Immanuel Kant revolutioniert die Philosophie

Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins ist diesmal Immanuel Kant gewidmet. Der Philosoph, dessen Geburtstag sich am 22. April zum 300. Mal jährt, gehört zu den bedeutendsten Denkern der Philosophiegeschichte. Der israelische Philosoph Omri Boehm versteht Kant, entgegen der gängigen Klischees, als einen Philosophen des Ungehorsams, gar als Anarchisten. Er sagt: „Die wichtigste Erkenntnis Kants ist, dass es Autorität – im Gegensatz zu Macht – nur geben kann, wenn die Vernunft in der Lage ist, sich selbst ihre eigenen Regeln zu geben.“ Dadurch wird jede von außen kommende Autorität abgelehnt. Denn äußere Autorität und Autonomie schließen sich in gewisser Weise aus. Laut Omri Boehm besteht Immanuel Kants wichtigstes Vermächtnis darin, den Universalismus durch die Freiheit und nicht durch Gott oder die Natur zu begründen – im Zusammenhang mit der Menschenwürde.

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Platon begründete eine eigene Denkschule

Platon war der erste Philosoph, der ein größeres schriftliches Werk hinterlassen hat. Damit konnte er eine Tradition begründen. Mit dieser konnten sich zahllose Autoren über Jahrtausende hinweg auseinandersetzen und identifizieren. Jedoch gab es in der Antike auch schon Philosophen, die ganz andere Ansätze verfolgten. Zu ihnen zählten die Sophisten, Epikur, oder der Skeptiker Pyrrhon von Ellis. Axel Braig weiß: „Erst recht wurde die Tradition Platons in der Neuzeit von einer ganzen Reihe Denkern verlassen und dies jeweils in ganz verschiedener Hinsicht.“ Angelsächsische Philosophen wie Bacon, Hobbes, Berkeley, Hume, Peirce und Dewey ersetzten im Laufe der vergangenen Jahrhunderte den Idealismus Platons durch eine Hinwendung zu einer mehr an Erfahrung orientierten, pragmatischen Denkweise. Axel Braig wandte sich nach Jahren als Orchestermusiker und Allgemeinarzt erst spät noch einem Philosophiestudium zu.

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Vor Friedrich Nietzsche gab es keine Psychologie

Friedrich Nietzsche schreibt in „Jenseits von Gut und Böse“: „Allmählich hat sich mir herausgestellt, was jede große Philosophie bisher war. Nämlich das Selbstbekenntnis ihres Urhebers und eine Art ungewollter und unvermerkter mémoires.“ Laut Christian Niemeyer ging des dem Philosophen darum, „den Denker durch den Menschen zu erläutern.“ Friedrich Nietzsche hatte die Absicht die Psychologie als „Herrin der Wissenschaften“ zu etablieren. In „Die fröhliche Wissenschaft“ heißt es: „Ein Psychologe kennt wenig so anziehende Fragen, wie die nach dem Verhältnis von Gesundheit und Philosophie.“ Eine andere Bemerkung aus „Ecce homo“ lautet: „Wer war überhaupt vor mit unter den Philosophen Psycholog und nicht viel mehr dessen Gegensatz höherer Schwindler, Idealist? Es gab vor mir noch gar keine Psychologie.“ Der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Christian Niemeyer lehrte bis 2017 Sozialpädagogik an der TU Dresden.

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Die Frühromantiker folgten der Idee des freien Ich

In ihrem Buch „Fabelhafte Rebellen“ beschreibt Andrea Wulf eine Gruppe von Frühromantikern, die in Jena lebten und die Idee des freien Ich folgten. Der Philosoph Johann Gottlieb Fichte postulierte: „Der Mensch soll sich selbst bestimmen und nie durch etwas fremdes sich bestimmen lassen.“ Für die etwa zehn Jahre, die der Zirkel dieser Denker ab Mitte der 1790er Jahre in Jena zusammenlebten, entwickelte sich die kleine Stadt an der Saale zum Mittelpunkt der abendländischen Philosophie. Es war zwar nur ein kurzer Augenblick im Zeitenlauf, aber der Moment, der das Denken der Menschen von Grund auf veränderte. Als Autorin wurde Andrea Wulf mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet, vor allem für ihren Weltbestseller „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ 2016, der in 27 Sprachen übersetzt wurde.

