Hans-Jürgen Jakobs stellt die fünf Internetgiganten vor

Wenn man die „Big Five“ – Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft – der westlichen digitalen Welt miteinander vergleicht, dann wirkt es so, als läge ein Art abgestimmtes Verhalten vor. Hans-Jürgen Jakobs erklärt: „Auf der einen Seite lassen sich die fünf Internetgiganten ihre jeweils angestammten Monopole, ihre Zonen der Alleinherrschaft. Vermutlich ist der Grund, dass es viel zu teuer käme, an diesen Verhältnissen etwas zu ändern.“ So hegt und pflegt Google weiter sein Suchmaschinenmonopol, ohne große Gegenwehr von Microsofts Konkurrenzangebot Bing fürchten zu müssen. So kultiviert Meta nach wie vor das eigene Social Network, ohne große Attacken der anderen. So baut Amazon kontinuierlich seine große Bedeutung im E-Commerce aus, Microsoft seine dominierende Rolle als elektronischer Bürohelfer sowie Apple seinen Geltungsanspruch bei Smartphones. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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Big Data und KI vergrößern die Marktmacht von Facebook und Co.

Big Data und Künstliche Intelligenz (KI) beschwören das Schreckgespenst einer noch größeren Zunahme von Marktmacht herauf. Denn Unternehmen wie Amazon, Google und Facebook können riesige Datenmengen über jeden einzelnen User zusammentragen. Joseph Stiglitz stellt fest: „Die Befürworter von Big Data behaupten, mithilfe dieses Ansatzes ließen sich Produkte entwerfen, die besser auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten seien. Es besteht auch die Hoffnung, dass die bereitgestellten Informationen langfristig eine maßgeschneiderte medizinische Versorgung ermöglichen werden.“ Die Suchmaschinenbetreiber erklären, die Daten erlaubten ihnen zielgerichtetere Werbung, sodass Verbraucher eher für sie nützliche Informationen erhielten. Dies sind die positiven Möglichkeiten von Big Data. Aber die marktbeherrschenden Unternehmen können diese Daten mithilfe von KI auch in einer Weise nutzen, die ihre Marktmacht und ihre Gewinne auf Kosten von Verbrauchern erhöht. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Der moderne Monopolismus verfügt über politische Macht

Im Fall Facebook zeigt sich wie nirgendwo sonst im modernen Monopolismus, dass die Hoheit über das Veröffentlichen von Meinungen und Informationen, so falsch sie auch sein mögen, politische Macht bedeutet. Hans-Jürgen Jakobs erläutert: „Lange profitierte das Soziale Netzwerk vom Mythos des „Arabischen Frühlings“ aus dem Jahr 2011, von all den Erzählungen über die Hunderttausende von Unterdrückten, die sich in Ägypten, Tunesien und anderen fernen Ländern via Facebook trotz Zensur und Repression verabredeten und der Staatsgewalt trotzten.“ Es bürgerte sich dafür sogar der Begriff „Facebook-Revolution“ ein – eine Übertreibung die Marc Zuckerberg kultivierte, weil der Funke tatsächlich von Social Media auf die klassischen Medien übergesprungen war. Es gibt allerdings kein Monopol darauf, dass die Macht von Facebook immer nur für das Gute, Wahre, Schöne, kurzum für Demokratie und „westliche Werte“ eingesetzt wird. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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Mit dem Internet hat die „Weltkommunikation“ eingesetzt

Die Weltformel der globalen Gesellschaft wird gebildet aus den heißen Drähten, an denen sie unentrinnbar hängt. Eva Menasse schreibt: „Man könnte das, was fast mit einem Schlag eingesetzt hat, analog dem World Wide Web auch „Weltkommunikation“ nennen. Eine solche ist zum ersten Mal möglich, indem ein Großteil der Weltbevölkerung theoretisch unkompliziert miteinander in Verbindung treten kann, ohne große Hürden oder Kosten, in Echtzeit, ungeachtet aller Zeitverschiebungen und Entfernungen.“ Es begann, als das „mobile“ oder altmodisch sogenannte „Handtelefon“ vom Telefonnetz, den Mobilfunkanbietern und ihren Phantasie- und Roamingpreisen abhängig wurden. Plötzlich war es kein Telefon mehr, sondern war zum maximal potenten Weltempfänger und -sender geworden. Dadurch haben die neue Telefon eine erstaunlichen Teil der Medienmacht zurück an die Masse gegeben. Die Romane der österreichischen Schriftstellerin Eva Menasse sind vielfach ausgezeichnet worden.

