Gerald Hüther weiß: „Wir Menschen verfügen über drei Vertrauensressourcen, die uns in schwierigen Situationen helfen, wieder einen kühlen Kopf zu bekommen, also den mit einer um sich greifenden Inkohärenz verbundenen enormen Energieverrauch im Gehirn wieder zu verringern.“ Bildlich vorstellen kann man sie sich als eine dreibeinigen Hocker. Wenn da ein Bein fehlt, fällt er zusammen mit dem, der darauf sitzt, sehr leicht um. Das erste Bein ist das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen. Wenn einem Menschen angesichts einer Bedrohung einfällt, dass er ja schon ähnliche Situationen ganz gut meistern konnte, dann macht er das, was ihm auch damals schon geholfen hatte. Und wenn es so funktioniert, verschwindet die Angst. Gerald Hüther ist Neurobiologe und Verfasser zahlreicher Sachbücher und Fachpublikationen.
Psychologie
Ständige Grübelei verursacht Stress
Judith Werner schreibt: „Denken kann wehtun. Vor allem, wenn man das Gefühl hat, in einer Schleife festzustecken und die gleichen Gedanken und Sorgen immer wieder hochkommen. „Rumination“ nennen das die Fachleute. Ein Begriff, der eigentlich aus der Zoologie stammt und den Vorgang des Wiederkäuens bei Kühen beschreibt.“ Wer konstant seinen Gedanken nachhängt – zumal, wenn es sich um Sorgen und Ängste handelt – verbraucht jede Menge Energie. Die fehlt dann an anderer Stelle, vor allem, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen. „Overthinking“ macht mürbe und ist kein erstrebenswerter Zustand. Der Alltag ist von kleinen und großen Entscheidungen geprägt und wenn man dabei von der eigenen Grübelei ausgebremst wird, ist Stress vorprogrammiert. Kein Wunder also, dass Google beim Suchbegriff Overthinking jede Menge Tipps und Tricks ausspuckt, die Abhilfe schaffen sollen. Dr. Judith Werner ist Publizistin und Philosophin.
Der Begriff Generation Z beschreibt für 90 % der Deutschen etwas Negatives
Rüdiger Maas schreibt: „In den Talkshows und Leitmedien kann das Narrativ über die verlorene Jugend so gut bedient werden, weil wir einen Begriff für sie gefunden haben: „Gen Z“. Der Begriff beschreibt für 90 Prozent der Deutschen etwas Negatives.“ Man muss also gar nicht „schlechte Gen Z“ sagen, da schlecht bereits in der Bezeichnung Gen Z angelegt ist. Hat man einen negativen Begriff, mit alle etwas Negatives verbinden, wird es leichter mit negativen Zuschreibungen, und sie werden weniger hinterfragt. Denn Menschen verhalten sich entsprechend den Bedeutungen, die sie für sie haben: Ein Kind, das von einer kratzbürstigen Katze eine mitbekommen hat, verbindet mit der Katze „Gefahr“, während ein anderes Kind, das Katzen gerne streichelt, die Katze als ungefährlich einstuft. Rüdiger Maas studierte in Deutschland und Japan Psychologie. Er ist Gründer eines Instituts für Generationenforschung. Zuletzt erschien sein Bestseller „Generation lebensunfähig“.
Die soziale Fähigkeiten gehören zu den wichtigsten eines Menschen
Ein offenes Herz ist die Voraussetzung dafür, dass man ein erfüllter, freundlicher und weiser Mensch ist, aber es reicht nicht aus. Wir brauchen soziale Fähigkeiten. Oft genug wird die Bedeutung von „Beziehungen“, „Freundschaft“ oder „Verbundenheit“ betont, doch diese Begriffe sind zu abstrakt. David Brooks weiß: „Um beispielsweise eine Freundschaft oder eine Gemeinschaft aufzubauen, muss man eine ganze Reihe kleiner, konkreter sozialer Handlungen beherrschen: Meinungsverschiedenheiten austragen, ohne eine Beziehung zu vergiften, in angemessenem Rahmen Verletzlichkeit zeigen, gut zuhören, ein Gespräch taktvoll beenden, Verzeihung erbitten und anbieten, andere enttäuschen, ohne sie dabei zu verletzen, anderen in ihrem Leid bestehen, Treffen veranstalten, bei denen sich alle angenommen fühlen, und Dinge aus der Sicht anderer Menschen betrachten können.“ Der US-amerikanische Erfolgsautor David Brooks ist Kolumnist bei der „New York Times“ sowie Kommentator bei „PBS Newshour“.
