Schon Einzeller haben ein Gedächtnis

Nahezu alles, was in Form neu erzeugter mentalen Bilder einem Menschen zur Verfügung steht, ist auch der inneren Aufzeichnung zugänglich. Ob es einem gefällt oder nicht. Antonio Damasio ergänzt: „Wir originalgetreu die Aufzeichnung ist, hängt zunächst einmal davon ab, wie viele Emotionen und Gefühle erzeugt wurden, während die Bilder durch den Strom unser Gedanken wanderten. Viele Bilder bleiben bestehen. Und beträchtliche Teile der Aufzeichnungen können wir später mehr oder weniger genau erneut abspielen, abrufen und rekonstruieren.“ Manchmal tritt die Erinnerung an solche alten Inhalte sogar in Konkurrenz zu neuen Informationen, die gerade erzeugt werden. Das Gedächtnis ist schon bei einzelligen Lebewesen vorhanden. Es erwächst dort aus chemischen Veränderungen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Das schöpferische Denken ist unberechenbar

Stefan Klein erzählt in seinem neuen Buch „Wie wir die Welt verändern“ von der Macht der Gemeinschaft, der Zukunft des Denkens und den unbegrenzten Möglichkeiten der menschlichen Kreativität: „Wir können lernen, das Undenkbare zu denken. Erst unser Einfallsreichtum macht uns zu dem, was wir sind.“ Jede Veränderung beginnt mit einer neuen Idee. Stefan Klein führt seine Leser auf eine spektakuläre Zeitreise. Sie führt von der Steinzeit bis in die Ära künstlicher Intelligenzen und folgt dabei der erstaunlichen Geschichte des schöpferischen Denkens. Dabei wird deutlich: Innovation und Fortschritt verdankt die Menschheit nicht den Einfällen einsamer Genies, sondern sie entwickeln sich im geistigen Austausch. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.

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Ein Mensch ist nicht mit seinem Gehirn identisch

Eine der Hauptthesen des Buchs „Ich ist nicht Gehirn“ von Markus Gabriel lautet, dass die bisher nur angerissenen Vorgänge, die Selbsterkenntnis an neugeschaffene naturwissenschaftliche Disziplinen zu delegieren, ideologisch und damit irregeleitete Phantasien sind. Was Markus Gabriel hier als Ideologie kritisiert, ist in diesem Fall ein System von Vorstellungen und Wissensansprüchen im Bereich der Selbsterkenntnis, das Produkte geistiger Freiheit als natürliche, biologische Vorgänge missversteht. Markus Gabriel schreibt: „Es ist so gesehen kein Wunder, dass diese gegenwärtige Ideologie insbesondere auch darum bemüht ist, den Begriff der menschlichen Freiheit zu verabschieden. Es soll am besten gar keine Produkte geistiger Freiheit geben.“ Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Computer können keine Subjektivität herstellen

Mit Philosophen wie John Searle, Thomas Nagel und Colin McGinn ist David Gelernter der ketzerischen Meinung, dass Computer nicht in der Lage sind, Subjektivität herzustellen – die Welt im Kopf eines Menschen, ein eigenes Seelenleben, eine eigene private geistige Landschaft, durch die kein anderer wandern kann. Ein Computer beziehungsweise Roboter hat kein Bewusstsein für Glück. Es gibt keinen Geist in der Maschine, keine menschliche Geistesgegenwart. Dennoch übersteigt die Leistungsfähigkeit des Computers die menschliche Vorstellungskraft. David Gelernter stellt fest: „Wir glauben, mit der künstlichen Intelligenz der Schöpfung eines übernatürlichen Geistes beizuwohnen und den Stein der Weisen gefunden zu haben. In Wirklichkeit verstehen wir bis heute das Bewusstsein nicht. Wir können Subjektivität nicht erklären, vielleicht werden wir es nie können.“ David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Die Weltbevölkerung produziert täglich 3,5 Millionen Tonnen Müll