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Der Neid ist das geheimste aller Gefühle

Bettina Schulte schreibt in ihrem Buch „Neid“: „Der Neid ist das verbotenste aller Gefühle – und ist die Todsünde, die überhaupt keinen Spaß macht.“ Trotzdem scheint er für die Entwicklung von Gesellschaften notwendig zu sein. Denn der Neidische fühlt sich dem anderen überlegen. Das spornt ihn an, des dem Beneideten gleichzutun. Die Neidproduzenten von heute heißen Influencer. Die sozialen Medien Facebook und Instagram sind die größten Neidmaschinen der Gegenwart. Neidisch sind immer nur die anderen. Nur weiß im Normalfall keiner vom Neid. Denn er ist tabu. Heutzutage gehört der Neid zu den letzten Gefühlen, die geheim gehalten werden. „Bewunderung ist glückliche Selbstverlorenheit, Neid unglückliche Selbstbehauptung“, fasst der dänische Philosoph Sören Kierkegaard den Unterschied zwischen neidloser Anerkennung eines anderen und neidischer Selbstbezogenheit in einem klugen Aphorismus zusammen. Die Kulturjournalistin Bettina Schulte promovierte über Heinrich von Kleist und war mehr als zwanzig Jahre leitende Redakteurin im Feuilleton der Badischen Zeitung.

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Die Tech-Giganten haben in den USA mehr als 1.000 Firmen gekauft

Ein Erfolgsfaktor der neuen Monopole aus den USA ist das geglückte Ansinnen, über hemmungslose, ehrgeizige Akquisitionen von Firmen in neue Märkte einzudringen – und sich anschließend dort dauerhaft festzusetzen. Hans-Jürgen Jakobs weiß: „Insgesamt haben Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft in den vergangenen zehn Jahren mehr als eintausend Unternehmen erworben. In manchen Fällen geschah das aus einem einzige Grund: Die Zukäufe sollten helfen, den Markt abzusichern – und den potenziellen Aufstieg neuer Konkurrenten beizeiten zu verhindern.“ Am geeignetsten dafür: „Killer acquisitions“. Das „nächste Amazon“ oder das „nächste Google“ konnte mit dem Wegkaufen von Start-ups vermieden werden. Besonders kompromisslos ging Mark Zuckerberg mit Facebook – heute: Meta Platforms – vor. Zwischen 2005 und 2021 kaufte er allein 92 Unternehmen auf, darunter finden sich Namen wie Gowalla oder Caffeinated Mind, die heute niemanden mehr etwas sagen. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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Die sozialen Medien fördern den Narzissmus

Von den sozialen Medien ist kein Funke sozial. Anders Indset betont: „Keine Spur von Mitmenschlichkeit ist in ihnen zu erleben, sondern pure „Narzisterie“: eine Hysterie um einen ichischen Gefällt-mir-Button – eine Narzissmusmaschine zur Stärkung des Egos.“ Dabei schwächt die „Narzisterie“ das Ego durch die Entfremdung vom eigenen Ich. Die Visualisierung und Optimierung, der Filter-Fuck und die Definition über das „Gefällt mir“ ist ein Trieb. Womöglich folgt eine Zukunft, in der Menschen mit einem Schmunzeln darauf zurückschauen, wofür ihre Vorfahren Anfang des 21. Jahrhunderts Zeit aufgewendet haben. Die Gefälligkeit und Beliebigkeit des Liken und Ent-Liken, Folgen und Ent-Folgen – wer hat was geschaut und wann. Ich folge dir, bin dein Fan und Freund, aber nur wenn du mir Like und Follow zurückgibst. Anders Indset, gebürtiger Norweger, ist Philosoph, Publizist und erfolgreicher Unternehmer.

