Die Täuschung setzt eine Rücksichtnahme auf andere voraus

Täuschungen erfüllen eine wichtige soziale Funktion. Von ihnen kann sogar eine beträchtliche zivilisierende Wirkung ausgehen. Robert Pfaller zieht eine wichtige Schlussfolgerung über die Rolle der Täuschung innerhalb der Kultur: „Die Täuschung setzt eine Rücksichtnahme auf den anderen voraus. Um jemanden täuschen zu können, müssen Sie sich ein Bild von den Wünschen und Erwartungen des anderen gemacht haben.“ Um die Wahrheit zu sagen, braucht man das hingegen nicht. Da muss man sich nur mit dem Sachverhalt beschäftigen, den man beschreibt, nicht aber mit der Person, zu der man spricht. Die Wahrhaftigkeit ist also oft nicht mehr als eine Form der Bequemlichkeit. Man erspart es sich einfach, sich mit dem anderen zu beschäftigen, mit dem man kommuniziert. Prof. Dr. Robert Pfaller lehrt Philosophie an der Kunstuniversität Linz.

Weiterlesen

Korruption ist in Regierungen die Regel

Die Kunst der Politik ist realer als die Kunst des Diebstahls, weil der Diebstahl – wie ein Parasit – von der Politik abhängig ist. Ned O’ Gorman fügt hinzu: „Damit gelogen werden kann, muss es eine Wahrheit geben. Damit getötet werden kann, muss es Leben geben.“ Ned O’ Gorman will damit nicht sagen, dass etwas nicht wirklicher wird, nur weil es schockierender, grotesker oder kränker ist. Korruption ist in heutigen Regierungen oft nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nichtsdestotrotz stellt Korruption immer die Korruption von etwas dar, und vieles von dem, was man heute Politik nennt, ist nur die Korruption von Politik. Und eben dieses grundlegende Phänomen, das Phänomen der Politik steht im Zentrum von Ned O’ Gormans Buch „Politik für alle“. Ned O’ Gorman ist Professor für Kommunikationswissenschaften an der University of Illinois.

Weiterlesen

Lügen sind von Fakten schwer zu unterscheiden

Die alten Printmedien und Sendeanstalten öffneten den Raum für ein homogenes nationales Gespräch. Anne Applebaum kritisiert: „In vielen Demokratien gibt es heute keine gemeinsame Debatte mehr, von einer gemeinsamen Erzählung ganz zu schweigen.“ Menschen hatten immer unterschiedliche Ansichten. Heute haben sie unterschiedliche Tatsachen. In einer Informationssphäre ohne politische, kulturelle oder moralische Autorität ist es schwer, Verschwörungstheorien von Fakten zu unterscheiden. Falsche, parteiliche und oftmals bewusst irreführende Erzählungen verbreiten sich heute wie digitale Lauffeuer. Und die Lügenkaskaden sind zu schnell, als das Faktenchecker noch mithalten könnten. Und selbst wenn sie es könnten, spielt das keine Rolle mehr. Viele Menschen würden niemals eine Website von Faktenchecker besuchen, und wenn doch, dann würden sie ihnen keinen Glauben schenken. Anne Applebaum ist Historikerin und Journalistin. Sie arbeitet als Senior Fellow an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University.

Weiterlesen

Das Subjekt mutiert zum Objekt

Wer zu viele Fragen stellt, statt sich mit den verfügbaren Erklärungsvideos zufriedenzugeben, lebt riskant. Man verliert die Zeit, die andere nutzen, um als Erste abzuräumen. Man versäumt es, die Entweder-Oder-Taste zu drücken. Und dann? Rebekka Reinhard erläutert: „Dann steht der Erfolg, herausgerissen aus dem binären System, plötzlich als isolierte Größe da. Und es stellt sich heraus: Er repräsentiert nicht die Wahrheit, sondern die Lüge.“ Denn der Gewinn, den das vom Erfolgsheroismus infizierte, zum Objekt mutierte Subjekt einzuheimsen meint, zerrinnt ihm zwischen den Fingern. Klicks, Likes, Status, Reputation begründen keine reiche, sondern eine arme Existenz. Die Illusion eines guten Lebens. Die vermeintlichen Erfolgshelden rennen und rennen. Aber die Entwickler der Nullen-und-Einsen-Welt sind längst zehn Schritte weiter. Die Philosophin Rebekka Reinhard war bis zur Einstellung der Zeitschrift stellvertretende Chefredakteurin des Magazins „Hohe Luft“.

