Otfried Höffe fordert eine ökosoziale Marktwirtschaft

Zu den Menschenrechten gehören Rechte wie das Recht auf Eigentum und eine freie Entfaltung der Persönlichkeit. Diese schließen die freie Teilnahme am Wirtschaftsleben, dabei sowohl die Berufsfreiheit des Konsumenten als auch die Unternehmerfreiheit, ein. Otfried Höffe fügt hinzu: „Mit den negativen Freiheitsrechten nicht zufrieden, verlangt der Gedanke der Menschenrechte aber nach zusätzlichen Markteinschränkungen. Damit sich die Freiheitsvision des Marktes nicht in Unfreiheit verkehrt.“ Deshalb erweitert ein sensibles Gemeinwesen seine wirtschaftspolitische Verantwortung. Außerdem verpflichtet es sich auf das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft. Dank dieses Leibildes ist die vor allem in West- und Nordeuropa vorherrschende Wirtschaftsgestalt zu einer Mischform von Privat- und Gemeinwirtschaft geworden. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

Weiterlesen

Demokratien brauchen Märkte

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden das liberale Denken und die Marktwirtschaft zum Traumpaar der politischen und ökonomischen Theorie. Philipp Blom erläutert: „Der Gedanke, dass alle Menschen gleiche Rechte haben, dass Wissen besser ist als Ignoranz, dass Menschen einander tolerieren müssen, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, wurde auf einem Markt geboren.“ Händler müssen pragmatisch und nicht ideologisch urteilen, sie brauchen sachliche Informationen, die ihnen bei der Urteilsfindung helfen, Informationen, auf die sie Geld wetten können, ohne ruiniert zu werden. Die ersten Zeitungen entstanden im 16. Jahrhundert in Handelszentren, um Kaufleute darüber zu informieren, was bei ihren Handelspartnern geschah, welche Investitionen sicher waren. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

Weiterlesen

Ein gesunder Optimismus ist für viele Erfolge verantwortlich

Ohne die richtige Einstellung entstehen kein Optimismus und kein Erfolg. Optimisten sind in puncto Einstellung die Meister der positiven Attribution, indem sie den Grund für Erfolge bei sich suchen und meistens auch finden, Misserfolge aber eher anderen zuschreiben. Jens Weidner fügt hinzu: „Pessimisten haben diese Fähigkeit nicht und manchen von ihnen mangelt es sogar an der Fähigkeit zur strategischen Antizipation. Sie denken einfach nicht weit genug.“ Denkfaulheit hat immer ihren Preis und die falsche Einstellung kann die eigene Karriere ausbremsen. Die richtige Einstellung treibt dagegen an wie ein Turbo. Optimisten wissen das und viele von ihnen trennen deswegen zwischen Beruflichem und Privatem. Sie können im Job hart sein, bevorzugen im Privaten aber Nachgiebigkeit, wenn es den Kindern, den Partnern und der Familie dient. Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie.

Weiterlesen

Der Optimismus der Menschen vor 1914 war schier grenzenlos

Karl Marx und andere progressive Denker haben ein Geschichtsbild geformt, in dem der Fortschritt zentral ist und alle historischen Hindernisse überwunden werden können. Philipp Blom erläutert: „Im 19. Jahrhundert war dieser Gedanke mehr als verständlich. Wissenschaft und Industrie schienen täglich neue Wunder zu vollbringen, und im Laufe der Jahrzehnte wurden Armut und Krankheiten immer weiter zurückgedrängt.“ Es schien, als sei die Zivilisation tatsächlich imstande, ein Neues Jerusalem zu bauen und Hunger, Armut, Unwissenheit und Krieg völlig auszurotten. Es ist heute schwer nachzuvollziehen, von welchem Optimismus viele Menschen in den westlichen Ländern vor 1914 getragen waren. Alles schien lösbar, alles schien möglich, die Kraft der Zivilisation schien unbegrenzt. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

