Der Romantiker ist tragisch isoliert

Was Narziss nie wissen wird, weil seine ganze Konzentration der betörenden Oberfläche gewidmet ist. Hinter seinem Spiegelbild liegt eine Welt, in der Bilder verfließen, in der eigene und fremdartige Gesetze herrschen. Das romantische Individuum ist tragisch isoliert und von einer ewigen Sehnsucht getrieben. Narzisstische Fantasien zerplatzen wie Seifenblasen an wissenschaftlichen Erkenntnissen und Theorien, die alle in dieselbe Richtung weisen. Nämlich dass es weder die Welt, so wie sie von Menschen wahrgenommen wird, noch die wahrnehmenden Individuen als solche überhaupt gibt. Philipp Blom fügt hinzu: „Das Bewusstsein ist seine eigene, ständig murmelnde Geschichte, die Membran aus Leben und Sinn, die kritische Zone der menschlichen Existenz, eine notwendige Fiktion.“ Ein wahrnehmendes Ich und eine wahrgenommene Welt flimmern auf. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford.

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Die Schönheit schafft sich begehbare Träume

Mitte der 1960er-Jahre prägte der französische Philosoph Michel Foucault in einem Radiovortrag einen Begriff, der für die Schönheit eine entscheidende Bedeutung hat: die „Heterotopie“. Die Gesellschaft schaffe sich, zu allen Zeiten und in allen Kulturen, abgegrenzte Orte, in denen Utopien real werden. Frank Berzbach ergänzt: „Utopien sind von der Gegenwart losgelöste, ausgedachte Provinzen. Diese liegen oft in der Zukunft und sie sind Ausdruck von Wünschen. Aber Heterotopien sind die daraus hervorgehenden realen Räume.“ Die Menschen sind nicht geduldig und warten auf die Rückkehr ins Paradies oder eine bessere Zukunft. Daher schafft sich die Schönheit reale Orte; begehbare Träume von Räumen. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

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Schon Einzeller haben ein Gedächtnis

Nahezu alles, was in Form neu erzeugter mentalen Bilder einem Menschen zur Verfügung steht, ist auch der inneren Aufzeichnung zugänglich. Ob es einem gefällt oder nicht. Antonio Damasio ergänzt: „Wir originalgetreu die Aufzeichnung ist, hängt zunächst einmal davon ab, wie viele Emotionen und Gefühle erzeugt wurden, während die Bilder durch den Strom unser Gedanken wanderten. Viele Bilder bleiben bestehen. Und beträchtliche Teile der Aufzeichnungen können wir später mehr oder weniger genau erneut abspielen, abrufen und rekonstruieren.“ Manchmal tritt die Erinnerung an solche alten Inhalte sogar in Konkurrenz zu neuen Informationen, die gerade erzeugt werden. Das Gedächtnis ist schon bei einzelligen Lebewesen vorhanden. Es erwächst dort aus chemischen Veränderungen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Humor ist ein Gegengift gegen Fanatismus

Die Hälfte der von der Menschheit erzählten Witze stützt sich auf nationale, ethische, religiöse, soziale oder sexuelle Beleidigungen. Timothy Garton Ash weiß: „Seit mindestens 2500 Jahren genießen Komödie und Satire eine besondere Freiheit, die Grenzen von Zivilität, Anstand und Schicklichkeit zu überschreiten. Und schon genauso lange versuchen die Mächtigen den satirischen Geist zu unterdrücken.“ Humor wirkt entspannend wie ein Sicherheitsventil. Er bietet die Möglichkeit, über Dinge zu sprechen, über die man sonst schweigt. Und er ist ein unschätzbar wertvolles Gegengift gegen jeden Fanatismus. Der israelische Schriftsteller Amos Oz stellte einmal fest: „Ich habe niemals in meinem Leben einen Fanatiker mit Humor gesehen.“ Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Niemand sollte sich in objektiv hoch riskante Situationen begeben

