Rebekka Reinhard findet die Orientierung im Chaos

Orientierung haben bedeutet für die Philosophin Rebekka Reinhard, sich in wechselnden Situationen zurechtzufinden, ob auf Reisen oder im Leben überhaupt. Sich orientieren heißt, sich in einer unübersichtlichen Sphäre zu bewegen, in dem der Mensch ein bestimmtes Ziel anvisiert. Auf diese Weise versucht er innerhalb der Unübersichtlichkeit eine gewissen Ordnung herzustellen. Die einmal errichtete Ordnung ist allerdings nie von Dauer, da der Mensch immer wieder neue Ziele anstrebt. Mit jeder Umorientierung verändern sich die Perspektiven, die Sichtweisen werden neu geordnet. Dabei können auch Schwierigkeiten eintreten. Rebekka Reinhard erklärt: „Wenn wir die alte Orientierung verlieren und eine neue noch nicht gegeben ist, fangen wir an zu irren. Es kann sein, dass die Verbindung zwischen uns und dem von uns angepeilten Ziel einfach abreißt.“

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Ulrich Schnabel spekuliert über den Reiz des Neuen

Für Ulrich Schnabel ist ein gewisser Wohlstand für die Zufriedenheit im Leben durchaus wichtig. Wer seine Grundbedürfnisse nicht befriedigen kann, fühlt sich selten glücklich. Zudem hängt das Glück von anderen Faktoren wie dem sozialen und familiären Umfeld, von der Zahl der Freunde und der Stabilität der Gesellschaft ab, in der eine Person lebt. Die Menschen in den modernen Industrienationen geraten auch deswegen unter Stress und in Zeitnot, weil sie mit dem Überangebot an Waren und den unzähligen Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten, nicht mehr zurechtkommen. Ulrich Schnabel schreibt: „Das erklärt auch das Paradox, dass die Menschen im Allgemeinen umso mehr unter knapper Zeit leiden, je reicher sie sind.“ Ulrich Schnabel studierte Physik und Publizistik und arbeitet als Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „DIE ZEIT“.

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Philipp Bloms Plädoyer für die radikale Aufklärung

Philipp Blom entführt seine Leser in den Salon des Barons d`Holbach, wo sich wenige Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution einige der intelligentesten Denker Europas treffen. Zur illustren Runde gehören unter anderen Denis Diderot, David Hume, Laurence Sterne und Jean-Jacques Rousseau, die über eine zeitgemäße Philosophie diskutieren, die mit den Tabus der Vergangenheit bricht. Ihr Denken will die Religion hinter sich lassen, sich rein auf die Kraft des Verstandes stützen und zugleich den Leidenschaften einen angemessenen Raum zugestehen. Diese radikale Variante der Aufklärung konnte sich bis heute noch nicht in größeren Kreisen der Gesellschaft durchsetzen. Philipp Blom plädiert dafür, diesen aufklärerischen Ansatz der besten Köpfe Europas wieder aufzugreifen, denn er liefert Argumente zu einem vernunftgemäßen Umgang mit der Religion, setzt sich mit den Rollen der Geschlechter auseinander und propagiert die Idee einer wirklich menschlichen Gesellschaft.

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In der Demokratie bleiben die Bürger meist Zuschauer

Das Misstrauen gegen Formen der direkten Demokratie ist in Deutschland tief verwurzelt. Laut Lutz Wingert werden Volksabstimmungen schnell mit der Herrschaft von Stimmungen der leicht erregbaren, launischen Bürger gleichgesetzt. Folgerichtig hat der Gesetzgeber Sicherungen gegen ein Übergreifen von unberechenbaren politischen Laien auf die komplizierte Gesetzgebung eingebaut. So müssen sich in Baden-Württemberg zum Beispiel 33 Prozent der Stimmberechtigten an einer Volksabstimmung über ein Gesetz beteiligen. Nur dann wird eine Mehrheit unter ihnen für ein Ja zu einem bindenden Volksentscheid. In Deutschland wird Demokratie scheinbar noch immer maßgeblich als Regieren für das Volk und nicht durch das Volk verstanden. Lutz Wingert ist Professor für Philosophie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und Mitglied des Zentrums für Geschichte des Wissens an der Universität und ETH Zürich.

