Ohne Schemata würde Chaos herrschen

Ohne Schemata wäre das Leben der Menschen, in William James` berühmten Worten, ein „blühendes, brummendes Durcheinander“. Verfügten sie nicht über Schemata für Hochzeiten, Beerdigungen oder Arztbesuche, würden sie ständig ein Chaos anrichten. Dazu gehören implizite Regeln, wie man sich in solchen Situationen zu verhalten hat. Richard E. Nisbett fügt hinzu: „Diese Generalisierung betrifft auch unsere Stereotype oder Schemata in Bezug auf bestimmte Typen oder Personen. Dazu gehören „Introvertierte“, „Feierbiest“, „Polizeibeamter“, „Elitestudentin“, „Arzt“, „Cowboy“, „Pfarrerin.“ Solche Stereotype beinhalten Regeln über die übliche Art und Weise, wie man sich gegenüber Personen, die den Stereotyp verkörpern, verhält oder verhalten sollte. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort „Stereotyp“ oft abwertend verwendet. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Antonio Damasio offenbart die Geselligkeit der Triebe

Der Apparat der Triebe, Motivationen und Emotionen beschäftigt sich mit dem Wohlergehen des menschlichen Organismus, in dem die Reaktionen ablaufen. Die meisten von ihnen sind von ihrem Wesen her in größerem oder kleinerem Maßstab sozial. Ihr Einflussbereich erstreckt sich weit über das Individuum hinaus. Antonio Damasio erklärt: „Begehren und Lust, Fürsorge und Ernährung, Zuneigung und Liebe wirken im sozialen Zusammenhang. Das gleiche gilt für die meisten Fälle von Freude und Traurigkeit, Furcht und Panik oder Wut. Aber auch für Mitgefühl, Bewunderung und Staunen, für Neid, Eifersucht und Verachtung.“ Die kraftvolle soziale Ausrichtung war für den Intellekt des Homo sapiens eine unentbehrliche Stütze. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Donald Trump verspottet jede moralische Grenze

Kein Politiker hat jeweils nachweislich so oft gelogen wie Donald Trump. Aber auch das ist keine psychische Störung, sondern eine zwar widerwärtige, aber bedauerlicherweise erfolgreiche Strategie. Manfred Lütz weiß: „Ein wahnkranker Patient lügt nicht, er ist vielmehr felsenfest von seinem Wahn überzeugt, was ihn daran hindert, ein erfolgreiches Leben zu führen.“ Donald Trump ist bewusst, dass er lügt und er hat sich inzwischen an den Erfolg seiner Lügen gewöhnt. Er hält Leute, die das stört, für lächerliche Schwächlinge, die zu Recht keine Milliarden verdienen und nicht Präsident des „großartigsten Land der Welt“ sind. Für schwach hält er auch Frauen, jedenfalls glaubt er, dass alle schönen Frauen eine Schwäche für ihn hätten. Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe.

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Konsequent gedacht gibt es gar keine Pflicht

Leiden wird oft mit der „Pflicht“ erklärt. Wer seine Pflicht tut, scheint vor jedermann gerechtfertigt – vor anderen und sich selbst. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Pflichtbewusst erfreut man sich allseitiger Wertschätzung: als Mutter, als Vater, als Briefträger, als Beamter, als Soldat. Wer seine Pflicht tut, tut das, was sich gehört.“ Die Pflicht kommt dabei meist im grauen Leinensack der Entbehrung daher und wird begleitet von einer Aura der Selbstaufopferung. Viele Menschen kennen das Gefühl der Pflichterfüllung, einige seufzen unter dieser Last. „Dazu fühle ich mich verpflichtet“ oder „Dafür habe ich mich in die Pflicht nehmen lassen“, sagen jene, die irrigerweise glauben, eigentlich etwas anderes zu wollen. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Konflikte sind der Motor des Fortschritts

