Emotionen dienen der sozialen Kommunikation

Der Rolle der Gefühle hat als einer der Ersten Antonio Damasio erkannt. Der Neurologe, der fast sein ganzes Forscherleben dem Zusammenspiel zwischen Fühlen und Denken gewidmet hat, belegte, was Philosophen wie David Hume schon im 18. Jahrhundert postuliert hatten: Erst die Emotionen geben dem Verstand eine Richtung und dem Handeln einen Sinn. Ulrich Schnabel fügt hinzu: „Wer keinen Zugang zu seinen Gefühlen hat, dem fällt auch das sogenannte vernünftige Denken enorm schwer.“ Antonio Damasio ist fest davon überzeugt, dass ein Leben ohne Gefühle zwar theoretisch möglich, aber nicht von langer Dauer wäre. So sind Gefühle aus Sicht der Biologie entscheidende Instrument des Überlebens. Sie vermitteln wichtige Informationen, die man oft gar nicht bewusst zur Kenntnis nimmt, die einen aber dennoch leiten und steuern, weil man sie körperlich spürt. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

Emotionen spiegeln die Veränderungen eines Körperzustandes wider

Ulrich Schnabel erklärt: „Damit verkörpern Emotionen im wahrsten Sinne des Wortes eine besondere Form von Erfahrung und Intelligenz, die uns ganz unmittelbar ergreift, eben weil wir körperliche Wesen sind.“ Vom „Gefühlssinn“ spricht der Philosoph und Psychologe Eugene Gendlin, um jene unmittelbare Form der Wahrnehmung mit dem Körper zu beschreiben, die Menschen Orientierung ermöglicht. Mit einer „Alarmanlage“ hingegen vergleicht der israelische Philosoph Aaron Ben-Ze´ev die Emotionen: Sie signalisieren, dass etwas Bedeutsames eingetreten ist, das Aufmerksamkeit erfordert.

Eine Emotion ist etwas, die einen Menschen innerlich bewegt und dazu führt, dass er sich auch äußerlich bewegt. Auf der elementarsten Ebene, das beschrieb der Psychologe und Philosoph William James schon vor über hundert Jahren, spiegeln Emotionen Veränderungen des Körperzustandes wider. Sie zeigen an, dass etwas fehlt, beispielsweise bei Hunger und Durst, oder dass man plötzlich bedroht ist durch Angst oder Schmerz oder dass im Moment alles zum Besten bestellt ist durch die Lust.

Das Ungewohnte und Neue weckt die Gefühle

Neben diesen Basisemotionen, die auch zum Repertoire der Tiere gehören, hat der Mensch noch eine gewaltige Anzahl an höheren und feineren Gefühlen entwickelt, die der Selbstwahrnehmung und der sozialen Kommunikation dienen wie Neid, Gier, Ärger, Mitgefühl und viele andere mehr. Diese werden wiederum von geistigen und kulturellen Impulsen geprägt, etwa von den menschlichen Vorstellungen von Liebe, Ehre, Stolz usw. Allen Gefühlsregungen, von den grundlegenden bis zu den hochentwickelten, ist eines gemeinsam: Sie machen auf ein Problem oder eine besonders wünschenswerte Situation aufmerksam und fordern so den Organismus zum Handeln auf.

Der kanadische Psychotherapieforscher Leslie Greenberg hat dieses Phänomen treffend formuliert: „Emotionen legen die Probleme fest, die die Vernunft lösen muss.“ Versteht man diese Funktion der Gefühle, dann wird auch klar, was Gefühle weckt und was sie abstumpfen lässt. Die innere Alarmanlage springt immer dann an, wenn man etwas Ungewohntem, Besonderem oder Neuem begegnet. Altbekanntes und Vertrautes hingegen erfordert kaum noch Aufmerksamkeit und erzeugt dementsprechend weniger Emotionen – das innere Alarmsystem wird gleichsam abgeschaltet. Quelle: „Was kostet ein Lächeln?“ von Ulrich Schnabel

Von Hans Klumbies