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Wesley Clair Mitchell erforscht den Konjunkturzyklus

Der amerikanische Ökonom Wesley Clair Mitchell, der von 1874 bis 1948 lebte, gehört zu den Vätern der Konjunkturforschung. Er wollte nicht mehr und nicht weniger, als die Ökonomie auf einem durch empirische Forschung gesicherten Fundament neu begründen, oder wie er selbst sagte, „die imaginäre Welt der Ökonomie rekonstruieren.“ 43 Jahre lehrte Wesley Clair Mitchell an amerikanischen Hochschulen. Seine Analysen von Konjunkturzyklen erweitere der Wirtschaftswissenschaftler im Laufe der Zeit zu einer umfassenden Untersuchung der Funktionsweise der kapitalistischen Wirtschaft. 1927 erschien sein Hauptwerk: „Der Konjunkturzyklus. Problem und Problemstellung“. Dieses Buch sowie weitere Forschungen zum Konjunkturproblem machten ihn zum international führenden Ökonomen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.

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Seneca erörtert den Wert und die Würde der Philosophie

Seneca ist davon überzeugt, dass die Menschen die Fähigkeit, ihr Leben sinnvoll zu gestalten, der Philosophie verdanken. Das gilt mit einer Einschränkung: Fertiges Wissen schenkt sie freilich keinem, die Möglichkeit es aber zu erwerben, allen. Kämen die Menschen vollendet klug zur Welt, hätte die Weisheit seiner Meinung nach ihren höchsten inneren Wert verloren, nämlich gerade kein Zufallsgeschenk zu sein. Seneca schreibt: „So aber besteht ihr Wert und ihre Würde gerade darin, dass sie sich nicht aufdrängt, dass jeder sie sich selbst verdankt, dass kein anderer sie uns verschaffen kann.“ Als Allerweltsgeschenk hätte die Philosophie den Menschen nicht viel zu bieten.

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T. S. Eliot ist das Vorbild für die lyrische Avantgarde

T. S. Eliot verkörpert auf dem Gebiet der Dichtung wie kein anderer Autor des 20. Jahrhunderts die lyrische Avantgarde. Seinen unsterblichen Ruhm begründete sein epochales Gedicht „Das wüste Land“. Er hat darin wie kein anderer Dichter die existentielle Krise der Moderne und deren möglichen Überwindung geschildert. T. S. Eliot schildert in seinem Hauptwerk den Geist seiner Zeit, der sich in der Trostlosigkeit der Großstadt manifestiert. „Das wüste Land“ wird zum Symbol für die Orientierungslosigkeit und einer Sprach- und Sinnkrise nach dem ersten Weltkrieg. Das Gedicht beginnt mit folgenden Zeilen:

“APRIL is the cruellest month, breeding
Lilacs out of the dead land, mixing
Memory and desire, stirring
Dull roots with spring rain.”

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Tony Judt beklagt die Privatisierung von Staatsbetrieben

Eine allgemeine Folge der geistigen Wende, die das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts geprägt hat, ist für Tony Judt die Verherrlichung des Privatunternehmers und der Privatisierungskult. Für die Anhänger dieser Ideen ist die Abschaffung staatlicher Dienstleistungen rein pragmatisch gewesen. Man verspricht sich in Zeiten knapper öffentlicher Kassen, Einsparungen. Unwirtschaftliche Staatsunternehmen oder teure öffentliche Dienstleistungsbetriebe wie zum Beispiel Wasserwerke oder Eisenbahn werden privatisiert. Auf diese Weise fließt sofort Geld in die leeren öffentlichen Kassen und durch das Interesse der neuen Eigentümer am Profit steht das privatisierte Unternehmen bald viel effizienter da. Auf den ersten Blick ist die Privatisierung gemäß Tony Judt eine Abkehr von der politischen Ideologie und eine Hinwendung zu strikter Wirtschaftlichkeit.