Weiterlesen

Die Aufklärung hat seit jeher Feinde

Der mit der Aufklärung verbundene Fortschritt hatte seit jeher Feinde. Dazu gehören heue auch religiöse Konservative. Ihnen missfallen Ideen wie die Evolution und einigen sind die Toleranz und der Liberalismus ein Dorn im Auge. Hinzu kommen Menschen, deren wirtschaftliche Interessen im Widerspruch zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Joseph Stiglitz nennt als Beispiel die Eigentümer von Bergbauunternehmen und ihre Arbeiter. Da sie in erheblichem Umfang zur globalen Erwärmung und zum Klimawandel beitragen, müssen sie damit rechnen, dass man ihren Betrieb schließt. Um die politische Macht zu erlangen, bedurfte es der Unterstützung der Wirtschaft insgesamt, die als Gegenleistung Deregulierung und Steuersenkungen verlangte. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Weiterlesen

In Deutschland herrscht das Verbot der Folter

Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht und selbst schlichteste Zuschauer und Leser wissen, dass man die Wahrheit verhüllen kann. Entweder wenn Zeugen lügen oder Spuren verloren gegangen sind. In diesem Fall spaltet sich die Wirklichkeit auf in eine spannungsgeladene Beziehung. Es gibt dann eine lebensweltliche Wahrheit und eine fiktiv erzeugte Wahrheit. Eine „Gerechtigkeitsagentur“ bemüht sich dann, beides in Übereinstimmung zu bringen. Thomas Fischer erklärt: „Tatsachen können nicht unabhängig vom Erkenntnisprozess selbst und vom Erkennungsinteresse gedacht werden.“ Wenn man zum Beispiel das Folterverbot als Beispiel für eine Verfahrensregel nimmt, ergeben sich schwierige Fragen. Strafrechts-historisch war die Folter („peinliche Befragung“) ein Anliegen der Rationalität. Sie wandte sich von ersichtlich unzuverlässigen Beweismethoden ab und eine Ermittlung der Wahrheit durch Geständnis zu. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

Weiterlesen

Der Mensch ist weder aufrichtig noch ehrlich

Friedrich Nietzsche hat sich von Beginn seiner Professorenkarriere an bis kurz vor seinem geistigen Zusammenbruch immer wieder neu mit der Wahrheitsfrage auseinandergesetzt. Dies geschah durchaus entlang eines Ariadnefadens. Dieser bringt Anfang wie Ende dieses Reflektierens im als Motto angeführten Zitat aus „Ecce homo“ auf den wichtigen Punkt: „Ich erst habe die Wahrheit entdeckt, dadurch dass ich zuerst die Lüge als Lüge empfand.“ Christian Niemeyer schließt allerdings aus, dass Friedrich Nietzsche zeitlebens an der Dekonstruktion der Idee von Richtigkeit und Wahrheit gearbeitet hat. Im Essay „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne“, den Friedrich Nietzsche bewusst geheim gehalten hatte, ist folgende Definition zentral: „Wahrheit ist (e)in bewegliches Heer von Metaphern.“ Der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Christian Niemeyer lehrte bis 2017 Sozialpädagogik an der TU Dresden.

Weiterlesen

Die große Lüge ist auf Gewalt angewiesen

Von George Orwell bis Arthur Koestler waren europäische Autoren des 20. Jahrhunderts besessen vom Gedanken der großen Lüge. Dabei handelt es sich um das ideologische Gebäude des Kommunismus und des Faschismus. Da gab es die Plakate, die Treue gegenüber Partei und Führer verlangten, die marschierenden Braun- und Schwarzhemden, die Fackelzüge und die Geheimpolizei. Anne Applebaum weiß: „Die große Lüge war derart absurd und unmenschlich, dass sie nur mit Gewalt durchzusetzen und aufrechtzuerhalten war.“ Sie verlangte Zwangsbildung, absolute Kontrolle über die Natur und die Instrumentalisierung von Journalismus, Sport, Literatur und Kunst. Die polarisierenden politischen Bewegungen des 21. Jahrhunderts brauchen dagegen keine Massenbewegung. Anne Applebaum ist Historikerin und Journalistin. Sie arbeitet als Senior Fellow an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University.