Weiterlesen

Das Wirtschaftswachstum hat sich zu einer Ersatzreligion entwickelt

„Ohne Wachstum keine Arbeitsplätze!“ „Ohne Wachstum keine soziale Sicherheit!“ sind die beiden Mantras der neuen Religion. Diese Einsicht ist mittlerweile so selbstverständlich, dass niemand auch nur wagt, sie anzuzweifeln. Trotz wirtschaftlichem Wachstum werden allerdings immer mehr Arbeitsplätze und soziale Sicherungen abgebaut. Paul Verhaeghe erläutert: „In Westeuropa nimmt die Arbeitslosigkeit weiter zu, genau wie die Versuche beinahe aller Regierungen, die Statistiken in einem deutlich positiverem Licht zu präsentieren. Das erklärt, warum die Medien hin und wieder über die „offizielle Arbeitslosenquote“ berichten, und dann wieder über die „tatsächliche Arbeitslosigkeit“. Laut Robert Gordon, einem amerikanischen Arbeitsmarktexperten, werden in den nächsten zehn Jahren 45 Prozent der Arbeitsplätze in der Mittelschicht aufgrund von Outsourcing und Automation verloren gehen. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

Weiterlesen

Der Kapitalismus durchdringt alle Gesellschaftsbereiche

Innerhalb der Wirtschaft spielt die Finanzwirtschaft eine sehr bedeutende Rolle. Stürzt sie in Krisen, etwa in die gravierenden Finanzkrisen der letzten Jahre, so sind viele betroffen: von privaten Anlegern über institutionelle Anleger wie Staatsfonds und Pensionskassen bis zu ganzen Volkswirtschaften. Otfried Höffe definiert den Finanzkapitalismus wie folgt: „Eine erste Gestalt, der (Finanz-) Kapitalismus, ist eine Wirtschaftsform, in der es auf Geld im Großmaßstab, das Kapital, ankommt und dieses Geld nicht länger lediglich ein Tauschmittel, sondern vor allem eine Handelsware ist.“ In der zweiten Gestalt, beim Kapitalismus als allgemeiner Wirtschafsform, lässt man gegenwärtiges Geld in Investitionen arbeiten, um zukünftig einen höheren Ertrag zu erhalten. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

Weiterlesen

Hochstapler machen Menschen zu ihren Komplizen

Es passiert nur anderen Menschen, den Gierigen und Leichtgläubigen, aber niemals einem selbst: Diebstahl im Internet, Abzockerei, Anlagebetrug. Das ist ein großer Irrtum. Wahre Künstler des Betrugs finden bei jedem Menschen die Schwachstelle. Das hat die amerikanische Psychologin Maria Konnikova in ihrem neuen Buch „Täuschend echt und glatt gelogen“ herausgefunden. Ob bei Investitionslügen, Kunstfälschungen, falschen Doktortiteln oder Schneeballsystem: Immer geht es um Vertrauen, um die Fähigkeit, andere etwas glauben zu lassen. Der Künstler des Betrugs begeht dabei keine Schwerverbrechen. Seine Kunst ist die Anwendung seiner hochentwickelten Sozialkompetenz: Überredung, Sympathie und Vertrauen. Ein guter Hochstapler zwingt einen Menschen nicht, irgendetwas zu tun, sondern macht ihn zu seinem Komplizen. Maria Konnikova analysiert: „Er stiehlt nicht, wir geben. Freiwillig. Wir glauben ihm, weil wir glauben wollen.“

