Peter Trawny stellt sich vor, dass die Liebe das Böse und den Hass besiegt hat und die Welt beherrscht: „Die Macht der Liebe hätte sich durchgesetzt. Es gäbe nichts Schöneres als dieses globale Happy End, Wiederkehr des Paradieses, in dem Mensch und Tier in ewigem Frieden zusammenleben würden.“ Aber das Verhältnis von Macht und Liebe ist ein schwieriges, wenn nicht unmögliches. Die Politik hat nicht nur das Wohlergehen Einzelner im Blick, sondern das ganzer Gesellschaften und Völker. Die Liebe hätte sich nicht nur auf meinen Nächsten, auf die Geliebten zu beziehen, sondern auf Kollektive. Das Begehren, für den Anderen da zu sein, sich um ihn zu kümmern, gilt nun der gesamten Welt. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.
Liebe
Die eheliche Liebe ist kaum mehr als „eine zweifache Selbstsucht“
Die französische Schriftstellerin und Feministin Claire Démar schreibt Anfang des 18. Jahrhunderts: „Wenn die Ehe ungleich sei, dann sei sie auch nicht gemäß dem spirituellen und libidinösen Charakter der Menschen ausgerichtet, die von ihrem Schöpfer keineswegs für dauerhafte Vereinigungen geschaffen seien. Das ganze Arsenal der Emotionen und sittlichen Werte im Umfeld der Ehe sei die Frucht dieses Missverhältnisses zwischen Kultur und Natur.“ Die eheliche Liebe sei kaum mehr als „eine zweifache Selbstsucht“. Christopher Clark ergänzt: „Die Eifersucht, die viele Ehen vergiftet, entsteht aus einem abstoßenden Gefühl des Egoismus und der Persönlichkeit heraus.“ „Treue“, so Claire Démar, „hat so gut wie immer ausschließlich auf Angst und der Unfähigkeit basiert, es besser oder anders zu machen!“ Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preußens.
Bei der Begegnung mit der Liebe sollte man mit dem Zufall rechnen
Wer in der Überzeugung handelt, seine Wünsche der Welt aufzwingen zu können, irrt sich gewaltig: er unterschätzt den Widerstand der Wirklichkeit und vergisst, dass er sich im Hinblick auf die eigenen Wünsche irren kann. Charles Pépin rät: „Gehen wir hinaus. Handeln wir in der Welt. Nicht in der verrückten Hoffnung, unseren Willen der Wirklichkeit zu oktroyieren, sondern um auszuprobieren. Ich gehe los – und sehe.“ Dabei entdeckt man, was möglich ist; man wird sich darüber im Klaren, was man wirklich wünscht. „Liebe ohne Zufall!“ versprach vor ein paar Jahren ein Werbeslogan der Singlebörse Meetic. Ein erstaunliches Programm – und allemal trügerisch. Um der Liebe zu begegnen, sollten wir besser mit dem Zufall rechnen, mit ihm spielen, ihn herausfordern, ihn zum Verbündeten machen, statt zu versuchen, ihn abzuwenden. Charles Pépin ist Schriftsteller und unterrichtet Philosophie. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.
Das Urteil eines anderen kann in der Seele brennen
Ger Groot erklärt: „Was er über mich denkt, entzieht sich meinem Zugriff, ich bin dem anderen darin ausgeliefert – mir buchstäblich entfremdet und entwendet.“ Wie tief dies das eigene Selbstverständnis berühren kann, weiß Jean-Paul Sartre. Das Urteil eines anderen kann in der Seele brennen. Jean-Paul Sartre schreibt: „Das Wesen der Beziehungen zwischen Bewusstsein ist nicht das Mitsein, sondern der Konflikt.“ Aus diesem Grund kann er am Anfang von „Der Existenzialismus ist ein Humanismus“ den Atheismus als Bedingung seiner Existenzphilosophie bezeichnen. Denn Gott ist schließlich der andere schlechthin, der den Menschen immerzu sieht, aber sich selbst niemals sehen, daher auch nicht zum Objekt machen lässt. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Außerdem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.