Weiterlesen

Donald Trump verspottet jede moralische Grenze

Kein Politiker hat jeweils nachweislich so oft gelogen wie Donald Trump. Aber auch das ist keine psychische Störung, sondern eine zwar widerwärtige, aber bedauerlicherweise erfolgreiche Strategie. Manfred Lütz weiß: „Ein wahnkranker Patient lügt nicht, er ist vielmehr felsenfest von seinem Wahn überzeugt, was ihn daran hindert, ein erfolgreiches Leben zu führen.“ Donald Trump ist bewusst, dass er lügt und er hat sich inzwischen an den Erfolg seiner Lügen gewöhnt. Er hält Leute, die das stört, für lächerliche Schwächlinge, die zu Recht keine Milliarden verdienen und nicht Präsident des „großartigsten Land der Welt“ sind. Für schwach hält er auch Frauen, jedenfalls glaubt er, dass alle schönen Frauen eine Schwäche für ihn hätten. Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe.

Weiterlesen

Lügen zerstören eine Beziehung

Martin Hartmann definiert Lüge als Behauptung, deren Inhalt der Sprecher für falsch hält. Er stellt sie aber mit der Absicht auf, andere mit Blick auf diesen Inhalt zu täuschen. Es ist relativ leicht zu erkennen, dass Lügen das Vertrauen in einer Beziehung empfindlich stören oder sogar zerstören. Deswegen sagt man oft, die Lüge, wenn sie denn bemerkt wird, markiere das eigentliche Ende des Vertrauens. In manchen Beziehungen kann es jedoch durchaus sinnvoll sein zu lügen oder unaufrichtig zu sein. Aber unter normalen Umständen gehen Menschen davon aus, dass andere die Wahrheit sagen. Martin Hartmann ergänzt: „Wenn jemand uns dauerhaft anlügt, brechen wir in der Regel das Verhältnis zu ihm ab.“ Martin Hartmann ist Professor für Praktische Philosophie an der Universität Luzern.

Weiterlesen

Kitsch ist ein Narkotikum des Geistes

Kitsch ist Lüge. Oder wie es Alexander Grau etwas geschraubter ausdrückt: „Kitsch ist Weltflucht im Jargon der Eigentlichkeit.“ Er behauptet etwas zu sein, was er nicht ist und er gibt vor einen Wert zu haben, der ihm nicht zukommt. Kitsch will betrügen und dies in doppelter Art und Weise: Zuerst einmal betrügt er den, an den er sich wendet. Mehr noch aber betrügt er denjenigen, der ihn in dem Bewusstsein erzeugt, wahrhaftig zu sein. Kitsch ist für Alexander Grau daher allenfalls als Produkt von Zynismus hinnehmbar. Das macht ihn zumindest intellektuell erträglich. Der Produzent von Nippes, der Hersteller von Tand und Plunder, weiß zumindest kühl berechnend, was er tut, wenn er gezielt Geschmacklosigkeit feilbietet. Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist.

Weiterlesen

Die Verantwortung ist eng mit der Lüge verbunden

Konrad Paul Liessmann macht sich nichts vor: „Ist von Verantwortung die Rede, lauert im Hintergrund schon die Lüge.“ Ein Beispiel? „Verantwortung kennt keine Grenzen.“ Mit diesem Slogan bewarb der VW-Konzern vor dem Abgasskandal seine angeblich führende Rolle in Sachen „Corporate Social Responsibility“. Noch kurz vor seinem Rücktritt konnte der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn verkünden: „Mit dem Wachstums des Konzerns wächst auch seine Verantwortung – für sichere und gute Arbeitsplätze, für die Ausbildung und die Chancen der jungen Generation, für Bildung, Wissenschaft und Kultur, für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch seine Talente entfalten kann, und vor allem auch: für eine intakte Umwelt.“ Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

Weiterlesen

Der Gottesglaube ist eine Form von Geisteskrankheit

In seinem Buch „Nach Gott“ stimmt der Philosoph Peter Sloterdijk einen radikalen Abgesang auf den jüdisch-christlichen Monotheismus an. Der Autor vertritt die These, dass auch Götter sterblich und dem Gesetz der Geschichte unterworfen sind. Solange Menschen denken können, müssten Götter sterben oder wurden ins Exil geschickt – ob nun die Gottheiten des antiken Polytheismus oder die der germanischen Mythologie. Irgendwann war ihr sinngebendes Potential verbraucht und es trat schleichend ihre Agonie ein. Ihr Tod wurde notwendig, um Raum für einen neuen Lebenszyklus mit neuen Göttern zu schaffen. Laut Peter Sloterdijk befindet sich die Menschheit im 21. Jahrhundert in einer Epoche der erneuten Götterdämmerung, wobei es sich um die allmähliche Sinnentleerung des Bildes vom allmächtigen und allwissenden Gott handelt, der graduell ausblutet und zwangsläufig verblasst.