Eifersucht versetzt den Betroffenen in einen Dauerstress
Die schmerzhafte Emotion der Eifersucht tritt auf, wenn die erwartete Aufmerksamkeit, Anerkennung und Liebe von nahen Bezugspersonen nicht mehr gewährt wird beziehungsweise diese ihr Interesse und ihre Zuneigung jemand anderen zukommen lassen. Reinhard Haller erklärt: „Bei den ehemals Bevorzugten löst dies Verlustängste und Minderwertigkeitsgefühle aus. Diese Mischung von Emotionen namens Eifersucht, versetzt den Betroffenen in einen Dauerstress und kann anhaltende Depressivität hervorrufen.“ Dieser Disstress wirkt sich auch auf die organischen Funktionen des in einem andauernden Alarmzustand versetzten Organismus aus. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass bei Eifersucht zwei Hirnregionen namens cingulärer Cortex und laterales Septum aktiviert werden und es zu einer vermehrten Ausschüttung der „Kampfhormone“ Cortisol und Testosteron kommt. Prof. Dr. med. Reinhard Haller war als Psychiater, Psychotherapeut und Neurologe über viele Jahre Chefarzt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik. Heute führt er eine fachärztliche Praxis in Feldkirch (Österreich).
Jeder Mensch kennt negative Emotionen persönlich
Angst, Wut, Trauer und Hass gehören zu den klassischen Kandidaten für die Kategorie negativer Emotionen, die jeder Mensch in unterschiedlicher Form und Ausprägung sehr wahrscheinlich alle persönlich kennt, aber kein besonderes Verhältnis zu ihnen hat. Maren Urner fügt hinzu: „Stärker noch: Wir verwenden häufig einen großen Teil unserer Lebenszeit darauf, uns nicht zu intensiv mit ihnen zu beschäftigen zu müssen, geschweige denn, sie zu spüren.“ Wir bauen Häuser, ziehen Grenzen und schließen Verträge, um der Angst vor Kälte, Fremden und Verlusten zu begegnen. Wir geben uns zwei bis drei Tage, um zu trauern, wissen nicht so richtig, wohin mit Schmerz, Wut und Langeweile, und betäuben sie mit den unterschiedlichsten Formen der Unterhaltung und Ablenkung. Dr. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln.
Angeklagte Eltern bekommen oft Depressionen und ziehen sich zurück
Angeklagte Kinder dürfen Kinder bleiben, Verständnis und Mitgefühl erwarten. Die Rolle angeklagter Eltern hingegen ist unattraktiv und führt oft zu einem einsamen, depressiven Rückzug. In der Familiendynamik hängt vieles mit vielem zusammen. Gegenwärtig wird unter anderem das Gewicht des Verlusts der gemischten Spielgruppe unterschätz, in der nicht Erwachsene „erziehen“, sondern ältere Kinder die jüngeren sozialisieren. Wolfgang Schmidbauer stellt fest: „In der menschlichen Evolution haben diese Gruppen das Heranwachsen dieser Gruppen geprägt; das hat sich erst in den letzten zweihundert Jahren mit der Individualisierung der Gesellschaft und der wachsenden Bedeutung mobiler Kleinfamilien verändert.“ In diesen Gruppen gab es sehr viel bessere Möglichkeiten, den Umgang mit Aggressionen und Selbstverantwortung zu erlernen; wo sie zurücktreten, erkranken mehr Erwachsene an Depressionen, Kinder werden wegen ihrer Aufmerksamkeitsdefizite medikamentös behandelt, denn was in einer solchen Gruppe willkommen ist, missfällt Erzieherinnen und Lehrern. Wolfgang Schmidbauer gilt als einer der bekanntesten Psychoanalytiker Deutschlands.