Konflikte drängen zur Bewegung, sind manchmal anstößig und stoßen an. Reinhard K. Sprenger weiß: „Dieses Belebende können wir entdecken, wenn wir auf die Konflikte schauen, die uns selbst betreffen. Alles, was wir können, all unsere Talente verdanken wir Grenzsituationen: Widerständen und Problemen.“ Sie fordern einen Menschen heraus, lassen ihn wachsen und durch sie entwickeln sich neue Sichtweisen und Fähigkeiten. Wenn die gesellschaftliche Lebensqualität darin besteht, jeder einzelnen Person zur bestmöglichen Verwirklichung ihrer individuellen Fähigkeiten zu verhelfen, dann war das historisch noch immer mit häufig erbitterten Konflikten verbunden. Das Negative ist für Reinhard K. Sprenger das eigentlich Positive. Der englische Philosoph Francis Bacon bürgerte 1620 den Konflikt als Fortschrittsmotor der Neuzeit ein: „Viele werden ratlos umherirren, und die Erkenntnis wird groß sein.“ Reinhard K. Sprenger zählt zu den profiliertesten Managementberatern und wichtigsten Vordenkern der Wirtschaft in Deutschland.

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Georg Pieper stellt die Varianten der Angst vor

Zunächst einmal muss man sich klarmachen, dass Angst nicht immer etwas Schlechtes ist, das man überwinden muss. Georg Pieper erläutert: „Angst schützt uns vor Gefahren und davor, Dinge zu tun, die uns schaden könnten. Evolutionär gesehen ist Angst überlebenswichtig, ohne Angst hätte die Menschheit nicht überlebt.“ Angst gibt es in ganz verschiedenen Ausprägungen. Die Psychologie unterscheidet zwischen „state anxiety“, Angst als Zustand, und „trait anxiety“, Angst als Eigenschaft. Die Zustandsangst ist eine vorübergehende Reaktion auf eine reale Gefahr. Hier ist Angst in der Regel sinnvoll und sichert unter Umständen sogar das Überleben. Sie kann sich aber auch übertrieben stark entwickeln. Dann hat jemand zum Beispiel vor jedem Hund Angst. Der Psychologe, Therapeut und Traumaexperte Georg Pieper betreut seit Jahrzehnten Menschen nach extremen Katastrophen.

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Es gibt Genies in allen Lebensbereichen

Der Psychologe Frederic Myers beschäftigte sich sein ganzes Leben lang mit Genie und Kreativität. Genie, so Frederic Myers, sei die Fähigkeit, sich das unterschwellige – unbewusste – Denken in stärkerem Maße zunutze zu machen, als es die meisten Menschen täten oder könnten. Seinen Worten zufolge beruht die geniale Eingebung wie auch die Inspiration für kreative Durchbrüche darauf, dass eine Flutwelle unterschwelliger Ideen in den von der betreffenden Person absichtlich gelenkten Ideenstrom einschießt. John Bargh fügt hinzu: „Brillante Einfälle entstehen dann, wen man die unbewussten Geisteskräfte stärker nutzt als die meisten Menschen.“ Es gibt Genies in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Wissenschaft und der Literatur. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Eine kitschige Weltsicht verspricht Halt und Orientierung

Die Rationalität ist der Treibstoff des wissenschaftlichen Denkens, von sachlicher Abwägung und nutzenorientiertem Pragmatismus. Genau hierin aber wittert die sentimentale Seele die Ursache für die Ausbeutung, Ungleichheit, der Unfähigkeit zum Frieden und die Zerstörung der Natur. Alexander Grau fügt hinzu: „Diesem imaginierten Szenario der Entfremdung setzt das kitschige Bewusstsein eine Version absoluter Empathie, Gefühligkeit und Harmonie entgegen.“ Nur sie sind in der Lage, bestimmte Normen und Verhaltensweisen zu entwickeln. Diese sollen nicht nur einen schonenden Umgang der Menschen untereinander ermöglichen, sondern auch des Menschen mit der Natur. Dass in der Natur selbst Kategorien wie Empfindsamkeit, Empathie und Achtsamkeit überhaupt nicht vorkommen, stört das kitschige Gemüt naturgemäß wenig. Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist.

