Menschen müssen in Sicherheit leben können

Beim zivilcouragierten Handeln geht es um die Beibehaltung einer Zivilgesellschaft. Zudem geht es um die Verteidigung der Menschenrechte, um die Bewahrung der Demokratie und um den Schutz von Opfern durch Diskriminierung. Klaus-Peter Hufer ist besorgt: „Beides ist gefährdet, im Alltag, in der Gesellschaft und in der Politik – und durch diese. Menschen müssen in Würde, Sicherheit und Freiheit leben können – dafür muss immer gesorgt werden, muss wachsam hingeschaut und entschieden gehandelt werden.“ Die Probleme beginnen bei individuellen Beleidigungen und setzen sich fort über Mobbing beim Arbeitsplatz. Des Weiteren kommt es zu öffentlichen Pöbeleien und Behinderungen von beispielsweise Rettungskräften bei ihren Einsätzen. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Couragierte Menschen schreiten gegen Willkür ein

Wenn es auch keine eindeutigen und objektiven Kriterien gibt, warum Menschen Zivilcourage zeigen, ist es doch möglich, Hinweise zu finden. Klaus-Peter Hufer stellt fest: „Diese ergeben sich aus den Lebensgeschichten und Handlungen derer, die in beeindruckender Weise sozialen Mut zeigen.“ Die Verdienste dieser Menschen liegen zweifelsohne in ihrem couragierten Verhalten. Bei Not greifen sie selbstlos ein und schreiten gegen Unterdrückung, Willkür und Diktatur ein. Sie sind dabei über die Grenzen ihrer eigenen Sicherheit gegangen. Dabei darf man jedoch nicht übersehen, dass es viele „stille Helden“ gab und gibt. Unzählige Menschen halfen und schützten Opfer und Bedrohte im Laufe der Geschichte. Dies geschah in allen Ländern und zu allen Zeiten. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Das Internet kennt keine Gnade

Viele Bürger glauben, dass es heute ein bisschen riskanter ist als früher, sich in der Öffentlichkeit zu Wort zu melden. Roger de Weck stellt fest: „Denn das Netz kennt keine Gnade und alle Willkür. Es wechselt nahtlos von der Kritik zur Fertigmache, ganz ohne Proportionen skandaliert es Belangloses, während es Belangvolles ignoriert.“ Der öffentliche Raum kann sich in einen Strafraum verwandeln. Und als die wüstesten, gemeingefährlichsten haben sich rechte Shitstorms erwiesen. Vor allem sind Kulturkämpfer zugleich empfindlich und unerbittlich. Althergebrachte Verteilungskämpfer sind hat im Nehmen, hart im Geben. Mitten in einer Tarifrunde sparen Arbeitgeber und Gewerkschafter nicht mit Schelte und Kraftausdrücken. Stets sind sie dabei aber auf dem Weg zum Kompromiss. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom. Zudem lehrt er als Gastprofessor am College of Europe in Brügge.

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Reinhard Haller kennt alle Spielarten der Rache

Spektakuläre Gewalttaten und alltägliche Gemeinheiten des Zwischenmenschlichen haben eines gemeinsam. Im Kern von beiden steckt häufig Rache. Psychiater, Suchtexperte und Bestsellerautor Reinhard Haller öffnet in seinem neuen Buch „Rache“ das Tor zu einer bisher weitgehend unerforschten Dimension der Gefühle. Er beschreibt dabei alle Spielarten der Rache und legt ihre Wurzeln frei. Reinhard Haller erklärt wie aus einem dünnen Trieb, etwa in Gestalt einer geringfügigen Zurückweisung, wie sie im Alltag laufend vorkommt, oft Gewaltsames entstehen kann. Rache ist ein Gefühl, das in allen, auch in den engsten Beziehungen, vorkommt. Nicht selten folgen auf die Gedanken an Rache auch Taten. Meist sind es nur geringfügige Boshaftigkeiten, die im Trubel des Alltags kaum Aufmerksamkeit bekommen. Oft entstehen daraus jedoch psychische Probleme und Konflikte in der Partnerschaft oder im Beruf.

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Die Pflicht des Vergebens gilt nicht für das Böse

Die Philosophin Hannah Arendt vertritt die Meinung, verstimmte Verbrechen von der Möglichkeit des Verzeihens auszuschließen: „Zweifellos bildet die Einsicht >Denn sie wissen nicht, was sie tun< den eigentlichen Grund dafür, dass Menschen einander vergeben sollen; aber gerade darum gilt auch diese Pflicht des Vergebens nicht für das Böse, von dem der Mensch im Vorhinein weiß, und sie bezieht sich keineswegs auf den Verbrecher.“ Während für den französischen Philosophen Jacques Derrida nur das Unverzeihbare Gegenstand des Verzeihens ist, zieht Hannah Arendt genau den entgegengesetzten Schluss: Das Unverzeihliche mag rufen, so viel es will – verziehen wird es nicht. Svenja Flaßpöhler ergänzt: „Damit bleibt Arendts Begriff des Verzeihens innerhalb der Grenzen der Rationalität: Was jenseits der Grenzen liegt, ist nicht mehr verzeihbar.“ Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und stellvertretende Chefredakteurin des „Philosophie Magazin“.