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Friedrich Nietzsche sagt ja zum Übermenschen

Friedrich Nietzsche nimmt in „Jenseits von Gut und Böse“ an, dass es gewisse Moralen gäbe. Mit deren Hilfe über deren Urheber an der Menschheit Macht und schöpferische Laune aus. Für Christian Niemeyer ist der Eindruck hier kaum vermeidbar, Friedrich Nietzsche spräche hier von sich und der Motivstruktur. Diese wurde ihm zum Anlass, als Menschenersatz den Übermenschen zu konzipieren. Der österreichische Arzt und Psychoanalytiker Paul Federn betrachtete Friedrich Nietzsches Philosophie als eine Kontrastbildung gegen seine eigene Existenz. In dieser Logik geriet Nietzsches Übermensch sehr schnell zum „Wunschtraum einer kranken Seele“. Friedrich Nietzsche selbst etikettiert sich selbst als „Dynamit“. Respektive auch als eines Denkers, „der die Geschichte der Menschheit in zwei Hälften spaltet“. Der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Christian Niemeyer lehrte bis 2017 Sozialpädagogik an der TU Dresden.

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Søren Kierkegaard ringt mit der Religion

Søren Kierkegaard schuf auf den ersten Blick ein Oeuvre, das auf den ersten Blick eher literarisch als philosophisch anmutet. Er wurde in einer protestantisch-pietistischen Familie in Kopenhagen geboren. Dort verbrachte er bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1855 sein ganzes Leben. Ger Groot stellt fest: „Søren Kierkegaard hat sein Leben lang gegen die Staatskirche seiner Zeit polemisiert. Ebenso wie Friedrich Nietzsche focht er einen Kampf mit der Religion aus. Aber anders als Nietzsche distanzierte er sich nicht von ihr.“ Er suchte vielmehr nach einer authentischen Religion, in der der menschlichen Sehnsucht nach Erlösung der gebührende Ernst zukam. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Zudem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Irrtümer beim Maßhalten sind nicht ungewöhnlich

Die alten Chinesen waren laut Albert Kitzler ebenso tiefe Denker wie die Griechen und Inder. Bedingt durch ihr Schriftzeichensystem philosophierten sie allerdings mehr mithilfe von Bildern als in fest definierten Begriffen. Ein Beispiel dafür gibt folgendes Zitat des bedeutenden Philosophen Xunzi, das sich mit den Irrtümern beim Maßhalten beschäftigt: „Darum muss der Mensch bei allem, was er tut, immer und überall zu wägen wissen, als trüge er eine Waage bei sich.“ Ist die Waage des wägenden Verstandes allerdings ungenau, so mag sich sehr wohl hinter dem wünschenswert Erscheinenden Unheil verbergen und doch für ein Glück gehalten werden. Und ebenso mag sich hinter verabscheuungswürdig Erscheinenden Glück verbergen, indes man Unheil darin wittert. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die Naturwissenschaften mehrten das Wissen

Je nachdem, ob man diesen Begriff weit oder eng fasst, kann man sagen, dass die Naturwissenschaften mit Isaac Newton, Galileo Galilei, Archimedes, Hipparch, Hippokrates, Pythagoras oder Anaximander ihren Anfang nahmen. Ob historisch oder symbolisch, jeder dieser Momente kennzeichnet den Erwerb eines neuen Instruments in der Menschheitsgeschichte. Jeder davon war für die Mehrung des Wissens von entscheidender Bedeutung. Carlo Rovelli stellt fest: „Wenn wir mit Naturwissenschaften eine Forschung meinen, die auf systematischen Experimenten basiert, dann begann sie mehr oder weniger mit Galilei.“ Wenn man damit eine Sammlung quantitativer Beobachtungen und theoretisch-mathematischer Modelle meint, gehört auch die Astronomie von Hipparch und Ptolemäus zur Naturwissenschaft. Denn sie ordnen ihre Beobachtungen und ermöglichen präzise Vorhersagen. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die ökologische Krise öffnet neue Wege

