Menschen sehen sich nach der Ursprünglichkeit der Natur

Die Natur steht für das Beharrliche, das wertvoller wird, wenn Veränderungen das Leben dominieren. Wilhelm Schmid ergänzt: „Sie ist das Nichttechnische, Ursprüngliche, nach dem Menschen sich sehnen, je mehr die jeweils neueste Technik das Leben bestimmt. In den ungreifbaren, unsinnlichen Welten der Virtualität wächst erst recht das Bedürfnis nach der greifbaren, sinnlichen Erfahrbarkeit einer Realität, die lange vor den Menschen da war und lange nach ihnen noch da sein wird.“ Die Natur ist das Basislager, von der das Menschsein ausgeht. Sie wird wieder zur Heimat, die sie immer war, auch als sie nur noch das war, was draußen ist, wenn das Autofenster geöffnet wird. Heimat heilt, und in besonderem Maße gilt das für die Heimat in der Natur. Wilhelm Schmid lebt als freier Philosoph in Berlin.

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Mündigkeit und Mut charakterisieren die vier Geister der Gegenwart

In seinem neuen Buch „Geister der Gegenwart“ entwirft Wolfram Eilenberger ein großes Ideenpanorama der westlichen Nachkriegszeit. Dazu begibt er sich auf die Spuren von Theodor W. Adorno, Susan Sonntag, Michel Foucault und Paul K. Feyerabend. Wolfram Eilenberger schreibt: „Dieses Buch ist das Zeugnis einer Befreiung. Sie wurde vom Autor in langen Jahren erträumt. Das Philosophieverständnis, von dem diese Befreiung geleitet ist, widerspricht den derzeit vorherrschenden Formen akademischen Philosophierens. Aber nicht der philosophischen Tradition.“ Dies erklärt auch die Auswahl der Leitgestalten dieses Buches. Alle vier hier näher vorgestellten „Geister der Gegenwart“ standen zu den seit dem Nachkrieg sich institutionell verfestigenden Formen und Schulen des Philosophierens in einem Verhältnis unterlaufender Gegnerschaft. Darüber hinaus bilden sie selbst keine Gruppe oder Schule. Auch schufen sie keine Theorie oder gar ein System.

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Aristoteles vertraut der lebensweltlichen Erfahrung

Von manchen Interpreten wir die aristotelische Methode der philosophischen Klärung als „topisch“ bezeichnet. Julian Nida-Rümelin erklärt: „Gemeint ist, dass Aristoteles nicht, wie etwa Platon, unser Alltagswissen durch ein wissenschaftlich-philosophisches Grundlagenwissen ersetzen möchte, sondern vielmehr der lebensweltlichen Erfahrung vertraut.“ Daher beginnt seine Argumentation meist unter Bezugnahme auf das, was die Menschen für richtig halten – die „tópoi“, die Allgemeinplätze, auf die sich alle einigen können. Aber sie bleibt dabei nicht stehen, sondern geht dann über dieses „tópoi“ hinaus, um – möglichst nah an dem, was Menschen gemeinsam für richtig halten – eine tragfähige Theorie zu entwickeln. In einzelnen Fällen führt diese Theorie dann doch sehr weit ab von den üblichen Meinungen. Ein Beispiel ist die Theorie der Lebensformen von Aristoteles. Julian Nida-Rümelin gehört zu den renommiertesten deutschen Philosophen und „public intellectuals“.

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Silberpappeln sind charakteristisch für den Auwald

Für die Auwaldbäume kommt im Jahresverlauf ein Pendeln zustande zwischen so viel Bodenwasser, dass ihre Wurzeln unter Umständen nicht mehr atmen können, und so wenig, dass sie unter Stress durch Wassermangel geraten. Josef H. Reichholf weiß: „Beginnt die Niedrigwasserphase regelmäßig schon im Hochsommer, bilden Bäume den Hauptbestand im Auwald, deren Blätter klein sind und ihre Unterseite filzig-dichte Beläge tragen. Im Sommerwind, der sie dreht, leuchten sie silbrig auf. Daher wurden sie ganz treffend Silberweiden beziehungsweise Silberpappeln „Populus alba“ genannt.“ Sie charakterisieren die Auwälder an den osteuropäischen Strömen umso mehr, je weiter nach Osten man kommt, weil das Klima zunehmend sommertrockener und kontinentaler wird. Die Flussauen an den Alpen, wo im Sommer niederschlagsreichere Verhältnisse herrschen, kennzeichnet die Schwarzpappel „Populus nigra“. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.