Christus liebte sogar noch seine Henker
Eine der Meistererzählungen der Liebe, ihrer Erfahrung, ihres Verständnisses oder Unverständnisses ist die vom Bruch zweier Kulturen. Peter Trawny erklärt: „Zunächst war da Eros, dieser geflügelte Gott, der ein Begehren hervorrief, das oft nicht anders als tragisch enden konnte: Phädra-mäßig, die sich in der Scham enttäuschter Liebe selbst erhängte.“ Dann die Agape, die jesuanische Gabe, Appell zum friedlichen Miteinander: Christus am Kreuz, der noch seine Henker liebt. Dazwischen soll ein Abgrund gähnen. Vermutlich gehört diese Erzählung zum Christentum, das offenbar ein Interesse hatte, die heidnischen Ausschweifungen zu verdammen. Denn einen Abgrund gibt es zwischen der erotischen Liebe und der Nächstenliebe wohl nicht, doch sind Unterschiede deutlich vorhanden. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.
Der Liebende ist „göttlicher“ als der Geliebte
Schon in antiken Texten zur Liebe, zumal in Platons „Symposion“, wird festgehalten, dass der Liebende „göttlicher“ sei als der Geliebte. Der Grund für diese keineswegs schon philosophische Bemerkung liegt für Peter Trawny auf der Hand: „Weil eben im Liebenden der Gott Eros sich spüren lässt – manchmal bis zum Wahnsinn –, ist der, der liebt, „göttlicher“. Weitergedacht ließe sich sagen, dass der Liebende über den Geliebten hinausgehe, weil er der Handelnde ist, der, der sich kümmert.“ Das wird bei Platon betont: In der Schlacht werde der Liebende den Geliebten niemals verlassen, denn das wäre der Gipfel einer Feigheit, deren sich kein Liebender schuldig machen will. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.
Es gibt die Methode einer „Hermeneutik der Liebe“
Menschen fühlen sich verantwortlich, wen sie etwas im wahrsten Sinne des Wortes existenziell angeht, es sie berührt und betrifft – und eben dann handeln sie entsprechend. Dabei ist die Liebe der sicherste Grund für das, was Menschen tun oder lassen. Es gibt ein Grundgefühl, das Menschen verpflichtet, etwas zu tun, auch wenn andere Gefühle wie Angst oder Hilflosigkeit damit kollidieren und sie verunsichern können. Ina Schmidt schreibt: „Denken wir noch einmal an die Methode einer „Hermeneutik der Liebe“, an die Fähigkeit, die Klaviatur des liebevollen Zugangs zu den Dingen verstehen und spielen zu lernen. In all diesen Facetten erleben wir eines nie: absolute Sicherheit.“ Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.
Die Stimme des Gewissens gibt selten eindeutige Ratschläge
Doch auch wenn man der eigenen Stimme des Gewissens gut zuhört, muss man weiterhin darauf achten, warum sie sagt, was sie sagt. Ina Schmidt erläutert: „Denn die Stimme des Gewissens hat selten eindeutige Ratschläge.“ Die Stimme des Gewissens ruft meist zunächst dazu auf, die Gründe des eigenen Handelns zu überprüfen. Die Unterscheidung zwischen einer Gesinnungs- und einer Verantwortungsethik geht auf den Soziologen Max Weber zurück. Sie ist in vielen ethischen Fragen noch immer maßgeblich. Die Entscheidung, Verantwortung übernehmen zu wollen, mag dabei helfen, einem Gefühl des Unbehagens und der Verunsicherung entgegenzutreten. Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.