Weiterlesen

Deutschlands wichtigste Ökonomen geben Einblicke in ihr Schaffen

In einer großen Umfrage hat die Süddeutsche Zeitung im Sommer 2015 tausend deutsche Ökonomen zu den drängendsten Fragen der Gegenwart befragt. Die Antworten fielen überraschend überaus vielfältig aus. Darauf beschloss die Redaktion, stellvertretend für alle, 36 Ökonomen in dem Buch „Denk doch, wie du willst“ vorzustellen. Sie sind unter 50 Jahren, forschen in Deutschland und zählen zur Elite ihres Fachs. Viele Wirtschaftswissenschaftler bauen eine Welt der Modelle, in der alles nach bestimmten Regeln abläuft – und sind dann sehr erstaunt, dass das wahre Leben ganz anders spielt. Dass plötzlich eine große Wirtschaftskrise ausbricht, die Banken keine Zinsen zahlen und die Ungleichheit wächst. Das Herausgeberteam Marc Beise, Catherine Hoffmann und Ulrich Schäfer warnen allerdings davor, die Ökonomie zu vergessen und sie nicht mehr ernst zu nehmen.

Weiterlesen

Die meisten Europäer lehnen genmanipulierte Lebensmittel ab

Das geplante Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) ist äußerst umstritten. Der deutsche Verbraucherschützer Thilo Bode bezeichnet sich prinzipiell als Befürworter des freien Handels, ist aber strikter Gegner von TTIP. Thilo Bode schreibt in seinem Buch „TTIP. Die Freihandelslüge“, dass die Befürworter von TTIP unter der Bevölkerung diffuse Ängste schüren. Er meint damit, dass in Deutschland beispielsweise das Argument gebracht wird, wenn sich die EU nicht mit den Amerikanern zusammentut, künftig asiatische Länder die Standards setzen. Thilo Bode ergänzt: „Das wird nicht näher begründet, aber es insinuiert, dass Europa wirtschaftlich abgehängt wird. Dafür gibt es aber überhaupt keine Evidenz.“ Außerdem kritisiert Thilo Bode, dass die Versprechungen der Industrie und der Politiker in Bezug auf Wachstum und Beschäftigung maßlos übertrieben sind.

Weiterlesen

Risiken spiegeln menschliche Handlungen und Unterlassungen

Die Risikogesellschaft ist für den renommierten Soziologen Ulrich Beck im Gegensatz zu allen früheren Epochen wesentlich durch einen Mangel gekennzeichnet: nämlich der Unmöglichkeit externer Zurechenbarkeit von Gefahrenlagen. Die Gesellschaft von heute ist im Umgang mit Gefahren mit sich selbst konfrontiert. Ulrich Beck schreibt: „Risiken sind historisches Produkt, das Spiegelbild menschlicher Handlungen und Unterlassungen, Ausdruck hochentwickelter Produktivkräfte.“ Wo Risiken die Menschen beunruhigen, liegt der Ursprung der Gefahren nicht mehr im Äußeren, sondern in der historisch gewonnenen Fähigkeit der Menschen zur Selbstvernichtung der Reproduktionsbedingungen allen Lebens auf dieser Erde. Die Quellen der Gefahren sind nicht länger Nichtwissen, sondern Wissen. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

Weiterlesen

Pisa und andere Tests konstruieren nur Bildungskatastrophen

Konrad Paul Liessmann behauptet in seiner Streitschrift „Geisterstunde“, dass niemand mehr weiß, was Bildung ist, aber alle ihre Reform fordern. Was sich aktuell in Klassenzimmern und Unihörsälen, in Seminarräumen und Redaktionsstuben vollzieht, unterzieht Konrad Paul Liessmann einer scharfen und pointierten Kritik. Trotz seines Tadels verfolgt der Autor aber ein ernstes Anliegen: der Bildung und dem Wissen wieder eine Chance zu geben. Gleich in seinem Vorwort erklärt Konrad Paul Liessmann warum Bildung nicht glücklich macht. Dazu wählt er drei Varianten von Bildung aus und fragt nach deren Glückspotential. Schon Friedrich Nietzsche schrieb: „Der Gebildete entwickelt einen veritablen Ekel vor den Falschheiten dieser Welt.“ Glück sieht anders aus als täglich vom Ekel geschüttelt zu werden. Konrad Paul Liessmann ist Professor am Institut für Philosophie der Universität Wien, Essayist und Publizist.

