Es gibt universelle moralische Prinzipien

Der amerikanische Psychologe Jonathan Haidt und andere Forscher neigen zu einem Relativismus, der zugespitzt lautet: Jede Kultur hat ihre eigene Moral. Philipp Hübl erläutert: „Wenn die Moral den Gefühlen gehorchen muss, kanns sie als Sklavin der Leidenschaften schwerlich universell sein.“ Im Westen ist moralischer Relativismus heute oft aus Minderheitenschutz heraus, also aus Fürsorge und Fairness motiviert. Denn es besteht die Angst, in der Moral kolonialistisch oder „ethnozentrisch“ zu verfahren. Doch universelle moralische Prinzipien sind nicht „westlich“, nur weil einige von ihnen zuerst im Westen formuliert wurden. Genauso wenig ist das Prinzip des gewaltlosen Widerstands gegen Unterdrücker „indisch“, nur weil es Mahatma Gandhi als Erster erfolgreich gegen die britischen Besatzer eingesetzt hat. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

Weiterlesen

Das Gedächtnis begründet die Identität

Es gibt eine ganz entscheidende Komponente, welche die Identität eines Menschen begründet. Und sie ist wahrscheinlich die Wesentliche, nämlich das Gedächtnis. Carlo Rovelli schreibt: „Wir sind keine Gesamtheit aus voneinander unabhängigen Prozessen, die in aufeinanderfolgenden Momenten ablaufen.“ Jeder Moment der Existenz ist über das Gedächtnis über einen besonderen doppelten Faden mit der Vergangenheit – der unmittelbar vorangehenden und der ferneren – verknüpft. Die Gegenwart eines Menschen wimmelt von Spuren aus seiner Vergangenheit. Menschen sind für sich selbst Geschichten oder Erzählungen. Was einen Menschen ausmacht, sind auch seine Gedanken. Jeder ist diese lange Roman, der sein Leben ist. Menschen bestehen unter anderem aus dem Gedächtnis, das die über die Zeit verstreuten Prozesse zusammenfügt. Carlo Rovelli ist seit dem Jahr 2000 Professor für Physik in Marseille.

Weiterlesen

Die Logik ist eine Wissenschaft

Die Logik ist die Lehre von der Verhältnisbestimmung zwischen Gedanken. Markus Gabriel erläutert: „Das altgriechische Wort „logos“ hat eine Bedeutungsspannweite, die Verhältnis, Maß, Aussage, Sprache, Denken, Rede, Wort und Vernunft umfasst.“ Platon und Aristoteles haben die Logik als Wissenschaft etabliert. Es geht dabei um die Frage, wie verschiedene Gedanken zusammenhängen sollen, wenn man etwas Neues durch reine Gedankenverknüpfung erkennen will. Deswegen beschäftigt sich die Logik traditionell mit den drei Themen Begriff, Urteil und Schluss. Ein Begriff ist etwas, das man aus einem Gedanken herauslösen kann, um ihn für einen anderen Gedanken weiterzuverwenden. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Weiterlesen

Das Leben begann vor vier Milliarden Jahren

Das Universum der Lebewesen war nie einfach, ganz im Gegenteil. Antonio Damasio weiß: „Es war komplex, und das seit seinen Anfängen vor vier Milliarden Jahren. Das Lebendige kam ohne Worte oder Gedanken voran, ohne Gefühle und Überlegungen, ohne Geist oder Bewusstsein.“ Und doch spürten die lebenden Organismen andere, die ihnen glichen, und sie spürten ihre Umgebung. Mit „spüren“ meint Antonio Damasio die Wahrnehmung einer „Gegenwart“. Nämlich eines anderen ganzen Lebewesens, eines Moleküls, das auf der Oberfläche eines anderen Organismus liegt oder von einem anderen Organismus ausgeschieden wird. Spüren ist nicht das Gleiche wie Erfassen. Und es besteht nicht in der Konstruktion eines Musters von etwas anderem. Antonio Damasio ist Dornsife Professor für Neurologie, Psychologie und Philosophie und Direktor des Brain and Creativity Institute an der University of Southern California.

