Die Welt ist nicht zu hart

Friedrich Nietzsche schreibt in seinem Werk „Ecce Homo“: „Der wohlgeratene Mensch errät Heilmittel gegen Schädigungen. Er nützt schlimme Vorfälle zu seinem Vorteil aus. Was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker.“ Dieselbe Widerstandskraft erwartet man auch von seinen Mitbürgern. Denn nur ein resilientes Ich, das an Krisen wächst und sich gegen die Wechselfälle des Lebens zu wappnen weiß, ist im Privat- wie Berufsleben verlässlich und letztlich auch für eine Demokratie unentbehrlich. Svenja Flaßpöhler weiß: „Oder wie sonst ließen sich vernünftige Entscheidungen treffen und harte Debatten führen?“ Wie sonst könnte man zielorientiert in die Zukunft blicken, wenn man bei eigenem oder fremdem Leid sofort in Tränen ausbricht und alles persönlich nimmt? Nein, die Welt ist nicht zu hart. Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des „Philosophie Magazins“.

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Die Würde eines Menschen sollte unantastbar sein

Tastsinn und Takt, Feinmotorik und Fingerspitzengefühl kommen in der Formulierung einer unantastbaren Würde zusammen. Verhärtungs- und Verpanzerungsansprüche gehören ab jetzt in ein vergangenes Kapitel der Geschichte. Svenja Flaßpöhler schreibt: „Die Sensibilität ist es, die von nun an die Geschichte bestimmt und den Schutzraum des Subjekts über dessen Leiblichkeit hinaus ausweiten soll.“ Tatsächlich ist mit dem Schutz der Würde, von dem das deutsche Grundgesetz spricht, weit mehr gemeint als nur der Schutz vor körperlicher Gewalt. Ja, was die menschliche Würde genau ist, ist keineswegs für alle Zeiten festgesetzt und klar umgrenzt. Sondern sie ist, je nach Grad der gesellschaftlichen Empfindsamkeit, hart umstritten und höchst wandelbar. Stand bis vor wenigen Jahren handfeste Gewalt im Zentrum des Sexualstrafrechts, kann seit der Reform im Jahr 2016 auch ein falsch gedeuteter Wille rechtliche Konsequenzen haben. Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des „Philosophie Magazin“.

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Das Limit des Zumutbaren wird neu justiert

Offensichtlich sind heute viele Menschen mehr denn je damit beschäftigt, das Limit des Zumutbaren neu zu justieren. Doch fährt sich der Diskurs darüber zunehmend fest. Liberale und Egalitäre, Rechte und Linke, Alte und Junge, Betroffene und Nicht-Betroffene stehen sich unversöhnlich gegenüber. Svenja Flaßpöhler stellt fest: „Der Effekt dieser Frontalstellung ist eine zunehmende Erosion der demokratischen Diskurskultur.“ Dabei entsteht ein kaum noch zu kittender Riss, der sich mitten durch die Gesellschaft zieht. Umso dringender ist zu fragen, wo ein Ausweg gefunden werden kann. Die aktuelle Situation ist mit der Genese des modernen Subjekts unauflöslich verbunden. Nämlich mit der zunehmenden Sensibilisierung des Selbst und der Gesellschaft. „Sensibel“ das meint: empfindlich, fühlbar, empfänglich. Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des „Philosophie Magazin“.

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Die Resilienz ist die Schwester der Sensibilität

Geschichtlich steht die Sensibilisierung für Fortschritt. Viele Menschen schützen sich wechselseitig in ihrer Verletzlichkeit und werden empfänglicher für eigene und fremde Gefühle. Sie lernen sich in andere Schicksale hineinzuversetzen. Svenja Flaßpöhler weist in ihrem neuen Buch „Sensibel“ jedoch darauf hin, dass diese Entwicklung auch eine Kehrseite hat: „Anstatt uns zu verbinden, zersplittert die Sensibilität die Gesellschaft.“ Die Autorin erzählt die Geschichte des sensiblen Selbst aus einer philosophischen Perspektive. Dabei beleuchtet sie die zentralen Streitfragen der Zeit und arbeitet den Grund für die prekäre Schieflage heraus. Weil die Widerstandskraft bis heute mit kalter Verpanzerung assoziiert wird, gilt sie als Feindin der Sensibilität. Svenja Flaßpöhler durchleuchtet die Sensibilität dialektisch und kommt zu dem Schluss: „Die Resilienz ist die Schwester der Sensibilität. Die Zukunft meistern können wir nur gemeinsam.“ Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des „Philosophie Magazin“.