Weiterlesen

Das Haus der Kunst ist weltweit einzigartig und innovativ

Seit 2011 ist Okwui Enwezor Direktor des Hauses der Kunst in München, das unter seiner Leitung nach wie vor eine sehr stabile Institution darstellt. Zusammen mit seinem Team arbeitet er sehr präzise an der Aufgabe, das Haus der Kunst als ein Zentrum für zeitgenössische Kunst ständig weiterzuentwickeln. Okwui Enwezor erklärt: „Diese Aufgabe erstreckt sich über die reine Ausstellungstätigkeit hinaus und reicht bis zu einem breit gefächerten Vermittlungsprogramm – angefangen bei Kindern über Jugendliche bis hin zu Studenten und Erwachsenen.“ Abgesehen davon entwickelt das Haus der Kunst mit Unterstützung von Stipendiaten den Forschungsbereich weiter. Das alles zusammengenommen macht das Haus der Kunst zu einer großartigen Institution. Okwui Enwezor weist darauf hin, dass eine Organisation wie das Haus der Kunst sehr komplex ist, aber deswegen nicht unbedingt kompliziert.

Weiterlesen

Die Zinsen der Europäischen Zentralbank sind nicht zu niedrig

 

Eine Welle der Empörung ist in Deutschland durch eine winzige Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgelöst worden. Der allgemeine Vorwurf lautet, dass die EZB damit den Marktzins außer Kraft gesetzt hat. Gleichzeitig wird dadurch eine gefährliche Immobilienblase entfacht, und das alles nur, um den Südländern, die sich um Reformen drücken, das Schuldenmachen zu erleichtern. Dieser Ablehnung kann Peter Bofinger nicht zustimmen: „Die Kritik an der EZB krankt schon daran, dass der deutsche Sparer auch zu Zeiten der D-Mark über Jahre hinweg für das Geld auf dem Sparbuch Zinsen bekommen hat, die unter der Inflationsrate lagen.“ Der Volkswirt Peter Bofinger ist seit 2004 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – den sogenannten „Wirtschaftsweisen“. Er lehrt als Professor an der Universität Würzburg.

Weiterlesen

Die Industrielle Revolution hat fast jede Tätigkeit verändert

Die moderne Wirtschaft wächst, weil die meisten Menschen an eine Zukunft glauben und weil Kapitalisten bereit sind, ihre Profite zurück in die Produktion zu investieren. Das allein reicht für das Wirtschaftswachstum allerdings noch nicht aus. Yuval Harari erklärt: „Damit die Wirtschaft wachsen kann, sind außerdem Energie und Rohstoffe nötig. Aber diese sind begrenzt.“ Es ist seiner Meinung nach also nicht abwegig anzunehmen, dass sie früher oder später zur Neige gehen und das ganze kapitalistische System zusammenbrechen könnte. Doch die Erfahrung aus der Geschichte zeigt, dass Energie und Rohstoffe nur theoretische begrenzt sind. Denn obwohl die Menschen seit Jahrhunderten immer mehr davon verbrauchen, ist die verfügbare Menge nicht kleiner geworden. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

Weiterlesen

Yuval Noah Harari erklärt den Kult der freien Marktwirtschaft

Nicht allen Kapitalisten gefällt ein enges Bündnis von Kapital und Politik. Viele ärgern sich darüber, dass die wirtschaftlichen Positionen einer Regierung oft durch ihre politischen Interessen verzerrt werden. Dadurch tätigt sie schlechte Investitionen und behindert das Wachstum. So mancher Wirtschaftsführer klagt, dass manche Regierungen Unternehmen hart besteuert und mit den Einnahmen großzügige Arbeitslosengelder bezahlt, weil dies bei den Wähler gut ankommt. Ihrer Ansicht nach wäre es weit sinnvoller, wenn die Regierung das Geld bei den Firmen belassen hätte, damit diese für die Arbeitslosen neue Arbeitsplätze schaffen. Yuval Noah Harari fügt hinzu: „Nach Ansicht dieser Kritiker sollte sich die Politik aus der Wirtschaft heraushalten, Steuern und staatliche Kontrolle auf ein Minimum reduzieren und die Kräfte des Marktes agieren lassen.“ Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