Für Katia Henriette Backhaus ist es auffällig, dass der Begriff der Freiheit in den Debatten der „green political theory“ kaum vorkommt. Das ist möglicherweise mit der Entwicklung zu erklären, die diese Strömung seit ihrem Aufkommen genommen hat. Anhand der Kernthemen der „environmental discourses“ seit 1970, die John Dryzek in einer diskursanalytischen Untersuchung ausgemacht hat, wird deutlich, dass sich Freiheit als eigenständiges Thema in diesen Debatten nicht durchsetzen konnte. Es gibt vier Hauptthemen, die John Dryzek jeweils den Kategorien radikal oder reformistisch, sachlich oder einfallsreich zugeordnet hat. Dazu gehören Lösungsstrategien für Umweltprobleme, die Frage des Überlebens, Nachhaltigkeit und grüner Radikalismus. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Selbstüberwindung prägt das Einzeln sein

Selbstüberwindung galt früher als ein Weg, zu sich selbst zu kommen. Für die Menschen, die Rüdiger Safranski in seinem neuen Buch „Einzeln sein“ vorstellt, ist eine solche Selbstüberwindung immer auch im Spiel beim Versuch, ein Einzelner zu sein und darüber nachzudenken. Die Renaissance gilt als die Epoche, in der der Sinn für den Einzelnen neu erwachte. Der Individualismus der Renaissance bedeutet, dass der Einzelne ermuntert oder auch gezwungen wird, sich seiner selbst bewusst zu werden. Denn die traditionellen Bindungen, Gesetze und Glaubenswelten verlieren in dieser Zeit ihre Autorität. Das Selbstbewusstsein derer, die sich als unverwechselbare Einzelne fühlen, ist groß. Sie wissen und genießen es, dass sie sich von anderen unterscheiden. Rüdiger Safranski ist seit 1986 freier Autor. Für sein in 26 Sprachen übersetztes Werk wurde er u.a. mit dem Thomas-Mann-Preis, mit dem Ludwig-Börne-Preis und dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet.

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Die Ökonomie missbraucht die Ideen der Aufklärung

Es ist für Philipp Blom erstaunlich zu sehen, was im Zusammenhang des verabsolutierten Marktes aus den Ideen der Aufklärung wird, die ein fester Bestandteil seiner Theorien sind. Hier wie dort sind Menschen rational, liegt ihr Heil in der Vernunft. Beide sind universalistisch und tolerant. Sie gehen davon aus, dass Menschen von Geburt an mit Freiheiten und Rechten ausgestattet sind. Beide sehen optimistisch in die Zukunft, die besser, gerechter und wohlhabender sein wird. Der alles entscheidende Unterschied wird laut Philipp Blom allerdings wirksam, wenn diese Gedanken aus dem Kontext der philosophischen Debatte in den der ökonomischen Theorie transportiert werden und dabei ihre qualitativen Aspekte verlieren. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Aristoteles entwickelt das wissenschaftliche Denken

Um andere Menschen zu überzeugen, braucht man mehr als Einsicht und Enthusiasmus. Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), der Meisterschüler Platons, begründet daher die Wissenschaften, die dem vernunftorientierten Menschen mit ihren Definitionen, Beobachtungen und Schlussfolgerungen zur Anerkennung der gefundenen Wahrheiten zwingender scheinen. Ludger Pfeil erklärt: „Er geht im Gegenteil von Platon von dem aus, was wir durch unsere Sinne erfahren können, wird zum unermüdlichen Sucher, ja geradezu zum Süchtigen nach Wissen und schafft damit wesentliche Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens.“ Durch die Einteilung der Welt in Kategorien wie Substanz, Quantität, Qualität, Ort, Zeit und Wirkung, versucht Aristoteles, Ordnung in die vielfältigen Erscheinungen der Welt zu bringen und diese zu klassifizieren. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Die große Wahrheit gibt es nicht

Axel Braig entdeckte durch die Lektüre der „Essays“ von Michel de Montaigne, wie hilfreich philosophische Literatur bei der Auseinandersetzung mit den Fragestellungen des eigenen Lebens sein kann. Auf der Suche nach einer alltagstauglichen Philosophie begegnet der Philosoph, Arzt und Musiker Axel Braig in seinem Buch „Über die Sinne des Lebens und ob es sie gibt“ ganz unterschiedlichen Denkern. Dabei setzt er Epikur, Albert Camus, Ludwig Wittgenstein, Emmanuel Lévinas und viele andere in ein Verhältnis zu ganz konkreten Lebensfragen und Lebenslagen. Ohne ein geschlossenes System zu bilden, fügten sich deren Konzepte mit der Zeit für den Autor zu einem zwar lockeren, aber hilfreichen Geflecht. Statt der einen großen Wahrheit baut Axel Braig auf viele Wahrnehmungen. Damit stimmt er in das philosophische „Lob des Polytheismus“ ein, welches der moderne Skeptiker Odo Marquard gesungen hat.