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Gute Erziehung ist weder streng noch liberal

Auch der Bereich der Erziehung – ob in der Familie, der Kita oder anderswo – ist bekanntlich keine konfliktfreie Zone. Nicht zuletzt ist gerade aggressives Verhalten von Kindern immer wieder ein Thema für pädagogische Diskussionen. Hans-Peter Nolting stellt fest: „Wenn Kinder sich rücksichtslos verhalten oder als kleine Tyrannen aufspielen, wird in breitem Konsens vor allem ein Erziehungsprinzip hervorgehoben: Man muss Kindern Grenzen setzten.“ Das stimmt sicherlich, dennoch ist mit dieser Einsicht nicht viel gewonnen. Zum einen kommt es sehr darauf an, auf welche Weise man Grenzen setzt, denn zuweilen geschieht das mit Methoden, die das Problem eher noch verschärfen. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Die Philosophie der Stoa erlebt eine Renaissance

Heutzutage erleben die antike praktische Philosophie, insbesondere die Stoa, und Philosophen wie Epikur, Seneca, Epiktet, Mark Aurel und andere eine Renaissance. Albert Kitzler nennt die Gründe: „Das liegt zum einen am hohen Nutzen ihrer praktischen Philosophie zur Lebensbewältigung; zum anderen an der wieder erwachten Einsicht, dass die Philosophie sehr wohl geeignet und bestimmt ist, den Menschen auf seinem Lebensweg stützend, helfend und beratend zu begleiten.“ Die Philosophie erschöpft sich nach Seneca nicht im Nachdenken, Forschen und Erkennen um ihrer selbst willen. Die Erkenntnisse und Einsichten, mögen sie auch noch so vorläufig sein, müssen lebendig werden, um in Dasein des Einzelnen ihre wohltuenden Wirkungen zu entfalten. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Paul Kirchhof weist den Weg zu einer beherzten Freiheit

Paul Kirchhof fordert in seinem neuen Buch „Beherzte Freiheit“ ein neues Denken der freiheitlichen Autonomie des Menschen. An zahlreichen Beispielen zeigt er, wie Menschen durch das Recht und die Politik aus falschem Wohlmeinen eingeschränkt werden. Die Globalisierung und Digitalisierung kann eine Person von einem handelnden Subjekt in ein lenkbares Objekt verwandeln. Paul Kirchhof warnt: „Wenn wir die Sorge für die Freiheit allein dem Staat überlassen, verkümmert unsere innere Kraft dazu.“ Echte Freiheit, so zeigt der Autor, lässt sich in einer an Gütern, Chancen und Informationen übervollen Gesellschaft nicht allein durch die Verbesserung der äußeren Lebensbedingungen gewinnen. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Als Richter des Bundesverfassungsgerichts hat er an zahlreichen, für die Entwicklung der Rechtskultur der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt.

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Der Gebildete scheint aus der Zeit gefallen zu sein

Alle reden von Bildung. Nur mit ihr lässt sich in rohstoffarmen Ländern wie Deutschland und Österreich der Wohlstand von heute auch in Zukunft erhalten. Während das Schlagwort Bildung jeden Tag in vielen Medien an vorderster Stelle steht, ist der Gebildete, das eigentliche Ziel aller Bildungsanstrengungen, nicht nur aus dem Wortschatz verschwunden. Es scheint sogar so, als hätte sich jeder ernsthafte Bildungsanspruch zu einem Ärgernis entwickelt. Die Gründe dafür nennt Konrad Paul Liessmann in seinem neuen Buch „Bildung als Provokation“. Um zu fundierten Ergebnissen zu gelangen, hat er die Parteienlandschaft und soziale Netzwerke untersucht. Außerdem geht er der Frage nach, warum es für viele Menschen so unangenehm ist, gebildeten Personen zu begegnen. Konrad Paul Liessmann ist Professor am Institut für Philosophie der Universität Wien.

