John Locke kennt keine Tabus

Kategorien wie Gerechtigkeit, Treue, Schuld, Sünde, Gewissen, alles, woran sich Menschen zu orientieren pflegen, sind nur temporäre Vereinbarungen, Verhandlungssache. John Locke behauptet das nicht einfach, sondern belegt seine These mit reichem empirischem Material. Jürgen Wertheimer erläutert: „Eine Art Gehirnforschung aus dem Geist der anthropologischen Expertise, eine Ethnophilosophie ohne Tabus und Grenzen der Schicklichkeit.“ Es beginnt ein Großreinemachen im Augiasstall der Gewohnheiten, der Vorurteile und mentalen Restbestände aller Couleur. Wenn Menschen das, woran sie zu glauben gewohnt sind, für unumstößliche Wahrheiten halten, benehmen sie sich nicht anders als Kinder, die man blindem Gehorsam lehrte. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass letztlich Gott und die Welt auf dem Spiel stehen. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.

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John Locke nimmt den Menschen unter die Lupe

Der Engländer John Locke (1632 – 1704) nimmt auf experimentalwissenschaftlicher und medizinischer Basis das Studienobjekt Mensch genauer unter die Lupe. Seine Forschungsobjekte: alles was sich bewegt. Sein Hauptinteresse: zu begreifen, wie die Mechanik der menschlichen Reaktionsweisen funktioniert. Er wollte erkennen, was es heißt, wenn einer denkt oder wenn einer denkt, er würde denken. Jürgen Wertheimer weiß: „Obwohl er an der Universität Oxford studierte und lehrte, blieb er nicht völlig dem Wissenschaftsbetrieb verhaftet. Er arbeitete als Lordkanzler, als Hausarzt, Erzieher und veröffentlichte während dieser Zeit ein umfangreiches Werk.“ Allerdings brachten John Locke seine Schriften nicht nur Ruhm ein. So wurde er aus dem Christ-Church-College ausgeschlossen. In Oxford beschuldigten ihn mehrere Professoren einer zweifelhaften Gesinnung. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.

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Bestimmte Wahrheiten gelten überall

Es gibt scheinbar Wahrheiten, die gelten für jedermann überall. Das haben Philosophen schon früh festgestellt. Peter Trawny blickt zurück: „So jemand wie Platon hat davon gesprochen, dass es „Ideen“ gebe, die uns die Wahrnehmung und Erkenntnis von konkreten Dingen und Tatsachen ermöglichen.“ Menschen müssen schon wissen, was schön ist, bevor sie etwas als schön bezeichnen können. Dabei geht es nicht darum, ob das jeweils Besondere, das ein Mensch für schön hält, ebenso von einer anderen Person für schön gehalten wird. Es geht vielmehr darum, dass jeder Mensch Schönheit kennt –, was immer er im Einzelnen schön findet. Aus diesen scheinbar universellen Wahrheiten hat man dann auch in moralischer und politischer Hinsicht Konsequenzen gezogen. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.

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Das demokratische System gerät unter Druck

Weltweit ist man sich heute der Tatsache bewusst, dass der Kapitalismus amerikanischer Spielart hauptsächlich den Reichen nützt. Auf der anderen Seite haben viele Menschen in den USA keinen ausreichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung. Für die Soft Power der USA sind diese beiden Missstände sehr abträglich. Joseph Stiglitz warnt: „Diejenigen, die an die Demokratie glauben, sollte dies zutiefst beunruhigen.“ Denn es findet ein Kampf der Ideen über alternative Gesellschafts-, Politik- und Wirtschaftssysteme statt. Und es sollte viele Menschen alarmieren, dass sich weite Teile der Welt von den Vorzügen des demokratischen Systems abwenden. Glücklicherweise ist der Kapitalismus amerikanischen Stils nur eine von vielen verschiedenen Arten demokratischer Marktwirtschaften. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Ideen entstehen durch schöpferisches Denken

Schöpferisches Denken durch Kombination kann nicht nur erklären, wie Ideen zustande kommen. Sondern es ist auch ein Schlüssel, um die Entwicklung einer Kultur zu verstehen. Stefan Klein weiß: „Kulturen verändern sich, wenn Menschen mit der Zeit einen immer reicheren Schatz an Wissen und Erfahrungen, Konzepten und Mythen, Techniken und Kunstwerken anlegen.“ Solche Prozesse lassen sich nicht in erster Linie auf die herausragenden Beiträge Einzelner zurückführen. Auch wenn die Leistungen von Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci, Johann Sebastian Bach, Marie Curie oder Albert Einstein spektakulär sind. Der Motor ist vielmehr das kollektive Gehirn. Denn erst das Zusammenwirken einer ganzen Gemeinschaft erzeugt den geistigen Nährboden, auf dem Ideen keimen. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.