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Unsichtbarkeit ist eine Form der Unfreiheit

„Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ ist nicht das einzige Buch, in dem Hannah Arendt das Problem des Ausschlusses als eines von Unsichtbarkeit und Unwirklichkeit adressiert. In „Über die Revolution“ wird Unsichtbarkeit, ein Leben in Dunkelheit, als eine besonders weitreichende Form von Unfreiheit identifiziert. Juliane Rebentisch stellt fest: „Es ist bezeichnend, dass über Arendts ansonsten sehr positives Bild der Amerikanischen Revolution gerade in diesem Kontext ein gewaltiger Schatten fällt.“ Der relative Erfolg der Amerikanischen gegenüber der Französischen Revolution beruht für Hannah Arendt darauf, dass diese sich in einem positiven, durch Teilhabe an öffentlichen Belangen bestimmten Begriff politischer Freiheit orientiert habe. Dagegen sei die Französische ganz unter dem Eindruck der Not der Elenden gestanden und habe über deren Bekämpfung einen solchen positiven Begriff politischer Freiheit verloren. Juliane Rebentisch ist Professorin für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main.

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In einer Demokratie können sich Bürger selbst Verbote auferlegen

Es würde die Marktwirtschaft wie die Demokratie beschädigen, starrköpfig die derzeitige Umwelt- und Klimapolitik der Selbsttäuschung fortzuführen. Die Erderwärmung zu drosseln, erfordere „beispiellose Veränderungen in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft“, einen Wandel auch „in menschlichem Verhalten und Lebensstilen“ so die wachrüttelnde Botschaft des Weltklimarats Intergovernmental Panel on Climate Chance (IPCC). Roger de Weck betont: „Demokratie ist die einzige Staatsform, in der sich Bürgerinnen und Bürger letztlich selbst Gebote und Verbote auferlegen können. Und diese neue Herausforderung spricht nicht etwa für weniger, sondern für mehr Demokratie.“ Nicht selten dient China als Beispiel dafür, wie rasch eine Diktatur Maßnahmen zum Schutz der Umwelt treffen könne. Aber: Nur in einer diktatorischen Volksrepublik konnte das Regime die Umweltzerstörung zuvor dermaßen auf die Spitze treiben. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Kulturen entstehen aus Mythenbildungen

Menschliche Vergesellschaftung ist fundamental fiktional. Derjenige Zusammenhang menschlicher Gruppen, den wir als „Gesellschaft“ oder „Kultur“ anzusprechen gewohnt sind, verdankt sich historisch der Mythenbildung. Markus Gabriel erklärt: „Der Mensch ist ohne das mythologische Bewusstsein seiner Stellung im nicht-menschlichen Kosmos nicht zu verstehen.“ Yuval Noah Harari verspielt diese Einsicht freilich sogleich, indem er eine einseitig naturalistische „Geschichte“ der Menschheit erzählt. Diese wiederholt alle handelsüblichen teleologischen Muster. Diese führen von primitivem Überleben hin in die moderne, europäische Zivilisation und die in seiner Story nicht zufällig in Kalifornien kulminieren. Wie sein wahres Vorbild, Friedrich Nietzsche, bedient er sich der unvermeidlichen Narrativität des menschlichen Selbstseins. Damit will er den Übermenschen vorbereiten. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Das Schmecken ist ein Erkenntnisvermögen