Die neuen Ängste wie zum Beispiel vor einem Terroranschlag bewirken, dass Menschen, bei vielem was sie tun, das Gefühl haben, ein gestiegenes Risiko einzugehen. Und sie sorgen sich, einem Menschen, den sie lieben, könnte etwas zustoßen. Aus psychologischer Sicht ist es immer gesünder, ein gewisses Restrisiko zu akzeptieren. Georg Pieper ergänzt: „Und da ist noch etwas, was wir uns klarmachen müssen: Wenn wir Angst erleben, fühlt sich das oft dramatischer an, als es, rein physisch betrachtet, tatsächlich ist.“ Angstpatienten empfinden ihre Angst als unheimlich intensiv. Wenn man sie fragt, was sie dabei an sich beobachten, berichten sie von dem Gefühl, kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen. Ihr Körper, so glauben sie, befindet sich in solchen Momenten in einem absoluten Ausnahmezustand. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Liebe ist die Verantwortung eines Ichs für ein Du

Die Beziehung zum Du ist unmittelbar. Zwischen Ich und Du steht keine Begrifflichkeit, kein Vorwissen und keine Fantasie; und das Gedächtnis selber verwandelt sich, da es aus der Einzelung in die Ganzheit stürzt. Martin Buber ergänzt: „Zwischen Ich und Du steht kein Zweck, keine Gier und keine Vorwegnahme; und die Sehnsucht selber verwandelt sich, da sie aus dem Traum in die Erscheinung stürzt.“ Alles Mittel ist Hindernis. Nur wo alles Mittel zerfallen ist, geschieht die Begegnung. Dass die unmittelbare Beziehung ein Wirken am Gegenüber einschließt, ist an folgendem offenbar: die Wesenstat der Kunst bestimmt den Vorgang, in dem die Gestalt zum Werk wird. Das Gegenüber erfüllt sich durch die Begegnung, es tritt durch sie in die Welt der Dinge ein, unendlich fortzuwirken, unendlich Es, aber auch unendlich wieder Du zu werden, beglückend und befeuernd. Martin Buber (1878 – 1965) war ein österreichisch-israelischer Religionsphilosoph.

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Die größte Sucht der Gegenwart ist die Eifersucht

Von Beginn ihres Lebens wird den meisten Menschen gesagt, dass etwas aus ihnen werden soll, dabei sind sie bereits jemand, wenn sie diese Welt betreten. Es sollte allerdings im Leben auch darum gehen, sich wohlzufühlen, zu sein, der man ist, und genau das zu akzeptieren. Klaus Biedermann stellt fest: „Das Ego wird aber ständig von dem Wunsch gespeist, anders zu sein, und deshalb niemals satt. Es kann gar nicht satt werden, da es immer jemanden geben wird, der reicher, schöner, intelligenter, stärker oder schlauer ist als man selbst.“ Dieses Drama setzt sich bis in die Beziehungen vieler Menschen fort. Eine der größten Süchte der Gegenwart ist – neben der Habsucht – die Eifersucht. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Georg Milzner kennt die Kraft der inneren Bilder

Innere Bilder spielen heutzutage eine bedeutende Rolle. Auch in Beratungen und Coachings, und natürlich in Therapien kommen Bilder zum Einsatz: „Visualisieren Sie Ihren Erfolg.“ Solche Formeln kennen viele Menschen gut, sie kennen sich aus Büchern und Videos. Sie alle sollen zeigen, wie man mithilfe der seelischen Kraft Erfolg erringt. So etwas ist gar nicht so schwer. Georg Milzner erläutert: „Die Bilder stellen sich sofort ein; ja es ist so, als hätten sie schon auf uns gewartet. Und ein bisschen stimmt das auch.“ Nur, dass sich das dann erst einmal relativiert. Der Hirnforscher Gerald Hüther spricht zu Recht von der „Macht der inneren Bilder“. Denn die Bilder, die man in sich trägt, haben großen Einfluss. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Geschliffene Bildung trifft auf tiefschwarzen Humor

Denken statt Daten, Diskussionen statt Diagramme, Kultur statt Kulturverweigerung: Der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann ist der zurzeit gewandteste Anwalt in Sachen Aufklärung, Bildung und Wissen. Schar in der Analyse, provozierend in der Argumentation und rhetorisch geschliffen nimmt der Denker ins Visier, was den Menschen – und damit der Politik – unter den Nägeln brennt. Seine kurzen aber aphoristischen Texte werden in seinem neuen Buch „Die kleine Unbildung. Liessmann für Analphabeten“ kongenial von Nicolaus Mahler in Zeichnungen übersetzt, die zum Nachdenken und Schmunzeln anregen. Den Humor, der da zum Vorschein kommt, lässt sich teilweise als tiefschwarz beschreiben. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech. Nicolas Mahler lebt und arbeitet als Zeichner und Illustrator in Wien.