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Kurznachrichten hemmen das Denken

Denken braucht Konzentration, die ihrerseits ungestörte Zeit erfordert. Wer sich dem reißenden Strom der Kurznachrichten öffnet, dessen Konzentration wird im Nu weggeschwemmt sein. Rolf Dobelli ergänzt: „News machen einen seichten Denker aus Ihnen. Aber nicht nur das. Sie beeinträchtigen Ihr Gedächtnis.“ Es gibt zwei Arten von Gedächtnis. Das Langzeitgedächtnis besitzt eine hohe Speicherkapazität, während das Arbeitsgedächtnis nur wenig aufnehmen kann. Der Weg vom Arbeits- zum Langzeitgedächtnis führt durch einen Engpass im Gehirn. Was immer ein Mensch verstehen möchte, es muss diesen Punkt passieren. Das geht bei abstrakten Informationen nur über Konzentration. Weil Kurznachrichten die Konzentration stören, schwächen sie aktiv das Verstehen. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Jeder Mensch hat böse Gedanken und Vorstellungen

Das sogenannte Böse begleitet den Menschen seit Beginn und ist allgegenwärtig, es ist aktuelle und zeitlos. Reinhard Haller warnt: „Je mehr wir uns aber bemühen, dieses Übel zu verdrängen und zu verschweigen, desto mehr wird es uns ängstigen.“ Bei Überlegungen zum Bösen muss man unterscheiden, ob man es mit bösen Fantasien, bösen Plänen oder – was maßgebend ist – mit bösen Handlungen zu tun hat. Jeder Mensch hat bösen Gedanken und Vorstellungen, entwickelt negative Ideen und spürt in sich aggressive Impulse und Strebungen. Solche interpsychischen Vorgänge sind nicht von vornherein etwas Schlechtes. Das heißt, das gedankliche Durchspielen hat oft auch eine entlastende oder einen Konflikt bereinigende Funktion. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

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Nicht jedes Kind ist hochbegabt

Wenn sich Andreas Salcher durch die Flut an Büchern zum Thema Talent durcharbeitet, stößt er immer auf eine Kernthese: „Angeborenes Talent ist nicht entscheidend. Ja dieses wird sogar maßlos überschätzt.“ Es geht vor allem um andere Faktoren, wie Selbstvertrauen, Hartnäckigkeit, Leidenschaft, intensives Training, Teamwork, Charakter. Wer sich darauf konzentriert und die richtigen Entscheidungen trifft, kann fast alles erreichen. Versucht man ohne ideologische Brille, wissenschaftliche Fakten über die menschliche Fähigkeit der persönlichen Entwicklung zu analysieren, kann man zu folgenden Ergebnissen kommen: Nicht jedes Kind ist hochbegabt, auch wenn die gegenteilige Behauptung des Neurobiologen Harald Hüther noch so wünschenswert wäre. Jeder Mensch kann nicht alles erreichen, selbst wenn er sich selbst noch so anstrengt. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

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Das Burn-out-Syndrom umfasst drei Komponenten

Um zu klären, dass ein Mensch nicht ausgebrannt, sondern vor allem selbstverloren ist, muss man zunächst das Burn-out-Syndrom klären. Die Psychologin Christina Maslach hat viel dazu beigetragen, dem Burn-out-Syndrom auf die Spur zu kommen. Ihren Studien zufolge sind daran maßgelblich drei Komponenten beteiligt. Georg Milzner kennt sie: „Zum einen muss die Person eine ungewöhnliche, ja dramatische Erschöpfung erleben. Ihre Ressourcen scheinen aufgebraucht, Müdigkeit und Konzentrationsmangel sind häufig, der Schlaf bietet kaum ausreichend Erholung und ist oft zudem gestört.“ Es ist diese Komponente, bei der die Metapher des Ausgebranntseins am häufigsten andockt. Die zweite Komponente betrifft die Arbeit. Sie wird eigentümlich distanziert wahrgenommen, oft kommen kalte Ironie und Zynismus dazu. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Alle Emotionen sind auf ein Objekt gerichtet

Martha Nussbaum vertritt die Auffassung, dass sämtliche Emotionen mit einem Denken oder Wahrnehmen verbunden sind, das intentional auf ein Objekt gerichtet ist – als Gegenstand, welchen die Person, die die Emotion wahrnimmt oder sich vorstellt. Zugleich sind sie mit einer wertenden Beurteilung dieses Objekts verbunden, die der jeweilige Akteur aus seiner eigenen Perspektive wahrnimmt. Dabei gibt er dem Objekt in Bezug auf seine Ziele und Zwecke eine Bedeutung. Martha Nussbaum nennt ein Beispiel: „Darum trauern wir nicht wegen jedem Todesfall auf der Welt, sondern nur wegen dem Tod der Menschen, die uns in unserem Leben wichtig erscheinen.“ Diese Beurteilung muss nicht mit fertigen Überzeugungen verbunden sein, auch wenn dies häufig der Fall ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Das Böse lässt sich nur unzureichend erklären