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Es gibt drei große gesellschaftliche Umbrüche

Der französische Denker Jean Baudrillard gilt als einer der Hauptverfechter der Postmoderne. Dennoch war es ausgerechnet er, der die Mythologie des Sozialkonstruktivismus angegriffen hat. Jean Baudrillard behauptet in einem Buch „Simulacres et simulation“, dass es drei große gesellschaftliche Umbrüche gebe, die in der gegenwärtigen Zeit kulminierten. Markus Gabriel kennt sie: „In der Vormoderne seien menschliche Gesellschaften durch Symbole gesteuert worden, die sich ziemlich eindeutig von der Wirklichkeit unterschieden. Eine Götterstatue aus Lehm ist ein Symbol für einen Gott, aber selbst kein Gott, wie das alttestamentarische Bilderverbot einschärft. Die monotheistische Revolution bringt die Vormoderne sozusagen auf den Punkt.“ Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Ideen verbesserten die Umstände des Menschseins

Die Umstände des Menschseins verbesserten sich nicht dank eines kosmischen Ereignisses oder eines Geschenks der Götter. Es waren Ideen, die alles veränderten. Ideen, die der wissenschaftlichen Revolution und der Aufklärung zugrunde lagen. Die Rettung der Menschheit aus dem erschütternden Elend ihrer Vorväter kam mit der Anerkennung von Gedankenfreiheit. Ebenso wichtig war die Befreiung von Knechtschaft und Aberglaube. Dazu kam noch die Zerschlagung des kirchlichen Monopols durch das Wissen und die Achtung der Autonomie des Individuums. Nadav Eyal ergänzt: „Die Werte der Aufklärung, darunter Freiheit und Gerechtigkeit, bildeten die Grundstein für den Aufbau sozialer Einrichtungen und den Schutz privaten Eigentums.“ Sie brachten einen erheblichen Fortschritt in die Lebensumstände der Menschen. Nadav Eyal ist einer der bekanntesten Journalisten Israels.

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Ideen halfen beim Aufstieg des Nationalismus

Ideen waren laut Francis Fukuyama wichtig, um den Aufstieg des Nationalismus zu verstehen. Doch außerdem fanden bedeutende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen statt. Diese bereiteten seinem Erscheinen in Europa des 19. Jahrhunderts den Boden. Francis Fukuyama blickt zurück: „Die europäische Ordnung des Mittelalters war hierarchisch und nach sozialen Klassen gegliedert gewesen.“ Der Feudalismus teilte die Bevölkerungen Europas zahllosen winzigen Gerichtsbarkeiten zu. Und er war darauf angelegt, sie an ihrem jeweiligen Ort festzuhalten. Eine moderne Marktwirtschaft ist im Unterschied dazu auf die freie Bewegung von Arbeitskräften, Kapital und Ideen angewiesen. Eine umfassende Anerkennung liberaler Gesellschaften war besonders für die kapitalistische Entwicklung förderlich. Francis Fukuyama ist einer der bedeutendsten politischen Theoretiker der Gegenwart. Sein Bestseller „Das Ende der Geschichte“ machte ihn international bekannt.