„Reduzieren“ bedeutet für Serge Latouche zunächst einmal, eine Produktionsweise und ein Konsumverhalten zu entwickeln, die sich weniger negativ auf die Biosphäre auswirken. Dabei geht es vor allem darum, den Überkonsum zu beschränken und die weitverbreitete Wegwerfmentalität abzulegen. Serge Latouche kritisiert: „80 Prozent der auf den Markt gelangenden Güter werden, wenn überhaupt, nur ein einziges Mal benutzt, bevor sie direkt in den Abfalleimer geworfen werden.“ Im Jahr 2013 produzierte die Weltbevölkerung rund 3,5 Millionen Tonnen Müll pro Tag. Die Industrieländer in Europa und Nordamerika produzieren dabei den meisten Müll: Ein Europäer 522 Kilogramm Hausmüll pro Jahr, ein Amerikaner 675 Kilogramm. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Die Stoiker bestimmen den Affekt als falsches Urteil

Theorie und Analyse in der Philosophie und Rhetorik des 17. und 18. Jahrhunderts wären ohne die Vorarbeit des Aristoteles nicht möglich gewesen. Er hat zwar seinen Gedanken keine systematische Form gegeben, aber über die Affekte quasi nebenbei in seinen Schriften wie der „Nikomachischen Ethik“, „Rhetorik“ und „De anima“ reflektiert. In ihnen ist die Formulierung vom Erleidnis der Seele zentral. Aristoteles entwirft eine Bewegungstheorie mit den Kategorien Aktivität und Passivität, die besonders in seiner Schrift „De anima“ entfaltet wird. Danach besitzt die Seele des Menschen ein wahrnehmendes, denkendes und bewegendes Vermögen, Streben und Vorstellungskraft. In der Ethik geht es Aristoteles um Mäßigung, den Ausgleich zwischen extremen Handlungen oder Affekten. Das „Erleidnis der Seele“ ist ein Bewegtwerden der Seele mit eigener Aktivität und mit dem Körper geteilter Passivität.

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Serge Latouche vertritt das Konzept der Wachstumsrücknahme

In der jüngsten Zeit ist in den unterschiedlichsten Medien der Begriff „Degrowth“ zu lesen. Selbst die Politik beschäftigt sich seit Neuestem mit der Wachstumsrücknahme – nicht nur die Grünen. Serge Latouche fügt hinzu: „Außerdem steht Degrowth im Mittelpunkt der zunehmend militanten regionalen wie lokalen Proteste gegen Großprojekte.“ In Italien und Frankreich und neuerdings auch in Spanien und Belgien bilden sich spontan Gruppen die dem unendlichen Wachstum kritisch gegenüberstehen. Sie organisieren Demonstrationen und Protestmärsche und richten Netzwerke ein. Außerdem ist der wachstumskritische Ansatz die Basis von individuellen wie gemeinschaftlichen Aktionen. Dazu zählen auch Zusammenschlüsse von Verbrauchern, die einen bewusst schlichten Lebensstil propagieren. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Die Bedeutung und der Umgang mit Zahlen in alten Kulturen

Mit Zahlen umgehen zu können, war in alten Zeiten die Schlüsselkompetenz für ein reiches und sorgenfreies Leben. Vermessungsbeamte in Ägypten hatten bereits einen wichtigen Schritt in diese Richtung vollzogen: Sie konnten mit Zahlen rechnen, die über ein Dutzend hinausgingen und bei einigen Hundert endeten. Rudolf Taschner ergänzt: „So weit musste man rechnen können, um den Bauern die Felder nach den Anzahlen der Klafter, die diese Äcker lang und breit waren, zuteilen zu können. Auch um die Getreidesäcke zählen zu können, welche die Bauern ablieferten.“ Ganz hoch auf der Karriereleiter konnten jene Beamten und Schreiber im alten Ägypten klettern, die sogar über mehrere Hundert, ja über tausend hinaus zu zählen und zu rechnen verstanden. Rudolf Taschner ist Professor an der Technischen Universität Wien. Im Jahr 2004 wurde er zum Wissenschaftler des Jahres gewählt. Seine Bücher wurden vielfach ausgezeichnet.

