Die Demokratie braucht mündige Bürger

Noch liegt der Großteil der notwendigen weiteren Entwicklungsschritte der Demokratie in den Händen der politischen Entscheidungsträger. Hans-Otto Thomashoff betont: „Doch eben auch wir Bürger können aktiv beitragen zur Sicherung, zum Erfolg und zur evolutionären Weiterentwicklung unseres Gesellschaftssystems. Das übergeordnete langfristige Ziel dabei muss es sein, die Lebensqualität möglichst weitgehend für möglichst alle in der Gesellschaft zu verbessern.“ Um die Demokratie zu schützen und sie nicht in die Hände radikaler Populisten von rechts oder links entgleiten zu lassen, ist es an erster Stelle wichtig, dass man sich selbst als erwachsener, mündiger Bürger seine eigene Meinung bildet. Eine solche fundierte Meinungsbildung zu den Werten, die eine Demokratie prägen und zu den Wegen, die zu diesen Werten führen, erlaubt es in der Regel dann auch an ihnen festzuhalten, wenn gelegentlich die Gefühle hochkochen. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

In der Corona-Pandemie blieb für viele Eigenverantwortung ein Fremdwort

Hans-Otto Thomashoff betont: „Offenbar ist da noch viel zu tun. Denn war es nicht erschreckend zu sehen, wie schnell und widerspruchslos ein Großteil der Bürger auf essenzielle Grundrechte verzichtete, als die Angst vor dem Coronavirus um sich griff.“ Dabei handelt es sich um Grundrechte wie Versammlungs- und Bewegungsfreiheit, für die Menschen in anderen Ländern bereit sind, ihr Leben zu lassen. Oder war es schlimmer, zu erkennen, wie die Maßnahmen der Politik, die diese Bürger entmündigten, legitim erschienen angesichts der Verantwortungslosigkeit vieler Menschen?

Diese waren nicht in der Lage oder aus pubertär anmutenden Trotz gewillt, den zur Vermeidung einer Ansteckung notwendigen Abstand einzuhalten, um sich selbst oder zumindest andere zu schützen. Stattdessen veranstalteten sie Corona-Partys. Hans-Otto Thomashoff stellt fest: „Das Gesamtbild, das entstand, bestand aus Politikern, die als Opfer der Medienhysterie emotional getrieben reagierten, und aus Bürgern, die sich nach Lust und Laune weiter austobten, weil für sie erwachsene Eigenverantwortung ein Fremdwort blieb.“

Die Bürger müssen Verantwortung übertragen bekommen

Hans-Otto Thomashoff mag sich gar nicht ausmalen, wie angesichts dessen wohl eine Krise mit einem deutlich gefährlicheren Virus in Österreich und Deutschland verlaufen wäre. Doch verstellte dieser oberflächliche Bild den Blick auf die schweigende Mehrheit, die verantwortungsvoll mit der Krise umging und zur Belohnung dafür in Sippenhaft genommen wurde. Wenn eine echte Bürgergesellschaft funktionieren soll, müssen Bürger Verantwortung übertragen bekommen.

Zudem müssen sie gefordert werden, sich dieser Verantwortung auch zu stellen und gegebenenfalls die Konsequenzen für ihre Entscheidungen zu tragen. Hans-Otto Thomashoff erläutert: „Voraussetzung dafür ist, dass jeder, der sich an Entscheidungsprozesse beteiligen will, ausreichend informiert ist, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Wer mitbestimmen will, muss sich aktiv beteiligen am Meinungsbildungsprozess: Was ist uns wichtig? Und warum ist es uns wichtig?“ Quelle: „Mehr Hirn in die Politik“ von Hans-Otto Thomashoff

Von Hans Klumbies

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