Die eingeschränkten Rechte zukünftiger Generationen

Die Menschheit verfügt heute über die Macht, die Erde ihren Nachfahren als einen weit weniger angenehmen Planeten zu hinterlassen, als sie ihn von ihren Vorfahren geerbt hat. Laut Joel Feinberg vermehren sich die Menschen immer stärker, veröden die fruchtbaren Böden in einem immer größeren Ausmaß, verpesten die Flüsse, Seen und Meere mit Giften und Abfällen, holzen die Tropenwälder ab und vergiften die Atmosphäre mit Giftgasen. Dabei sind alle nachdenklichen Zeitgenossen sich darüber einig, dass die Menschen dies nicht tun sollten. Joel Feinberg schreibt: „Die meisten würden sogar sagen, dass die Erhaltung unserer Umwelt nicht nur moralisch gefordert, sondern dass wir sie auch unseren Nachkommen schulden, und zwar um ihrer selbst willen.“

Die Gemeinsamkeit zwischen kommenden Generationen und einem Fötus

Gemäß Joel Feinberg ist es die Menschheit den kommenden Generationen schuldig, ihnen die Welt nicht als bloße Müllhalde zu hinterlassen. Zwar können die Nachfahren der heute Lebenden, da sie noch nicht existieren, nicht schon selbst ihr Recht auf eine Welt einfordern, in der sie noch leben können. Aber sie haben heute bereits zahlreiche Anwälte, die in ihrem Namen sprechen und sich im eigentlichen Sinn als die bevollmächtigten Vertreter zukünftiger Interessen verstehen.

Joel Feinberg gibt zu, dass im Gegensatz zu Föten bei kommenden Generationen eine viel größere Zeitspanne mit einer viel größeren Zahl kausal notwendiger und wichtiger Ereignisse vergehen muss, ehe ihre potentielle Existenz zu einer wirklichen wird. Dennoch gibt es zwischen Föten und zukünftigen Generationen eine Gemeinsamkeit. Joel Feinberg schreibt: „Doch unsere Nachkommenschaft als Kollektiv wird bei normalem Ablauf der Ereignisse mit derselben Gewissheit existieren, mit der irgendein bestimmter Fötus im Schoß seiner Mutter einmal existieren wird.“

Die potentiellen Interessen der Nachfahren

Die eigentliche Schwierigkeit der heutigen Menschen liegt für Joel Feinberg nicht darin, dass sie daran zweifeln, ob sie einmal Nachfahren haben werden, sondern dass sie nicht wissen, wer sie im Einzelnen sein werden. Joel Feinberg schreibt: „Greifen wir irgendeinen von ihnen heraus, so können wir von ihm sagen, dass auch er wie wir, ein Interesse an Lebensraum, fruchtbarem Boden, frischer Luft und so weiter haben wird. Aber dieser willkürlich herausgegriffene Mensch hat keine weiteren Merkmale, die wir schon heute klar ausmachen könnten.

Die Rechte, die kommende Generationen mit Gewissheit den heutigen Menschen gegenüber haben, stellen nur bedingte Rechte dar: Die Interessen, die sie mit Sicherheit einmal haben werden, fordern laut Joel Feinberg Schutz vor einer möglichen Verletzung in der Gegenwart. Er schreibt: „Wer diese Menschen auch sein und wie immer sie beschaffen sein mögen, sie werden ganz gewiss Interessen haben, die wir heute zum Guten oder Schlimmen beeinflussen können.“

Kurzbiographie: Joel Feinberg

Joel Feinberg wurde am 19. Oktober 1926 in Detroit, Michigan, geboren. Er war Professor der Philosophie an der University of California, Los Angeles, an der Rockefeller University in New York sowie an der University of Arizona in Tucson. Er hat zahlreiche Bücher zur Ethik, Sozial- und Rechtsphilosophie veröffentlicht. Joel Feinberg starb am 29. März 2004 in Tucson.

Von Hans Klumbies