Veränderungen erzeugen zunächst Unbehagen

Jede Form der Veränderung geht zunächst mit einem Unbehagen einher. Emanuele Coccia kritisiert: „Wir haben Bewegung und Wandel zu Fetischen gemacht. Dabei ist alles so angelegt, Bewegung unmöglich zu machen.“ Viele Menschen streben danach, sich fortzubewegen und ihre Stellung in der Gesellschaft zu verändern. Manche möchten auch an einen anderen Wohnort ziehen, von einem Zustand in einen anderen wechseln. Doch all diese Veränderungen sind eine Illusion. Man verschiebe das Leben nur in ein neues Dekor. Die Globalisierung verspricht eine sagenhafte Mobilität in der Geschichte der Menschheit. Fieberhaft wechseln viele Menschen die Orte, sind und bleiben aber alle, wer sie waren. Die Reichen bleiben reich, die Armen haben nicht mehr Chancen am Ziel als am Start. Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.

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Die Revolutionen von 1848 sind in Wirklichkeit nicht gescheitert

In seinem neuen Buch „Frühling der Revolution“ stellt Christopher Clark die These auf, dass die Revolutionen von 1848 in Wirklichkeit nicht gescheitert sind. In vielen Ländern bewirkten sie einen zügigen und dauerhaften konstitutionellen Wandel. Außerdem sorgten die Revolutionen für tiefgreifende Veränderungen in politischen und administrativen Verfahren auf dem ganzen Kontinent. Dabei handelte es sich gewissermaßen um eine europäische „Revolution in der Regierung“. Christopher Clark fügt hinzu: „In ihrer Intensität und geographischen Reichweite waren die Revolutionen von 1848 einzigartig – zumindest in der europäischen Geschichte.“ Denn im Jahr 1848 brachen politische Unruhen zeitgleich auf dem ganzen Kontinent aus. In gewisser Weise handelte es sich jedoch auch um einen globalen Aufstand, oder anders gesagt, einen europäischen Aufstand mit globaler Dimension. Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preußens.

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Der Fortschritt geht von den Städten aus

Wenn die Griechen der Antike zum Firmament blickten, sahen sie, wie die Sterne ihre immer gleichen Bahnen ziehen. Das griechische Wort „Kosmos“ bedeutet nicht nur „Weltall“, sondern auch „Schmuck“ und „Ordnung“. Philipp Hübl erläutert: „Die die Astronomen des Altertums war der Sternenhimmel mathematisch geordnet. Die Jahreszeiten und die Sonnenfinsternisse kehrten in berechenbaren Zyklen wieder.“ Natürlich durchbrachen besondere Ereignisse wie Kriege oder Herrscherwechsel die Zeitläufe. Doch im Prinzip blieb alles in den gewohnten Bahnen. Die moderne Idee des Fortschritts, die Verbesserung von Technologien und Lebensverhältnissen, war der griechischen Antike und den darauffolgenden Jahrhunderten weitgehend fremd. Heute dagegen ist nicht nur der technische Fortschritt schnell und andauernd, sondern auch der gesellschaftliche Fortschritt. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Anne Applebaum analysiert den politischen Wandel

Der politische Wandel ist seit Langem Gegenstand des Interesses von Akademikern und Intellektuellen. Dazu zählen ein Stimmungsumschwung in der Bevölkerung, die Kehrtwendung der öffentlichen Meinung oder der Einbruch der Wählerschaft einer Partei. Anne Applebaum weiß: „Es gibt eine umfangreiche Literatur zu Revolutionen und ein eigenes Untergenre, das sie vorhersagen soll. Die meisten Untersuchungen stützen sich auf quantifizierbare wirtschaftliche Messgrößen, etwa die Ungleichheit oder den Lebensstandard.“ Dabei geht es darum zu prognostizieren, wie groß das wirtschaftliche Leid, wie nagend der Hunger und wie verbreitet die Armut sein muss, um eine Reaktion zu provozieren, die Menschen auf die Straße zu treiben und Risiken auf sich nehmen zu lassen. Anne Applebaum ist Historikerin und Journalistin. Sie arbeitet als Senior Fellow an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University.