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Die ausufernde Produktion von Unsinn muss aufhören

Mathias Binswanger hält nichts von dem Motto „Je mehr Wettbewerb – umso besser!“ Denn es führt seiner Meinung nach dazu, dass künstliche Märkte ins Leben gerufen werden, wo es eigentlich keine Nachfrage gäbe, wodurch nicht mehr Qualität, sondern immer mehr Unsinn produziert wird. In seinem Buch „Sinnlose Wettbewerbe“ gibt Mathias Binswanger zwar zu, dass die Produktion von Dingen, die niemand braucht, zwar kurzfristig Arbeitsplätze schafft, langfristig sind aber die Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft fatal. Laut Mathias Binswanger geht ein neues Gespenst in Europa um, der Geist des künstlichen Wettbewerbs, der sich zu einer Ideologie entwickelt hat, in die sich die Menschen verrannt haben. Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre der Fachhochschule Solothurn.

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Aristoteles untersucht die Eigenschaften der Lust

Für die Lust gilt, dass sie mit der Natur des Menschen durch ein ganz besonders inniges Band der Zugehörigkeit verknüpft ist. Dies ist für Aristoteles der Grund, weshalb die Erziehung der Kinder durch Lust- und Unlustempfindungen gesteuert wird. Es hat Gewicht und Einfluss auf die Bildung des Charakters und des Glücks, da der Mensch das Lustvolle will und das Unangenehme meidet. Auf der einen Seite gibt es Menschen, die in der Lust den höchsten Wert sehen, auf der anderen Seite diejenigen, die sie als etwas durch und durch Verwerfliches betrachten. Eudoxos zählt zu den Verteidigern der Lust, die für ihn den obersten Wert darstellt, weil er sah, dass alles, Vernunftbegabtes und Vernunftloses, danach strebe.

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Richard Widmark verkörperte grandiose Schurken

Die Hollywood-Legende Richard Widmark spielte nicht nur in Wildwestfilmen den harten Typ. In zahlreichen Krimis und Kriegsfilmen unbeugsame Persönlichkeiten und grandiose Schurken. Sein markantes Gesicht und sein stechender Blick eigneten sich hervorragend für die Besetzung solcher Rollen. Er wirkte unter anderen als Darsteller in den Filmen „Der Garten des Bösen“ (1954), „Das Urteil von Nürnberg“ (1961), „Mord im Orient-Express“ (1974), „Achterbahn“ (1977), und in „Ein Aufstand alter Männer“ von 1987, bei dem Volker Schlöndorff Regie führte. Sein letzter Film war „Der Preis der Macht“, der im Jahr 1991 entstand.

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José Ortega Y Gasset erklärt den Rationalismus

Der Relativismus ist für José Ortega Y Gasset ein zweifellos anerkennenswerter Versuch, die wundervolle Schrankenlosigkeit alles Lebendigen zu respektieren. Aber er ist ein Unterfangen, das gescheitert ist. Jeder talentierte Anfänger – sagte Johann Friedrich Herbart – ist ein Skeptiker, aber jeder Skeptiker ist nur ein Novize. Seit der Renaissance ist allerdings in der europäischen Seele eine gegenteilige Tendenz verwurzelt: der Rationalismus. Der Rationalismus verzichtet auf das Leben, um die Wahrheit zu retten. Da die Wahrheit absolut und unveränderlich ist, kann sie nicht einzelnen Menschen zukommen, da diese wankelmütig und bestechlich sind.