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Experten müssen frei argumentieren können

Wenn sie über die Einführung neuer Normen, Gesetze oder Reformen diskutieren, wenden sich Entscheidungsträger und Journalisten oft an Experten. Meistens handelt es sich dabei um Intellektuelle, die sich in einem bestimmten Gebiet profiliert haben oder im Ruf stehen, über ein Thema kritisch nachzudenken. Experten und Intellektuelle haben einen Einfluss auf die Denkprozesse, die zu einer Entscheidung führen. Allan Guggenbühl erklärt: „Die Hoffnung ist, dass sie sich nicht durch kollektive Debatten und Standardparadigmen vereinnahmen lassen, sondern sich im öffentlichen Diskurs durch geistige Unabhängigkeit und kritischen Geist auszeichnen.“ Bei Experten sollte es sich um Menschen handeln, die sich zur Aufgabe gemacht haben, nachzudenken und frei von Abhängigkeiten zu argumentieren. Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

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Der Eros sorgte früh für Chaos

Am Anfang gehört die Liebe den Dichtern. Bevor die Philosophen sie entdecken, feiert man sie in Gedichten und Dramen. Vermutlich steckt hinter dieser historischen Tatsache mehr als nur ein chronologischer Zufall. Als würde erst das Leben sich selbst erzählen müssen, bis der Denker es begreift. Der Eros hatte bei den Denkerinnen schon früh für Chaos gesorgt. Peter Trawny nennt ein Beispiel: „Sappho, die sich selbst Psappho nannte, dichtet lesbische Liebe, hat sich aber der Legende nach wegen eines jungen Mannes namens Phaon von einem Felsen auf der Insel Lesbos ins Meer gestürzt.“ Die Dichterin stirbt im rhythmischen Element der Welle. Ebenso geht es in den Tragödien zu: Selbstmord und Todschlag, wohin das Auge blickt. Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.

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Viele Menschen glauben an eine Führerfigur

Im Unterschied zur traditionellen Auffassung, dass Autorität in Gott begründet liegt, sowie in Immanuel Kants Überzeugung, dass der Mensch selbstständig denken muss, glauben viele Menschen, dass Autorität am besten von einer Führerfigur ausgehen sollte. Paul Verhaeghe stellt fest: „Den Glauben an einen großen Anführer, der aufgrund seiner natürlichen Eigenschaften (er ist weise und gerecht) die Befehlsgewalt erwirb oder zumindest bekommt, gab es zu allen Zeiten.“ Die Idee geht zurück auf Platons Philosophenkönig, doch der wichtigste Impuls ging von Thomas Hobbes aus. Nach ihm legt Jean-Jaques Rousseau eine sehr eigene Interpretation des Gedankens vor. Und in Deutschland plädierte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts seinerseits Max Weber für eine charismatische Führerschaft. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Das Philosophie Magazin gibt 21 Impulse für 2021

Die aktuelle Sonderausgabe des Philosophie Magazins hat die 21 besten Essays zu aktuellen Fragen zusammengestellt. Verfasst haben sie internationale und deutschsprachige Denkerinnen und Denker, deren Reflexionen nicht nur inspirierend, sondern auch wegweisend sind. Gegliedert ist das Sonderheft in vier große Rubriken: Internationale Politik, Identität und Geschlecht, Technik und Gesellschaft sowie Rassismus. Zu den Herausforderungen unserer Zeit zählt momentan an erster Stelle die Coronaepidemie. Sie hat die gesamte Weltgemeinschaft vor eine gemeinsame Bedrohung gestellt. Für den Geschichtslehrer Paul Sebillotte existiert ein direkter Zusammenhang zwischen den Abholzungen der Regenwälder und der Hervorbringung von Epidemien. Die Zersiedlung verschlimmert die Abholzung noch und vervielfacht damit die Risiken einer Zoonose. Auch die industrielle Tierhaltung berücksichtigt nie die epidemiologischen Gefahren. Tritt dann doch eine Epidemie auf, werden die Kosten externalisiert: Die Staaten kommen für den Schaden auf, ohne die Kapitalisten zur Rechenschaft zu ziehen.