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Bismarck verzichtete auf deutsche Machtzuwächse

Will man es nicht bei einem allzu allgemeinen, ja gefühlten Begriff von „Hegemonie“ belassen, so bietet sich das Konzept des kanadischen Politikwissenschaftlers Robert W. Cox an. Dieser versteht Hegemonie als das Zusammenwirken dreier Faktoren: von materiellen Ressourcen, von geteilten Ideen sowie von Institutionen. Andreas Rödder stellt in Bezug auf das Deutsche Reich fest: „Das Deutsche Reich unter Bismarck verfügte über militärische und in zunehmenden Maße auch über die ökonomischen Ressourcen von „hard power“. Hinsichtlich der Ideen und Normen orientierte sich Bismarck ab 1875 an Status quo und Gleichgewicht.“ Dies stimmte mit den Erwartungen der meisten anderen Teilnehmer des internationalen Systems an Deutschland überein. Bismarck zahlte jedoch den Preis, in einem zunehmend dynamischen Machtgefüge auf signifikante deutsche Machtzuwächse zu verzichten. Seit 2005 ist Andreas Rödder Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

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Das schöpferische Denken ist unberechenbar

Stefan Klein erzählt in seinem neuen Buch „Wie wir die Welt verändern“ von der Macht der Gemeinschaft, der Zukunft des Denkens und den unbegrenzten Möglichkeiten der menschlichen Kreativität: „Wir können lernen, das Undenkbare zu denken. Erst unser Einfallsreichtum macht uns zu dem, was wir sind.“ Jede Veränderung beginnt mit einer neuen Idee. Stefan Klein führt seine Leser auf eine spektakuläre Zeitreise. Sie führt von der Steinzeit bis in die Ära künstlicher Intelligenzen und folgt dabei der erstaunlichen Geschichte des schöpferischen Denkens. Dabei wird deutlich: Innovation und Fortschritt verdankt die Menschheit nicht den Einfällen einsamer Genies, sondern sie entwickeln sich im geistigen Austausch. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.

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Die Affekte und die Vernunft bilden Kulturen

Über die Tatsache hinaus, dass sie von Menschen erdacht wurden, wurden der Hammurabi-Codex, die Zehn Gebote, die Verfassung der Vereinigen Staaten und die Charta der Vereinten Nationen von den jeweiligen besonderen Umständen ihrer Zeit und ihres Ortes geprägt. Aber auch von den Personen, die solche Codices entwickelten. Antonio Damasio erläutert: „Eine universelle, umfassende Formel gibt es nicht. Sondern hinter solchen Entwicklungen stehen mehrere Formeln. Teile jeder denkbaren Formel sind allerdings tatsächlich universell.“ Biologische Phänomene können Ereignisse, die zu kulturellen Phänomen werden, in Gang setzen und prägen. Und dass muss am Anbeginn der Kulturen unter ganz bestimmten Umständen, die durch die Individuen und Gruppen sowie ihren Ort, ihre Vergangenheit und so weiter definiert wurden, geschehen sein. Also durch das Wechselspiel von Affekt und Vernunft. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Die Redefreiheit ist ein Recht für jedermann

„Wir – alle Menschen – müssen in der Lage und befähigt sein, frei unsere Meinung zu äußern und ohne Rücksicht auf Grenzen, Informationen und Ideen zu suchen, zu empfangen und mitzuteilen.“ Dieses Prinzip ist für Timothy Garton Ash diejenige Freiheit, von der alle anderen Freiheiten abhängen. Die Fähigkeit zu sprechen unterscheidet den Menschen von anderen Tieren und von allen bislang erfundenen Maschinen. Nur wenn man seine Gedanken und Gefühle voll und ganz ausdrücken kann, kann man sein Menschsein voll und ganz realisieren. Nur wenn man seine Mitmenschen sehen und hören kann, kann man wirklich verstehen, was es heißt, ein anderer zu sein. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Nur der Mensch hat die Freiheit zu wählen

Abgesehen vom Leben selbst, ist die Fähigkeit zu wählen das größte Geschenk, das einem Menschen gemacht wurde. Nur der Mensch hat die Freiheit zu wählen. Anja Förster und Peter Kreuz erklären: „Wir sind nicht lediglich eine Produkt unserer Vergangenheit, unserer Gene oder unseres Umfelds. Natürlich werden wir durch unser Umfeld beeinflusst, aber es bestimmt uns nicht. Wir bestimmen uns vielmehr selbst durch unsere Entscheidungen.“ Menschen können Entscheidungen treffen, die auf ihren Werten beruhen. Sie können die Richtung ihres Lebens selbst wählen. Das ermöglicht ihnen, die Weichen für ihr Leben zu stellen und ihre Zukunft zu gestalten. Sich die Freiheit zu nehmen und sein Leben in Entschiedenheit zu führen, ist allerdings nicht ein durch Geburt und Schicksal gewährtes Privileg. Anja Förster und Peter Kreuz gehören zu einer neuen Generation von Vordenkern für Wirtschaft und Management.