Weiterlesen

Zarathustra ist nicht Friedrich Nietzsche

Zarathustra darf nicht als das Alter Ego Friedrich Nietzsches missverstanden werden. Denn dieser will das triebdynamische Gewaltverhältnis umkehren. Er will das Leben, die Sinnlichkeit, das Begehren peitschen. Es bleibt jedoch bei einer leeren Geste. Das Leben hält sich angesichts des Geknalles seine zierlichen Ohren zu. Friedrich Nietzche schreibt: „Oh Zarathustra! Klatsche doch nicht so fürchterlich mit deiner Peitsche! Du weißt es ja: Lärm mordet Gedanken.“ Konrad Paul Liessmann fragt sich, welche Gedanken das Geknalle Zarathustras stört und kommt zu folgendem Schluss: „Es sind, bekundet das Leben, durchaus zärtliche Gedanken, die durch Zarathustras Geknalle irritiert werden.“ Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie an der Universität Wien. Zudem arbeitet er als Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Im Zsolnay-Verlag gibt er die Reihe „Philosophicum Lech“ heraus.

Weiterlesen

Der Geist muss immer wachsam sein

Buddha sagt, dass Wachsamkeit oder Wachheit des Geistes mit deren Anwendung auf Gedanken und Worte beginnen müsse. Wenn man einen gesundheitsschädlichen, krankhaften Gedanken bemerkt, kann man vermeiden, dass er sich weiterentwickelt, indem man wachsam ist. Frédéric Lenoir weiß: „Gedanken haben nicht nur einen beträchtlichen Einfluss auf uns selbst, sondern auch auf andere. Ein böser Gedanke kann ein wahres Gift sein, das unseren Geist und unser Herz verdunkelt.“ Er kann sich auch, wenn der eigene Geist entsprechend negative Energie erzeugt, auf andere auswirken. Was man in bestimmten Kulturen den „bösen Blick“ nennt, ist kein Aberglaube. Die Tatsache, dass man gegenüber jemandem negative Gedanken hat, kann einen realen negativen Einfluss auf diese Person haben. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

Weiterlesen

Der Funktionalismus hat unzählige Schwächen

Die Stärke des Funktionalismus, die sich technisch bezahlbar macht, besteht darin, das Denken nicht an bestimmte interne Vorgänge im Lebewesen zu binden. Es spielt demnach keine wesentliche Rolle, wie die Funktion realisiert wird. Solange sie verwirklicht wird, liegt scheinbar ein Denkakt der relevanten Art vor. Doch der Funktionalismus hat in seiner Reinform laut Markus Gabriel unzählige Schwächen: „Das Hauptproblem des Funktionalismus besteht darin, dass er keine Beschreibung dessen liefert, was das menschliche Denken wirklich ist.“ Er handelt nicht vom Denken selbst, sondern von einem Denkmodell. Denken ist dabei die Erstellung von Modellen der Wirklichkeit. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Weiterlesen

Maren Urner: „Alles beginnt in unserem Kopf!“

Wie können sich Menschen aus der Endlosschleife von Krisen befreien? Antworten auf diese Frage gibt Maren Urner in ihrem neuen Buch „Raus aus der ewigen Dauerkrise“. Dabei muss man lernen, die gewohnten Denkmuster hinter sich zu lassen. Die Autorin stellt dazu die neuesten Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen und psychologischen Forschung vor. Maren Urner zeigt, wie man sein Gehirn besser verstehen und nutzen kann, um den Krisenmodus zu überwinden. Ihr Credo lautet: „Alles beginnt in unserem Kopf!“ Außerdem beschreibt sie die Denkfallen, die Menschen gerade in Krisenzeiten das Leben schwer machen und sie von einem Missverständnis zum nächsten stolpern lässt. Deshalb stellt Maren Urner das Konzept eines neuen, dynamischen Denkens vor, das den Weg aus der Endlosschleife des vermeintlich alternativlosen Denkens weist. Dr. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln.