Der Begriff der „Emotion“ ist nicht trennscharf definiert
Jeder kennt und keiner liebt sie: Menschen, die bei geringstem Anlass unverhältnismäßig hefig reagieren, die sofort die Beherrschung verlieren oder meinen, dass Beherrschung einen Aufwand erfordere, den sie sich selbst lieber nicht zumuten möchten. Heidi Kastner erklärt: „In der distanziert-formalen Sprache derjenigen Wissenschaften, die sich mit psychischen Phänomen befassen, handelt es sich bei solchen Personen um Menschen mit hoher Impulsivität, womit ein weiterer „technischer Begriff“ benannt ist, mit dem wir Emotionen anderer distanziert-emotionsfrei etikettieren.“ Ein nicht unwesentliches Problem liegt darin, dass diese Begrifflichkeit, so wie auch der Begriff der „Emotion“ nicht trennscharf definiert ist. Bei der Impulsivität handelt es sich um ein Konstrukt, das in neurobiologischen oder psychologischen Studien zumeist mit Aggression gleichgesetzt wird. Heidi Kastner ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Seit 2005 ist sie Chefärztin der Forensischen Abteilung der Landesnervenklinik in Linz.
Ohne Schemata würde Chaos herrschen
Ohne Schemata wäre das Leben der Menschen, in William James` berühmten Worten, ein „blühendes, brummendes Durcheinander“. Verfügten sie nicht über Schemata für Hochzeiten, Beerdigungen oder Arztbesuche, würden sie ständig ein Chaos anrichten. Dazu gehören implizite Regeln, wie man sich in solchen Situationen zu verhalten hat. Richard E. Nisbett fügt hinzu: „Diese Generalisierung betrifft auch unsere Stereotype oder Schemata in Bezug auf bestimmte Typen oder Personen. Dazu gehören „Introvertierte“, „Feierbiest“, „Polizeibeamter“, „Elitestudentin“, „Arzt“, „Cowboy“, „Pfarrerin.“ Solche Stereotype beinhalten Regeln über die übliche Art und Weise, wie man sich gegenüber Personen, die den Stereotyp verkörpern, verhält oder verhalten sollte. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort „Stereotyp“ oft abwertend verwendet. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.
Antonio Damasio offenbart die Geselligkeit der Triebe
Der Apparat der Triebe, Motivationen und Emotionen beschäftigt sich mit dem Wohlergehen des menschlichen Organismus, in dem die Reaktionen ablaufen. Die meisten von ihnen sind von ihrem Wesen her in größerem oder kleinerem Maßstab sozial. Ihr Einflussbereich erstreckt sich weit über das Individuum hinaus. Antonio Damasio erklärt: „Begehren und Lust, Fürsorge und Ernährung, Zuneigung und Liebe wirken im sozialen Zusammenhang. Das gleiche gilt für die meisten Fälle von Freude und Traurigkeit, Furcht und Panik oder Wut. Aber auch für Mitgefühl, Bewunderung und Staunen, für Neid, Eifersucht und Verachtung.“ Die kraftvolle soziale Ausrichtung war für den Intellekt des Homo sapiens eine unentbehrliche Stütze. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.
Donald Trump verspottet jede moralische Grenze
Kein Politiker hat jeweils nachweislich so oft gelogen wie Donald Trump. Aber auch das ist keine psychische Störung, sondern eine zwar widerwärtige, aber bedauerlicherweise erfolgreiche Strategie. Manfred Lütz weiß: „Ein wahnkranker Patient lügt nicht, er ist vielmehr felsenfest von seinem Wahn überzeugt, was ihn daran hindert, ein erfolgreiches Leben zu führen.“ Donald Trump ist bewusst, dass er lügt und er hat sich inzwischen an den Erfolg seiner Lügen gewöhnt. Er hält Leute, die das stört, für lächerliche Schwächlinge, die zu Recht keine Milliarden verdienen und nicht Präsident des „großartigsten Land der Welt“ sind. Für schwach hält er auch Frauen, jedenfalls glaubt er, dass alle schönen Frauen eine Schwäche für ihn hätten. Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe.
Konsequent gedacht gibt es gar keine Pflicht
Leiden wird oft mit der „Pflicht“ erklärt. Wer seine Pflicht tut, scheint vor jedermann gerechtfertigt – vor anderen und sich selbst. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Pflichtbewusst erfreut man sich allseitiger Wertschätzung: als Mutter, als Vater, als Briefträger, als Beamter, als Soldat. Wer seine Pflicht tut, tut das, was sich gehört.“ Die Pflicht kommt dabei meist im grauen Leinensack der Entbehrung daher und wird begleitet von einer Aura der Selbstaufopferung. Viele Menschen kennen das Gefühl der Pflichterfüllung, einige seufzen unter dieser Last. „Dazu fühle ich mich verpflichtet“ oder „Dafür habe ich mich in die Pflicht nehmen lassen“, sagen jene, die irrigerweise glauben, eigentlich etwas anderes zu wollen. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.
