wieder entsorgen muss. Die Erzählung vom Paradies ist von Anbeginn an eine Geschichte des Aufbegehrens und der Vertreibungen. Die Schöpfung in ihrer Schönheit provoziert den Widerstand desjenigen, dessen Licht diese Schönheit sichtbar macht, ohne selbst daran Anteil nehmen zu können.
Der Homo sapiens bedroht das Leben auf der Erde
Matthias Glaubrecht beschreibt in seinem Buch „Das Ende der Evolution“ wie der angebliche Homo sapiens das gesamte Leben auf der Erde bedroht. Dabei legt er schonungslos die Fakten zur historischen Entwicklung von Ackerbau, Überbevölkerung und Urbanisierung offen. Im Zentrum seiner umfassenden Studie aber der dramatische Schwund an Biodiversität von Tieren und Planzen überall auf der Erde. Das fängt bei den großen Säugetieren wie Tiger und Elefant an, erfasst auch die heimische Vogelwelt und endet beim Sterben der Insekten. Sowohl an Land wie auch im Meer ist das drohende Aussterben von bis zu einer Million Arten bereits in vollem Gange. Mit dem größten Artenschwund seit dem Aussterben der Dinosaurier steht der Menschheit eine weltweite biologische Tragödie bevor. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.
Der Mensch ist nicht mehr „Herr im eigenen Haus“
Sigmund Freud beschrieb 1917 die Kränkungen der Menschheit, nicht mehr im Mittelpunkt der Welt zu stehen und sogar Teil des Tierreichs zu sein. Und noch dazu, so schloss er aus einer eigenen Arbeit, nicht „Herr im eigenen Haus“ zu sein. Humanistische Gymnasien und aufgeklärte Philosophen konnten den Menschen als aufgeklärte Vernunftwesen feiern, solange sie wollten. Philipp Blom stellt dagegen fest: „Der Arzt und Denker Sigmund Freud glaubte zu verstehen, dass diese Ansicht auf einer frommen Illusion fußte.“ Was Individuen als sinnvolle, freie Entscheidungen oder sinnlose Zwangshandlungen wahrnahmen, war nur die trügerische Oberfläche eines Gewässers. Dessen Tiefenströmungen und tief verankerten, frustrierten und verdrängten Triebe und Erinnerungen gaben die eigentliche Lebensrichtung vor. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford.
Die Natur ist gut für die Psyche
Eine Studie, die den seelischen Zustand von einer Million Dänen auswertete, zeigte: Wer als junger Mensch umgeben von Parks, Wiesen oder Wälder aufwuchs, hatte als Erwachsener eine bis zu 55 Prozent geringere Gefahr, psychisch zu erkranken. Dirk Steffens und Fritz Habekuss ergänzen: „Eine amerikanische Studie wies nach, dass Probanden eine deutlich niedrigere Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut hatten, wenn sie täglich zwanzig bis dreißig Minuten im Grünen waren. Japanische Wissenschaftler wollen sogar eine erhöhte Konzentration von Immunzellen im Blut gemessen haben, wenn Versuchspersonen eine Nacht lang Luft einatmeten, in der von Pflanzen produzierte Terpene zerstäubt wurden. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.
Menschen können gewalttätig und grausam sein
Auf dem Weg, sich von seinen angeborenen Instinkten zu befreien, ist der Mensch schon lange, jedenfalls lange bevor er Grund hatte, dem Verdacht einer Geringschätzung der Natur ausgesetzt zu sein. Zunächst war seine allmählich wachsende Fähigkeit, sich selbst eine Lebensweise auszuwählen, nicht günstig für die Pflanzen und Tiere, von denen der Mensch sich ernährte. Er pflanzte sie in Reih und Glied, züchtete sie nach seinen Erwartungen und ging mit den Tieren nach seinen Zwecken um. Volker Gerhard erläutert: „Er trennte die Jungtiere von den Müttern, um deren Milch für sich selbst zu nutzen, schor ihnen das Fell, und schlachte sie, nicht nur um ihr Fleisch zu essen, sondern auch, um sie den Göttern zu opfern.“ Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.
Alle Emotionen sind auf ein Objekt gerichtet
Martha Nussbaum vertritt die Auffassung, dass sämtliche Emotionen mit einem Denken oder Wahrnehmen verbunden sind, das intentional auf ein Objekt gerichtet ist – als Gegenstand, welchen die Person, die die Emotion wahrnimmt oder sich vorstellt. Zugleich sind sie mit einer wertenden Beurteilung dieses Objekts verbunden, die der jeweilige Akteur aus seiner eigenen Perspektive wahrnimmt. Dabei gibt er dem Objekt in Bezug auf seine Ziele und Zwecke eine Bedeutung. Martha Nussbaum nennt ein Beispiel: „Darum trauern wir nicht wegen jedem Todesfall auf der Welt, sondern nur wegen dem Tod der Menschen, die uns in unserem Leben wichtig erscheinen.“ Diese Beurteilung muss nicht mit fertigen Überzeugungen verbunden sein, auch wenn dies häufig der Fall ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.
Naturgärtnern ist ganz einfach
Dave Goulson zeigt in seinem neuen Buch „Wildlife Gardening“, wie man im eigenen Garten das Artensterben stoppen und zu Selbstversorgern werden können. Selbstverständlich ohne den Einsatz von Pestiziden und CO2-neutral. Mit Sonnenbraut, Beinwell und Katzenminze für bedrohte Bienen, mit Brombeer-, Schlehen- und Holundersträuchern für seltene Vögel, mit Blumenkohl, Brokkoli und Bohnen für den Gartenbesitzer selbst. Dave Goulson vertraut dabei auf die britische Kunst des Wildlife Gardening, mit der man reichere Ernten einfährt als mit jeder Monokultur. Die Hauptdarsteller dieses Buches sind die Tiere und Pflanzen direkt vor der Haustür, im eigenen Garten und Parks, in den Ritzen zwischen den Pflastersteinen und im Boden unter den eigenen Füßen. Schon in einem winzigen Garten können viele Hundert wilde Insektenarten, kleine Säugetiere und Pflanzen leben. Dave Goulson ist einer von Europas führenden Hummel- und Wildbienenschützern.
Auch normale Menschen genießen Grausamkeiten
Laut der Sozialpsychologen Roy Baumeister und Keith Campbell stellt der „Sadismus, definiert als das unmittelbare Erleben von Lust durch das Quälen anderer, den offensichtlichsten intrinsischen Anreiz zu bösen Taten dar“. Julia Shaw stellt fest: „Sie argumentieren, dass das Vorhandensein von Sadismus alle anderen Theorien oder Erklärungen des Bösen obsolet macht; sie meinen also, man brauche keine anderen Theorien des Bösen, Sadismus sei immer der Grund, warum Menschen Böses tun.“ Roy Baumeister und Keith Campbell schreiben: „Die Leute tun es, weil es sich gut anfühlt; mehr brauchen wir dazu nicht zu sagen.“ Erin Buckels und Kollegen argumentieren ebenfalls, dass Sadismus eigentlich ziemlich normal sei. Sie behaupten, dass „derzeitige Auffassungen von Sadismus selten über jene von sexuellen Fetischen hinausgehen.“ Julia Shaw forscht am University College London im Bereich der Rechtspsychologie, Erinnerung und Künstlicher Intelligenz.