Weiterlesen

Freiheit ist tief im Leben verankert

Verschiedene Freiheitsaspekte sind für die Moderne wesentlich. Dazu zählt die Gedankenfreiheit, die jenseits von Autoritäten selbst zu denken erlaubst. Sie beschert als Freiheit von Wissenschaft und Forschung diesen eine nie nachlassende Blüte. Und jene Freiheit der Person, die sich mit den anderen Freiheitsbereichen, etwa der sozialen und politischen Freiheit, nicht zufriedengibt, sondern eine „Willensfreiheit“ innere Freiheit meint. Otfried Höffe fügt hinzu: „Zu den Merkwürdigkeiten unserer Zeit gehört, dass sich die erstgenannte Freiheit gegen die zweite wendet. Denn im Rahmen der Forschungsfreiheit werden gegen die Annahme der inneren, personalen Freiheit Einwände laut.“ Zunächst sind es Philosophen, später Einzelwissenschaftler, die sich der Annahme, der Mensch sei frei, widersetzen und die personale Freiheit rundum leugnen. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

Weiterlesen

Sicher ist nur das eigene Bewusstsein

Thomas Nagel erläutert: „Wenn man recht darüber nachdenkt, so kann man sich nur über das Innere seines eigenen Bewusstseins ganz sicher sein.“ Was auch immer man glaubt, es gründet sich auf die eigenen Erlebnisse und Gedanken, Gefühle und Sinneseindrücke. Das ist alles, wonach man sich unmittelbar richtet. Alles andere ist weiter von einem Menschen weg als seine inneren Erlebnisse und Gedanken und erreicht ihn nur durch sie. Für gewöhnlich zweifelt man nicht an der Existenz des Bodens unter den eigenen Füßen oder des Baumes draußen vor dem Fenster. Ja, die meiste Zeit denkt man nicht einmal an die psychischen Zustände, die einen diese Dinge wahrnehmen lassen. Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel lehrt derzeit unter anderem an der University of California, Berkeley und an der Princeton University.

Weiterlesen

Die Biologie wirkt an der Gestaltung der Kultur mit

Alle mentalen Fähigkeiten greifen in den Prozess der menschlichen Kultur ein. Ohne die Fähigkeit Bilder, Affekte und Bewusstsein zu erzeugen, ist der kulturelle Geist nicht vorstellbar. Gedächtnis, Sprache, Fantasie und Vernunft sind die maßgeblichen Elemente kultureller Prozesse. Sie erfordern jedoch die Erzeugung von Bildern. Antonio Damasio ergänzt: „Was die kreative Intelligenz angeht, die für die tatsächliche kulturelle Praxis und ihre Erzeugnisse verantwortlich ist, so kann sie ohne Affekte und Bewusstsein nicht funktionieren.“ Interessanterweise sind die Affekte und das Bewusstsein auch genau die Fähigkeiten, die überlebt haben. Denn sie wurden in den Fängen der rationalistischen und kognitiven Revolution vergessen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

Weiterlesen

Die Manipulation spielt sich im Verborgenen ab

In seinem Buch „Mach doch, was ich will“ enthüllt Thorsten Havener die Geheimnisse der Manipulation. Er beschreibt darin die psychologischen Strategien, mit denen man Meinungen und Entscheidungen sabotieren kann. Er erklärt, welche Schwachstellen eines Menschen ihn angreifbar machen und der unbewussten Einflussnahme anderer aussetzen. Vor allem aber verrät er, wie man sich gegen diese mächtigen Kräfte wehren und die Selbstbestimmung zurückgewinnen kann. Dies gelingt, indem man die häufigsten und wirksamsten Manipulationsmethoden durchschaut und die verborgenen Interessen seiner Mitmenschen erkennt. Thorsten Havener ist unter anderem deswegen so von der Manipulation fasziniert, weil sie sich im Verborgenen abspielt. Eines der wesentlichen Werkzeuge der Beeinflussung ist dabei die Sprache. Der Autor hat sein Buch aus der Sicht eines „Gedankenlesers“ geschrieben. Thorsten Havener ist Deutschlands bekanntester Mentalist.