Konflikte sind der Motor des Fortschritts
Konflikte drängen zur Bewegung, sind manchmal anstößig und stoßen an. Reinhard K. Sprenger weiß: „Dieses Belebende können wir entdecken, wenn wir auf die Konflikte schauen, die uns selbst betreffen. Alles, was wir können, all unsere Talente verdanken wir Grenzsituationen: Widerständen und Problemen.“ Sie fordern einen Menschen heraus, lassen ihn wachsen und durch sie entwickeln sich neue Sichtweisen und Fähigkeiten. Wenn die gesellschaftliche Lebensqualität darin besteht, jeder einzelnen Person zur bestmöglichen Verwirklichung ihrer individuellen Fähigkeiten zu verhelfen, dann war das historisch noch immer mit häufig erbitterten Konflikten verbunden. Das Negative ist für Reinhard K. Sprenger das eigentlich Positive. Der englische Philosoph Francis Bacon bürgerte 1620 den Konflikt als Fortschrittsmotor der Neuzeit ein: „Viele werden ratlos umherirren, und die Erkenntnis wird groß sein.“ Reinhard K. Sprenger zählt zu den profiliertesten Managementberatern und wichtigsten Vordenkern der Wirtschaft in Deutschland.
Georg Pieper stellt die Varianten der Angst vor
Zunächst einmal muss man sich klarmachen, dass Angst nicht immer etwas Schlechtes ist, das man überwinden muss. Georg Pieper erläutert: „Angst schützt uns vor Gefahren und davor, Dinge zu tun, die uns schaden könnten. Evolutionär gesehen ist Angst überlebenswichtig, ohne Angst hätte die Menschheit nicht überlebt.“ Angst gibt es in ganz verschiedenen Ausprägungen. Die Psychologie unterscheidet zwischen „state anxiety“, Angst als Zustand, und „trait anxiety“, Angst als Eigenschaft. Die Zustandsangst ist eine vorübergehende Reaktion auf eine reale Gefahr. Hier ist Angst in der Regel sinnvoll und sichert unter Umständen sogar das Überleben. Sie kann sich aber auch übertrieben stark entwickeln. Dann hat jemand zum Beispiel vor jedem Hund Angst. Der Psychologe, Therapeut und Traumaexperte Georg Pieper betreut seit Jahrzehnten Menschen nach extremen Katastrophen.
Es gibt Genies in allen Lebensbereichen
Der Psychologe Frederic Myers beschäftigte sich sein ganzes Leben lang mit Genie und Kreativität. Genie, so Frederic Myers, sei die Fähigkeit, sich das unterschwellige – unbewusste – Denken in stärkerem Maße zunutze zu machen, als es die meisten Menschen täten oder könnten. Seinen Worten zufolge beruht die geniale Eingebung wie auch die Inspiration für kreative Durchbrüche darauf, dass eine Flutwelle unterschwelliger Ideen in den von der betreffenden Person absichtlich gelenkten Ideenstrom einschießt. John Bargh fügt hinzu: „Brillante Einfälle entstehen dann, wen man die unbewussten Geisteskräfte stärker nutzt als die meisten Menschen.“ Es gibt Genies in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Wissenschaft und der Literatur. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.
Eine kitschige Weltsicht verspricht Halt und Orientierung
Die Rationalität ist der Treibstoff des wissenschaftlichen Denkens, von sachlicher Abwägung und nutzenorientiertem Pragmatismus. Genau hierin aber wittert die sentimentale Seele die Ursache für die Ausbeutung, Ungleichheit, der Unfähigkeit zum Frieden und die Zerstörung der Natur. Alexander Grau fügt hinzu: „Diesem imaginierten Szenario der Entfremdung setzt das kitschige Bewusstsein eine Version absoluter Empathie, Gefühligkeit und Harmonie entgegen.“ Nur sie sind in der Lage, bestimmte Normen und Verhaltensweisen zu entwickeln. Diese sollen nicht nur einen schonenden Umgang der Menschen untereinander ermöglichen, sondern auch des Menschen mit der Natur. Dass in der Natur selbst Kategorien wie Empfindsamkeit, Empathie und Achtsamkeit überhaupt nicht vorkommen, stört das kitschige Gemüt naturgemäß wenig. Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist.