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Stephen Hawking zählt zu den größten Denkern aller Zeiten

Leonard Mlodinow bringt in seinem neuen Buch „Stephen Hawking“ seinen Lesern den weltberühmten Physiker auf eine Art und Weise näher, wie ihn nur die wenigsten Menschen kannten. Er war einsam, obwohl er nie allein sein durfte. Stephen Hawking war ein Sturkopf, der Freude daran hatte, seine Fehler öffentlich einzugestehen. Er glaubte nicht an Gott, ging aber in die Kirche und konnte dort Tränen vergießen. Stephen Hawking war zudem ein verletzlicher Mann, der keine Angst kannte, aber sich am lebendigsten fühlte, wenn er dem Tod ganz nahe kam. Zugleich erklärt Leonard Mlodinow eingängig Stephen Hawkings große Entdeckungen und macht deutlich, unter welchen Kämpfen sie zustande kamen. Der Autor entwirft ein faszinierendes Porträt eines der größten Denker aller Zeiten und eines Menschen voller Widersprüche. Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Das Zeitalter des Anthropozäns hat begonnen

Dort, wo die Natur Ressourcen anbietet, wird sie selbst von höchst bescheidenen Gesellschaften vielfältig in Dienst genommen. Zudem beutet man sie oft genug auch aus, wodurch aus der zunächst unberührten Vorgabe die mehr und mehr kultivierte Natur entsteht. Otfried Höffe erklärt: „Schon weit länger als der Atmosphärenchemiker Paul Crutzen 2002 annimmt, leben wir in jenem Erdzeitalter des Anthropozän. In diesem ist der Mensch („Anthropos“) zum stärksten Antreiber ökologischer, selbst geologischer Prozesse geworden.“ Offensichtlich ist die dabei vorgenommene Kultivierung ein Freiheitsprozess in beiden Kernbedeutungen. Als eine allerdings nie endende Überwindung von Gefahren erhöht sie die negative Freiheit. Soweit dabei Erträge gesteigert und Arbeitsvorgänge erleichtert. Überdies schafft man Arbeitsplätze, auch Annehmlichkeiten und Wohlstand geschaffen. So zeichnet sich die Indienstnahme der Natur durch einen emanzipatorischen Charakter aus. Soweit sie aber eine neuartige Lebenswelt schafft, wächst die andere, positive Freiheit. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Oxytocin wirkt direkt auf die Amygdala

Bei einer Frau wird bei der Geburt ihres Kindes eine ganz bestimmte Substanz ausgelöst: Oxytocin wird im Nebenhirn kurz vor der Geburt in großen Mengen produziert. Selbst Männer kriegen eine ganze Menge davon ab. Wenn sie im Kreißsaal anwesend sind, eine etwa dreifach höhere Dosis als in der Kneipe. Matthias Horx erklärt: „Oxytocin ist eine Art „Lagerfeuer-Wirkstoff“. Der hat schon unseren Vorfahren dabei geholfen, sich gemeinsam am Feuer zu entspannen, Konflikte zu dämpfen, sich miteinander gut zu fühlen.“ Oxytocin lässt auch Tiere die Nähe ihrer Artgenossen suchen und blockiert Angst- und Fluchtreaktionen. Beim Menschen wirkt es direkt auf die Amygdala, den sogenannten „Mandelkern“. Dieser steuert die Reaktionen bei Angst und in Fluchtsituationen. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Friedrich Nietzsche schaut nicht zurück

Es gibt Menschen, für deren Selbstentwurf die Zukunft wichtiger ist als die Vergangenheit. Diese Personen fragen nicht danach, was war. Stattdessen interessieren sie sich dafür, was werden wird und werden soll. Svenja Flaßpöhler gehört eher zu jenen, die zurückschauen, sich erinnern, das Gewesene immer wieder von allen Seiten betrachtet. Friedrich Nietzsche hätte sie für ihre Rückwärtsgewandtheit vermutlich verachtet. Svenja Flaßpöhler stellt sich die Frage, ob es nicht sein könnte, dass nur, wer sich ausreichend erinnert, im guten, ja tiefen Sinne vergessen und also verzeihen kann. Genau dieser Ansicht ist der französische Philosoph Paul Ricoeur, ein stark an Sigmund Freud orientierter Denker. Dr. Svenja Flaßpöhler ist seit Dezember 2016 leitende Redakteurin im Ressort Literatur und Geisteswissenschaften beim Sender „Deutschlandradio Kultur“.