Weiterlesen

Markus Gabriel spürt dem Denken nach

Ohne zu denken kann sich ein Mensch nicht im Unendlichen orientieren. Die Art und Weise, wie man sich irgendeine Szene vorstellt, ist eine Ausübung der Einbildungskraft, die Teil des Denkens ist. Markus Gabriel fügt hinzu: „Sich etwas in der Einbildungskraft auszumalen ist eine Art und Weise, einen Gedanken zu erfassen, das heißt zu denken.“ Das Denken ist kein Privileg des Menschen. Andere Lebewesen orientieren sich auch. Sie verfügen ebenfalls über Begriffe, die sie im Denken als Wegmarken einsetzen.“ Ein Schwein denkt etwa, dass es Futter erhalten wird. Aber ein Mensch kann nicht einmal ahnen, was in einem Schweineleben alles vorfällt und welche Begriffe Schweine einsetzen. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Weiterlesen

Schon Einzeller haben ein Gedächtnis

Nahezu alles, was in Form neu erzeugter mentalen Bilder einem Menschen zur Verfügung steht, ist auch der inneren Aufzeichnung zugänglich. Ob es einem gefällt oder nicht. Antonio Damasio ergänzt: „Wir originalgetreu die Aufzeichnung ist, hängt zunächst einmal davon ab, wie viele Emotionen und Gefühle erzeugt wurden, während die Bilder durch den Strom unser Gedanken wanderten. Viele Bilder bleiben bestehen. Und beträchtliche Teile der Aufzeichnungen können wir später mehr oder weniger genau erneut abspielen, abrufen und rekonstruieren.“ Manchmal tritt die Erinnerung an solche alten Inhalte sogar in Konkurrenz zu neuen Informationen, die gerade erzeugt werden. Das Gedächtnis ist schon bei einzelligen Lebewesen vorhanden. Es erwächst dort aus chemischen Veränderungen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

Weiterlesen

Die Ästhetik konkurriert mit der Philosophie

Was heißt es, ein Mensch zu sein? Und insbesondere was heißt es in der heutigen Zeit ein Mensch zu sein? Das sind Fragestellungen, die typisch für Philosophen sind. Aber die Philosophie hat in ihrem Versuch, die großen Fragen nach dem Menschen und seinem in der Welt sein zu beantworten, durchaus auch Konkurrenz. Lambert Wiesing stellt fest: „Der zweifellos bekannteste Mitbewerber ist die Religion.“ Man sollte seiner Meinung allerdings folgendes nicht übersehen. Nämlich dass es noch einen weiteren wichtigen Mitbewerber für die Zuständigkeit für die großen Fragen gibt. Denn es ist keineswegs so, dass sich nur die Philosophie und die Religion mit der Frage nach der „conditio humana“ befassen. Prof. Dr. Lambert Wiesing lehrt an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Bildtheorie und Phänomenologie. Außerdem ist er geschäftsführender Direktor des Instituts für Philosophie.

Weiterlesen

Klugheit wird in Form von Wissen weitergegeben

In der überwiegenden Mehrzahl der Gesellschaften ist Klugheit nicht nur eine persönliche Angelegenheit, sondern ein Wert, den man pflegen muss. Allan Guggenbühl erklärt: „Gemeinschaften haben eine größere Überlebenschance, wenn kluges Denken und Handeln formalisiert und weitergegeben wird. Eine Gesellschaft würde bald zusammenbrechen, wenn jeder und jede sich nur auf persönliche Kompetenzen verlassen würde. Kluge Gedanken und Einsichten werden dann durch Institutionen gehütet und durch Rituale weitergegeben.“ Einsichten und Schlussfolgerungen der Mitmenschen und der Ahnen können Menschen helfen, aktuelle Probleme und Herausforderungen zu verstehen und zu bewältigen. Klugheit wird in Form von Wissen weitergegeben. Die älteren Generationen oder weise Menschen berichten von den Erkenntnissen, die bei der Bewältigung schwieriger Herausforderungen gezogen wurden. Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

Weiterlesen

Die Liebe ist für Max Scheler ein Urakt

Max Scheler vertritt eine Aktphänomenologie, für die das Fühlen als intentionaler Akt eine zentrale Rolle einnimmt. So etwa beim Erfühlen von Werten in seiner bekannten Schrift „Der Formalismus in der Ethik und die materielle Wertethik“. Mit welcher er sich nicht nur gegen die kantische Pflichtethik wendete. Sondern mit der er auch die Grundlegung einer bis heute einflussreichen Position der Wertethik vorlegte. Es verwundert daher nicht, dass in einer Theorie, die das Fühlen derart aufwertet, auch der Liebe eine wichtige Rolle zugeschrieben wird. Max Scheler postuliert einen Primat des Emotionalen im geistigen Geschehen. Dabei versteht er die Liebe als den „Urakt“ menschlicher Geistestätigkeit. Er geht hier von einem christlichen Liebesgedanken aus, wobei er stark an augustinische Gedanken anknüpft. Max Scheler (1874–1928) war ein deutscher Philosoph, Psychologe, Soziologe und Anthropologe.