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Die „Gafam“-Monopole sind mächtiger als Staaten

Wer über wirtschaftliche Macht schreibt, kommt an Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft nicht vorbei. Dabei handelt es sich um jene „Big Five“ der modernen Informationsgesellschaft, die als „Gafam“ gekannt ist. Hans-Jürgen Jakobs erläutert: „Auch sie handeln mit einem Rohstoff, unseren Daten, einem Gut, das längst als Rohöl des 21. Jahrhunderts gepriesen wird. Viele Märkte sind inzwischen hochkonzentriert, auch in Deutschland.“ Der Energiemarkt zum Beispiel. Die Rohstoffe. Das Geschäft mit der Telekommunikation. Der Handel. Gas. Die Reeder. Finanzen. Der Markt für Wirtschaftsprüfer. Aber „Gafam“ ins besonders, denn diese Unternehmen schreiben die Geschichte der Monopole neu. Sie sind längst so mächtig – sogar mächtiger – wie Staaten, in ihrem Selbstbewusstsein allemal, nur ohne jegliche demokratische Kontrolle. Hans-Jürgen Jakobs ist Volkswirt und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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Es gibt drei große gesellschaftliche Umbrüche

Der französische Denker Jean Baudrillard gilt als einer der Hauptverfechter der Postmoderne. Dennoch war es ausgerechnet er, der die Mythologie des Sozialkonstruktivismus angegriffen hat. Jean Baudrillard behauptet in einem Buch „Simulacres et simulation“, dass es drei große gesellschaftliche Umbrüche gebe, die in der gegenwärtigen Zeit kulminierten. Markus Gabriel kennt sie: „In der Vormoderne seien menschliche Gesellschaften durch Symbole gesteuert worden, die sich ziemlich eindeutig von der Wirklichkeit unterschieden. Eine Götterstatue aus Lehm ist ein Symbol für einen Gott, aber selbst kein Gott, wie das alttestamentarische Bilderverbot einschärft. Die monotheistische Revolution bringt die Vormoderne sozusagen auf den Punkt.“ Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Die Grundrechte stehen an erster Stelle

Zwei Jahre, in denen eine essenzielle Krise auf die nächste folgte, habe das gesellschaftliche und politische Leben in Deutschland substanziell verformt. Dabei ist es zu einer schier unglaublichen Machtkonzentration der Exekutive gekommen. Ulrike Guérot fordert in ihrem neuen Buch „Wer schweigt, stimmt zu“, dass der Wert von Grundrechten dringend neu im Bewusstsein der Deutschen verankert werden muss. Die Gesellschaft darf niemanden von der Teilhabe am Diskurs ausgrenzen, den mit Ausgrenzung beginnt laut Ulrike Guérot die Erosion der Demokratie. Gewinner sind ihrer Meinung nach vor allem Tech-Giganten wie Facebook, Twitter sowie YouTube und Finanzgiganten, die schlussendlich digitale Überwachungssystem installieren. Sie haben den Körper als letzte Ware im Visier und Heilsversprechen im Gepäck. Seit Herbst 2021 ist Ulrike Guérot Professorin für Europapolitik der Rheinischen-Friedrichs-Wilhelms Universität Bonn.

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Die Idee der Technik entstand in Griechenland

Der Funktionalismus ist ein unglückliches Erbe der altgriechischen, von Platon und Aristoteles höchstpersönlich eingeführten Idee der Technik. Markus Gabriel erläutert: „Platon und Aristoteles bezeichnen diejenigen Funktionen, die zwei physikalisch verschiedene Dinge zu Dingen derselben Art machen, als Idee.“ Was man heute als Funktion bezeichnet, entspricht einer abgespeckten Version der platonisch-aristotelischen Idee. Aristoteles hat die Überlegung dahingehend konkretisiert, dass er den Begriff einer Funktion, eines telos, entwickelt hat. Er unterfüttert ihn mit der Lehre von den vier Ursachen. Die Technik ist heutzutage die Realisierung von Ideen, durch die man Dinge produziert, die nicht schon von Natur aus da waren. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Andreas Barthelmess stellt die Unicorn-Ökonomie vor

Andreas Barthelmess weiß, wie die Unicorn-Ökonomie funktioniert. Starke Gründer bringen eine gute Idee zu ersten Markterfolgen. Namhafte Wagniskapitalgeber werden darauf aufmerksam und investieren, andere ziehen nach. Dabei kommt es zur Selbstverstärkung. Investoren validieren das Unternehmen positiv, Presse und Social Media berichten. Die besten Talente wollen beim Unternehmen arbeiten. Andreas Barthelmess fügt hinzu: „Der ökonomische Sog wirkt jetzt auch psychologisch, immer mehr Kunden folgen.“ Klingt wie ein Märchen, darum heißt es ja auch „Einhorn“, funktioniert aber in der Wirklichkeit. Der Wagniskapitalgeber Peter Thiel hat 2018 in der Weltwoche festgestellt: „Technologie ist schwer messbar. Viel eher geht es um Dinge, die in Bewegung sind, um Geschichten.“ Ganz ähnlich argumentiert der Ökonom und Nobelpreisträger Robert J. Shiller in seinem Buch „Narrative Economics“. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Das Computernetz wird singularisiert