Kurznachrichten hemmen das Denken
Denken braucht Konzentration, die ihrerseits ungestörte Zeit erfordert. Wer sich dem reißenden Strom der Kurznachrichten öffnet, dessen Konzentration wird im Nu weggeschwemmt sein. Rolf Dobelli ergänzt: „News machen einen seichten Denker aus Ihnen. Aber nicht nur das. Sie beeinträchtigen Ihr Gedächtnis.“ Es gibt zwei Arten von Gedächtnis. Das Langzeitgedächtnis besitzt eine hohe Speicherkapazität, während das Arbeitsgedächtnis nur wenig aufnehmen kann. Der Weg vom Arbeits- zum Langzeitgedächtnis führt durch einen Engpass im Gehirn. Was immer ein Mensch verstehen möchte, es muss diesen Punkt passieren. Das geht bei abstrakten Informationen nur über Konzentration. Weil Kurznachrichten die Konzentration stören, schwächen sie aktiv das Verstehen. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.
Jeder Mensch hat böse Gedanken und Vorstellungen
Das sogenannte Böse begleitet den Menschen seit Beginn und ist allgegenwärtig, es ist aktuelle und zeitlos. Reinhard Haller warnt: „Je mehr wir uns aber bemühen, dieses Übel zu verdrängen und zu verschweigen, desto mehr wird es uns ängstigen.“ Bei Überlegungen zum Bösen muss man unterscheiden, ob man es mit bösen Fantasien, bösen Plänen oder – was maßgebend ist – mit bösen Handlungen zu tun hat. Jeder Mensch hat bösen Gedanken und Vorstellungen, entwickelt negative Ideen und spürt in sich aggressive Impulse und Strebungen. Solche interpsychischen Vorgänge sind nicht von vornherein etwas Schlechtes. Das heißt, das gedankliche Durchspielen hat oft auch eine entlastende oder einen Konflikt bereinigende Funktion. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.
Nicht jedes Kind ist hochbegabt
Wenn sich Andreas Salcher durch die Flut an Büchern zum Thema Talent durcharbeitet, stößt er immer auf eine Kernthese: „Angeborenes Talent ist nicht entscheidend. Ja dieses wird sogar maßlos überschätzt.“ Es geht vor allem um andere Faktoren, wie Selbstvertrauen, Hartnäckigkeit, Leidenschaft, intensives Training, Teamwork, Charakter. Wer sich darauf konzentriert und die richtigen Entscheidungen trifft, kann fast alles erreichen. Versucht man ohne ideologische Brille, wissenschaftliche Fakten über die menschliche Fähigkeit der persönlichen Entwicklung zu analysieren, kann man zu folgenden Ergebnissen kommen: Nicht jedes Kind ist hochbegabt, auch wenn die gegenteilige Behauptung des Neurobiologen Harald Hüther noch so wünschenswert wäre. Jeder Mensch kann nicht alles erreichen, selbst wenn er sich selbst noch so anstrengt. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.
Das Burn-out-Syndrom umfasst drei Komponenten
Um zu klären, dass ein Mensch nicht ausgebrannt, sondern vor allem selbstverloren ist, muss man zunächst das Burn-out-Syndrom klären. Die Psychologin Christina Maslach hat viel dazu beigetragen, dem Burn-out-Syndrom auf die Spur zu kommen. Ihren Studien zufolge sind daran maßgelblich drei Komponenten beteiligt. Georg Milzner kennt sie: „Zum einen muss die Person eine ungewöhnliche, ja dramatische Erschöpfung erleben. Ihre Ressourcen scheinen aufgebraucht, Müdigkeit und Konzentrationsmangel sind häufig, der Schlaf bietet kaum ausreichend Erholung und ist oft zudem gestört.“ Es ist diese Komponente, bei der die Metapher des Ausgebranntseins am häufigsten andockt. Die zweite Komponente betrifft die Arbeit. Sie wird eigentümlich distanziert wahrgenommen, oft kommen kalte Ironie und Zynismus dazu. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.
Alle Emotionen sind auf ein Objekt gerichtet
Martha Nussbaum vertritt die Auffassung, dass sämtliche Emotionen mit einem Denken oder Wahrnehmen verbunden sind, das intentional auf ein Objekt gerichtet ist – als Gegenstand, welchen die Person, die die Emotion wahrnimmt oder sich vorstellt. Zugleich sind sie mit einer wertenden Beurteilung dieses Objekts verbunden, die der jeweilige Akteur aus seiner eigenen Perspektive wahrnimmt. Dabei gibt er dem Objekt in Bezug auf seine Ziele und Zwecke eine Bedeutung. Martha Nussbaum nennt ein Beispiel: „Darum trauern wir nicht wegen jedem Todesfall auf der Welt, sondern nur wegen dem Tod der Menschen, die uns in unserem Leben wichtig erscheinen.“ Diese Beurteilung muss nicht mit fertigen Überzeugungen verbunden sein, auch wenn dies häufig der Fall ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.