Weiterlesen

Jede Gesellschaft ist durch eine hierarchische Ordnung gegliedert

Alle historischen Herrschaftsverbände werden durch System der sozialen Ungleichheit geprägt. Immer weist ihre Sozialstruktur eine hierarchische Ordnung auf. Die schottischen Aufklärer Adam Smith, Adam Ferguson und John Millar beschreiben die Hierarchie der sozialen Ungleichheit in engster Verbindung mit der historischen Natur des jeweils herrschenden Wirtschaftssystems. Daran haben auch bedeutende Sozialwissenschaftler wie Max Weber, Émile Durkheim, Vilfredo Pareto, Talcott Parsons und Pierre Bourdieu festgehalten. Hans-Ulrich Wehler weist darauf hin, dass für die schottischen und englischen Sozialtheoretiker des ausgehenden 18. Jahrhunderts der Zerfall der überkommenen Ständeordnung unter dem Druck der voranschreitenden kapitalistischen Marktwirtschaft als Schlüsselerfahrung im Vordergrund stand. Sie erkannten den unauflöslichen Zusammenhang zwischen Wirtschafts- und Sozialverfassung, der wie eine Art von historischem Zwillingsphänomen wirkte. Hans-Ulrich Wehler war bis zu seiner Emeritierung Professor für Allgemeine Geschichte an der Universität Bielefeld. Sein Hauptwerk ist die fünfbändige „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“.

Weiterlesen

Unterschiedlichste Interessen begleiteten die Einführung des Euro

Bei der Gründung der Europäischen Währungsunion haben sich nicht nur Politiker, sondern auch Zentralbanker und Finanzfachleute verrechnet. Sie gingen von der irrigen Annahme aus, man könne zunächst elf, dann siebzehn, später sogar achtzehn Nationalstaaten in einem System fester unveränderlicher Wechselkurse vereinen und die negativen Folgewirkungen durch kluge Arrangements der Institutionen im Griff behalten. Dominik Geppert kritisiert: „Dem stand von Anfang an die Tatsache entgegen, dass die Mitgliedsstaaten der Währungsunion sich in ihren kulturellen und politischen Traditionen, in den vorherrschenden Mentalitäten und Denkweisen gewaltig voneinander unterschieden.“ Außerdem besaßen die Länder verschiedene Verwaltungs-, Steuer- und Sozialsysteme. Auch bei der Ausgestaltung des Arbeitsmarktes wichen sie stark voneinander ab. Dominik Geppert ist sein 2010 ordentlicher Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn.

Weiterlesen

Paul Kirchhof fordert einen Subventionsabbau in allen Bereichen

Das Stabilitätsgesetz vom 8. Juni 1967 verpflichtet die Bundesregierung jährlich einen Bericht über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen, also einen Subventionsbericht, zu veröffentlichen. Paul Kirchhof erklärt: „Dieser unterrichtet über die Fortschritte bei einem Subventionsabbau sowie über die Aufteilung der Förderung auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche.“ Eine Subventionsabbauliste ist beigefügt. Paul Kirchhof beklagt, dass bis heute kein substantieller Subventionsabbau gelungen ist. Der Umfang verharrte lange Jahre auf hohem Niveau. Mit der Hälfte der Subventionen wurde die gewerbliche Wirtschaft, mit einem Viertel das Wohnungswesen gefördert. Paul Kirchhof ist einer der führenden Finanzexperten und bekanntesten deutschen Autoren. Er ist Professor für Öffentliches Recht sowie Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und war zwölf Jahre Richter des Bundesverfassungsgerichts.