Weiterlesen

Entscheidungen sind die Wemarken des Lebens

„Wie treffe ich eine gute Entscheidung?“ lautet das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 02/2019. Entscheidungen sind die Wegmarken des Lebens eines Menschen. Wer in die falsche Richtung geht, setzt sein Glück und seine Freiheit, vielleicht sogar seine gesamte Zukunft aufs Spiel. Umso drängender stellt sich die Frage, wie der richtige Weg rechtzeitig zu erkennen wäre. Soll man sich bei Entscheidungen eher auf die Vernunft oder die Intuition verlassen? Oder liegt gerade im Zögern und Zaudern die Chance wahrer Selbstbestimmung? In der Geschichte der Philosophie vertreten viele große Denker die Ansicht, dass man gute Entscheidungen nur treffen kann, wenn man der Unmündigkeit durch den Gebrauch der Vernunft entflieht. Inzwischen haben aber viele Studien der Psychologie und Verhaltensforschung gezeigt, dass es manchmal auch nicht schadet, seiner Intuition zu folgen, bringt diese doch eine enorme Reduktion der Komplexität mit sich.

Weiterlesen

Ein Mensch ohne Besitz ist wenig wert

Der beste Wegbereiter eines Burn-out ist das Ego eines Menschen. Ein solches Ego lebt nach dem Motto: Mehr haben wollen, besser sein als andere, immer mehr Dinge auf einmal tun können, Gewinner sein, sich anstrengen für Anerkennung, stärker sein. Klaus Biedermann stellt fest: „Solche Dinge werden uns von Kindesbeinen an ständig eingetrichtert und sind in einer Konsumgesellschaft Grundvoraussetzung für deren Funktionieren. Wir bekommen vorgelebt, gezeigt und gesagt, dass ein Mensch, der nichts besitzt oder nichts leistet, wenig wert ist.“ Mehr noch: Man darf sich sogar über ihn lustig machen. Irgendwann übernehmen Besitz und Leistungsstreben die Herrschaft über das gesamte Leben eines Menschen, obwohl ihm rational durchaus klar ist, dass er nackt kam und mit leeren Taschen wieder gehen wird. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

Weiterlesen

Markus Gabriel denkt über das Denken nach

Was ist Denken? Diese Frage ist so alt wie die Philosophie und hat nichts von ihrer Bedeutung verloren. Markus Gabriel vertritt in seinem neuen Buch „Der Sinn des Denkens“ die These, dass sie im digitalen Zeitalter, in dem Denken oft gleichgesetzt wird mit Künstlicher Intelligenz (KI), aktueller und dringender denn je ist. Er lädt seine Leser dazu ein, über das Denken nachzudenken und erklärt, warum sich menschliches Denken niemals durch intelligente Maschinen ersetzen lässt. Dagegen dominiert im Zeitalter der Digitalisierung die Vorstellung, dass Künstliche Intelligenz denken könne. Diese Annahme verkennt allerdings, dass das menschliche Denken unüberwindbar an biologische Bedingungen gebunden ist und nicht als ein Vorgang der Datenverarbeitung verstanden werden darf. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Weiterlesen

Blaise Pascal erforscht die Kraft der Einbildung

Die Kraft der Einbildung ist jener dominierende Teil im Menschen, jene Herrin über Irrtum und Falschheit, und sie ist umso trügerischer, als sie dies nicht immer ist. Blaise Pascal schreibt: „Denn sie wäre ja ein unfehlbarer Maßstab für die Wahrheit, wenn sie auch unfehlbar in Bezug auf die Lüge wäre. Da sie jedoch in den allermeisten Fällen im Irrtum ist, gibt sie uns kein Material für ihre Qualität an die Hand und zeigt das Wahre und das Falsche auf dieselbe Weise.“ Blaise Pascal spricht in diesem Zusammenhang nicht von Verrückten, sondern von den Allerweisesten: Bei ihnen hat die Einbildung das starke Recht, die Menschen zu überzeugen. Da mag die Vernunft noch so laut schreien, sie kann den Wert der Dinge nicht festsetzen. Das Universalgenie Blaise Pascal (1623 – 1662) gehört zu den schillerndsten Gestalten der Philosophiegeschichte.