Die meisten Menschen sprechen nicht gerne über das Böse, sie umschreiben und vermeiden den Ausdruck, halten ihn für dunkel und bedrohlich, für vielschichtig, mehrdeutig, unwissenschaftlich und undefinierbar – und sie wissen doch, was damit gemeint ist. Das Böse ängstigt und bedrückt sie, es ist unheimlich, unfassbar und sehr oft unaussprechbar. Es fällt ihnen schwer, das Böse zu benennen, selbst den bloßen Ausdruck nehmen sie kaum in den Mund. Laut Reinhard Haller tun sich viele Menschen schwer, das Böse in ihrem Inneren zu betrachten, böse Absichten als solche kundzutun und das Wort an sich auszusprechen. Man kann seiner Meinung nach den Begriff des Bösen tatsächlich nur schwer beschreiben und nur unzureichend erklären. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

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Rolf Dobelli unterscheidet zwischen zwei Ichs

Rolf Dobelli unterscheidet zwischen einem „erlebenden Ich“ und einem „erinnernden Ich“. Das erlebende Ich ist jener Teil des Bewusstseins, der den jeweils aktuellen Augenblick erlebt. Es erlebt nicht nur, was man gerade tut, sondern auch, was man dabei denkt und fühlt. Rolf Dobelli nennt Beispiele: „Es nimmt körperliche Zustände wie Müdigkeit, Zahnschmerzen oder Anspannung wahr.“ Dies alles vermischt sich zu einem einzigen erlebten Moment. Psychologen gehen davon aus, dass ein solcher Moment rund drei Sekunden dauert. Das ist die Dauer, die man als Gegenwart empfindet, kurzum all die erlebten Dinge, die man zu einem „Jetzt“ zusammenfasst. Eine längere Zeitspanne wird bereits als Abfolge verschiedener Momente erlebt. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Körper und Geist bilden eine Einheit

Den meisten Menschen ist klar, dass Körper, Geist und Psyche zusammengehören und eine Person nur als Einheit verstanden werden kann; und dass das Gesamtsystem Mensch erst durch das Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein funktionsfähig wird. Ulrich Schnabel fordert: „Für die Medizin müsste das bedeuten, Krankheiten nicht allein auf rein körperlicher Ebene zu behandeln, sondern stets auch die seelische Verfassung, die Erwartung und innere Einstellung der Patienten zu berücksichtigen.“ Doch diese Einsicht geht im täglichen Betrieb vieler Krankenhäuser oft unter, sei es aus Zeitmangel, ökonomischem Druck oder schlicht aus Ignoranz. Dabei gibt es mittlerweile genügend Belege für den großen Einfluss, den die menschliche Psyche auf das körperliche Befinden hat. Die Einstellung und das Verhalten eines Patienten können massiv das das biologische Geschehen ihres Körpers beeinflussen. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.

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Werte verleihen einem Menschen Sicherheit

Zu den sensibelsten Bereichen eines Menschen gehören seine Werte, besonders der Selbstwert. Werte sind die als erstrebenswert oder moralisch gut betrachteten Eigenschaften von Menschen, Verhaltensweisen, Handlungsmuster und Charaktereigenschaften, aber auch von Ideen, Sachverhalten und Gegenständen. Reinhard Haller fügt hinzu: „Aus solchen Wertvorstellungen bilden wir unsere Wertesysteme und darauf aufbauend können wir Wertentscheidungen treffen.“ Werte sind ein wichtiges Element einer jeglichen Gesellschaft und Kultur. Sie werden durch ebendiese Kultur und Gesellschaft weitergegeben. Werte geben metaphysisch-religiöse Orientierung, prägen die soziale Ausrichtung und sind zentraler Bestandteil des humanistischen Denkens. Die Wertphilosophie, die ihre Höhepunkte in der Güterethik des Aristoteles und in der „Idee des Guten“ von Platon hatte, wurde später von der Moraltheologie aufgegriffen. Reinhard Haller ist Chefarzt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