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Dem Liberalismus fehlt er nicht an sozialer Sensibilität

Obwohl der frühe Liberalismus zunächst nur einen methodischen, keinen sozialkritischen oder sozialethischen Individualismus vertritt, wirft man ihm gern pauschal, nämlich auf seine unterschiedlichen Gestalten einzugehen, einen Mangel an sozialer Sensibilität vor. Schon ein knapper Blick auf prominente Denker des klassischen Liberalismus kann diesen Vorwurf entkräften. Als ersten Beleg für die angeblich fehlende soziale Sensibilität pflegt man Adam Smith anzuführen. Otfried Höffe hält dagegen: „In Wahrheit hatte Smith nicht bloß viele Jahre einen Lehrstuhl für Moralphilosophie inne und verfasste eine wirkungsmächtige Theorie moralischer Gefühle, in der die Sympathie, also ein ausdrücklich soziales Gefühl, im Vordergrund steht.“ Selbst später, in der berühmten Wirtschaftstheorie „Eine Untersuchung über den Wohlstand der Nationen“ kommt es ihm auf Wohlstand an, was allerdings mehr als nur den materiellen Reichtum meint, und vor allem ist seine Bezugsgruppe des Wohlstands nicht eine kleine Gruppe oder Schicht. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Die Entfremdung ist ein durchgängiges Motiv in Friedrich Hölderlins Dichtung

Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) gehört, wie der früh verstorbene Novalis, zu den Autoren, deren Leben und Werk zum Mythos geworden ist. Seine Gedichte beeindrucken durch große sprachliche Dichte, Reichtum der Gedanken, Füllen an Bildern und Symbolkraft. Sensibilität uns Schwermut verbinden sich mit der Hoffnung auf Wiederherstellung der zerstörten menschlichen und gesellschaftlichen Harmonie zu einer Form des politischen Gedichts, dem alles Agitatorische fehlt, das aber durch die Tiefe der Empfindung, der Moralität und politischen Integrität, sprachlichen Gestus und ästhetischer Formung überzeugt. Im idealisierten Griechenland fand Friedrich Hölderlin den Orientierungspunkt für seine Konzeption der Humanität. Die Verwendung antiker Strophenformen war keine äußerliche Übernahme tradierter Formen, sondern Ausdruck inniger Verbundenheit mit der Antike und deren rückerinnernden Aktualisierung. Neben den strengen antiken Versformen stehen die späten, zu freien Rhythmen übergehenden Hymnen und Elegien, in denen die Sehnsucht nach dem verlorenen Griechenland zum Ausdruck kommt. Beispiele sind „Archipelagos“, „Mnemosyne“ und „Patmos“.

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Ein gelingendes Leben ist ein urpersönliches Projekt

Ein gelingendes Leben führt ein Mensch, der nicht trickst und manipuliert, sondern der redlich versucht, seinen eigenen Fähigkeiten gemäß zu leben. Jeder Mensch hat ganz bestimmte Eigenschaften, über die kein anderer von sieben Milliarden Menschen genau so verfügt, und wenn er glücklich werden will, muss er versuchen, sich selbst zu erkennen, seine Bestimmung und damit seine ganz spezielle Chance im Leben wahrzunehmen. Manfred Lütz betont: „Nicht die Ziele, die andere einem Menschen von außen einreden, werden ihn glücklich machen, Glück kommt von innen, aus Selbsterkenntnis und Gelassenheit.“ Eine Psychologie des Gelingens nutzt die Erkenntnisse modernen Psychotherapie, die nicht mehr bloß die Defizite eines Patienten in den Blick nimmt und auch nicht unermüdlich die Frage nach dem Warum umkreist. Der Psychiater Manfred Lütz leitet in Köln eine Klinik für psychisch Kranke.

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Innige Zuwendung fördert die Entwicklung des Kleinkinds

Bekommen Kinder früh und viel Zuwendung, entwickeln sie sich schneller und umfassender – und zwar geistig wie körperlich. Kleinkinder registrieren viel mehr, als ihnen die meisten Menschen zutrauen. Werner Bartens erklärt: „Je mehr Zuwendung die Eltern einem Kind schenken, desto aufnahmefähiger wird es. Dann lernt es zum Beispiel früher sprechen und entwickelt rascher soziale Kompetenzen.“ Haben Eltern und Kinder ein frühzeitig gepflegte liebevolle und stabile Beziehung, macht das Kinder später widerstandsfähiger gegen Stress und Depression und begünstigt zudem einen gleichmäßigeren Herzrhythmus, der sie als Erwachsene weniger anfällig für Infarkte macht. Da der Tastsinn der erste Sinn ist, der sich entwickelt, kann er auch schon früh stimuliert werden. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Das menschliche Handeln wird durch das Temperament geleitet