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Die Alten sind inzwischen ein Machtfaktor

„Jugend“ war in der Zeit nach 1968 geradezu zum Maß und Ziel aller Dinge geworden. Sie wurde verehrt, vergöttert und glorifiziert. Dies geschah zu Lasten einer Erwachsenengeneration, die ihre Jugend zwischen Stalingrad und Nachkriegszeit verloren hatte. Ihre Kinder wurden hingegen der Werbung liebste Kinder. Während die Älteren Gefahr liefen, zu Nachtwächtern der Leistungsgesellschaft und zum Leitartikelthema der Adventszeit zu werden. Horst Opaschowski weiß: „Inzwischen kehrt sich das Verhältnis um. Ein halbes Jahrhundert später wird die Jungend zur Minderheit, die Alten zum Machtfaktor. Die Deutschen leben länger und altern gesünder. Jeder zweite Bundesbürger braucht im Alter keine Pflege.“ Horst Opaschowski gründete 2014 mit der Bildungsforscherin Irina Pilawa das Opaschowski Institut für Zukunftsforschung. Bis 2006 lehrte er als Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. Ab 2007 leitete er die Stiftung für Zukunftsfragen.

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Die Welt ist Wandel

Ein Aspekt der Zeit, die unter der Physik des 19. und 20. Jahrhunderts den Zerfall erlitt, hat gleichwohl überlebt. Carlo Rovelli erläutert: „Des uns so vertrauten Blendwerks entkleidet, mit dem sie die Newtonsche Theorie umhüllt hatte, strahlt jetzt umso klarer: Die Welt ist Wandel.“ Keines der Stücke, die der Zeit abhandengekommen sind, stellt durch seinen Verlust in Frage, dass die Welt ein Gefelcht von Geschehnissen ist. Zu den Verlorenen zählt Carlo Rovelli die Einheitlichkeit, die Richtung, die Unabhängigkeit, die Gegenwart und die Kontinuität. Das eine ist die Zeit mit ihren vielen Bestimmungen, das andere die schlichte Tatsache, dass die Dinge nicht „sind“: Sie geschehen. Dass die Größe „Zeit“ in den Grundgleichungen fehlt, bedeutet keineswegs, dass die Welt starr und reglos ist. Carlo Rovelli ist seit dem Jahr 2000 Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die Evolution beruht auf Mutation und Selektion

Das am weitesten anerkannte Evolutionsmodell beruht auf zwei wichtigen Elementen: Mutation und Selektion. Eyal Winter erläutert: „Mutation sorgt dafür, dass in den Eigenschaften eines Organismus von Generation zu Generation willkürliche Veränderungen auftreten. Die Selektion verbreitet „günstige“ Mutationen in einer Population, wohingegen „ungünstige“ allmählich aussterben.“ Individuen mit guten Merkmalen haben höhere Überlebenschancen und sorgen für mehr Nachkommenschaft. In der Regel geht man davon aus, dass evolutionäre Kräfte die Eigenschaften einzelner Individuen – deren Gene – prägen, aber Mutation und Selektion beeinflussen auch die Entwicklung ganzer Gesellschaften. Gemeinschaften mit positiven Merkmalen – etwa sozialen Strukturen und Werten, die den Zusammenhalt stärken – haben höhere Überlebenschancen. Gruppierungen, denen diese Eigenschaften fehlen, werden beispielsweise häufiger im Kampf geschlagen und von Einzelnen verlassen. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Macht verändert den Status anderer

Wenn die Sozialwissenschaften dazu tendieren, Macht über Geld, militärische Stärke und politische Teilhabe zu definieren, tun sie das aus gutem Grund. Denn Aktivitäten, die sich darauf stützen, können die Welt erheblich verändern. Dacher Keltner ergänzt: „Durchdringt aber Macht jegliche Art der sozialen Dynamik, müssen wir sie neu definieren. Um damit zu zeigen, wie Menschen die Welt verändern, ohne auf Geld, militärische Aktivitäten und die Politik zurückzugreifen.“ So definiert, ist Macht die Fähigkeit, den Status anderer zu verändern. Mit Status meint Dacher Keltner die Stellung einer Person oder einer Gruppe im weitersten Sinne. Der Status kann also viele Bereiche betreffen: den Stand des Bankkontos, den Glauben, die Emotionen, die Gesundheit und so weiter. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Die Konservativen sind in einer Sinnkrise