Weiterlesen

Hans-Werner Sinn weist auf die Verlockungen niedriger Zinsen hin

Fallende Zinsen bedeuten für Hans-Werner Sinn nicht nur einen direkten rechnerischen Einkommensvorteil für Schuldenländer, sondern haben auch deren Verhalten verändert und sie veranlasst, ihre Sparanstrengungen zu vernachlässigen und noch mehr Schulden zu machen. Ein Problem der Demokratie sieht Hans-Werner Sinn darin, dass irgendeine Regierung Vereinbarungen unterschreibt und sich anstandshalber auch noch selbst daran hält, während sich ihre Nachfolger nicht mehr darum scheren und nur noch die gegenwärtigen Interessen ihrer Wähler bedienen. Sie verpassen dabei, nachkommenden Generationen etwas Gutes zu tun, die Wünsche der Gläubiger zu respektieren oder gar die Angst der Nachbarländer vor einer Schuldenhaftung in die eigenen Überlegungen einzubeziehen. Hans-Werner Sinn ist seit 1984 Ordinarius in der volkswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Jahr 1999 wurde er Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in München und Leiter des CESifo-Forscher-Netzwerks, weltweit eines der größten seiner Art.

Weiterlesen

Hans-Werner Sinn betrachtet Deutschland nicht als Eurogewinner

Im Gegensatz zu anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union geht es Deutschland heute vergleichsweise gut. Die Arbeitslosigkeit ist nicht so hoch wie in den meisten europäischen Ländern und Deutschland kam am besten unter allen großen Staaten Europas aus der Rezession des Jahres 2009 heraus. Hans-Werner Sinn fügt hinzu: „Es hatte in den Jahren 2010 und 2011 unter den größten Ländern die höchsten Wachstumsraten. Das suggeriert vielen, dass Deutschland der große Eurogewinner war.“ Die reinen Fakten bestätigen diese Meinung allerdings nicht. Seit dem Gipfel von Madrid im Jahr 1995, auf dem der Euro endgültig beschlossen wurde, wuchs Deutschland in 16 Jahren um insgesamt 24 Prozent, während der Durchschnitt der Eurozone bei 30 Prozent lag. Hans-Werner Sinn ist seit 1984 Ordinarius in der volkswirtschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Jahr 1999 wurde er Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in München und Leiter des CESifo-Forscher-Netzwerks, weltweit eines der größten seiner Art.

Weiterlesen

Karlheinz A. Geißler hat die Zeit zu seinem Lebensthema gemacht

In dem neuen Buch von Karlheinz A. Geißler mit dem Titel „Enthetzt Euch!“ geht es um die Zeit, und wenn es um die Zeit geht, handelt sein Werk von nichts Geringerem als vom Leben selbst und von dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Alle Menschen sind ihr ganzes Leben lang Zwangsabonnenten der Zeit. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Zeit spart. In Europa und Nordamerika ist dies sogar zu einem Volkssport geworden. Karlheinz A. Geißler schreibt: „Für nichts anderes nimmt man sich soviel Zeit wie fürs Zeitsparen, das die Gegenwart einer Zukunft opfert, die nie wirklich eintritt.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

Weiterlesen

Warum ein Staatsschuldenerlass keine nachhaltige Lösung ist

Griechenland bekommt möglicherweise zwei Jahre Aufschub, um die notwendigen Reformen zu verwirklichen und seine Schulden abzubauen. Um in diesem Zeitraum liquide bleiben zu können, benötigt die griechische Regierung weitere 20 bis 30 Milliarden Euro. Die Schulden der Griechen betragen gegenwärtig circa 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Selbst wenn Griechenland seine Wirtschaftskraft wie durch ein Wunder um 100 Prozent steigern würde, blieben immer noch 90 Prozent. Das ist die Grenze der Verschuldung, von der an es für Staaten in der Vergangenheit kaum noch möglich war, sich selbst zu finanzieren. Aber Griechenland ist nur ein Beispiel in einer Welt der enormen Staatschulden. Auch Portugal, Spanien und Italien drücken immense Schulden. Auch die USA haben die Grenze von 90 Prozent schon lange überschritten. Japan liegt über 200 Prozent und Deutschland nähert sich langsam aber sicher den 90 Prozent.