In der Weisheit – sapientia – lassen sich deren Ursprünge im Wissen und Schmecken – beides sapor – noch erkennen. Lisz Hirn erklärt: „Das Schmecken ist hier nicht eine bloße Sinneswahrnehmung, sondern ein Erkenntnisvermögen.“ Schon Friedrich Nietzsche hat es „als eine kulturell oder individuell erworbene Form des lebenspraktischen – philosophischen – Weisheit“ verstanden. Das heißt, die Beurteilung und Erkenntnis der Dinge fordert die mündige Stellungnahme des Einzelnen. Diese kann jedoch mehr oder weniger erkenntnisreich ausfallen. Der Sapiens, der Schmeckende/Weise stellt Friedrich Nietzsche fest, schmeckt – nicht nur im übertragenen Sinne – quasi die bedeutsamen Unterschiede heraus. Er ist ein Mensch des „schärfsten Geschmacks“. Wo dieser Geschmack fehlt, kann man auf Vormünder zurückgreifen. Lisz Hirn arbeitet als Publizistin und Philosophin in der Jugend- und Erwachsenenbildung, unter anderem am Universitätslehrgang „Philosophische Praxis“.

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Andrea Römmele fordert mehr Zukunftsmut

In einer Demokratie können die Bürger die Zukunft mitgestalten. Denn in der Regel kündigen sich große politische, ökonomische oder gesellschaftliche Veränderungen an. Sie vollziehen sich prozesshaft und langsam. Viele akute Krisen und disruptive Ereignisse sind nur die sichtbare Folge eines schon lang andauernden Trends, den die Wissenschaft schon früh vorgezeichnet hat. Diese Trends gilt es zu verstehen, zu durchdenken und mögliche Konsequenzen daraus abzuleiten. Das ist der Ausgangspunkt des neuen Buchs „Demokratie neu denken“ von Andrea Römmele. Deutschland, Europa und die Welt stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära. Das Zeitalter westlicher Vorherrschaft geht zu Ende. Rechtspopulistische Parteien fordern die Demokratien heraus. Andrea Römmele ist Professorin für Politische Kommunikation und Vizepräsidentin an. der Hertie School in Berlin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Demokratie, Wahlen und politische Parteien.

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Charles Dickens wurde als „König der Herzen“ gefeiert

Wer produziert Kunst? Für wen? Und wozu? Grundsätzliche Fragen dieser Art erlangten im Verlauf des 19. Jahrhunderts brennende Aktualität. In seinem Essay „Was sollen wir den tun?“ (1886) stellt Leo Tolstoi (1828 – 1910) sie mit großer Insistenz. Jürgen Wertheimer blickt zurück: „Einige Jahrzehnte früher enthüllt Honoré de Balzac (1799 – 1850) den ökonomischen und soziologischen Kern jeder Kunstproduktion, während Charles Dickens (1812 – 1870) sie als Medium sozialer Verbesserung einzusetzen versucht.“ Von seinen Zeitgenossen wurde er als „König der Herzen“ gefeiert. „Nostro Carlo Dickens è morto“, titelten italienische Zeitungen, als die Nachricht vom Tod des Dichters am 9. Juni 1870 um die Welt ging, und dem Feuilletonisten einer Genueser Zeitung kam es vor, als sei die Sonne am Himmel ausgelöscht. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.

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Seit Tausenden von Jahren leben die Menschen nicht ökologisch nachhaltig

Hannah Ritchie stellt fest: „Wir glauben immer, dass unsere Welt früher einmal „nachhaltig“ war und durch unsere Umweltverschmutzung aus der Bahn geraten ist. Doch diese Schlussfolgerung ist falsch. Seit Tausenden von Jahren – vor allem aber seit der Agrarrevolution – leben die Menschen nicht ökologisch nachhaltig.“ Unsere Vorfahren rotteten durch Jagd Hunderte der größten Landtiere aus, verschmutzten die Luft, indem sie Holz, Erntereste sowie Holzkohle verbrannten, und rodeten große Wälder zu Energiegewinnung oder für Ackerland. Ja, es gab Zeiten oder Gemeinschaften, in denen ein harmonisches Zusammenleben mit anderen Arten und der Umwelt erreicht wurde. In einigen indigenen Gruppen wurde das so gelebt und auch die Aufrechterhaltung von Artenvielfalt und Ökosystemen gewährleistet. Dr. Hannah Ritchie ist Senior Researcher im Programm für globale Entwicklung an der Universität Oxford.