Die Kirche nennt ihre im Erwachsenenalter getauften Schäfchen Neophyten. Oft sind diese neuen Gläubigen Eiferer. Sie sind intolerant wie die Neokonservativen, die jetzt weltweit auftrumpfen. Und sie sind streng dogmatisch wie die Neoliberalen, die nach wie vor den Ton angeben. Roger de Weck stellt fest: „Das Präfix „neo“ ist hier zum Fingerzeig geworden, dass eine demokratische in eine sehr direktive bis autoritäre Grundhaltung umschlagen kann. Archaisches lässt sich sehr wohl in moderne Formen gießen.“ Die politische Familie der Liberalen ist ein buntes Allerlei. Sozialliberale wollen die soziale Not lindern, weil sie Unfreiheit bedeutet. Wirtschaftsliberale fordern jederzeit noch mehr Freiheit vom Staat. Liberalkonservative hängen an der bürgerlichen Freiheit. Die stets uneinigen Liberalen debattieren und streiten. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Das Soziale einer Gesellschaft ist relativ stabil

Wären alle Innovationen, von denen heute die Rede ist, wirklich innovativ, wäre das Leben grauenhaft. So viel Neues hielte niemand aus. Wenn alles so voll von Neuerungen wäre, wie es die Werbung und der Zeitgeist verheißen, müsste man sein Leben praktisch jeden Tag neu erfinden. Und dies schafft auch der größte Innovationsfreund nicht. Konrad Paul Liessmann erklärt: „Angesichts der Omnipräsenz der Rhetorik der Innovation drängt sich geradezu der Verdacht auf, dass so viel von Innovationen die Rede sein muss, weil uns nicht wirklich viel Neues mehr einfällt.“ Schon das Alte Testament ist von einer grundlegenden Skepsis gegenüber dem Neuen erfüllt. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Im Leben ist der Wandel allgegenwärtig

Laut Seneca kann es hilfreich sein, ein Missgeschick als eine Übung in Duldsamkeit, Selbstbeherrschung und Tapferkeit zu verstehen und anzunehmen: „Die Philosophie hat eine unglaubliche Kraft, alle Gewalttätigkeit des Zufalls zuschanden zu machen … Manchen Geschossen nimmt sie alle Wucht und fängt sie spielend in ihrem bauschigen Gewande auf, andere zerstreut sie und lenkt sie auf die Entsendenden zurück.“ Albert Kitzler weiß: „Hilfreich kann es auch sein, daran zu denken, dass auch Missgeschicke und Unglück genauso wie Glücksfälle und gute Lebensphasen vergänglich sind und dem Wandel unterliegen.“ Und keiner bleibt von ihm verschont. Zudem sollte man gerade dann sich im Ertragen von Missgeschicken üben, wenn man sich in einer guten Lebensphase befindet. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Das Selbst ist einem ständigen Wandel unterworfen

Es ist das Akzeptieren von Vielfalt, von Zweideutigkeit, von verschiedenen möglichen Wegen, die einem Menschen die Augen für das Eigene öffnen. Dabei geht es auch um das Einräumen von Uneindeutigkeit und inneren und äußeren Grenzen, die man mitdenken muss – und zwar gerade dann, wenn man auf der Suche nach dem Wahren, dem Wahrhaftigen ist. Ina Schmidt weiß: „Es ist der Mut, den wir brauchen, einer solch zweideutigen Wahrheit gegenüberzutreten, eröffnet die Möglichkeit, sich wirklich selbst zu begegnen.“ Es geht also nicht darum, das eigene Wesen aufzudecken, sondern sich in einem werdenden Sein zurechtzufinden, einem Selbst, das aufmerksamer Betrachtung und Begleitung bedarf, um in allem Wandel immer wieder ein Selbst bleiben zu können. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Eine pluralistische Gesellschaft hat kein gemeinsames Weltbild mehr