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Julie Christie spielte die Lara im Film "Doktor Schiwago"

Die Filmschauspielerin Julie Christie wurde am 14. April 1941 auf einer Teeplantage in Assam geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in England, wo sie ein Nonneninternat besuchte. Als sie dort rausflog, tauchte sie in die faszinierende Welt des Swinging London ein. 1965 erhielt sie die Hauptrolle in dem Film „Darling“, bei dem John Schlesinger Regie führte. Sie spielte darin eine junge Frau, die als Modell auftritt und schauspielert, ohne Gewissensbisse mit unterschiedlichen Männern Sex hat und aus purer Langeweile Diebstähle begeht. Für die Darstellung des karrierehungrigen und freizügigen Fotomodells Diana erhielt Julie Christie 1966 den Oscar verliehen, wodurch sie über Nacht zum Superstar wurde.

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Der älteste Feind des Menschen ist der Fremde

Für Alexander Mitscherlich ist es undenkbar, dass zwischen der menschlichen Aggressivität und den Kriegen in aller Welt kein kausaler Zusammenhang besteht. Als Beispiel nennt er die menschenverachtende Naziherrschaft im Dritten Reich, die der Verfolgung ihrer inneren Feinde den erklärten Eroberungskrieg gegen äußere Feindstaaten folgen ließ. Krieg ist für Alexander Mitscherlich eine eindeutige Form der kollektiven Aggression. Sobald sich allerdings eine historische Distanz zu einem Krieg herstellt, wird es für die Menschen in den allermeisten Fällen doch sehr fraglich, ob das erklärte Kriegsziel das Sterben des Einzelnen zu rechtfertigen vermochte.

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In egalitären Gesellschaften herrscht mehr Vertrauen

Damit eine Gemeinschaft funktioniert, muss gemäß Tony Judt gegenseitiges Vertrauen vorhanden sein. Dies gilt sowohl bei spielenden Kindern als auch bei komplexen sozialen Institutionen. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn die Menschen ihr Misstrauen ablegen. Eine Person vertraut einer anderen Person, weil sie mit Anerkennung rechnen und weil Kooperation zum Vorteil einer Gemeinschaft offenbar in der Natur des Menschen begründet ist. Tony Judt nennt als Beispiel die Steuern. Der Steuerzahler geht von bestimmten Annahmen aus. Erstens glaubt er, dass seine Mitbürger ebenfalls Steuern zahlen, da er sich sonst unfair belastet fühlt und irgendwann selbst auch keine Abgaben mehr entrichten würde. Zweitens nimmt er an, dass die Regierung das Geld vernünftig verwaltet und für sinnvolle Zwecke ausgibt. Würde sich herausstellen, dass Steuergelder verschleudert werden, hätte der Steuerzahler viel Geld verloren.

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Die Illusion des dauerhaften wirtschaflichen Wachstums

Hans Diefenbacher und Roland Zieschank stellen in ihrem Buch „Woran sich Wohlstand wirklich messen lässt“ aktuell diskutierte Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) vor und zeigen am Beispiel des von ihnen vorgelegten Wohlfahrtsindex Ansätze zur Entwicklung eines nachhaltigen Inlandsprodukts. Die Autoren halten das Bruttoinlandsprodukt für die heilige Kuh der herrschenden Ökonomie. Zudem misst die Politik ihre Erfolge an seinen Wachstumsraten. Er gilt seit Jahren als die Norm für die Kraft der Wirtschaft und des Wohlstands in Deutschland. Doch die Dinge, die das Leben der Deutschen bereichern, wie ehrenamtliche Leistungen, gesunde Umwelt, gerechte Verteilung der Chancen oder ein Zugang zur medizinischen Versorgung für alle, fließen nicht in das Bruttoinlandsprodukt mit ein.

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Der Leidensweg der mexikanischen Malerin Frida Kahlo

Die Malerin Frida Kahlo wurde am 6. Juli 1907 in Coyoacán, Mexiko, geboren. Ein schwerer Schicksalsschlag führte sie zur Kunst. Bei einem Busunglück wurde sie im Alter von 18 Jahren so schwer verletzt, dass sie viele Monate in einem Korsett aus Stahl im Bett liegen musste. Um sich von ihren Schmerzen abzulenken, begann sie sich mit der Malerei zu beschäftigen. Im September 1926 malte sie ihr erstes Selbstporträt, das „Selbstbildnis mit Samtkleid“. Bei dem Verkehrsunfall wurden mehrere innere Organe und die Wirbelsäule Frida Kahlos schwer geschädigt. Sie blieb ihr ganzes Leben lang behindert und konnte keine Kinder mehr gebären. Sie lernte nach dem Unglück zwar wieder laufen, aber sie hatte in ihrem weiteren Leben mit ständigen Schmerzen und vielen Einschränkungen im Lebensablauf zu kämpfen.