Die Liebe findet in Debatten kaum Berücksichtigung
Emanuele Coccia weiß: „Es ist kein Zufall, dass alle großen moralischen Revolutionen, die unserer Vorstellung von Fortschritt entsprechen, mit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einer größeren Freiheit der Liebe einhergingen.“ Dennoch findet die Liebe in den öffentlichen und akademischen Debatten nach wie vor kaum Berücksichtigung. Zwar beschäftigen sich Teilbereiche der Soziologie und des Feminismus mit der Liebe und ihren Erscheinungsformen. Doch insgesamt erachtet man sie als wenig lohnendes Forschungsobjekt, das eher in Boulevardblätter gehört. Die Liebe, so meint man, fällt eher ins Fachgebiet von Priestern, Katecheten und Psychoanalytiker. Dieses Ungleichgewicht in der Betrachtung von Liebe und Arbeit ist der eigentliche Grund dafür, dass es einfach nicht gelingen will, das Projekt Moderne vollständig zu verwirklichen. Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
Das Christentum hat dem Eros Gift zu trinken gegeben
Friedrich Nietzsche klagt, das Christentum habe „dem Eros Gift zu trinken“ gegeben. Er sei zwar nicht daran gestorben, „aber entartet, zum Laster“. Peter Trawny weiß: „Nietzsche kannte die dunkle, schmerzhafte Seite des Erotischen sehr genau: Dionysos war sein philosophisches Debut, der Gott des Rausches und der Ekstase. Das Christentum hat keinen Ort für diesen Rausch. Der Liebe der Körper wird misstraut, ja in der Sünde wird sie stigmatisiert.“ Zunächst scheint Friedrich Nietzsche recht zu haben. Über Jahrtausende hinweg sprach man der Sexualität ein eigenes Existenzrecht ab. Das Christentum gab und gibt der Liebe einen deutlich asexuellen Sinn: Nächstenliebe. In ihr spielt es keine Rolle, ob man sich vom Anderen angezogen oder abgestoßen fühlt. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.
Die Liebe ist das schwarze Loch aller moralischen Überlegungen
Emanuele Coccia weiß: „Dass es so schwer ist, über die Liebe – und damit über das Zuhause – nachzudenken, liegt allerdings nicht nur an der Zerbrechlichkeit und moralischen Blindheit unserer Kultur. Vielmehr ist die Liebe schon aufgrund ihrer Beschaffenheit das schwarze Loch aller moralischen Überlegungen.“ Denn sie ist der ethische Raum, in dem sich das Leben nicht auf Vorschriften, Gesetze oder Gewissheiten stützen kann. Der Grund dafür ist jedoch nicht ihr vermeintlich anarchisches Wesen, denn in Wahrheit gibt es nichts Strukturierteres als die Erfahrung der Liebe. Aber es ist eine besondere Struktur. In der Antike bezeichnete man moralische Kategorien wie diese üblicherweise als „Mysterien“, als Bereiche der Existenz also, in denen man sich nicht auf Wissen oder Gesetzmäßigkeiten verlassen kann, sondern in die man eingeweiht werden muss. Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
Die Liebe und der Tod verleihen allem Bedeutung
„Die Liebe und der Tod sind die Themen überhaupt, das A und O unserer Erzählungen, weil sie uns wie nichts anderes erschüttern.“ Mit diesem Satz leitet Lorenz Jäger sein neues Buch „Die Kunst des Lebens, die Kunst des Sterbens“ ein. Dabei ist der Tod nicht irgendein Thema unter anderen, sondern der letzte Probierstein des Denkens. Der Kontrast zwischen dem höchsten Lebensglück und der Vernichtung treibt den Umriss von beiden erst heraus. So allgegenwärtig die Verbindung von Liebe und Tod in der Literatur und Dichtung ist, ja eigentlich die Literatur erst ermöglicht, so merkwürdig spät erscheint sie in der Philosophie. Lorenz Jäger schreibt: „Die Liebe und der Tod verleihen allem Bedeutung, was in ihren Bereich tritt, mit ihnen erst sind wir Menschen.“ Seit 1997 arbeitete Lorenz Jäger als Redakteur im Ressort Geisteswissenschaften der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, das er zuletzt leitete.
Nicht jeder Mensch beherrscht die Kunst der Liebe
Man verkennt das Wesen der Liebe, wenn man meint, dies sei nichts weiter als ein Gefühl, das sich einstellt oder nicht und auf das man wenig Einfluss hat. Albert Kitzler ist ganz anderer Ansicht: „Liebe ist eine Kunst, die keineswegs jeder Mensch von Natur aus beherrscht, sondern von den meisten gelernt werden muss, soll ihr Leben gelingen.“ Würden die Menschen die Kunst des Liebens beherrschen, würden die Menschheit in einer anderen Welt leben. Man würde sich dann nicht gegenseitig persönlich angreifen und verletzen, sondern miteinander respektvoll, mitfühlend und verständnisvoll umgehen. Die Völker würden sich nicht bekriegen, ausbeuten und unterdrücken, Gläubige würden Andersgläubige nicht verfolgen, ausgrenzen und töten. Der Philosoph und Medienanwalt Dr. Albert Kitzler gründete 2010 „Maß und Mitte – Schule für antike Lebensweisheit und eröffnete ein Haus der Weisheit in Reit im Winkl.