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Langeweile ist ein mächtiger Stimulator für die Fantasie

Eine der interessantesten Phasen der Kreativität ist für Holger Volland das Nichtstun, die sogenannte Reifungsphase. Denn die scheinbare Untätigkeit wird mit überraschenden Ergebnissen belohnt: „Wir kreieren neue Ideen, indem wir damit aufhören, unserem Gehirn weiteren Input zu geben. Es hilft in dieser Phase enorm, das Gehirn auf „Wanderschaft“ zu schicken, was uns aber immer schwerer fällt.“ Die Erziehungswissenschaftler Howard Gardner und Katie Davis erklären das so: „Menschen erzeugen neue Ideen, indem sie die Welt reflektieren, die sie umgibt. Reflexionen erfordern Aufmerksamkeit und Zeit, zwei Dinge, die in der heutigen mediengesättigten Welt schwer zu erreichen sind.“ Überraschenderweise gilt deshalb Langeweile seit Langem schon als mächtiger Stimulator für die Fantasie. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Weisheit hat viel mit Prävention zu tun

Weisheit ist eine praktische Befähigung. Sie ist ein Maß für die Geschicklichkeit, mit der ein Mensch durchs Leben navigiert. Rolf Dobelli weiß: „Wer einmal begriffen hat, dass fast alle Schwierigkeiten einfacher zu vermeiden als zu lösen sind, dem leuchtet diese simple Definition ein: Weisheit ist Prävention.“ In der Tat, das Leben ist schwierig. Von überallher prasseln Probleme auf einen Menschen ein. Der Zufall reißt Gräben vor ihm auf und wirft Barrikaden mitten auf seinen Lebensweg. Das kann kein Mensch ändern. Aber wenn man ahnt, wo die Gefahren lauern, kann man vorbeugen und manchen Hindernissen aus dem Weg gehen. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Heutzutage dreht sich alles um Erlebnisse und Ablenkung

Die meisten Konsumenten kommen kaum noch zu sich, weil andere längst da sind, um sie abzufüllen. Händler der Aufmerksamkeit beballern sie mit gezielter Werbung, schießen ihre Gehirne sturmreif. Die Menschen kaufen und werfen weg. Sie ordnen ein und sortieren aus. Sie leben in einer Zeit, in der sich alles um Erlebnisse und Ablenkung dreht, die mit Werbung betäubt und mit Daten wuchert. Gerald Hüther ergänzt: „Und immer wieder der bange Blick auf den Bildschirm, ob es blinkt. Oder brummt. Denn wir leben in einer aufgeregten Zeit. Das Smartphone macht, dass wir keine Sekunde mehr nichts zu tun haben. Wer mit wem was hat.“ Wenn man will, bekommt man so ziemlich alles mit. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Der Geist ist auf einen Körper angewiesen

Über das mentale Leben – über Wahrnehmungen, Gefühle und Ideen, über die Erinnerungen, durch die Wahrnehmungen und Ideen festgehalten werden, über Fantasie und Vernunft, über die Worte, in die innere Narrative oder Erfindungen übersetzt werden und so weiter – wird häufig so berichtet, als wären sie ausschließlich Produkte des Gehirns. Antonio Damasio erläutert: „In solchen Berichten ist das Nervensystem von Anfang bis Ende der große Held, aber das ist eine grobe, übermäßige Vereinfachung und ein Missverständnis. Es hört sich so an, als wäre der Körper nur ein Zaungast, ein Gerüst für das Nervensystem, das Gefäß, in dem das Gehirn liegt.“ Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Das Rätsel des menschlichen Intimlebens ist ein immerwährendes