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Moralische Urteile drücken Wertungen aus

Bei moralischen Prinzipien geht es darum, Schaden zu vermeiden. Warum gilt: „Du sollst nicht töten“ und „Du sollst nicht stehlen“? Weil die Folge einen Schaden für jemanden darstellt: den Verlust des Lebens und des Besitzes. Philipp Hübl stellt fest: „Unsere moralischen Urteile drücken also Wertungen aus. Und unsere Emotionen in gewisser Weise auch.“ Eine Spielart der Angst ist die Hemmung, andere zu töten. Auf der Seite der Moral ist das Tötungsverbot für alle Menschen und Kulturen ein universelles Gesetz. Jedem ist klar, dass das Leben einen Wert darstellt und der Tod als Verkürzung des Lebens somit einen Schaden anrichtet. Die Stärke der Angst spielt also für die moralische Einschätzung eine nicht unbedeutende Rolle. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Unvorhersagbarkeit ist potenziell gefährlich

Viele Menschen haben Angst vor der Dunkelheit, da sie nicht wissen, was sich in ihr verbirgt. Julia Shaw weiß: „Es ist das Unvorhersehbare, vor dem wir uns fürchten. Bei Menschen, die anders denken als wir, fragen wir uns, was sie als nächstes tun werden. Wir können ihre Gedanken und erst recht ihre Denkweise nicht verstehen.“ Die meisten Menschen mögen diese Art von Unvorhersagbarkeit nicht. Ordnung und Kontrolle vermitteln ein Gefühl der Sicherheit. Unvorhersagbarkeit ist potenziell gefährlich. Dass viele Menschen psychische Erkrankungen stigmatisieren, ist nichts Neues, doch es ist ein hartnäckiges, verheerendes Vorurteil. Eine der auffälligsten Verhaltensweisen, die sie gegenüber psychisch Kranken an den Tag legen, ist, Abstand zu ihnen zu wahren: sowohl sozial als auch psychisch. Julia Shaw forscht am University College London im Bereich der Rechtspsychologie, Erinnerung und Künstlicher Intelligenz.

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Auch innere Impulse werden als Aggressionen bezeichnet

Als Aggression werden im Deutschen häufig nicht nur sichtbare Verhaltensweisen bezeichnet, sondern auch innere Impulse, nämlich Emotionen wie Ärger, Wut und Hass. In dieser Bedeutung wird dann meistens die Pluralform „Aggressionen“ bevorzugt: Aggressionen haben, Aggressionen ausleben, Aggressionen loswerden und so weiter. Das wäre für Hans-Peter Nolting unproblematisch, wenn aggressives Verhalten und aggressive Emotionen lediglich zwei Seiten desselben Prozesses wären. Aber das ist nicht so. Hans-Peter Nolting erklärt: „Es gibt aggressives Verhalten, dass nicht auf aggressiven Emotionen beruht, sondern zum Beispiel auf Habgier oder Angst, und umgekehrt werden aggressive Emotionen keineswegs immer in aggressives Verhalten umgesetzt.“ Daher sollte man beides auseinanderhalten. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Die Psychotherapie geht auf Sigmund Freud zurück

Die Psychotherapie ist im Gesundheitswesen ein relativ neues Berufsfeld. Die kaum hundert Jahre alte Bezeichnung hat die Menschheit Sigmund Freud zu verdanken. Die Psychoanalyse war nach Sigmund Freud bis zur Hälfte des vorigen Jahrhunderts die vorherrschende Behandlungsform, wenn auch nur für ausgewählte Patienten. Der Durchbruch gelang der Psychotherapie in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, als völlig verschiedene psychotherapeutische Methoden nebeneinander, durcheinander und vor allem auch gegeneinander angeboten wurden. Paul Verhaeghe ergänzt: „Wenn die verschiedenen Therapeuten überhaupt etwas gemein hatten, dann war es ihre Ablehnung der bürgerlichen Gesellschaft, zu der sie übrigens auch die Psychoanalyse zählten.“ Ihr Ziel war es, die Patienten von bevormundenden Strukturen zu befreien, Gesundheitssystem inklusive. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Menschen lernen durch Vergessen