In den demokratischen Staaten des Westens leben die Menschen heute in einer pluralisierten Gesellschaft. Und Pluralisierung bedeutet, dass alle vollen Identitäten in die Krise geraten. Oder wertfrei gesagt: Alle vollen Identitäten erfahren eine massive Veränderung. Isolde Charim fügt hinzu: „Pluralisierung der Gesellschaft meint nicht einfach Vielfalt, sie bedeutet einen tiefgreifenden Wandel gerade der europäischen Gesellschaften. Das radikal Neue an dieser Pluralität liegt nicht einfach darin, dass unsere Gesellschaften vielfältiger werden – moralisch und religiös. Das radikal Neue liegt darin, dass wir selbst uns so grundlegend verändern in einer Gesellschaft, die kein gemeinsames Weltbild mehr hat.“ Für den Einzelnen bedeutet das: Sein Selbstverständnis verändert sich, seine ehemals volle Identität erodiert. Die Philosophin Isolde Charim arbeitet als freie Publizistin und ständige Kolumnistin der „taz“ und der „Wiener Zeitung“.

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Viele Menschen leiden an einem Mangel an Sinn

Jährlich nehmen sich rund 58.000 Amerikaner das Leben. Die Zahl der Selbstmordversuche übersteigt die der gegangenen Suizide etwa um das Zehnfache. Uwe Böschemeyer fügt hinzu: „Jährlich leiden innerhalb der EU 18,4 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 65 an Depressionen. Diese Zahlen erschüttern mich.“ Heutzutage ist die Angst zum lebensbestimmenden Gefühl geworden. Uwe Böschemeyer meint damit die Angst vor den Tiefen oder Untiefen der eigenen Seele, die Angst vor anderen Menschen, die Angst vor der Welt, in der man lebt. Das gilt nicht nur für Europa, das gilt weltweit. Und keineswegs nur wegen der Finanzkrisen. Viele Menschen wissen davon nicht nur aus Büchern oder den Medien. Uwe Böschemeyer ist Rektor der Europäischen Akademie für Wertorientierte Persönlichkeit und Leiter des Instituts für Logotherapie und Existenzanalyse in Salzburg.

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Drei Faktoren transformieren die Moderne zur Spätmoderne

In der Spätmoderne wird die soziale Logik der Singularisierungen, die zugleich eine der Kulturalisierung und der Intensivierung der Affekte ist, zu einer für die gesamte Gesellschaft strukturbildenden Form. Andreas Reckwitz erläutert: „Die Transformation von der organisierten Moderne zur Spätmoderne verdankt sich einer historischen Koinzidenz dreier Faktoren, die sich seit den 1970er Jahren gegenseitig verstärken. Die drei Faktoren sind: die sozio-kulturelle Authentizitätsrevolution, getragen vom neuen Stil der Mittelklasse; die Transformation der Ökonomie hin zu einer postindustriellen Ökonomie der Singularitäten; und die technische Revolution der Digitalisierung.“ Seit den 1970er Jahren findet in der bisherigen Industriegesellschaften ein fundamentaler sozialstruktureller Wandel statt, der zugleich ein Kultur- und Wertewandel ist. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Für den Sinn des Lebens gibt es keine Garantie

Das menschliche Streben nach Veränderung und Verbesserung, die Suche, ist nicht als Makel und Beweis für die Unvollkommenheit des Menschen zu verstehen, sondern als kreative und schöpferische Fähigkeit, mit Unsicherheit und Wandel umzugehen. Dabei handelt es sich um eine unerlässliche Kompetenz in jedem lebendigen Zusammenhang. Ina Schmidt erläutert: „Gerade in einer globalen, mobilen und gut vernetzten Welt, die ebenfalls den Gesetzen sozialer und organischer Zusammenhänge gehorcht, brauchen wir mehr denn je kompetente Suchende.“ Diese Überzeugung gilt auch dann, wenn man erst einmal nichts zu verstehen glaubt und sich auf folgende Einsicht des Denkers Georg Christoph Lichtenberg beschränken muss: „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Die Machtzentren der Welt haben sich nicht verlagert

Die politische Ökonomie ist laut Emmanuel Todd nicht in der Lage, die gewaltigen Umwälzungen in der Welt zu erfassen. Um dies zu erkennen hält sich der französische Soziologe an die am weitesten entwickelten Länder. Die gegenwärtigen Schwierigkeiten Brasiliens und Chinas räumen mit der Illusion auf, die Geschichte werde fortan maßgeblich durch die Schwellenländer geprägt. Emmanuel Todd schreibt: „Die Spielregeln der wirtschaftlichen Globalisierung wurden in den Vereinigten Staaten, Europa und Japan festgelegt. Diese „Triade“ hat seit 1980 die jüngst alphabetisierten Erwerbsbevölkerungen der Dritten Welt in Arbeit gebracht, dadurch die inländischen Arbeitseinkommen gewaltig unter Druck gesetzt und – wie man sagen muss – auf diese Art weltweit die Profitraten erhöht.“ Wohl noch besser drückt sich die Vorherrschaft der alternden entwickelten Welt in einer anderen Fähigkeit aus. Emmanuel Todd ist einer der prominentesten Soziologen Frankreichs.