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Bard Offshore I soll 400.000 Haushalten Strom liefern

Seit März 2010 bauen 250 Männer vor der Küste, 90 Kilometer nordwestlich von Borkum, den Windpark „Bard Offshore I“ auf, der künftig Strom für 400.000 Haushalte liefern soll. Sie leben auf einer Plattform und einigen Schiffen praktisch im Niemandsland. Dort arbeiten Maschinisten, Mechaniker, Elektriker, Köche, Ingenieure und Kapitäne. Die Arbeiter rammen Pfahl um Pfahl ins tiefe Meer und montieren die Windanlagen auf Stützkreuze. Die Crew hat unter anderem auch die anspruchsvolle Aufgabe zu beweisen, dass alternative Stromquellen wie die Windenergie die Atomkraft ersetzen können. Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister ist von dem Projekt „Bard Offshore I“ begeistert und sagt: „Es ist eine Jahrhundertchance für die Nordsee.“

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Günter Grass warnt vor dem Zerfall der Demokratie

Für den Literaturnobelpreisträger Günter Grass sind es nicht zuletzt die großmächtigen Banken, deren Lobbytätigkeit mittlerweile das gewählte Parlament mitsamt der Regierung in Geiselhaft genommen hat. Der Schriftsteller sagt: „Die Banken spielen Schicksal, unabwendbares. Ihre Vorstände und Großaktionäre formieren sich zu einer Parallelgesellschaft.“ Die gravierenden Folgen ihrer Finanzwirtschaft, die hoch riskant ist, haben schließlich die Bürger als Steuerzahler zu begleichen. Die Menschen bürgen für die Banken, deren Milliardengräber ständig neue Geldmittel erfordern. Laut Günter Grass sind auch die Tages- und Wochenzeitungen, also die Journalisten, dieser Allmacht der Banken ausgesetzt. Er erklärt: „Es bedarf keiner altmodischen Zensur mehr, die Vergabe oder Verweigerung von Anzeigen reicht aus, um die ohnehin in Existenznot geratenen Printmedien zu erpressen.“

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Richard David Precht denkt über die Intelligenz nach

Der Bestsellerautor und Philosoph Richard David Precht erklärt, was die menschliche Intelligenz von der eines klugen Tieres unterscheidet. Er sagt: „Die Reflexionen, zu denen Menschen in der Lage sind, erreichen ein Niveau, das es im Tierreich nicht annähernd gibt.“ Bei den Tieren gibt es seiner Meinung nach zwar Ansätze zur Moralfähigkeit, zu Lug und Trug und List und Taktik, aber es gibt keine Tiere, die eine Rechtssprechung entwickelt haben oder ethische Maxime aufstellen können. Die Möglichkeit, sich zu sich selbst in ein Verhältnis zu setzen ist mit der Sprache und der Fähigkeit zur Abstraktion verbunden. Der Mensch kann über Dinge sprechen, die es nicht gibt, während ein Tier niemals die Zukunft in Worten vorwegnehmen kann.

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Große Denker erobern das 20. Jahrhundert

Henning Ritter porträtiert in seinem Buch zwölf große Denker des vergangenen Jahrhunderts, die in ihrer jeweiligen Disziplin neue und unerforschte Wege beschritten haben. Dazu zählen Sigmund Freud, Franz Kafka, Ludwig Wittgenstein, Aby Warburg, Walter Benjamin, Carl Schmitt, Alexandre Kojève, André Malraux, Anthony Blunt, Elias Canetti, Isaiah Berlin und Claude Lévi-Strauss. Seine Kurzbiographien zeigen die Vielzahl von geistigen Antrieben, von exzentrischen Ideen und theoretischen Traumgebäuden. Der Autor ist seit vielen Jahren Redakteur bei der Allgemeinen Frankfurter Zeitung und dort Leiter des Ressorts Geisteswissenschaften.

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