In seinem wunderbaren Buch „Conditions of Love“ spricht der Philosoph John Armstrong von einem immerwährenden Rätsel des menschlichen Intimlebens. Er sagt, dass man oft einem Ideal der kompromisslosen Vereinigung von tiefer Liebe mit sexueller Erfüllung hinterherläuft, als könnte man, indem man die wahre Liebe in einer Person findet, für immer in ihm oder ihr die volle Befriedigung der eigenen sexuellen Wünsche finden. Der Hirnforscher und Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto ergänzt: „Das ist nicht unmöglich, und wenn es passiert, ist es ein tiefgreifendes Gefühl, ein starker Ausdruck der Hingabe.“ Wie jedoch bekannt ist, gibt der Sexualtrieb seine eigenen Motive dabei nicht auf. John Armstrong liefert eine kurze und schmerzhafte Lösung für dieses heikle Problem, vor dem die menschliche Natur steht. Er identifiziert zwei Wege, es zu umgehen.

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François Jullien verteidigt die kulturelle Fruchtbarkeit Europas

François Jullien verteidigt keine kulturelle Identität, sei es denn eine französische oder eine europäische, würde dies doch voraussetzen, dass man sie durch Unterschiede definieren, in ihrem Wesen fixieren oder in Begriffen der Zugehörigkeit bestimmen kann, also dass ich „meine“ Kultur besäße. François Jullien ergänzt: „Ich werde vielmehr die kulturelle Fruchtbarkeit Frankreichs und Europas verteidigen, wie sie sich durch erfinderische Abstände/Abweichungen entfaltet hat. Ich verteidige sie, weil ich ihr das wegen meiner Erziehung schulde und weil ich folglich für ihre Entfaltung und Weitergabe mitverantwortlich bin.“ Und dennoch wird sie François Jullien niemals besitzen. Ist es nicht offensichtlich, dass es oft Fremde sind, die für diese Ressourcen und diese Fruchtbarkeit ein besonderes Gespür haben? François Jullien, geboren 1951 in Embrun, ist ein französischer Philosoph und Sinologe.

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Schlaflosigkeit geht mit einem permanenten Alarmzustand einher

Es gibt viele Menschen, die ein Schlafproblem haben, einige von ihnen schlafen fast überhaupt nicht mehr. Georg Milzner kennt einige der Gründe für dieses Phänomen: „Oftmals erkennt man bei Menschen, deren Schlaf gestört ist, eine Problemebene, die immerfort verdrängt wird: dass die Beziehung eigentlich nicht mehr befriedigt, dass man immer anders leben wollte, als man es jetzt tut. In den Zeiten, in denen die bewusste Kontrolle nachlässt, kommen solche verdrängten Inhalte leichter nach oben. Und reißen uns nachts aus dem Schlaf, scheinbar grundlos. Schlafstörungen dieser Art wären ein vertrautes klinisches Gebiet. Manche Menschen schlafen aber erst gar nicht ein. Wo beim gesunden Menschen ein sanftes Hinübergleiten von einer in die andere Sphäre eintritt, entsteht bei Menschen, die nicht einschlafen können, ein Feuerwerk von Gedankenblitzen, aufwühlenden Bildern und sinnlos kreisenden Sorgenfantasien. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Martha Nussbaum beschreibt wichtige Facetten des Ekels

Martha Nussbaum schreibt: „Ekel ist eine starke Abneigung gegenüber Aspekten oder Teilen des Körpers, die als „animal reminders“ bezeichnet werden – das heißt Aspekten von oder Seiten an uns selbst, die uns daran erinnern, dass wir sterbliche und animalische Wesen sind.“ Seine primären Objekte sind Fäkalien und andere körperlichen Ausscheidungen, die Verwesung und Tiere oder Insekten, die schleimig, schmierig oder übelriechend sind bzw. anderweitig an die abgelehnten Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen erinnern. Der Kerngedanke des Ekels ist der an eine (potenzielle) Verunreinigung durch Kontakt oder Nahrungsaufnahme: Wer das Unedle, das Niedrige zu sich nimmt, zieht in das auf sein Niveau hinunter. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Traum ist eine Halluzination