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Die Rechtsphilosophie klärt das Verhältnis von Recht und Moral

Das Verhältnis von Recht und Moral ist die Grundfrage der Rechtsphilosophie. Alexander Somek erläutert: „Sie ist es deswegen, weil bei ihrer Beantwortung auf dem Spiel steht, und ob, bejahendenfalls, weshalb das Recht einen signifikanten Beitrag zu unserem vernünftigen Verhalten leistet. Wären wir vernünftige Wesen, auch wenn es das Recht nicht gäbe und wir bloß moralisch wären? Die Moral ist der Inbegriff der Gründe, die besagen, was Menschen tun oder nicht tun sollen. Oftmals wird zwischen der individuellen Klugheit oder Rationalität einerseits und der Moral andererseits unterschieden, zumal die Moral im Unterschied zur klugen oder rationalen Verfolgung des Eigeninteresses Menschen kategorische Gründe gibt, andere zu respektieren und deren Interessen zu achten. Alexander Somek ist seit 2015 Professor für Rechtsphilosophie und juristische Methodenlehre an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

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Jeder vierte Deutsche gilt als krankhaft übergewichtig

Andreas Salcher warnt: „Rauchen ist der mit großem Abstand gefährlichste Faktor, mit dem man seine Gesundheit schädigen kann. Die beiden anderen sind Mangel an Bewegung und Übermaß an Essen.“ Die beiden letztgenannten Risiken münden in Übergewicht , das Menschen über drei Jahre ihres Lebens kostet. Bereits 150 Millionen Kinder auf der Welt sind schwer übergewichtig. Viele Menschen essen fetter, salziger un mehr denn je zuvor. Die österreichische Bevölkerung hat in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt fünf Kilo zugenommen. Nach Angaben des Berliner Robert Koch-Instituts haben zwei Drittel der deutschen Männer und die Hälfte der Frauen Übergewicht, jeder vierte Deutsche gilt als krankhaft übergewichtig. Dr. Andreas Salcher ist Mitgebegründer der „Sir Karl-Popper-Schule“ für besonders begabte Kinder. Mit mehr als 250.000 verkauften Büchern gilt er als einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs.

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Das mittlere Lebensalter stellt den Inbegriff des Menschseins dar

Die Rede vom „Erfolg“ beim Altern ist nicht unproblematisch, denn sie suggeriert, dass der Alterungsprozess allein eine Frage der eigenen Verantwortung ist. Barbara Schmitz stellt fest: „Dabei wird ausgeblendet, dass ich nicht alles in der Hand habe, was mein Altern betrifft. Dies gilt insbesondere auch für Demenz, die als „erfolgloses Altern“ stigmatisiert werden kann, was dann wiederum Scham bei den Betroffenen erzeugen kann.“ Hinter dem Bild vom erfolgreichen Altern steckt im Grunde ein Idealbild vom Menschen. Der Gerontologe Andreas Kruse hat darauf hingewiesen, dass in unserer Gesellschaft der Mensch im mittleren Lebensalter, also zwischen 30 und 60, den Inbegriff des Menschseins darstellt. Barbara Schmitz ist habilitierte Philosophin. Sie lehrte und forschte an den Universitäten in Basel, Oxford, Freiburg i. Br., Tromsø und Princeton. Sie lebt als Privatdozentin, Lehrbeauftragte und Gymnasiallehrerin in Basel.