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Philosophie ist kein absolutes Wissen

Wer die Philosophie als Lehrerin für sein Leben wählt, darf nicht erwarten, sie sage einem mit allgemeiner Gültigkeit, was zu tun und zu lassen ist. Das wäre nach Seneca ein großes Missverständnis. Albert Kitzler erläutert: „Zwar geht es ihr um Erkenntnis, Einsicht, Schärfung der Begriffe, Unterscheidung, um Wahrheit und Irrtum. Aber unser Leben, das wir zu bewältigen haben, ist immer einmalig, jeder von uns ist einmalig.“ Es ist noch eine Kluft zu überbrücken, die sich immer und unvermeidlich zwischen einer Erkenntnis und allgemeinen Weisheitsregeln einerseits und den individuellen Umständen einer konkreten Lebenssituation andererseits auftut. Dies kann dazu führen, dass eine Weisheit modifiziert werden und hinter einer anderen zurücktreten muss. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Ina Schmidt begibt sich auf die Spur des Guten

Laut Platon liegt es jeder menschlichen Handlung zugrunde, nach dem Guten zu streben, aber nicht in einem ökonomischen Sinne, sondern in einem moralisch-sittlichen Verständnis. Ina Schmidt erläutert: „Der platonischen Philosophie zufolge ist die Idee des Guten das, was als dem, das wir als wahr, als schön oder wertvoll erkennen, zugrunde liegt.“ Im Sonnengleichnis, das Platon in seiner Staatslehre, der „politeia“, anführt, vergleicht er das Gute mit dem Licht der Sonne, das notwendig ist, damit die Menschen die Dinge sehen können, wie sie sind. Wenn das Gute nicht auf das strahlt, was ein Mensch erkennen oder verstehen will, dann bleibt es für ihn dunkel und unverständlich. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Kulturen müssen von außen befruchtet werden

In der Tat wäre es absurd zu verlangen oder lediglich zu behaupten, dass Kulturen ihren Wandel stets aus sich selbst heraus vollbringen müssten. Thea Dorn schreibt: „Auch für Kulturen gilt: Inzest ist der sicherste Weg in die Degeneration. Befruchtung von außen muss sein.“ Aber sämtliche Wandlungen der deutschen Kultur, selbst diejenigen, die durch Fremdherrschaft wie der Römer oder Besatzung wie durch die Franzosen oder Amerikaner bewirkt wurden, konnten sich nur vollziehen, weil sie in Deutschland irgendwann auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Selbst im Falle der „Reeducation“, die von vielen Deutschen nach 1945 zunächst als beleidigende Schmach empfunden wurde – und von heutigen Rechtsauslegern noch immer als solche empfunden wirde, gilt Gleiches. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Geschichte und Naturgeschichte gehören zusammen

David Christian erzählt in seinem neuen Buch „Big History“ die Geschichte der Welt anhand von verschiedenen Schwellenmomenten, in denen die Komplexität zunahm: von der Entstehung des Lebens bis zur Fotosynthese, von der Sprache bis zum menschengemachten Klimawandel. Sein Buch ist eine Synthese der Erkenntnisse aus Physik, Chemie, Biologie, Geologie und Archäologie. Es endet mit einem Ausblick in die Zukunft, in der die Menschheit endlich die Verantwortung für den Planeten Erde übernehmen muss. Um die Geschichte der Menschheit zu verstehen, muss man begreifen, wie sich so eine seltsame Art entwickelte. Das heißt, man muss etwas über die Entwicklung der Erde, der Sterne und der anderen Planeten erfahren, und das bedeutet letztlich, sich die Geschichte des Universums anzueignen. David Christian ist Gründer und wichtigster Vertreter der Big History, die zeigen will, dass Geschichte und Naturgeschichte zusammengehören.