Beim Träumen wartet das Gedächtnis mit einer Sequenz aus halluzinierten Gedanken auf, die vom bewussten Geist in eine kontinuierliche Halluzination, eine Art Geschichte, verwandelt werden. David Gelernter erläutert: „Eine Erzählepisode geht ohne eindeutigen Grund in die nächste über, als würde der Autor eines Romans ständig seltsame Mitteilungen vom Mars erhalten, von denen er jede einzelne in seine Handlung einarbeiten muss.“ Das würde nur funktionieren, wenn seine Zuhörer erstaunlich leichtgläubig wären. Aber natürlich ist das schlafende Selbst tatsächlich bemerkenswert vertrauensselig. Der Traum ist eine Halluzination, aber nicht alles in ihm ist ein Produkt der Fantasie. Wenn man zum Beispiel im Traum die Alarmanlage eines Autos hört, könnte das eine Halluzination sein – oder aber auf der Straße heult tatsächlich eine Sirene. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Optimismus ist immer auch eine Frage des Zukunftsglaubens

Unter „Optimismus“ wird im Alltag wie in der Forschung eine positive Erwartung im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen verstanden. Jens Weidner erklärt: „Optimismus ist damit auch immer eine Frage der Fantasie und des Zukunftsglaubens.“ Die Optimismusforschung beschäftigt sich primär mit zwei Ansätzen: Die erste Forschungsrichtung beschreibt typische Fehler in der menschlichen Urteilsbildung, etwa wenn Menschen sich durch eine positiv verzerrte Zukunftssicht auszeichnen und dann die Hände in den Schoss legen, weil sie glauben, das Glück käme von alleine. Die zweite Forschungsrichtung versteht Optimismus als Persönlichkeitsmerkmal. Sie untersucht die Folgen unterschiedlicher Ausprägungen des Optimismus. Dabei beleuchtet die Sozialisation die Entwicklung eines Menschen und erklärt wie der Weg zum Optimisten gelingen kann. Jens Weidner ist seit 1995 Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie an der Fakultät Wirtschaft und Soziales der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg.

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Sex ist gefährlich und mit Schmerz verbunden

Sex kann einzigartige Empfindungen der Lust erzeugen, aus Fremden Liebende werden lassen und einer Zweierbeziehung Dauer und Leidenschaft verleihen. In den Medien wird er oft als harmloses Vergnügen präsentiert, das für Fitness, Gesundheit und Wellness sorgt. Ihn darf nichts stören, weder Eifersucht noch Liebeskummer, noch Scham, noch die Angst vor dem Versagen. Thomas Junker fügt hinzu: „Für die negativen Seiten hat man oft die traditionelle, vor allem die religiöse Sexualmoral verantwortlich gemacht und sich von einer liberaleren Gesellschaft eine bessere, angst- und stressfreiere Sexualität erhofft.“ Ganz falsch ist das sicher nicht. Aber es ist für Thomas Junker auch nicht die ganze Wahrheit. Denn die Tatsache, dass Sex gefährlich, anstrengend und mit Schmerz verbunden ist, liegt in seiner biologischen Natur.“ Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Entscheidungen sind oft mit Schmerz und Verzicht verbunden

Alle Entscheidungen, Probleme und Konflikte sind für Reinhard K. Sprenger Wachstumschancen. Aber sie sind oft mit Schmerz und Verzicht verbunden. Was das Entscheiden so schwierig macht, ist die Illusion, es müsste leicht gehen, ohne Schmerz. Viele Menschen hängen an der Vorstellung, der ideale Arbeitsplatz, der ideale Chef, der ideale Partner warteten auf sie. Es ist natürlich nicht einfach, Vereinbarungen einzuhalten – vor allem die mit sich selbst. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Es ist manchmal auch schwierig, sich an Spielregeln zu halten, insbesondere in Zeiten, in denen das Brechen von Spielregeln für Autonomie gehalten wird.“ Herausforderungen und Schwierigkeiten, Gewohnheiten und Überlebtes aufgeben, alte Denk- und Verhaltensmuster ablegen: All das wird von vielen als unangenehm empfunden – und gemieden. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Menschen denken nicht nur in rationalen Kategorien