David Hume als vorurteilsloser Betrachter menschlichen Handelns stellt fest, dass die Menschen fast vollständig durch die Art ihres Wesens und ihr Temperament geleitet werden und dass allgemeine Maximen nur geringen Einfluss haben, wenn sie nicht den persönlichen Geschmack oder das individuelle Gefühl ansprechen. David Hume nennt ein Beispiel: „Wenn jemand moderate Leidenschaften und einen wachen Sinn für Ehre und Tugend hat, wird sein Verhalten stets den Regeln der Moral entsprechen, oder er wird, sollte er von ihnen abweichen, ohne Mühe und schnell zu ihnen zurückkehren.“ Wenn aber jemand auf der anderen Seite von Natur aus ein so pervertiertes Gemüt besitzt und von solcher Fühllosigkeit und Unempfindlichkeit ist, dass er für Tugend und Menschlichkeit keinen Geschmack hat, dass er keine Zuneigung zu seinen Mitgeschöpfen empfindet und dass er keinen Wunsch verspürt, Achtung und Beifall anderer zu finden, dann muss er als ein unheilbar Kranker gelten, für den auch die Philosophie kein Heilmittel bereithält. David Hume, der von 1711 bis 1776 lebte, gehört zu den Klassikern der europäischen Philosophie.

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Das Leben ist ein Wechsel zwischen Ruhe und Aktivität

Das Leben ist bestimmten Rhythmen unterworfen. Peter Spork erklärt: „Ohne periodisches Auf und Nieder wäre Leben nicht möglich, denn nichts hassen biologische Systeme mehr als Gleichförmigkeit.“ Der Neurologe nennt Beispiele: Wenn die Augen eines Menschen so fixiert werden, dass sie immer auf den gleichen Fleck schauen müssen, wird der Betroffene in kürzester Zeit gar nichts mehr sehen. Im Dauerlärm verlieren die Ohren jegliche Sensibilität. Die Muskulatur geht zu Grunde, wenn sie sich niemals entspannen kann. Die Nerven verarbeiten keine Signale mehr, wenn sie ihre Erregung nicht mehr an die jeweilige Situation anpassen dürfen. Und auch das Gehirn muss regelmäßig vom Modus der Datenaufnahme (Wachheit) in jenen der Datenverarbeitung (Schlaf) wechseln, um leistungsfähig zu bleiben. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

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Ein gebildeter Mensch kann in der Gegenwart nicht glücklich sein

Die Bildung zählt nicht nur zu den wichtigsten Ressourcen rohstoffarmer Länder, sondern erfüllt auch die Bedürfnisse der Wirtschaft nach kompetenten und hochqualifizierten Arbeitskräften. Außerdem gleicht die Bildung nicht nur die sozialen Unterschiede der Menschen und die Nachteile der Migranten aus, sondern ist auch eine beständige Quelle des Glücks für den Einzelnen. Die Bildung ist in vielen Fällen auch die Voraussetzung für ein erfülltes, selbstbestimmtes und gelingendes Leben. Konrad Paul Liessmann schreibt: „Nur der Gebildete weiß seine Chancen zu nutzen, die Herausforderungen anzunehmen und seinen Leben einen zukunftsorientierten Sinn zu verleihen.“ Wenn es noch in einem klassischen Sinn humanistische gebildete Menschen gäbe, könnte diese dann glücklich sein, oder müsste ihre Bildung nicht viel mehr als eine Quelle des Unglücks erscheinen? Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Die Kultur des Rokoko bevorzugt die Sphäre des Weiblichen

Im 18. Jahrhundert nehmen die leidenschaftlichen Versuche kein Ende, die überkommenen Ordnungen und Einrichtungen auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens zu reformieren, die verkrusteten Traditionen in der Politik, den Wissenschaften und Künsten aufzulösen und das Festgefahrene wieder in Fluss zu bringen. Diese Innovationen vollziehen sich in mehreren Phasen an den höfischen Zentren und großen europäischen Residenzen, unter denen die bedeutendsten Paris, München, Berlin, Dresden und Wien sind. Innerhalb einer feudalen Gesellschaft von geistigen und weltlichen Würdenträgern, innerhalb des Hofadels selbst, werden die Umwälzungen, die neuen Denkformen und Lebensstile entwickelt und entfaltet. Dies ist die erste Etappe einer sanften und unblutigen Revolution: die Zeit des Rokoko. Sie bevorzugt im Gegensatz und Widerspruch zum männlich-heroischen Zeitalter des Barock alles, was aus der Sphäre des Weiblichen und aus den Bereichen eines kunstvollen Gefühls für die Natur stammt.