Weiterlesen

Der Gebildete scheint aus der Zeit gefallen zu sein

Alle reden von Bildung. Nur mit ihr lässt sich in rohstoffarmen Ländern wie Deutschland und Österreich der Wohlstand von heute auch in Zukunft erhalten. Während das Schlagwort Bildung jeden Tag in vielen Medien an vorderster Stelle steht, ist der Gebildete, das eigentliche Ziel aller Bildungsanstrengungen, nicht nur aus dem Wortschatz verschwunden. Es scheint sogar so, als hätte sich jeder ernsthafte Bildungsanspruch zu einem Ärgernis entwickelt. Die Gründe dafür nennt Konrad Paul Liessmann in seinem neuen Buch „Bildung als Provokation“. Um zu fundierten Ergebnissen zu gelangen, hat er die Parteienlandschaft und soziale Netzwerke untersucht. Außerdem geht er der Frage nach, warum es für viele Menschen so unangenehm ist, gebildeten Personen zu begegnen. Konrad Paul Liessmann ist Professor am Institut für Philosophie der Universität Wien.

Weiterlesen

Hochstapler machen Menschen zu ihren Komplizen

Es passiert nur anderen Menschen, den Gierigen und Leichtgläubigen, aber niemals einem selbst: Diebstahl im Internet, Abzockerei, Anlagebetrug. Das ist ein großer Irrtum. Wahre Künstler des Betrugs finden bei jedem Menschen die Schwachstelle. Das hat die amerikanische Psychologin Maria Konnikova in ihrem neuen Buch „Täuschend echt und glatt gelogen“ herausgefunden. Ob bei Investitionslügen, Kunstfälschungen, falschen Doktortiteln oder Schneeballsystem: Immer geht es um Vertrauen, um die Fähigkeit, andere etwas glauben zu lassen. Der Künstler des Betrugs begeht dabei keine Schwerverbrechen. Seine Kunst ist die Anwendung seiner hochentwickelten Sozialkompetenz: Überredung, Sympathie und Vertrauen. Ein guter Hochstapler zwingt einen Menschen nicht, irgendetwas zu tun, sondern macht ihn zu seinem Komplizen. Maria Konnikova analysiert: „Er stiehlt nicht, wir geben. Freiwillig. Wir glauben ihm, weil wir glauben wollen.“

Weiterlesen

Eine Lüge kann durch viele Gefühle oder Intentionen motiviert sein

Eine Frage, die Shirley P. Glass oft in ihrer Praxis gestellt wird, ist die, ob Menschen, die Affären haben, Lügner sind. Ihre Antwort lautet: „Natürlich sind sie das.“ Denn per definitionem ist jeder, der sich auf eine heimliche, verbotene Beziehung eingelassen hat, auch in Lügen verstrickt, große und kleine. Wenn Menschen bezüglich ihrer Untreue die Wahrheit sagen würden, hätten sie entweder eine offene Beziehung oder es käme zur Scheidung. Lügen sind keine simple Angelegenheit. Eine Lüge kann durch viele Gefühle und Intentionen motiviert sein, von Böswilligkeit bis hin zur Güte. Es kommt immer auf den Zusammenhang an. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

Weiterlesen

Frühere Liebschaften sind sehr leicht entflammbar

So wie sich Freundschaften und kollegiale Beziehungen in Affären verwandeln können, sind frühere Liebschaften leicht entflammbar. Wenn beide sich nach Jahren wieder treffen, kann die Glut leicht aufflackern. Man blickt sich in die Augen und sieht sich so, wie man damals war: jünger, schöner, voller Lebensenergie. Shirley P. Glass fügt hinzu: „Die Leidenschaft schlägt schnell wieder Wurzeln. Man kennt sich, und das Zusammensein ist wie ein Nachhausekommen.“ Menschen, die sich nach einer Wiederbegegnung erneut verlieben, sprechen oft von der Intensität ihrer Bindung und halten ihre Liebe für einmalig. Wenn ihre Wiedervereinigung in eine Heirat oder eine feste, exklusive Partnerschaft mündet, sind diese Beziehungen höchst erfolgreich. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