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Die eingeschränkten Rechte zukünftiger Generationen

Die Menschheit verfügt heute über die Macht, die Erde ihren Nachfahren als einen weit weniger angenehmen Planeten zu hinterlassen, als sie ihn von ihren Vorfahren geerbt hat. Laut Joel Feinberg vermehren sich die Menschen immer stärker, veröden die fruchtbaren Böden in einem immer größeren Ausmaß, verpesten die Flüsse, Seen und Meere mit Giften und Abfällen, holzen die Tropenwälder ab und vergiften die Atmosphäre mit Giftgasen. Dabei sind alle nachdenklichen Zeitgenossen sich darüber einig, dass die Menschen dies nicht tun sollten. Joel Feinberg schreibt: „Die meisten würden sogar sagen, dass die Erhaltung unserer Umwelt nicht nur moralisch gefordert, sondern dass wir sie auch unseren Nachkommen schulden, und zwar um ihrer selbst willen.“

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Seneca plädiert für ein Leben in Harmonie mit der Natur

Seneca erklärt, dass es hauptsächlich zwei Schulen sind, die Epikureer und die Stoiker, die sich darüber streiten, was der beste Weg zur Muße ist. Zur Muße gelangen beide, aber auf ganz verschiedenen Pfaden. Seneca zitiert Epikur, der sagt: „Der Weise wird sich nicht mit Staatsangelegenheiten befassen, es sei denn, es träten besondere Umstände ein.“ Der Stoiker Zenon dagegen sagt: „Er wird sich des Staates annehmen, es sei denn, es läge ein Hinderungsgrund vor.“ Strebt der erste vorsätzlich nach Zurückgezogenheit, tut es der zweite nur aus besonderem Anlass.

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Ralf Dahrendorf fordert eine Weltbürgergesellschaft

Unter allen wichtigen Dingen, die es zu tun gibt, sind für Ralf Dahrendorf diejenigen am wichtigsten, die Menschen in bisher benachteiligten Teilen der Welt helfen, den Weg zu freien Bürgergesellschaften zu finden. Die Bewohner in unterentwickelten Staaten brauchen nicht nur ein größeres wirtschaftliches Angebot, sondern auch die vollen Anrechte des Bürgerstatus und beide müssen in einem breiten Spektrum von Assoziationen und autonomen Institutionen verankert werden. Ralf Dahrendorf schreibt: „Regierungen können helfen, den Angebotsprozess in Gang zu bringen; internationale Organisationen können bürgerliche Anrechte stabilisieren helfen. Alles Übrige aber ist die Aufgabe von nationalen und internationalen „NGOs“, also Nicht-Regierungs-Organisationen.“

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Der Opiumkrieg zwischen China und Großbritannien

Der Historiker David S. Landes war fest davon überzeugt, dass man sich mit China beschäftigen muss, wenn man die Geschichte der Weltwirtschaft verstehen will. Denn von Christi Geburt bis zum Beginn der Neuzeit schrieb das Land eine ökonomische Erfolgsgeschichte. Vor allem als geniale Erfinder taten sich die Chinesen hervor – sie entwickelten unter anderen das Schwarzpulver, das Papier, den Kompass und den Seismographen. Aber auch beim Brückenbau und der Errichtung von Straßen und Dämmen war China weltweit führend. Zudem beherrschten sie moderne Techniken der Bewässerung und die Konstruktion von Kanalsystemen. Noch 1820 wurden rund 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet. Westeuropa kam auf etwa 20 Prozent, die USA nicht einmal auf zwei Prozent.