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Der Mensch kann auf die Erfüllung eigener Wünsche verzichten

Die Interessen anderen können für einen Menschen ein Grund sein, etwas zu tun oder zu lassen. Dies ist ein Kennzeichen moralischen Handelns und der Kern moralischer Rücksichtnahme und Achtung. Diese Einstellung und dieses Muster des Handelns machen einen Teil der menschlichen Würde aus. Peter Bieri erklärt: „Auf die Erfüllung eigener Wünsche zugunsten anderer verzichten: Das können nur Wesen, die zu sich einen bewertenden inneren Abstand, eine kontrollierende Distanz haben, wie sie Subjekte auszeichnet.“ Es handelt sich dabei um Wesen, die nicht als Getriebene wehrlos dem Diktat der eigenen Wünsche ausgeliefert sind. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Angela Merkel hat die Politik in Deutschland entpolisiert

Das Ansehen der Nichtwähler hat sich in manchen Kreisen deutlich verbessert. Sie werden nicht mehr als Antidemokraten beschimpft. Und das umso mehr, als es innerhalb des Spektrums der politischen Parteien, in der politischen Parallelgesellschaft keine Opposition mehr gibt, die diesen Namen auch verdient hätte und von der sich der Bürger etwas versprechen dürfte. Thomas Rietzschel kritisiert: „Wie auf dem Theater sind die Schaukämpfe in der politischen Arena unserer Tage Vorführungen ein und desselben Ensembles.“ Das dabei bisweilen die Fetzen fliegen, steigert zwar die Spannung, gefährdet aber keinesfalls den Zusammenhalt der Truppe. Nur gemeinsam können sich alle Politiker auf der Bühne behaupten. Thomas Rietzschel lebt als freier Autor in der Nähe von Frankfurt. Zuletzt erschien im Zsolnay Verlag sein Buch „Geplünderte Demokratie. Die Geschäfte des politischen Kartells“.

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Emile Durkheim untersucht die moralische Wirklichkeit

Emile Durkheim vertritt die These, dass die moralische Wirklichkeit wie jede Art der Wirklichkeit von zwei verschiedenen Gesichtspunkten aus untersucht werden kann. Der Mensch kann sie erkennen und verstehen wollen oder sich vornehmen, sie zu beurteilen. Um die moralische Wirklichkeit untersuchen zu können, ist es für ihn unerlässlich, vorher zu bestimmen, woraus sie besteht und was sie charakterisiert. Zu den Hauptmerkmalen der moralischen Tatsachen zählt Emile Durkheim, dass sich jede Moral darstellt als ein System von Verhaltensregeln. Er ergänzt: „Doch auch alle Techniken werden von Maximen regiert, die dem Handelnden vorschreiben, wie er sich bei bestimmten Gelegenheiten zu verhalten hat. Emile Durkheim, der von 1858 bis 1917 lebte, war seit 1902 Professor der Pädagogik und Soziologie an der Sorbonne.

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Susan Cain kämpft für die Anerkennung der Introvertiertheit

Mehr als dreißig Prozent aller Menschen sind introvertiert. Obwohl sie sich durch so hervorragende Eigenschaften wie Ernsthaftigkeit, Sensibilität und Zurückhaltung auszeichnen, gelten diese laut Susan Cain heute eher als Krankheitssymptom, denn aus Qualitäten. In ihrem Buch „Still“ vertritt sie eine Gegenposition gegen den Trend vieler Ratgeber, die das Selbstbewusstsein über alles stellen. Die Autorin möchte mit ihrem Werk denjenigen Menschen Mut zusprechen, die bisher noch mit ihrem ruhigen Wesen unzufrieden und unglücklich sind. Zugleich wirbt sie bei den Extravertierten für mehr Nachsicht mit den Introvertierten. Susan Cain, die an der Harvard Law School und der Princeton University studierte, arbeitet als Trainerin für Verhandlungsführung und hat eine eigene Beratungsfirma, The Negotiation Company.