Im digitalen Computernetz werden nicht nur Subjekte, sondern auch Objekte und Dinge singularisiert. Und zwar auf zwei Wegen. Entweder geschieht das maschinell-algorithmisch oder durch die Subjekte mit Hilfe der digitalen Instrumente. Andreas Reckwitz erläutert: „Das wichtigste Beispiel für den ersten Weg ist das, was häufig unter der Überschrift >Personalisierung des Internets< verhandelt wird. Der zweite Weg ergibt sich vor allem als ein Effekt der Handhabung der Software, der >Softwarisierung< der Objekte.“ Im ersten Fall handelt es sich bei den Objekten um das Insgesamt des Netzes, wie es sich dem Nutzer darbietet. Im letzteren Fall geht es um einzelne digitale Objekte – Texte, Bilder etc. – oder auch materielle Dinge. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Das Smartphone ändert den Bezug zur Welt

Das Smartphone ist permanent zur Hand und ändert dadurch den Bezug der Menschen zur Welt. Andreas Barthelmess erklärt: „Was fern war, ist plötzlich nah, und das heißt: Von nun an ist alles nah.“ Über Facetime oder WhatsApp telefonieren die Menschen aus dem WLAN heraus eben mal kostenlos mit einem Freund in New York oder Paris. Doch wie das Smartphone den Menschen die Ferne nahe bringt, so entfernt es ihnen umgekehrt die Nähe. In der U-Bahn schauen viele Menschen auf das Display ihres Smartphones, aber nicht in die Gesichter der Mitfahrenden. Wenn man eine Adresse sucht, fragen wir Google Maps, aber nicht einen Anwohner hinter dem nächsten Gartenzaun. Das Restaurant in Venedig empfiehlt tripadvisor, und schon wieder entgeht dem Reisenden ein Gespräch mit einem Einheimischen. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Im Internet wird jeder beobachtet

Auf Facebook zum Beispiel beobachten sich die Netz-Subjekte gegenseitig. „Hinter ihrem Rücken“ ist jedoch noch eine andere Singularisierung am Werk. Sie ist rein maschinell und das Resultat der Beobachtung der Menschen durch das digitale Computernetz. Andreas Reckwitz ergänzt: „Dieses avanciert so zum algorithmischen Beobachtungssystem, das Subjekte in ihrer Besonderheit zu begreifen versucht.“ Beobachtung bedeutet hier nicht Überwachung, sondern allgemein, dass Systeme ihre Umwelt beobachten. Dort unterscheiden sie Phänomene und bezeichnen sie. Die digitalen Verfahren, die hier zum Einsatz kommen, sind apparative Systeme der Beobachtung. Dazu zählt Andreas Reckwitz beispielsweise „data analytics“ bei Facebook oder Google oder Self-Tracking-Geräte, die am Körper getragen werden. Sie prozessieren nicht Informationen oder Sinnzusammenhänge, sondern Daten, und zwar in erheblichem Ausmaß: Big Data. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Das Internet ist auf den Moment orientiert

Internet-Profile sind nicht statisch, sondern durch eine Permanenz der Performanz des Neuen gekennzeichnet. Andreas Reckwitz weiß: „In der Logik der Weblogs und des Bloggens war von Anfang eine Aktualisierungsanforderung eingebaut. Facebook hat dieser Dynamisierung der Profile durch die Einführung der „Chronik“ einen zusätzlichen Schub gegeben.“ Das Profil-Subjekt muss seine Originalität und Vielseitigkeit so immer wieder unter Beweis stellen, durch beständige, immer neue Performanz. Es reicht nicht, einmal zu bekunden, dass man Australien, Rock-Musik und seine Kinder liebt. Man muss diese Leidenschaften und Interessen durch zeitnahe Aktivitäten sozusagen ständig aufs Neue öffentlich realisieren. Die Permanenz der Performanz des Neuen überträgt die generelle Momentorientierung des Internets auf die Ebene der Fabrikation des Subjekts. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Die Disruption ist das Phänomen der Gegenwart