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Unregulierte Märkte können eine Gesellschaft zerstören

Für die konventionelle Wirtschaftstheorie ist menschliches Handeln eine Abfolge rationaler Entscheidungen. Sie ist laut Tony Judt zwar angeschlagen, aber unbeeindruckt, obwohl sie die Finanzkrise weder vorhergesehen noch verhindert hat. Für die Anhänger dieser Theorie ist der Mensch ein ökonomisches Wesen, der nur seine individuellen Interessen verfolgt und dabei Kriterien wie Altruismus, Selbstverleugnung, Geschmack, kulturelle Gewohnheiten oder kollektive Wünsche nur minimal berücksichtigt. Da der Mensch mit genügend vielen und korrekten Informationen über den Markt ausgestattet ist, trifft er demnach die bestmöglichen Entscheidungen, die sowohl dem eigenen Interesse dienen als auch dem Ganzen zugute kommen.

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Wie zwei Studenten aus Harvard Facebook gründen

Ben Mezrich beschreibt in seinem Buch „Die Gründung von Facebook“ chronologisch die Entwicklung der Idee zweier Studenten zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt. Die dramatische Entstehungsgeschichte von Facebook hat der Autor aus Dutzenden von Interviews, Hunderten von Quellen und Tausenden von Dokumenten rekonstruiert. Ursprünglich waren facebooks Datenbanken mit Fotos von Studierenden, von den Verwaltungen der Universitäten alphabetisch geordnet. Es fing alles damit an, dass Mark Zuckerberg Tausende von Fotos aus den Datenbanken der Wohnheime der Harvard Universität gesaugt hatte. Zuerst wollte er seine Website Facemash.com nennen. Mark Zuckerberg dachte bei sich: „Kann sein, dass Harvard die Website aus rechtlichen Gründen kippt, ohne zu kapieren, welchen Wert sie als Initiative hat, die man auch auf andere Unis ausdehnen könnte.“

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Freundschaft fördert den Glauben an die Menschheit

In einer Freundschaft finden sich gemäß Siegfried Kracauer immer nur Menschen von ähnlicher typischer Veranlagung zusammen. Er schreibt: „Indem sie sich gegenseitig aufnehmen, verdoppeln sie sch in allem, worin sie gleich sind.“ Ein Ich wird durch das andere gestärkt, und weil es seine Eigenheiten und Schwächen und manches Heimliches bei seinem Freund in liebender Obhut weiß, kann es auf dem ihm vorgegebenen Weg vertrauensvoll weitergehen. Nur der Einsame schwankt unsicher wie ein Fähnchen im Wind oder erschöpft sich im Kampf um seine Selbstbehauptung. Der Widerhall eines Freundes dagegen stärkt das Selbstwertgefühl. Der Schriftsteller Siegfried Kracauer ist davon überzeugt, dass Freundschaft menschengläubig macht wie alle wahrhafte Liebe.

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Tony Judt moniert die Verwahrlosung der Öffentlichkeit

In den letzten dreißig Jahren hat der private Reichtum laut Tony Judt in den Industrienationen deutlich zugenommen. In Amerika, Großbritannien und einigen anderen Ländern haben Finanzgeschäfte die Industrie oder den Dienstleistungssektor als Quelle von Privatvermögen verdrängt und zu einer verzerrten Wertschätzung ökonomischen Handels geführt. Reiche hat es seiner Meinung nach schon immer gegeben, aber heute ist ihr Vermögen größer als zu irgendeiner anderen Zeit. Es fällt Tony Judt leicht, diese privaten Privilegien zu verstehen und zu beschreiben. Schwerer ist es für ihn, die öffentliche Verwahrlosung zu beschreiben, in die viele Staaten versunken sind. Er zitiert Adam Smith, der gesagt hat: „Keine Gesellschaft kann gedeihen und glücklich sein, in der der weitaus größte Teil ihrer Mitglieder arm und elend sind.“

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