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Der Mensch hat sein Leben selbst in der Hand

Markus Hengstschläger beschreibt den Menschen in seinem neuen Buch „Die Lösungsbegabung“ als ein lösungsbegabtes Wesen. Dieses auch genetisch mitbestimmte Potenzial muss man jedoch laufend nutzen und trainieren. Markus Hengstschläger schreibt: „Nur so versetzen wir Menschen uns in die Lage, die vorhersehbaren und auch unvorhersehbare Probleme der Zukunft zu bewältigen.“ Er rät mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu spazieren. Denn nur so kann man tolle Dinge finden, die man gar nicht gesucht hat. Die großen Herausforderungen der Gegenwart erinnern die Menschen täglich daran, wie dringend neue kreative Ideen und innovative Konzepte auf allen Ebenen benötigt werden. Denn für so manche bereits bekannte Herausforderung der Menschheit ist es schon fünf vor zwölf. Professor Markus Hengstschläger ist Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUniWien.

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Im Silicon Valley herrscht wenig Menschenkenntnis

Was die digitale Technik bringt, kann sowohl ein Rückschritt als auch ein Fortschritt sein. Richard David Precht kennt die Gefahren des kulturellen Rückschritts: „Viele visionären Ideen, die aus dem Silicon Valley kommen, sind bei näherer Hinsicht keine. Nicht wenigen mangelt es an Menschenkenntnis.“ Und ersonnen wird, was die Technologie hergibt, und nicht, was viele Menschen oder die Gesellschaft dringend brauchen. Vieles, was sich technisch perfektionieren lässt, muss und sollte gar nicht perfektioniert werden. Jedenfalls nicht, ohne damit Folgen zu produzieren, die niemand im Sinn hat und keiner tragen will. Wenn alles effizient und perfekt optimiert ist, lässt sich nichts mehr verändern oder variieren, ohne die Dinge weniger effizient zu machen. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Eigenständiges Denken führt zu Anfeindungen

Die neue Sonderausgabe des Philosophie Magazins über Platon eignet sich hervorragend dafür, in die Welt der Ideen des griechischen Meisterdenkers einzutauchen. Laut Chefredakteurin Catherine Newmark gehört Platon eindeutig nicht zu den trockenen Denkern der Philosophiegeschichte: „Was er immer wieder lebhaft darstellt, ist nicht so sehr eine bestimmte Erkenntnis als vielmehr der Prozess des Suchens und Findens von Erkenntnis.“ Für Platon ist das philosophische Gespräch weniger ein Kampf um das siegreiche Argument als vielmehr eine gemeinsame Suchbewegung. Seine Themen haben auch nach mehr als zwei Jahrtausenden nichts an Aktualität eingebüßt. Die Frage nach der ethischen Gerechtigkeit treibt ihn ebenso um wie die Gefahr des politischen Populismus. In seinem berühmten Höhlengleichnis entwirft Platon eine anspruchsvolle Ethik des Denkens. Es bedarf der Ausdauer und Anstrengung – und wer sich von gängigen Meinungen löst, muss mit Anfeindungen rechnen.

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Es gibt Genies in allen Lebensbereichen

Der Psychologe Frederic Myers beschäftigte sich sein ganzes Leben lang mit Genie und Kreativität. Genie, so Frederic Myers, sei die Fähigkeit, sich das unterschwellige – unbewusste – Denken in stärkerem Maße zunutze zu machen, als es die meisten Menschen täten oder könnten. Seinen Worten zufolge beruht die geniale Eingebung wie auch die Inspiration für kreative Durchbrüche darauf, dass eine Flutwelle unterschwelliger Ideen in den von der betreffenden Person absichtlich gelenkten Ideenstrom einschießt. John Bargh fügt hinzu: „Brillante Einfälle entstehen dann, wen man die unbewussten Geisteskräfte stärker nutzt als die meisten Menschen.“ Es gibt Genies in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Wissenschaft und der Literatur. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Timothy Snyder kritisiert die Politik der Unausweichlichkeit