In seinem ersten Buch „Die große Zerstörung“ vertritt Andreas Barthelmess die These, dass sich viele Menschen von den digitalen Brüchen und den dadurch entstehenden Zerstörungen überfordert fühlen. Deshalb polarisiert sich die Gesellschaft. Es entstehen Gruppen, die sich unversöhnlich und feindselig gegenüberstehen. Künstliche Intelligenz und autonomen Maschinen vernichten Arbeitsplätze. Facebook, Google und Chinas Datenmacht steuern auf einen globalen Staatsstreich zu. Doc im Bruch liegt für Andreas Barthelmess auch die Lösung: „Digitale Bewegungen wie #MeToo und Fridays for Future machen Hoffnung auf eine neue demokratischen Weltordnung.“ Der Autor analysiert scharfsinnig die digitale Kultur und macht konkrete Vorschläge für die Politik. Das Gefühl der Alternativlosigkeit kennt er nicht. Vor allem aber glaubt er an das vereinte Europa: „In flexiblen Allianzen macht es sich auf zur globalen Bürgergesellschaft.“ Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Informationen haben den Status des Kognitiven

Andreas Reckwitz unterscheidet deutlich zwischen Daten, Informationen und Kulturformaten. Allen drei begegnet er in den digitalen Medien. Als Daten lassen sich Systeme von Unterscheidungen begreifen. Diese kommen innerhalb maschineller Prozesse – Binärcodes, Algorithmen – vor und wirken damit unabhängig vom Wissen der Menschen. Anders als die Daten bilden Informationen und Kulturformate Sinnzusammenhänge, mit denen menschliche Subjekte hantieren. Während die Information jedoch eine instrumentelle Funktion hat, haben die Kulturformate aus Sicht der Teilnehmer schon für sich genommen einen Wert. Informationen haben den Status des Kognitiven. Sie sind nützliches Wissen, um bestimmte Zwecke zu erreichen. Kulturformate sind stattdessen für die Teilnehmer intrinsisch motiviert, gerade indem sie sie beeinflussen beziehungsweise erregen. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Die Präsentation des wirklichen Ichs macht sehr verletzlich

Die meisten Menschen haben sich schon immer für die Welt um sich herum herausgeputzt, ihre besten Seiten herausgekehrt und ihre Fehler, so gut es ging, versteckt oder getarnt. Und so machen sie es auch heute noch in hohem Maß. John Bargh erläutert: „Jeder, der schon einmal auf Facebook, Instagram oder einem anderen sozialen Medium war, weiß, dass die Leute viel Zeit und Sorgfalt darauf verwenden, Upgrade-Versionen ihrer selbst zu präsentieren, das Bild eines Lebens zu zeichnen, das perfekter erscheint, als es tatsächlich ist.“ Manchmal sind diese „Personen“ rein fiktiv, wie etwa beim sogenannten Catfishing. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Die digitale Revolution greift den Arbeitsmarkt an

Die Gedanken, Gefühle und Interessen der Menschen scheinen heutzutage in vielen Wirtschaftsbereichen nichts mehr zu gelten. Für den weltklugen irischen Konservativen Edmund Burke, einen Schriftsteller und Politiker des 18. Jahrhunderts, waren sie allerdings der einzige feste Halt von Autorität. Nicht Gesetze, Sätze auf Papier mit Unterschriften, entscheiden darüber, ob eine Gesellschaft zusammenhält, sondern ihre „Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Sympathien füreinander“. Ihre „Sitten, Umgangsformen und Lebensgewohnheiten“ stiften den sozialen Kitt; „Verpflichtungen, die mit dem Herzen besiegelt werden“. Richard David Precht stellt fest: „Doch offenkundig kümmern sich die großen Digitalkonzerne bei der Ausübung ihrer neuen Weltherrschaft herzlich wenig um die Maxime, Macht auf Sitten und Gebräuche zu gründen.“ Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Die Künstliche Intelligenz managt menschliche Beziehungen