Geliebt zu werden ist ein Glück
Die Erfahrung der Andersheit zeigt früher oder später Wirkung. Charles Pépin erläutert: „Durch die Berührung mit dir entdecke ich nicht nur deine Sichtweise, ich verändere mich auch. Ich habe einen neuen Weg eingeschlagen, habe einige meiner Gewohnheiten und auch einige Einstellungen geändert. Meine Vorlieben haben sich gewandelt und in manchen Situationen reagiere ich nicht mehr wie früher, kurzum, ich habe mich verändert.“ Ob zum Besseren oder nicht, ist unwichtig. Der fühlbarste Beweis dafür, dass man einem anderen begegnet ist, besteht darin, dass man sein Leben anders als vorher führt. Ein Don Juan dagegen verändert sich nicht: Er verführt alle Frauen, aber keiner begegnet er. Charles Pépin ist Schriftsteller und unterrichtet Philosophie. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.
Das Herz gilt als Metapher des Begehrens
Die zweite Zeile von Friedrich Nietzsches „Mitternachtslied“ lautet: „Was spricht die tiefe Mitternacht?“ Der Mensch in all seiner Vielgestaltigkeit und Unbestimmtheit ist nicht nur der einfache Adressat dieses Anrufs, er ist auch in diesem „Was“ unbedingt angesprochen. Konrad Paul Liessmann erläutert: „Die Stimme der Mitternacht verspricht Auskunft über die existenzielle Befindlichkeit, über die individuellen Nöte des Menschen. Denn diese Mitternachtsglocke hat, wie Zarathustra seinen Gefährten erläutert, die „Herzens-Schmerzens-Schläge“ im Hintergrund.“ Der Herzschlag synchronisiert sich mit dem Glockenschlag. Und beide verdichten sich zu einem Schmerz, der sich weniger auf ein organisches Leiden als vielmehr auf eine fundamentale Grundbefindlichkeit des Menschen bezieht. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie an der Universität Wien. Zudem arbeitet er als Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Im Zsolnay-Verlag gibt er die Reihe „Philosophicum Lech“ heraus.
Das Böse geht der Menschheit nicht verloren
In der griechischen Mythologie sind die Menschen ihren Ursprüngen entkommen, wie man einer Katastrophe entgeht. Aber sie brauchen sich nicht darum zu sorgen, dass ihnen das Böse verloren gehen könnte. Rüdiger Safranski stellt fest: „Es kehrt stets wieder – in veränderter Gestalt. Wie bei den Göttern, gibt es auch beim Bösen einen Gestaltwandel.“ Das „Böse“ ist kein Begriff. Nur ein Name. Ein Name wofür? Für vielerlei: für das Barbarische, die Gewalt, Realitätszerstörung. Aber neuerdings auch für das Chaos, den Zufall, die Entropie, die undurchschaubare und unberechenbare Komplexität. Was das Entscheidende ist: Das „Böse“ hat aufgehört, lediglich ein Name zu sein für das im engeren Sinne Moralische. Rüdiger Safranski arbeitet seit 1986 als freier Autor. Sein Werk wurde in 26 Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet.
In Krisen sind Menschen emotional verunsichert
Vielleicht basieren viele kleine und große Krisen auf völlig falschen Perspektiven. Christian Uhle fügt hinzu: „Vielleicht erkennen Menschen in solchen Situationen keine tiefere Wahrheit, sondern sind emotional verunsichert. Vielleicht ist das Leben durch und durch sinnvoll, nur manchmal sehen wir das nicht und verlieren unser Gefühl für den Sinn.“ Fakt ist, dass die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens mit Empfindungen von Sinnlosigkeit umgehen müssen. Wie kann ein Mensch solche Erfahrungen besser verstehen? Ebenso wie die Liebe zu den eigenen Eltern ganz anders ist als die stürmische Verliebtheit am Anfang einer romantischen Beziehung, so hat auch das Gefühl der Sinnlosigkeit tausend Gesichter. Wie die Liebe lässt es sich nicht präzise beschreiben, sondern nur umkreisen. Das Anliegen des Philosophen Christian Uhle ist es, Philosophie in das persönliche Leben einzubinden.