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Eigenständiges Denken führt zu Anfeindungen

Die neue Sonderausgabe des Philosophie Magazins über Platon eignet sich hervorragend dafür, in die Welt der Ideen des griechischen Meisterdenkers einzutauchen. Laut Chefredakteurin Catherine Newmark gehört Platon eindeutig nicht zu den trockenen Denkern der Philosophiegeschichte: „Was er immer wieder lebhaft darstellt, ist nicht so sehr eine bestimmte Erkenntnis als vielmehr der Prozess des Suchens und Findens von Erkenntnis.“ Für Platon ist das philosophische Gespräch weniger ein Kampf um das siegreiche Argument als vielmehr eine gemeinsame Suchbewegung. Seine Themen haben auch nach mehr als zwei Jahrtausenden nichts an Aktualität eingebüßt. Die Frage nach der ethischen Gerechtigkeit treibt ihn ebenso um wie die Gefahr des politischen Populismus. In seinem berühmten Höhlengleichnis entwirft Platon eine anspruchsvolle Ethik des Denkens. Es bedarf der Ausdauer und Anstrengung – und wer sich von gängigen Meinungen löst, muss mit Anfeindungen rechnen.

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Der Romantiker sucht die religiöse Wahrheit in der Natur

Ironischerweise fällt die neue Empfindsamkeit für die wüste Natur in der Epoche der Romantik zeitlich mit der besseren Zugänglichkeit der Natur zusammen. Ger Groot erläutert: „Denn gerade in den unwirtlichen Alpen wird die Infrastruktur ausgebaut. Und auch die Entwicklungen in der Klettertechnik machen Fortschritte. Durch das Gebirge werden trittfeste Wege angelegt, wodurch so etwas wie „Tourismus“ möglich wird.“ Und im Jahr 1786 kommt es zur Erstbesteigung des Mont-Blanc-Gipfels. Dieses Jahr markiert den Beginn des alpinen Bergsports. Ihn prägt eine Mischung aus technischem Können und einem tief empfundenen Respekt vor den Wundern der Natur. Diese konnten dank der neuen technischen Möglichkeiten zum Objekt einer „sublimen“ Erfahrung werden. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Fortschritt entlastet das Leben

Fortschritt ist eine starke Metapher der Bewegung – und diese hat einen realen Kern. Seit rund 300 Jahren lebt die Menschheit in einem Kontinuum der Forschung und Wissenschaft, das kumulativ wirkt. Peter Sloterdijk ergänzt: „Aus diesem Lernzusammenhang können und wollen wir nicht austreten.“ In der wissenschaftlichen Modernität und ihrer Ergänzung durch Technik spielt sich ein riesiges Experiment ab, das der Entlastung des Lebens gilt. Der technische Fortschritt setzt sich immer dann durch, wenn die Menschen mehr Machtmittel in die Hände bekommen, die ihren Aktionsradius erweitern und ihr Dasein erleichtern. Peter Sloterdijk erläutert: „Fortschritt in einem nicht naiven Sinn bedeutet Ermächtigung und Entlastung.“ Auf dem Gebiet der Moral brauchen seiner Meinung nach allerdings keine Fortschritte gemacht werden. Peter Sloterdijk gilt als einer der wirkungsmächtigsten und zugleich heftig umstrittenen Denker Deutschlands.

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Die Weisheiten großer Denker steigern die Freude am Dasein

Das neue Buch von Albert Kitzler „Weisheit to go“ enthält ausgewählte Zitate aus dem antiken Weisheitswissen in Orient und Okzident. Der Autor hält die überlieferten Weisheitserfahrungen der Völker der Welt, wie sie von den großen Denkern, Weisen und Heiligen in Worte gefasst wurden, für das vielleicht wertvollste kulturelle Erbe, das die Menschheit besitzt. Sie zeigen den Menschen, wie ein gutes Leben gelingen kann. „Weisheit to go“ verknüpft die zeitlosen Wahrheiten von Seneca, Buddha, Konfuzius und anderen großen Denkern mit dem Alltag von heute. Dieser it oftmals von Unruhe und Oberflächlichkeit geprägt. Das verändert den Blick auf die kleinen und großen Fragen des Lebens und hilft inmitten von Hektik und Zeitdruck, die eigene Mitte zu wahren. Dr. Albert Kitzler ist ein deutscher Philosoph, Rechtsanwalt und Filmproduzent.

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