Soziale Plattformen wie Facebook oder Instagram beeinflussen gezielt die Meinung ihrer Benützer durch die Auswahl der Inhalte. Natürlich handelt es sich dabei noch nicht primär um Künstliche Intelligenz. Holger Volland fügt hinzu: „Jedoch bildet das in den sozialen Medien antrainierte Verhalten eine sehr solide Basis dafür, dass Künstliche Intelligenzen über diese Plattformen recht effizient unsere Beziehungen managen können. Denn ihr Einfluss darauf, wer unsere Freunde sind und was wir von ihnen halten, ist immens.“ Die Algorithmen der Unternehmen beeinflussen, welche unserer Kontakte man häufig angezeigt bekommt, sie filtern die Nachrichten dieser Personen und zeigen einem nur diejenigen, die am meisten Zustimmung und Interaktion hervorrufen. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Die Künstliche Intelligenz beeinflusst die persönlichen Beziehungen

Die Künstliche Intelligenz bei der Partnersuche einzusetzen, ist nur ein recht naheliegendes Anwendungsgebiet unter vielen. Statistische Vorhersagenanalysen werden von Algorithmen ausgeführt und empfehlen den Kunden beispielsweise bei Amazon „ähnliche“ Produkte zu aktuellen Käufen, bei Netflix passende Filme und stellen bei Spotify Playlisten der persönlichen Lieblingsmusik zusammen. Warum sollte also die gleiche Technologie also nicht dabei helfen, passende Menschen zusammenzubringen? Holger Volland schreibt: „Die Zukunft des Datings wird sich deshalb eher in den Blackboxes der neuronalen Netze abspielen als auf den Nutzerprofilen von Online-Portalen, deren Aussagen sowieso meist erfunden und übertrieben sind. Dating ist aber nur eine sehr spezielle Form der menschlichen Beziehungspflege.“ Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Deutschlands Politiker sind strategische Pygmäen

Die modere Politik, wie sie derzeit fast überall in Europa vorherrscht, ist gekennzeichnet durch den Verzicht von Ethos zugunsten taktischer Klugheit und höchst flexibler Grundsätze. Richard David Precht fügt hinzu: „In diesem Sinne erscheint es nur als konsequent, den Technokraten selbst das Regieren zu überlassen. Solche Technokraten tun nichts, was sie nicht meinen genau abschätzen zu können.“ Sie haben auch keine Inhalte oder Themen, sondern Inhalte und Themen kommen durch die Massenmedien auf sie zu: Finanzkrise, Schuldenkrise, Bespitzelungsaffäre, Migrationskrise. Nichts davon ist geahnt, nichts gewusst. Weil nirgendwo auf die Zukunft hin geplant und nach Überzeugungen gestaltet wird, erwartet die Politik die Themen wie das Wetter – die Diktatur der Gegenwart über die übrige Zeit; alles bewegt, nichts verändert sich. Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Migrantion ist das beherrschende Phänomen der Gegenwart

Kein Mensch wird absichtlich heimatlos. Vermutlich keiner verlässt gerne den Ort, an dem die Vorfahren gelebt und gestorben sind. Christian Schüle erläutert: „Wer migriert, hat fast immer seine Heimat verloren oder war gezwungen, sie zu verlieren.“ Ihm wurde die Heimat genommen, durch Krieg, Gewalt, Dürre, Hunger, Verfolgung, Vergewaltigung, Verstoßung. Sein Zuhause ist von da an die Unbehaustheit, sein Habitat die Heimatlosigkeit. Das Selbstverständnis eines Fliehenden besteht in seiner Vertriebenheit. Migration ist das beherrschende Phänomen der Gegenwart, und der Flüchtling das traurige Extrem erzwungener Wanderungsbewegungen. Heimat richtet heute an jeden Einzelnen die Frage, wie er mit Fremdheit umgehen kann und will und was er, bezogen auf das Fremde, unter dem Eigenen versteht. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

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Einsamkeit hängt eng mit Stress zusammen

Wer mitten im Berufsleben steht und viel mit Leuten zu tun hat, möchte am Wochenende wahrscheinlich abschalten, sich „ausklinken“ und die Seele baumeln lassen. Auch den Chef möchte er am Wochenende nicht sehen. Manfred Spitzer erläutert: „Ein solcher Mensch, der die Einsamkeit sucht, um dem Stress zu entgehen, käme wahrscheinlich nicht auf den Gedanken, dass Einsamkeit mit Stress eng zusammenhängt.“ Akute Einsamkeit muss Stress auslösen, denn sie stellte im Laufe der menschlichen Entwicklung immer schon den größten denkbaren Notfall dar. Auf sich allein gestellt, ist das Gemeinschaftswesen Mensch nicht überlebensfähig, insofern leuchte tes ein, dass das Leben in einer Gemeinschaft das Stressniveau senkt. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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