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Frauke Rostalski kennt die Kennzeichen einer vulnerablen Gesellschaft

Jeder Mensch ist verletzlich. Menschen können einander Wunden zufügen – physische wie psychische. Sie können krank werden, in wirtschaftliche Not geraten, einsam sein. Pandemien und Naturkatastrophen bedrohen den Wohlstand und die Existenz. Jeder muss eines Tages sterben. Frauke Rostalski ergänzt: „In ihrer Verletzlichkeit sind die Menschen unweigerlich aufeinander angewiesen. Das Kleinkind wird von seinen Eltern auf jedem seiner Schritte begleitet. Es wird gefüttert, an die Hand genommen, getragen.“ Der alten Mensch bedarf selbst wieder der Unterstützung durch andere, die seinen Arm halten und ihm den Alltag erleichtern, manches Mal auch erst ermöglichen. Wer schwer krank wird, ist auf Pflege angewiesen. Verletzlich sind auch diejenigen, die sich selbst nicht so fühlen. Frauke Rostalski ist Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie, Wirtschaftsrecht, Medizinstrafrecht und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln.

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Die Arten von Unwissenheit sind zahlreich und vielfältig

Die Zeit scheint gekommen für einen Überblick über die Rolle der Unwissenheit – einschließlich des bewussten Ignorierens – in der Vergangenheit. Peter Burke ist zu der Ansicht gelangt, dass diese Rolle bisher unterschätzt worden ist, was zu Missverständnissen, Fehlurteilen und anderen Arten von Fehlern geführt hat, oft mit schlimmen Folgen. Das wird besonders zum jetzigen Zeitpunkt deutlich, da die Regierungen zu wenig und zu spät auf den Klimawandel reagieren. In seinem neuen Buch „Die kürzeste Weltgeschichte der Unwissenheit“ zeigt Peter Burke, sind sowohl die Arten von Unwissenheit wie auch die daraus folgenden Katastrophen zahlreich und vielfältig sind. Sechzehn Jahre lehrte Peter Burke an der School of European Studies der University of Sussex. Im Jahr 1978 wechselte er als Professor für Kulturgeschichte nach Cambridge ans Emmanuel College und ist inzwischen emeritiert.

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Das Loslassen von Besitztümern macht glücklich

Im Zen gibt es ein Wort für das Almosengeben: „Kisha“. Es bedeutet: „Gerne und ohne Reue etwas weggeben.“ So beschreibt Shunmyo Masuno den Brauch, beim Besuch eines Tempels oder Schreins Münzen in eine Spendenbox zu werfen. Warum sollte man etwas so Wichtiges wie Geld gerne weggeben? Shunmyo Masuno erklärt: „Der Grund dafür ist, dass wir einige unserer Anhaftungen aufgeben, wenn wir Dinge weggeben.“ Denn Anhaftungen trüben mit einiger Wahrscheinlichkeit den Geist eines Menschen. Das Loslassen von Anhaftungen dagegen vermag ihn glücklich zu machen. Das gilt auch für Besitztümer. Man braucht nur einen kurzen Blick auf die Dinge werfen, die einen umgeben. Shunmyo Masuno ist ein japanischer Zen-Mönch, preisgekrönter Zen-Garten-Designer sowie Professor für Umweltdesign an der Tama Art University in Tokyo.

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Jean-Paul Sartre fragt nach dem Sein

Bei Jean-Paul Sartre hat das Wort „Transzendenz“ keinerlei Beziehung zum Göttlichen oder Himmlischen mehr. Ger Groot erklärt: „Er will damit nur sagen, dass das „Ich“ mit einer Überschreitung der eigenen Denksphäre zur Welt hin zusammenfällt. Es besteht nur in dieser Dynamik. Es ist nicht eine Identität, die irgendwo als ein Kern im Denken einer Person vorhanden wäre.“ Dächte man das „Ich“ auf diese Weise, dann machte man es zu einem Ding, das sich im Grunde nicht von den Dingen in der Welt unterscheidet. Alle Spannung und Dynamik, aus der das „Ich“ nach Jean-Paul Sartres Ansicht nun gerade besteht, wäre daraus verschwunden. Es wäre sich daher selbst fremd geworden. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Zudem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Friedrich Schiller hatte nur wenig Geld