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Ein Exkurs von Gordon A. Graig über die deutsche Sprache

Schöpfer der deutschen Sprache war, wie Heinrich Heine in seiner „Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“ schrieb, Martin Luther. Dies ist für Gordon A. Craig keine Übertreibung, denn wie immer man Literatur der einzelnen deutschen Dialekte bewertet, die Basis für eine gemeinsame deutsche Literatur existierte erst, als der Mönch aus Wittenberg die Voraussetzungen dafür schuf. Seine Bibelübersetzung und seine politischen und theologischen Flugblätter waren eingebettet in eine neue Sprache von unvergleichlicher Klarheit und Fülle. Seine Wortwahl war kraftvoll und dennoch sensibel und gleichermaßen geeignet für die Erfordernisse von Darlegung und Argumentation sowie für Satire und Humor. Gordon A. Craig, der von 1913 bis 2005 lebte, war amerikanischer Historiker und Schriftsteller schottischer Herkunft. Er erhielt im November 1981 für sein Werk „Deutsche Geschichte 1866-1945“ den Historikerpreis der Stadt Münster.

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Daniel Goeudevert schwärmt von der Lokalisierung

Der ehemalige Topmanager Daniel Goeudevert geht davon aus, dass die nächste Phase der Globalisierung durch eine eindeutige Tendenz zur Lokalisierung gekennzeichnet sein wird. Der Bestsellerautor erklärt: „Nachhaltigkeit, eine marktnahe Produktion von Waren sowie dezentrale Selbstversorgungssysteme für Energie, Treibstoff, Nahrungsmittel und Wasser, die den jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasst sind, werden die Zukunft prägen.“ Gleichwohl wird diese Zukunft laut Daniel Goeudevert eine durch und durch globalisierte bleiben, und zwar nicht nur, nicht einmal in erster Linie wegen der Kommunikationstechnologie, sondern weil sich die Erkenntnis, dass die weltweit dringendsten Probleme – Energieversorgung, Klimawandel, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, Armut, Fundamentalismus – nicht national gelöst werden können, endlich durchzusetzen beginnt. Der Topmanager Daniel Goeudevert war Vorsitzender der deutschen Vorstände von Citroën, Renault und Ford sowie Mitglied des Konzernvorstands von VW.

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Plotin stellt die Lehre vom absoluten Einen auf

Plotin war einer der bedeutendsten Philosophen der römischen Kaiserzeit und betrachtete sich vor allem als Anhänger und Interpret Platons. Da sich sein Platonismus allerdings in entscheidenden Punkten von dem seines Vorbilds unterscheidet, gilt Plotin als der Begründer des Neuplatonismus, der die zentrale philosophische Schule der Spätantike bildete. Besonders einflussreich war sie in Athen und Alexandria. Der Neuplatonismus unterscheidet sich von der Philosophie Platons vor allem durch die Lehre vom absoluten, göttlichen Einen.

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Der harte Hund und Romantiker Steve McQueen

Steve McQueen wurde am 24. März 1930 in Beech Grove, im amerikanischen Bundesstaat Indiana geboren. Von seinem Vater verstoßen, wurde er von seinen Großeltern aufgezogen. Er war ein so schwieriger Jugendlicher, dass er drei Jahre in einer kalifornischen Besserungsanstalt zubringen musste. Er lief von zu Hause weg und wurde zum Vagabunden, der auf Schiffen, Ölfeldern oder als Jahrmarktschreier arbeitete. 1952 trat er dem New Yorks Neighborhood Playhouse bei und studierte Schauspielerei bei Uta Hagen und Herbert Berghof.

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Zum Tod des Ethnologen Claude Levi-Strauss

Seinen Weltruhm begründete der Ethnologe Claude Levi-Strauss mit dem Buch „Traurige Tropen“. Er beschrieb darin die Erinnerungen an seine Jahre in Brasilien, in das er 1935 aufgebrochen war, um die Indianerkulturen des südamerikanischen Landes zu erforschen. Großen Einfluss auf die Bewegung des Strukturalismus hatte die Veröffentlichung  von „Das Ende des Totemismus“ und „Wildes Denken“. Eine These zieht sich wie ein roter Faden durch das Gesamtwerk von Claude Levi-Strauss – dass der Mensch in seinem Unterbewusstsein Systemen mit Struktur unterworfen sei. Skeptisch beobachtete Claude Levi-Strauss während seines ganzen Lebens den Fortschrittsglauben des Westens.

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