Menschen erinnern sich an viele Einzelfälle und verbinden sie. Das Ergebnis ist eine komprimierte, zusammengefasste, verschmolzene Übererinnerung. Zum Beispiel an ein nicht existierendes Objekt wie einen abstrakten oder beispielhaften Baum. In der Regel werden solche Abstraktionen hinter den Kulissen im Rahmen der unbewussten geistigen Routinevorgänge erzeugt … und zwar in der Kindheit. Im 19. Jahrhundert schrieb der Essayist und Maler William Hazlitt: „Objekte, wie sie uns zuerst begegnet sind, besitzen diese Einzigartigkeit und Vollständigkeit des Eindrucks, dass es scheint, als könne nichts sie zerstören oder auslöschen – so fest sind sie ins Gehirn eingeprägt und mit ihm verbunden.“ David Gelernter fügt hinzu: „Wenn sich dann aber Erinnerungen auf Erinnerungen häufen, sind Verfestigung und Kompression natürliche Vorgänge. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale Universität.

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Die Sucht führt zu äußerer Isolation und innerer Vereinsamung

Der mehrdeutige und schwer zu definierende Begriff der Sucht stammt vom germanischen Wort „suhti“ und ist in seiner Wurzel verwandt mit „Siechen“ und „Seuche“. Reinhard Haller weiß: „Tatsächlich ist der Suchtprozess in vielerlei Hinsicht ein „Siechsein“ und erfüllt alle Kriterien einer Krankheit mit ihrer somatischen, psychischen und sozialen Dimension, einer medizinischen Hölle.“ Verbunden mit zunehmenden Zwang, etwa zur Drogenbeschaffung und Steigerung der Dosis, und Verlust der Selbstkontrolle gehen Selbstbestimmung und Freiheit verloren. Der destruktive Prozess führt zu Störungen und Schäden im körperliche, psychischen und sozialen Bereich und betrifft damit sämtliche Dimensionen des Krankseins: den Körper, der durch die toxische Wirkung von Drogen oder durch Erschöpfung infolge exzessiven Verhaltens geschädigt wird. Reinhard Haller ist Chefarzt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

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Elias Canetti setze Massen immer in Beziehung zu möglicher Gewalt

Nicht überall, wo von Schwärmen gesprochen wird, ist auch die biologische Kategorie gemeint. Ersatzweise ist von den „vielen“ die Rede oder von „Crowds“. Das verweist darauf, dass der Begriff „Schwarm“ gegenwärtig synonym für das benutzt wird, was sonst „Masse“ heißt. Das ist zwar wissenschaftlich nicht ganz sauber, aber auf der Beschreibungsebene durchaus sinnvoll. Georg Milzner erläutert: „Und zwar weil Schwarm und Masse anders als geleitete Gruppen ohne Führung funktionieren. Sie bewegen sich aus sich selbst heraus.“ Aber will man das – Masse sein? Der Begriff „Massengeschmack“ hat ja durchaus einen abwertenden Unterton. Der Schriftsteller Elias Canetti hat mit seinem Buch „Masse und Macht“ einen der wichtigsten Beiträge zum Verständnis der Massen geliefert. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Macht offenbart den Charakter eines Menschen

Ein Faktor, dem es immer wieder gelingt, die Ziele eines Menschen und damit auch seine Werte und sein Verhalten zu verändern, ist Macht. John Bargh weiß: „Die Macht der Macht ist legendär: Macht macht korrupt, wie das Sprichwort lautet, und Machtvollkommenheit macht vollkommen korrupt.“ Bei Staatsbeamten kommen Fälle von Machtmissbrauch und Korruption leider nur allzu häufig vor. Korrupte Personen scheinen oftmals gar keinen Sinn dafür zu haben, wie ihr Verhalten auf die Öffentlichkeit wirken muss, als wäre ihnen überhaupt nicht bewusst, dass sie ihre Macht missbrauchen. Macht ermöglicht es ihrem Inhaber, sich das Gewünschte zu verschaffen, trotz der Einwände oder fehlender Zustimmung anderer. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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