Das Böse lässt sich nur unzureichend erklären
Die meisten Menschen sprechen nicht gerne über das Böse, sie umschreiben und vermeiden den Ausdruck, halten ihn für dunkel und bedrohlich, für vielschichtig, mehrdeutig, unwissenschaftlich und undefinierbar – und sie wissen doch, was damit gemeint ist. Das Böse ängstigt und bedrückt sie, es ist unheimlich, unfassbar und sehr oft unaussprechbar. Es fällt ihnen schwer, das Böse zu benennen, selbst den bloßen Ausdruck nehmen sie kaum in den Mund. Laut Reinhard Haller tun sich viele Menschen schwer, das Böse in ihrem Inneren zu betrachten, böse Absichten als solche kundzutun und das Wort an sich auszusprechen. Man kann seiner Meinung nach den Begriff des Bösen tatsächlich nur schwer beschreiben und nur unzureichend erklären. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.
Rolf Dobelli unterscheidet zwischen zwei Ichs
Rolf Dobelli unterscheidet zwischen einem „erlebenden Ich“ und einem „erinnernden Ich“. Das erlebende Ich ist jener Teil des Bewusstseins, der den jeweils aktuellen Augenblick erlebt. Es erlebt nicht nur, was man gerade tut, sondern auch, was man dabei denkt und fühlt. Rolf Dobelli nennt Beispiele: „Es nimmt körperliche Zustände wie Müdigkeit, Zahnschmerzen oder Anspannung wahr.“ Dies alles vermischt sich zu einem einzigen erlebten Moment. Psychologen gehen davon aus, dass ein solcher Moment rund drei Sekunden dauert. Das ist die Dauer, die man als Gegenwart empfindet, kurzum all die erlebten Dinge, die man zu einem „Jetzt“ zusammenfasst. Eine längere Zeitspanne wird bereits als Abfolge verschiedener Momente erlebt. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.
Körper und Geist bilden eine Einheit
Den meisten Menschen ist klar, dass Körper, Geist und Psyche zusammengehören und eine Person nur als Einheit verstanden werden kann; und dass das Gesamtsystem Mensch erst durch das Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein funktionsfähig wird. Ulrich Schnabel fordert: „Für die Medizin müsste das bedeuten, Krankheiten nicht allein auf rein körperlicher Ebene zu behandeln, sondern stets auch die seelische Verfassung, die Erwartung und innere Einstellung der Patienten zu berücksichtigen.“ Doch diese Einsicht geht im täglichen Betrieb vieler Krankenhäuser oft unter, sei es aus Zeitmangel, ökonomischem Druck oder schlicht aus Ignoranz. Dabei gibt es mittlerweile genügend Belege für den großen Einfluss, den die menschliche Psyche auf das körperliche Befinden hat. Die Einstellung und das Verhalten eines Patienten können massiv das das biologische Geschehen ihres Körpers beeinflussen. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.
Werte verleihen einem Menschen Sicherheit
Zu den sensibelsten Bereichen eines Menschen gehören seine Werte, besonders der Selbstwert. Werte sind die als erstrebenswert oder moralisch gut betrachteten Eigenschaften von Menschen, Verhaltensweisen, Handlungsmuster und Charaktereigenschaften, aber auch von Ideen, Sachverhalten und Gegenständen. Reinhard Haller fügt hinzu: „Aus solchen Wertvorstellungen bilden wir unsere Wertesysteme und darauf aufbauend können wir Wertentscheidungen treffen.“ Werte sind ein wichtiges Element einer jeglichen Gesellschaft und Kultur. Sie werden durch ebendiese Kultur und Gesellschaft weitergegeben. Werte geben metaphysisch-religiöse Orientierung, prägen die soziale Ausrichtung und sind zentraler Bestandteil des humanistischen Denkens. Die Wertphilosophie, die ihre Höhepunkte in der Güterethik des Aristoteles und in der „Idee des Guten“ von Platon hatte, wurde später von der Moraltheologie aufgegriffen. Reinhard Haller ist Chefarzt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.