Obwohl Charlotte aus einer Adelsfamilie stammte und Friedrich Schiller ein berühmter Dramatiker war, hatten sie nur wenig Geld. Andrea Wulf kennt die Fakten: „Die Universität zahlte dem vierunddreißigjährigen Autor magere 200 Taler im Jahr – das entsprach ungefähr dem Jahreseinkommen eines gelernten Handwerkers, etwa eines Zimmermanns oder Tischler – und seine schriftstellerische Tätigkeit war auch nicht sonderlich lukrativ.“ Zusammen beliefen sich sein Gehalt, die Verlagshonorare, die Gebühren seiner Studenten und ein kleiner Zuschuss der Familie seiner Frau auf gerade einmal 800 Taler – genug, um die Familie zu ernähren und zu versorgen, aber für eine elegante Wohnung, gute Möbel oder Kleindung war kein Geld übrig, ganz zu schweigen von anderem Luxus. Als Autorin wurde Andrea Wulf mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet, vor allem für ihren Weltbestseller „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ 2016, der in 27 Sprachen übersetzt wurde.

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Die Eliten wollen die ihnen zugestandenen Privilegien erhalten

Wer sich genauer mit dem Phänomen der körperlichen und geistigen Identität, also der Gleichheit der Menschen beschäftigt, bemerkt hier eine der Hauptprobleme unserer Gesellschaft. Ille C. Gebeshuber erklärt: „Die etablierte Elite ist stets bestrebt, die ihr zugestandenen Privilegien für sich und ihre direkten Nachkommen zu erhalten. Dazu ist es notwendig, den freien Wettbewerb in der Gesellschaft massiv einzuschränken.“ Die Mitglieder der Elite werden gesellschaftliche und kulturelle Unterschiede schaffen, die sich mit der Zeit zu Zugangskriterien entwickeln. Diese Unterschiede sind in unserer modernen Gesellschaft zwar immer noch extrem stark ausgeprägt, aber sie sind weniger sichtbar als anno dazumal, weil Objektivierung und Leistung eine hohen Stellenwert genießen. In der digitalen Zukunft werden diese Unterschiede für Außenstehende noch weniger sichtbar sein. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

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Der Klimawandel wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus

Lucy F. Jones betont: „Die Zukunft der Natur hängt nicht zuletzt vom Klimawandel ab, davon, wie er sich auf das Landschaftsbild und die Bevölkerung auswirkt. Natürliche Räume, in denen wir uns erholen – und die erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben –, hängen zum Teil von den Wetterbedingungen ab, und diese befinden sich gerade im Wandel.“ In Schweden werden durch den Klimawandel wärmere, schneeärmere Winter und kältere, niederschlagsreiche Sommer prognostiziert. Eine Studie des Psychologen Terry Hartig zum Bedarf an Antidepressiva zwischen 1991 und 1998 legt nahe, dass sich ein Mangel an Erholung in der Natur auf die geistige Gesundheit niederschlägt. Lucy F. Jones ist Journalistin und schreibt regelmäßig zu wissenschaftlichen Themen, Gesundheit, Umwelt und Natur für die BBC, The Guardian und The Sunday Times.

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Aufstrebende Großmächte können die Weltordnung verändern

Erst wenn die Kräfte, die für innenpolitische Unordnung und Instabilität sorgen, mit einer außenpolitischen Herausforderung einhergehen, kann das die ganze Weltordnung verändern. Ray Dalio erklärt: „Außenpolitisch wächst die Gefahr eines großen internationalen Konflikts, wenn es eine aufstrebende Großmacht gibt, die in der Lage ist, die bisherige Großmacht und Weltordnung herauszufordern.“ Das gilt umso mehr, wenn die bisherige Großmacht innenpolitischen Konflikte austrägt. Der im Aufstieg begriffene internationale Gegenspieler wird in aller Regel versuchen, diese innere Schwäche auszunutzen. Besonders groß ist die Gefahr, wenn die aufstrebende ausländische Macht bereits über vergleichbare Streitkräfte verfügt. Sich gegen ausländische Rivalen zu verteidigen, erfordert hohe Militärausgaben, die gerade dann anfallen, wenn sich die Wirtschaftslage im eigenen Land verschlechtert und es sich die amtierende Großmacht am wenigsten leisten kann. Ray Dalio ist Gründer von Bridgewater Associates, dem weltgrößten Hedgefonds. Er gehört mit zu den einflussreichsten Menschen der Welt.