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Die Digitalisierung entwickelt eine gewaltige Macht

In den globalisierten Gesellschaften der Moderne setzt sich die Digitalisierung in allen Bereichen und Branchen immer mehr durch. Viele Menschen schauen mit frohen Hoffnungen auf diese Entwicklung, aber es gibt auch nicht wenige, die davor Angst haben und sich fürchten. Inzwischen erkennen alle Volkswirtschaften die Digitalisierung als gewaltige Macht an. Für den Philosophen Richard David Precht lautet eine der aktuellen Fragen nicht: „Wie werden wir leben? Sondern: Wie wollen wir leben?“ Heute gleiten viele Menschen durch Zeit und Raum, befreien sich von harter und langweiliger Arbeit, basteln sich virtuelle Welten, überwinden Krankheiten und werden irgendwann uralt, vielleicht sogar fast unsterblich. Heute am Anfang der vierten industriellen Revolution werden nahezu alle Lebensbereiche des Menschen umgewälzt. Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Ein wohlwollendes Betrachten des eigenen Selbst führt zu Gelassenheit

Der römische Philosoph Seneca verfasste ein Traktat zur Gelassenheit, mit der er auf die überaus aktuell klingenden Sorgen seines Freundes Serenus antwortete – ein Zeitgenosse, der auf der Suche nach dem guten Leben aus seiner Rastlosigkeit keinen Weg zur inneren Ruhe erkennen konnte und dabei sehr an modere Suchende erinnert. Ina Schmidt erläutert: „Serenus beklagt eine innere Unruhe, die ihm zwar keine existenzielle Not verursache, aber doch eine nagende Unzufriedenheit und das Gefühl, das eigene Leben nicht richtig anzugehen.“ Nicht, dass er nicht schon verschiedenste Möglichkeiten ausprobiert habe – seine Versuche von der materiellen Askese über innere Einkehr bis zu sozialem Engagement hätten die innere Unruhe aber nur noch gesteigert. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Die Themen Heimat und Leitkultur darf man nicht den Rechten überlassen

Thea Dorn plädiert in ihrem neuen Buch „deutsch, nicht dumpf“ dafür, die Themen Heimat, Leitkultur und Nation nicht den Rechten zu überlassen. Und sie klärt ihre Leser darüber auf, ob sie ihr Land lieben und es sogar Heimat nennen dürfen. Die Autorin wendet sich den politischen Schicksalsfragen Deutschlands zu und will wissen, ob die Rede von Heimat und Verwurzelung oder gar Patriotismus ein rückwärtsgewandtes, engstirniges Denken befördert, das über kurz oder lang zu neuem Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus führen wird. Oder ist es nicht eher so, dass das Beharren auf den eigenen kulturellen, historisch gewachsenen Besonderheiten in Zeiten von Migration, Globalisierung und Technokratisierung nicht Grundbedingung dafür ist, jene weltoffene Liberalität und Zivilität zu wahren, zu der das heutige Deutschland inzwischen längst gefunden hat. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Ohne Schönheit wäre die Welt viel ärmer

Was ist eigentlich Schönheit? Warum finden Menschen das Schöne schön? Wieso existiert trotz aller Beteuerungen innerer Werte das ewige Diktat äußerlicher Attraktivität? Matthias Horx weiß, dass die Evolutionsbiologen eine Antwort auf solche Fragen haben: „Was wir „schön“ finden, ist in Wirklichkeit eine Chiffre für evolutionäre Fitness und damit für die Zukunftschancen unserer Gene. Wir fühlen uns deshalb zur Schönheit hingezogen, weil uns die Evolution dazu treibt.“ Schöne Gesichter sind zunächst einmal ebenmäßig, symmetrisch, und das bedeutet, dass sich die steuernden Gene ohne schwere Beeinträchtigungen entfalten konnten. Die Natur bringt unter optimalen Wachstumsbedingungen Symmetrie hervor, die als reproduktives Gütesiegel fungiert. Schöne Körper sind nicht nur synonym mit Gebärfähigkeit, in ihnen drückt sich der Zustand des Immunsystems aus sowie die Fähigkeit, zu kämpfen und zu verteidigen. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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