Katzen sind sehr betörend
Ein gewichtiger Grund, warum Menschen Katzen in ihren Häusern akzeptierten, ist, dass die Katzen die Menschen lehrten, sie zu lieben. Das ist die wahre Basis der Haustierwerdung von Katzen. John Gray erläutert: „Katzen sind so betörend, dass oft geglaubt wurde, sie seien nicht von dieser Welt. Und Menschen brauchen noch etwas anderes als nur die menschliche Welt, um nicht verrückt zu werden.“ Der Animismus, die älteste und universalste Religion, befriedigte dieses Bedürfnis, indem er nichtmenschliche Tiere als den Menschen spirituell ebenbürtig, ja überlegen anerkannte. Durch Anbetung dieser anderen Geschöpfe waren die Vorfahren der heutigen Menschen in der Lage, mit einem Leben jenseits ihres eigenen zu interagieren. John Gray lehrte Philosophie unter anderem in Oxford und Yale. Zuletzt hatte er den Lehrstuhl für Europäische Ideengeschichte an der London School of Economics inne.
Mahatma Gandhi kämpft gegen Ungerechtigkeit
Mohandas Karamchand Gandhi (1869 – 1948) kam als Sohn hinduistischer Eltern im westlichen Indien zur Welt. Später bekam er den Ehrentitel „Mahatma“. Klaus-Peter Hufer fügt hinzu: „Er studierte in London Jura, wurde Anwalt und arbeitete zunächst in Südafrika.“ Dort setzte er sich gegen die Rassendiskriminierung und für die Rechte der indischen Einwanderer ein. Dort entwickelt er das „Satyagraha“ („Macht der Wahrheit“), womit er den passiven Widerstand und den zivilen Ungehorsam gegen Ungerechtigkeit begründete. „Satya“ bedeutet Wahrheit und Liebe. Beides sind Attribute der Seele. „Agraha“ ist Stärke oder Kraft. „Satyagraha“ ist also Stärke, die aus Wahrheit, Liebe und Gewaltlosigkeit geboren ist. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.
Liebe berührt eine Person im Innersten
Liebe ist ein wichtiger Teil der Intimität eines Menschen. Das, was eine Person im Innersten berührt, was sie im Innersten mit sich selbst und dem oder der Geliebten auszuhandeln haben, entzieht sich der öffentlichen Welt von Arbeit und Unterhaltung. Obwohl Intimität nicht schon mit dem Privaten übereinstimmt, möchte Peter Trawny zunächst einräumen, dass alles, „was unsere Liebe betrifft, unter uns bleibt“. Hannah Arendt hat das vielfach behauptet. Die „Eigenschaften des Herzens“ bedürfen der „Dunkelheit und des Schutzes gegen das Licht der Öffentlichkeit.“ Nur so können sie sich entfalten und bleiben was sie sind. Nämlich die innersten, verborgenen Antriebe, die sich zur öffentlichen Schaustellung nicht eignen. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.
Liebe macht das Leben reizvoll und süß
In seinem neuen Buch „40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer“ stellt Michael Lehofer die These auf, dass Liebesbeziehungen mit einer immensen Heilserwartung verbunden sind. Das macht sie so attraktiv. Dennoch scheitern Menschen in ihrem Leben in der Regel an nichts so sehr wie an nicht gelungenen Liebesbeziehungen. Im Groben kann man sagen: Die einen werden süchtig, die anderen resigniert. Mit beiden versuchen die Betroffenen zu kompensieren, was unersetzlich ist: die Liebe. Michael Lehofer schreibt: „In der Liebe flutscht das Leid des Lebens gleichsam durch uns durch. Resignation und Süchtigkeit hingegen bewirken, dass sich das Leid quasi in uns staut. Liebe mach das Leben auf angenehme Weise reizvoll und süß, Resignation und Süchtigkeit verbittern es.“ Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Lehofer ist ärztlicher Direktor und Leiter der einer Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Landeskrankenhaus Graz II.