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Die Generation Z wird die Gesellschaft verändern

Das Institut für Generationenforschung, das Rüdiger Maas gegründet hat, untersucht seit vielen Jahren die Generation Z mit Fokus auf den Arbeitsmarkt. In seinem neuen Buch „Generation arbeitsunfähig“ beantwortet Rudiger Maas unter anderem folgende Fragen: „Was ist dran an dem Gefühl, dass die heutige Jugendgeneration anders tickt? und „Wie sollten wir ihr begegnen?“ In seinem Buch nimmt er seine Leser mit auf eine Spurensuche. Anhand einiger Protagonisten erfährt man, warum die heutigen Nachwuchskräfte so sind, wie sie sind, wie viele von uns sie wahrnehmen. Aber auch, inwieweit wir sie in der Regel richtig und wo falsch wahrnehmen und wie all das unsere Gesellschaft verändern wird. Rüdiger Maas studierte in Deutschland und Japan Psychologie. Er ist Gründer eines Instituts für Generationenforschung. Zuletzt erschien sein Bestseller „Generation lebensunfähig“.

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Die Emanzipierten solidarisieren sich in wachsenden Bündnissen

In der Gegenwart präsentieren Soziale Netzwerke viel unreflektierten Mist, schlecht Informierte, Selbstdarstellung, Wut und Hass. Aber sie sind auch der Ort eines neuen Gewissens, das Menschen daran erinnert, dass es die Interessen, das Engagement und eine Achtsamkeit für die Belange von Individuen gibt, die früher nicht gehört wurden. Hadija Haruna-Oelker ergänzt: „Es ist ein Ort, dem Medien heute vermehrt Gehör schenken, und der deshalb in den Mainstream, in das breite Publikum, also in die Mitte gewandert ist. Und auch, wenn sich manche in Kämpfen verlieren, hat auch diese Art der Auseinandersetzung seine Berechtigung.“ Denn solange eine Anerkennung der Anliegen bestimmter Gruppen nicht selbstverständlich ist, wird es Identitätspolitik geben. Hadija Haruna-Oelker lebt als Autorin, Redakteurin und Moderatorin in Frankfurt am Main. Hauptsächlich arbeitet sie für den Hessischen Rundfunk.

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Der moderne Monopolismus verfügt über politische Macht

Im Fall Facebook zeigt sich wie nirgendwo sonst im modernen Monopolismus, dass die Hoheit über das Veröffentlichen von Meinungen und Informationen, so falsch sie auch sein mögen, politische Macht bedeutet. Hans-Jürgen Jakobs erläutert: „Lange profitierte das Soziale Netzwerk vom Mythos des „Arabischen Frühlings“ aus dem Jahr 2011, von all den Erzählungen über die Hunderttausende von Unterdrückten, die sich in Ägypten, Tunesien und anderen fernen Ländern via Facebook trotz Zensur und Repression verabredeten und der Staatsgewalt trotzten.“ Es bürgerte sich dafür sogar der Begriff „Facebook-Revolution“ ein – eine Übertreibung die Marc Zuckerberg kultivierte, weil der Funke tatsächlich von Social Media auf die klassischen Medien übergesprungen war. Es gibt allerdings kein Monopol darauf, dass die Macht von Facebook immer nur für das Gute, Wahre, Schöne, kurzum für Demokratie und „westliche Werte“ eingesetzt wird. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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