Weiterlesen

Die Meinungs- und Redefreiheit sind der „Lebenssaft“ der Demokratie

Auf der einen Seite gibt es für Timothy Garton Ash tatsächliche eine Explosion der Hassrede im weitesten Sinn; das meiste davon kann seiner Meinung nach getrost ignorieren. Auf der anderen Seite besteht die pathologische Bereitschaft, sich sofort verletzt zu fühlen, schon bei der allerkleinsten Kränkung. Timothy Garton Ash stellt fest: „Das ist eine Infantilisierung des öffentlichen Diskurses, die ich leider bei meinen Studenten in Oxford und Stanford beobachten kann. Die Universitäten sollten Tempel der Redefreiheit sein, in denen alles, auch die anstößigste Meinung, auf zivilisierte Weise diskutiert werden kann.“ Selbst anstößige Geschichten sind kein Grund, jemanden von der öffentlichen Debatte auszuschließen. Es gibt verschiedene Hypothesen, die sich allerdings teilweise widersprechen, woher die Überempfindlichkeit vieler Menschen in liberalen Gesellschaften kommt. Der britische Zeitgeschichtler Timothy Garton Ash lehrt in Oxford und an der kalifornischen Stanford University.

Weiterlesen

Populisten sind auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch

In der Türkei ist mit Recep Tayyip Erdoğan ein Staatspräsident an die Macht gelangt, der zwar demokratisch gewählt wurde, aber die Demokratie mit Füßen tritt, um seinen Anspruch auf Alleinherrschaft zu zementieren. Auch in Deutschland sammelt die AfD alle jene ein, die sich maßlos ärgern, dass es zur „Alternativlosigkeit“ Angela Merkels keine Alternative geben soll. Dass diese Bewegung so eine Dynamik erlangt hat, ist nach Erkenntnissen von Experten auch auf den Einfluss der Massenmedien zurückzuführen, in deren Berichterstattung fast nur noch das Negative dominiert. Die Wirklichkeit werde als gigantisches Versagen dargestellt und die Strukturen dieser nach oben offenen Pleitenskala prägten schon seit langem den öffentlichen Diskurs. Wie die Populisten verfolgten auch die Massenmedien im Grunde nur ein Ziel: Aufmerksam um jeden Preis.

Weiterlesen

Mitleid hat nichts mit Moral zu tun

Wenn man einem Menschen nur aus Mitleid hilft, ist dies Immanuel Kant zufolge keineswegs eine moralische Handlung. Denn Mitleid hat nichts mit Moral zu tun, nichts mit richtig oder falsch, sondern es ist Teil des menschlichen Charakters. Für Immanuel Kant betrifft die Moral oder Sittlichkeit nicht nur das, was man tut, sondern vor allem, warum man es tut. Die Menschen, die das Richtige tun, tun es nicht nur aus einem Gefühl heraus. Die Entscheidung muss auf der Grundlage der Vernunft gefällt werden, die den Menschen sagt, was ihre Pflicht ist, ungeachtet dessen, was sie fühlen. Immanuel Kant fand, dass Gefühle in moralischen Dingen nichts zu tun hätten. Ob Menschen sie besitzen oder nicht, ist in hohem Maße Glück. Einige Menschen empfinden Mitleid und Mitgefühl, andere nicht.

Weiterlesen

Michael Carolan kritisiert die Kosten der Kosten-Nutzen-Analyse

Von dem amerikanischen Schriftsteller Mark Twain stammt folgender populäre Aphorismus: „Es gibt drei Arten von Lügen: einfache Lügen, verdammte Lügen und Statistiken.“ Mark Twain starb, bevor die Kosten-Nutzen-Analyse zum Grundstein politischer Entscheidungsfindung avancierte. Wenn er sie gekannt hätte, hätte er zu seinen drei Lügen wahrscheinlich eine vierte hinzugefügt. Michael Carolan blickt in die Geschichte zurück: „Offiziell zum ersten Mal angewandt wurden Kosten-Nutzen-Analysen von der US-Regierung für Wasserwirtschaftsprojekte in den 1930er-Jahren.“ Aber erst in den 1980ern nahm die Kosten-Nutzen-Analyse eine zentrale Rolle in der politischen Gestaltung ein. Eigentlich wirkt sie auch ungeheuer sinnvoll. Dieser Ansatz, die ganze Welt mit konkreten Zahlen zu bewerten, hat viele blinde Anbeter gefunden. Michael Carolan ist Professor für Soziologie an der Colorado State University.

Weiterlesen