Im Zuhause verwirklicht sich der Mensch
Das neue Buch „Das Zuhause“ von Emanuele Coccia handelt von dem Ort, der für das menschliche Glück eine entscheidende Rolle spielt. Der Autor analysiert das Zuhause als einen Raum, in dem Menschen ihre Beziehung zu sich selbst und zur Welt verwirklichen. Emanuele Coccia schreibt: „Genau das ist ein Zuhause: der erste und niemals fertige Entwurf einer Überlappung unseres Glücks mit der Welt.“ Menschen sind Lebewesen, die alles um sich herum manipulieren und verändern müssen, um glücklich zu sein. Es genügt ihnen nicht, die Welt zu kennen und das moralische Gesetz in sich zu befolgen. „Zuhause“ ist für Emanuele Coccia nur ein Name für eine Ansammlung von Anpassungstechniken, die den Menschen helfen, auf der Erde zurechtzukommen. Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
Der Liebende liebt das Schöne
In Platons „Symposion“ heißt es: „Der Liebende liebt das Schöne. Das Schöne findet sich nicht nur an einem Menschen.“ Also liebt er nicht nur viele. Nein, als Philosoph muss er sogar viele lieben, weil er sonst eben den allgemeinen Charakter der Schönheit nicht erkennt. Daraus lässt sich für Peter Trawny die Aufforderung ablesen, mit der Ansicht aufzuhören, es gäbe nur einen schönen Körper, nämlich den des gerade Geliebten. Da kann dann die Ehe nur stören. Wie dem auch sei. In Zeiten, in denen die Scheidung zu einer gewöhnlichen Angelegenheit geworden ist, ist ein Lob der Ehe fragwürdig, wenn nicht befremdlich. Peter Trawny vermutet: „Heute schein es nicht nur die Philosophen zu sein, die den allgemeinen Charakter der Schönheit erkannt haben und ihm zusprechen.“ Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.
Frédéric Lenoir kennt den Weg zur Weisheit
Wie Sokrates bemerkt, beginnt der Weg zur Weisheit mit der Selbsterkenntnis. Er fordert: „Stell Dir die Frage: Wer bin ich?“ Damit ist nicht nur die biologische Art und Familienangehörigkeit gemeint. Gemeint sind auch nicht nur die kulturelle Zugehörigkeit und auch nicht die soziale. Nein, jeder soll sich nach seiner tiefen inneren Identität fragen. Nur dann wird man laut Frédéric Lenoir herausfinden, dass das Bild, das andere von einem haben und das man anderen vermitteln möchte, seinem echten Wesen vielleicht nicht entspricht. Dass man nicht voll und ganz dem eigenen Selbst entspricht. Diese Selbstbefragung ist sehr wichtig, denn keine Suche nach der Weisheit kann auf der Grundlage eines „falschen Selbst“ gelingen. Die Unkenntnis seiner selbst, seiner inneren Natur sowie seiner wahren Sehnsüchte verhindert den Weg zur Weisheit. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.
Die Weisheit zählt die Liebe zu den höchsten Tugenden
Die Weisheit, um mit Epiktet zu sprechen, lädt die Menschen ein zu unterscheiden, was von ihnen abhängt und was nicht. Wenn einem Menschen etwas passiert, das er sich nicht ausgesucht hat, liegt es dennoch an ihm, wie der damit umgeht. Eine schwere Krankheit kann man beispielsweise als Herausforderung ansehen oder sich von ihr niederdrücken lassen. Ein Weiser akzeptiert seine Krankheit, anstatt sie zu verleugnen. Dann versucht er, in Bezug auf das, was er beeinflussen kann, zu handeln. Zum Beispiel gute Medikamente zu finden und so positiv wie möglich mit der Situation umzugehen. Frédéric Lenoir ergänzt: „Schließlich, wenn wir trotz all unserer Anstrengungen nicht gesund werden, müssen wir uns erneut in das Unausweichliche fügen, da wir es nicht vermeiden können: die chronische Krankheit oder den Tod.“ Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.