Die Politik der Unausweichlichkeit beruht auf der Annahme, dass es keine Ideen gibt. Wer sich sklavisch der Unausweichlichkeit unterwirft, leugnet, dass Ideen von zentraler Bedeutung sind, und zeigt damit nur, dass er seinerseits dem Einfluss einer mächtigen Idee unterliegt. Der Leitspruch der Politik der Unausweichlichkeit lautet: „Es gibt keine Alternativen.“ Timothy Snyder kritisiert: „Wer das akzeptiert, leugnet, dass er als Individuum Verantwortung dafür trägt, geschichtliche Entwicklungen zu erkennen und verändernd einzugreifen. Er wird zum Schlafwandler, der seinem bereits markierten, vorab gekauften Grab entgegenwankt.“ Die kapitalistische Version einer Politik der Ungleichheit, in der der Markt an die Stelle der Politik tritt, schafft eine ökonomische Ungleichheit, die jeden Glauben an Fortschritt unterminiert. Timothy Snyder ist Professor für Geschichte an der Yale University und Autor der Bücher „Über Tyrannei“, „Black Earth“ und „Bloodlands“.

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Nur die Bildung führt zu einem voll erblühten Menschsein

Die platonische Lebenskunst ist keine Ethik des Willens, sondern des Verstehens. Es geht ihr nicht darum, den Willen des Menschen auf bestimmte Werte oder Normen zu lenken, sondern sie lädt ein, auf umfassende, ganzheitliche und existenzielle Weise zu verstehen, was es im eigentlichen Sinne bedeutet, ein lebendiger Mensch zu sein. Christoph Quarch erläutert: „Der Weg dorthin ist kein religiöser Weg der Askese oder Unterwerfung und auch kein Weg utilitaristischer Nutzenkalküle oder zweckrationaler Strategien.“ Es ist vielmehr der Weg der Bildung. Man kann ihn als ein Programm der Kultivierung der im Menschen latenten Anlage zum voll erblühten Menschsein beschreiben, keineswegs aber als ein methodisch-technisches Programm der Optimierung des Menschen. Der Philosoph, Theologe und Religionswissenschaftler Christoph Quarch arbeitet freiberuflich als Autor, Vortragender und Berater.

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Die Philosophen waren in der Antike sehr populär

Die griechische Welt der Antike war eine Börse der Ideen und ein Experimentierfeld der Politik. Man bekämpfte einander, fand sich zu Bündnissen zusammen, experimentierte mit bundesstaatlichen Modellen. Bernd Roeck weiß: „Kriege und innere Krisen, wie sie Athen in dichter Folge seit dem Tod des Perikles, 429 v. Chr., erlebte, wirkten sich keineswegs ungünstig auf das kulturelle Leben aus.“ Im Gegenteil vergrößerten Umbruch und Chaos den Markt für Philosophen, weil sie Orientierung versprachen und eine Erziehung anboten, die half, sich in einer komplizierten Gesellschaft durchzusetzen und Erfolg zu haben. Außerdem zeigte sich ein lernbegieriges Publikum bereit, Gelehrsamkeit und Rhetorik – wichtiges Handwerkszeug im politischen Geschäft – zu entgelten. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Platon hat die Kultur Europas geprägt wie kein zweiter

Platon ist wahrscheinlich der folgenreichste Denker der Geschichte der Menschheit. Er hat die abendländische Zivilisation und die Kultur Europas geprägt wie kein zweiter. In seinem neuen Buch „Platon und die Folgen“ beschreibt Christoph Quarch Platon als einen kostbaren Gesprächspartner für alle, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts nach einem neuen geistigen Paradigma Ausschau halten. Seine Tugendethik weist einen Ausweg aus dem postmodernen Relativismus der Werte. Seine politische Philosophie öffnet den Blick für ein postökonomisches globales Ethos. Seine Deutung der Natur begründet eine avancierte Ökologie und seine Ontologie feiert die Lebendigkeit als Maß alles Wahren, Guten und Schönen. Daraus erklärt sich für Christoph Quarch das erstaunliche Potential für eine Aktualisierung der platonischen Philosophie – gerade in einer Zeit gravierender geistiger Umbrüche. Der Philosoph, Theologe und Religionswissenschaftler Christoph Quarch arbeitet freiberuflich als Autor, Vortragender und Berater.