Das Verständnis der Motive, der Abläufe des Denkens und Kriterien von Entscheidungen der Mitmenschen ist eine Voraussetzung, um mit ihnen umgehen zu können. Die meisten Menschen wollen wissen, wie der andere tickt, und entwickeln eine Theorie of Mind. Allan Guggenbühl stellt fest: „Verbreitet ist die Vorstellung, dass wir letztlich rationale Wesen sind, unsere Interessen verwirklichen und uns selbst erhalten wollen und demnach auch unsere Mitmenschen denken und handeln.“ Das Bewusstsein des Menschen ist jedoch nur eine Insel im Meer vor irrationalen Motiven, Emotionen und Gedanken. Menschen denken nicht nur in rationalen Kategorien, sondern lassen sich von selbstdestruktiven Tendenzen, fantastischen Bildern und bizarren Theorien leiten. Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

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Anja Förster und Peter Kreuz liefern Zündstoff für Andersdenker

In ihrem neuen Buch „Zündstoff für Andersdenker“ liefern Anja Förster und Peter Kreuz, die zu den profiliertesten Managementvordenker in Deutschland zählen, Zündfunken für Menschen, die ihr Leben verändern möchten. Unter echten Helden stellen sich die Autoren Menschen vor, die mutig und neugierig sind, enge Grenzen nicht akzeptieren, altgediente Standards in Frage stellen und Neues vorantreiben. Sonja Förster und Peter Kreuz schreiben: „Fortschritt, Entwicklung und neues Wissen entstehen, weil es Menschen gibt, die nicht ängstlich vor dem Unbekannten weglaufen, sondern stehen bleiben, genauer hinschauen, experimentieren und Veränderungen vorantreiben. Ohne Abweichung von der Norm ist Fortschritt nicht möglich. Noch nie haben die Angepassten die Welt verändert. Wer jegliches Risiko vermeidet, bewegt überhaupt nichts. Gegen diesen Stillstand wenden sich Anja Förster und Peter Kreuz auch in ihrem neuen Buch.

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Die Bibel ist auch ein Denkraum für die Philosophie

In der neuen Sonderausgabe des Philosophie Magazins „Die Bibel und die Philosophen“ interpretieren berühmte Denker die zentralen Passagen des Alten Testaments. Dazu zählen unter anderem Immanuel Kant, Hans Blumenberg, Hannah Arendt, Baruch de Spinoza, Umberto Eco, Walter Benjamin und Søren Kierkegaard. Für die Chefredakteurin der Sonderausgabe, Catherine Newmark, steht fest: „Ohne Zweifel, die Bibel ist die einflussreichste Schrift unserer Geschichte; Malerei, Musik, Literatur, Film sind von ihr inspiriert bis zum heutigen Tag.“ Wenn Glauben archetypisch Passivität und Hingabe bedeutet, so steht die Philosophie umgekehrt für die Selbstermächtigung des Menschen durch Vernunft, hin zu Aktivität und Freiheit. Die in der Sonderausgabe versammelten philosophischen Betrachtungen zeigen: Das Alte Testament ist nicht nur eine Heilige Schrift für Gläubige oder eine Schatzkammer schöner Geschichten für Kulturhistoriker, sondern auch ein ungeheuer bezugsreicher Denkraum, ein Raum für Philosophie.

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Der Computer wird nie ein Bewusstsein wie der Mensch erlangen

Die Computertechnik verschafft der Menschheit eine ungeheure Macht. Ein guter Programmierer kann ganz allein mit seiner Tastatur ungeheuer viel aufbauen und dann durch Umlegen eines Schalters lebendig werden zu lassen. Technologieverliebte verfallen diesen Maschinen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es Supercomputer gibt, die leistungsfähig genug sind, um mit dem Programm „Geist“ zu arbeiten, sich also von der Ausführung von Befehlen zu emanzipieren und selbstständig zu denken. David Gelernter schränkt ein: „Aber der klassische Computer wird nie ein Bewusstsein wie der Mensch erlangen, er wird keinen Daseinsmodus haben, er wird nicht in der Lage sein, die Welt zu erleben und sich etwas vorzustellen.“ David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University. In seinem jüngsten Buch „Gezeiten des Geistes“ erklärt David Gelernter, warum Computer und künstliche Intelligenz die Tiefen der menschlichen Subjektivität nicht ausloten können.

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