Weiterlesen

Die Empfindung der Zeitnot ist ein kollektives Problem

Gemäß Ulrich Schnabel sind die üblichen Zeitspartechniken denkbar ungeeignet, um den Menschen zu mehr Muße zu verhelfen. Weder führt der mechanische Fortschritt in das ersehnte Paradies der endlosen Zeitfülle, noch macht eine verbesserte Organisation der Arbeit die Menschen zu entspannten Müßiggängern. Ulrich Schnabel schreibt: „Die Ursachen für das Gefühl des Gehetztseins liegen tiefer, und der erste Schritt zu einem entspannteren Leben besteht darin, sich zunächst einmal mit diesen Ursachen und unseren psychologischen Mechanismen und Wertvorstellungen auseinanderzusetzen.“ Dabei gilt es seiner Meinung nach vor allem, auch einige der populärsten Irrtümer über den Begriff der Muße auszuräumen. Ulrich Schnabel studierte Physik und Publizistik und arbeitet als Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „DIE ZEIT“.

Weiterlesen

Mohamed El-Erian hält Europa für ein gefährliches Pulverfass

Mohamed El-Erian, Chef des weltgrößten Anleiheninvestors Pimco, traut sich noch, Geld seiner Kunden in europäische Staatsanleihen anzulegen. Aber Pimco investiert nur dann, wenn zwei entscheidende Vorbedingungen erfüllt sind. Erstens müssen die Schuldenkennziffern eines Landes in Ordnung sein und zweitens sollte auch das Niveau der Rendite stimmen. Mohamed El-Erian gibt zu, dass die Anlagemöglichkeiten in Europa derzeit beschränkt sind. Er sagt: „Innerhalb des Euroraumes bringen wir nur noch einigen Ländern wie Deutschland, Österreich und Finnland uneingeschränktes Vertrauen entgegen.“ Zudem hält er norwegische und schwedische Staatsanleihen für hochsolide. Ganz anders sieht es laut Mohamed El-Erian in Südeuropa aus. Anleihen aus Griechenland und Portugal sind für ihn zu riskant, in italienische Staatspapiere investiert Pimco noch, wenn auch nicht im großen Stil.

Weiterlesen

Joachim Starbatty stellt ordnungspolitische Weichensteller vor

Laut Joachim Starbatty beinhalten die theoretischen Konzepte von John Maynard Keynes und Joseph Schumpeter entscheidende ordnungspolitische Weichenstellungen, die bis in die Gegenwart das wirtschaftliche Denken und Handeln prägen. John Maynard Keynes strebte mit seinem Buch „The General Theory of Employment, Interest, and Money (1936) einen ordnungspolitischen Umbruch an. Joachim Starbatty erklärt: „Waren die Ökonomen zuvor überwiegend der Meinung, dass kapitalistische Wirtschaftssysteme zwar krisengeschüttelt seien, aber doch über Anpassungsprozesse bei Preisen, Löhnen und Zinsen selbsttätig wieder zu einem Wachstumspfad zurückfänden, so wollte er nach der großen Depression in den dreißiger Jahren nachweisen, dass reife Volkswirtschaften – sich selbst überlassen – nicht mehr aus einem Wellental herausfänden; permanente Arbeitslosigkeit sei ihr Schicksal.“  Joachim Starbatty ist emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen und Vorstandsvorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft.

Weiterlesen