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Langeweile ist ein mächtiger Stimulator für die Fantasie

Eine der interessantesten Phasen der Kreativität ist für Holger Volland das Nichtstun, die sogenannte Reifungsphase. Denn die scheinbare Untätigkeit wird mit überraschenden Ergebnissen belohnt: „Wir kreieren neue Ideen, indem wir damit aufhören, unserem Gehirn weiteren Input zu geben. Es hilft in dieser Phase enorm, das Gehirn auf „Wanderschaft“ zu schicken, was uns aber immer schwerer fällt.“ Die Erziehungswissenschaftler Howard Gardner und Katie Davis erklären das so: „Menschen erzeugen neue Ideen, indem sie die Welt reflektieren, die sie umgibt. Reflexionen erfordern Aufmerksamkeit und Zeit, zwei Dinge, die in der heutigen mediengesättigten Welt schwer zu erreichen sind.“ Überraschenderweise gilt deshalb Langeweile seit Langem schon als mächtiger Stimulator für die Fantasie. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Fehlende Balance der Identität führt zu Gereiztheit

Wer an mangelnder Balance seiner Identität leidet, kann nicht im rechten Augenblick das richtige tun. Dieser Mangel entsteht zum Beispiel, wenn Wunschkarriere und sozialer Status auseinanderklaffen, wenn man sich hohe Ziele steckt, bar nur niedrige erreicht. Jens Weidner erläutert: „Diese Dissonanz führt zu übertriebener Gereiztheit, sei es gegenüber der fürsorglichen Partnerin oder gegenüber vermeintlichen Kritikern. Denn deren Kritik streut Salz in die Wunde.“ Es schmerzt ja ohnehin, selbst gesteckte Ziele nicht gepackt zu haben, und um den Schmerz zu überspielen, schlägt man übertrieben zurück. Mangelnde Balance der Identität verführt auch schnell dazu, andere im Team klein zu machen, um sich selbst zu überhöhen. Sogar auf Kosten besserer Ideen der anderen. „Splendid Isolation“ heißt diese psychologische Mechanismus. Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie.

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Johann Gottfried Herder prägte die europäische Ideengeschichte

Terry Eagleton ist davon überzeugt, dass der deutsche Philosoph Johann Gottfried Herder ein Autor war, dessen Bedeutung für die Ideengeschichte kaum zu überschätzen ist: „Er war einer der erste historistischen Denker mit einem wachen Sinn für die geschichtliche Bedingtheit von Kulturen, Texten, Ereignissen und Individuen. Man hat diesen Ansatz als eine der großen intellektuellen Umwälzungen des europäischen Denkens bezeichnet.“ Darüber hinaus wurde er als Vater des modernen Nationalismus gepriesen und sogar gerühmt, den Begriff der Kultur als umfassende Lebensweise in das europäische Denken eingeführt zu haben. Und als ob das noch nicht alles eindrucksvoll genug wäre, war Johann Gottfried Herder auch einer der Begründer der modernen Literaturtheorie sowie einer der ersten Denker, der die Bedeutung der Populärkultur für das soziale Leben erkannte. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Platon hat mit seiner Politeia ein ideales Gemeinwesen entworfen

Um 387/385 gründete Platon im Hain des Heros Hekademos am Stadtrand von Athen eine Institution, die zur Mutter aller Forschungs- und Lehreinrichtungen der folgenden Jahrtausende wurde: die Akademie. Bernd Roeck weiß: „Platon hat hier mit seiner „Politeia“ ein ideales Gemeinwesen entworfen, das nicht zuletzt, wie später die „Utopia“ Thomas Mores, ein Gegenbild zum realen Staat bot.“ Die Atmosphäre in der Akademie muss weltoffen und tolerant gewesen sein. Platon duldete abweichende Meinungen, so die seines nachmals berühmtesten Schülers Aristoteles. Kritischer Diskurs, ob im Schatten der Bäume im Freien oder in einem Vortragssaal unter den Statuen der neun Musen, war wohl alltäglich. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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