Weiterlesen

Die Redefreiheit ist ein Recht für jedermann

„Wir – alle Menschen – müssen in der Lage und befähigt sein, frei unsere Meinung zu äußern und ohne Rücksicht auf Grenzen, Informationen und Ideen zu suchen, zu empfangen und mitzuteilen.“ Dieses Prinzip ist für Timothy Garton Ash diejenige Freiheit, von der alle anderen Freiheiten abhängen. Die Fähigkeit zu sprechen unterscheidet den Menschen von anderen Tieren und von allen bislang erfundenen Maschinen. Nur wenn man seine Gedanken und Gefühle voll und ganz ausdrücken kann, kann man sein Menschsein voll und ganz realisieren. Nur wenn man seine Mitmenschen sehen und hören kann, kann man wirklich verstehen, was es heißt, ein anderer zu sein. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

Weiterlesen

Die Leistungselite lebt gern ihr ganzen Potential aus

Zur Leistungselite zählen Menschen, die gerne deutlich mehr leisten als das Nötigste, Übliche, das Minimum. Weil sie gerne ihre ganzes Leistungspotential ausleben, gerne in die Vollen gehen, nichts von unnötiger Schonung halten. Man darf diesen Willen zur Leistung auf keinen Fall mit „Competitiveness“, also dem Hunger nach Medaillen verwechseln. Evi Hartmann erklärt: „Der Erfolgshungrige liebt den Erfolg. Er möchte die Medaille, den „Verkäufer des Monats“, den „besten Papa der Welt“. Leistung ist für ihn Mittel zum Zweck. Zum Zwecke des Erfolgs.“ Nichts dagegen! Auch Evi Hartmann mag Erfolg mehr als Misserfolg. Das erklärt jedoch nicht, warum die Leistungselite auch da leistet, wo es keinen Erfolg zu ernten gibt. Prof. Dr.-Ing. Evi Hartmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Supply Chain Management, an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.

Weiterlesen

Friedrich Nietzsche entwickelt eine Philosophie des Fragens

Schaut man genauer hin, verbergen sich schon in Friedrich Nietzsches Werk „Menschliches, Allzumenschliches“ Aphorismen, seine Kurz- und Kürzesttexte. Sie nehmen hier in ihrer Gestalt die verschiedensten Formen an. Andreas Urs Sommer kennt sie: „Selbstgespräche gibt es ebenso wie kurze Dialoge. Sprichwörtlich pointierte Epigramme ebenso wie Experimentanleitungen. Merksätze ebenso wie Miniaturerzählungen, Prosagedichte ebenso wie Parabeln.“ Vielen dieser Texte gemeinsam ist, wenigstens dem Anspruch nach, ihr „dickes Ende“: Das in ihnen nämlich sehr viel mehr steckt, als der knappe Raum, den sie einnehmen, eigentlich zu fassen erlaubt. In seinem Nachlass schrieb Friedrich Nietzsche 1885: „In Aphorismen-Büchern gleich den meinigen stehen zwischen und hinter kurzen Aphorismen lauter verbotene lange Dinge und Gedanken-Ketten.“ Andreas Urs Sommer lehrt Philosophie an der Universität Freiburg i. B. und leitet die Forschungsstelle Nietzsche-Kommentar der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Weiterlesen

Die Vernunft ist nicht die Instanz der Wahrheit

Friedrich Nietzsches Zweifel an der Zuträglichkeit der Vernunft war nie stark genug, um ihn selbst auf deren Gebrauch verzichten zu lassen. In der Logik seiner Argumente und im Scharfsinn seiner Kritik tritt dies für Volker Gerhardt eindrucksvoll hervor. Gewiss, die Vernunft ist nicht die Instanz der Wahrheit, wohl aber das Organ, um Wahrheitsansprüche zu erheben und zu prüfen. Die Vernunft bedarf des Körpers, um sich zu sammeln, sich auszudrücken und sich bestimmen zu können. Die Vernunft des Leibes erscheint Friedrich Nietzsche so vollkommen, dass er von der „großen Vernunft“ des Leibes spricht. Diese grenzt er von der deutlich abgewerteten „kleinen Vernunft“ des Bewusstseins ab. Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

Weiterlesen

Jeder Mensch hat böse Gedanken und Vorstellungen

Das sogenannte Böse begleitet den Menschen seit Beginn und ist allgegenwärtig, es ist aktuelle und zeitlos. Reinhard Haller warnt: „Je mehr wir uns aber bemühen, dieses Übel zu verdrängen und zu verschweigen, desto mehr wird es uns ängstigen.“ Bei Überlegungen zum Bösen muss man unterscheiden, ob man es mit bösen Fantasien, bösen Plänen oder – was maßgebend ist – mit bösen Handlungen zu tun hat. Jeder Mensch hat bösen Gedanken und Vorstellungen, entwickelt negative Ideen und spürt in sich aggressive Impulse und Strebungen. Solche interpsychischen Vorgänge sind nicht von vornherein etwas Schlechtes. Das heißt, das gedankliche Durchspielen hat oft auch eine entlastende oder einen Konflikt bereinigende Funktion. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

Weiterlesen

Denken hat immer etwas mit Gefühlen zu tun

Dank ihrer Sinnlichkeit sind die Menschen in jedem Augenblick ihres bewussten Lebens – auch im Traum – auf Tuchfühlung mit dem Wirklichen. Markus Gabriel stellt fest: „Unsere Empfindungen, unser Kontakt mit dem, was es wirklich gibt, konfrontiert uns zum Glück nicht nur mit dem Widerstand und der Widerwärtigkeit des Lebens.“ Der Mensch ist so sehr ein soziales Lebewesen, dass Mitglieder seiner Spezies in den ersten Monaten und Jahren überhaupt nur überleben, wenn sie Liebe als den Umstand erfahren, dass andere geistige Lebewesen sich ihnen schützend zuwenden. Darüber hinaus vertritt die Tiefenpsychologie die These, dass jeder Mensch eine Einstellung zu sich selbst als denkendes Lebewesen hat. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Weiterlesen

Killerspiele sind eine Anleitung zum Töten

Bei Killerspielen geht es um bis ins Detail gehende Durchführung von Gewalt. Die Spieler setzten sich zum Beispiel damit auseinander, welche Waffe man wählt, um einen am Boden liegenden Verwundeten zu töten. Oder wohin genau man mit einem Messer sticht. In den Augen von Georg Pieper ist das eine Anleitung zum Töten. Wenn man es besonders gut macht, wird man durch Punkte belohnt. Barbara Krahé, Professorin, für Sozialpsychologie an der Universität Potsdam, die in diesem Bereich forscht, erklärt: „So wie die Produktwerbung im Fernsehen das Kaufverhalten im Supermarkt beeinflusst, wirkt sich das Töten und Verletzen im Rahmen von Killerspielen auf Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen im echten Leben aus. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

Weiterlesen

Computer sind reine Logik

Bei der künstlichen Intelligenz (K.I.) handelt es sich nicht um Denken, sondern um ein Denkmodell. Ein Modell muss dabei demjenigen, was es modelliert – seinem Zielsystem – allenfalls ähneln. Markus Gabriel erläutert: „Es ist keine Kopie, sondern kann selber auch ganz andere Eigenschaften haben als dasjenige, was wir durch es verstehen und erklären wollen.“ Bei der menschlichen Intelligenz (M.I.) kann man der Einfachheit halber davon ausgehen, dass es sich bei der Intelligenz um das Vermögen zu denken handelt, wie Luciano Floridi sich ausdrückt. Mit den Gesetzen des Denkens beschäftigt sich die Logik, sofern der Denkprozess darin besteht, Gedanken zu erfassen. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Weiterlesen