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Sensationsgier in den Medien ist verwerflich

Massenmedien verhandeln über Schuld. Sie tun das in unmittelbarer Weise in unzähligen Formen der Darstellung. Das Bild krimineller Handlungen ist viel mehr als früher kommunikativ und nicht durch persönliches Erleben bestimmt. Die neue, scheinbar neutrale Informationstechnologie, zeichnet sich durch eine praktisch verzögerungsfreie Gleichzeitigkeit aus. Die Auffächerung der öffentlichen Kommunikation über Identität, Gefahr und Sicherheit ist nicht neu und verwunderlich. Thomas Fischer stellt fest: „Sie ist eine Grundbedingung der menschlichen Zivilisation.“ Man sollte daher nicht fordern, die Mechanismen von Verstärkung, Gerüchten, Verzerrung, Sensationalisierung und kommunikativer Dramatisierung abzuschaffen. Es ist für Thomas Fischer aber verwerflich und verantwortungslos, sie gezielt zu verstärken oder gar erst zu erzeugen. Betroffenheit muss zuerst jeweils erst hergestellt werden, indem Nähe suggeriert und imaginiert wird. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Es gibt kein Recht ohne Moral

Das Recht nicht dasselbe ist wie Moral oder Sitte, ist allgemein bekannt. Trotzdem ist der vielfach geschriebene Leitsatz, Moral und Recht hätten „nichts miteinander zu tun“ oder seien „unabhängig voneinander“, zumindest verkürzt. Thomas Fischer nennt den Grund: „Denn es gibt zwar Moral ohne Recht, aber kein Recht ohne Moral.“ Als Recht bezeichnet man Ordnungen oder Systeme von Normen, die eine Metaebene ihrer Geltung enthalten, also eine übergeordnete, ihrerseits normative Sinnebene, die „vorschreibt“, wie, warum und auf welche Weise die Normen Gültigkeit und Legitimität erhalten. Das betrifft insbesondere die Entstehung der Rechtsnormen und ihre Abgrenzung zu außerrechtlichen normativen Erwartungen. „Recht“ kann es zum Beispiel sein, bestimmte Speisen nicht essen zu dürfen. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Auch innere Impulse werden als Aggressionen bezeichnet

Als Aggression werden im Deutschen häufig nicht nur sichtbare Verhaltensweisen bezeichnet, sondern auch innere Impulse, nämlich Emotionen wie Ärger, Wut und Hass. In dieser Bedeutung wird dann meistens die Pluralform „Aggressionen“ bevorzugt: Aggressionen haben, Aggressionen ausleben, Aggressionen loswerden und so weiter. Das wäre für Hans-Peter Nolting unproblematisch, wenn aggressives Verhalten und aggressive Emotionen lediglich zwei Seiten desselben Prozesses wären. Aber das ist nicht so. Hans-Peter Nolting erklärt: „Es gibt aggressives Verhalten, dass nicht auf aggressiven Emotionen beruht, sondern zum Beispiel auf Habgier oder Angst, und umgekehrt werden aggressive Emotionen keineswegs immer in aggressives Verhalten umgesetzt.“ Daher sollte man beides auseinanderhalten. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Reinhard Haller lotet die Abgründe des Bösen aus

Weit über ein Jahr seines Lebens hat sich Reinhard Haller von Mördern ihre Lebensgeschichten erzählen lassen. Es ging ihm darum, die Persönlichkeit der Täter zu beschreiben, ihre Motive zu analysieren und festzustellen, ob sie mit klarem Verstand – das Gesetz spricht dann von bösem Willen – oder krankhafter Absicht gehandelt haben. In seinem neuen Buch „Das Böse“ präsentiert er seine Ergebnisse. Dabei hat er festgestellt, dass die zur bösen Tat führenden Motive, zumindest vordergründig, oft erstaunlich banal waren. Manchmal entwickelt sich das Böse aus einer jahrelangen Konfliktsituation, dann wieder resultiert es aus den sich aufschaukelnden Emotionen eines Streits. Oft entspringt es momentanen Frustrationen, manchmal folgt es einem umfassenden, bis in alle Einzelheiten durchdachten, grauenhaften Plan. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

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Misshandelnden Eltern fehlt es an Erziehungskompetenz

Misshandlungen von Kindern kommen in unterschiedlichsten Formen vor, und der Übergang zu „grobem Verhalten“ ist fließend. Ähnlich gravierend wie die Misshandlung kann die Vernachlässigung eines Kindes sein – bezüglich Ernährung, Pflege, Schutz, Zuwendung etc. Wenn man von einer Kindesmisshandlung hört, kommt fast von selbst die Frage auf: Was sind das für Eltern, die so etwas tun? Das heißt: Man sucht eine Erklärung des Problems in der Person der Täter. Hans-Peter Nolting erklärt: „Tatsächlich kann man dabei auf typische Merkmale stoßen. Häufig stellt man fest, dass es den misshandelnden Eltern bzw. Betreuungspersonen an Erziehungskompetenz mangelt.“ Sie wissen zum Beispiel nicht, wie sie mit einem schreienden Baby oder einem trotzigen Kind umgehen könnten. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Die Götter ließen sich nicht mit leeren Worten abspeisen

Für die größte theologische Schwäche von Blaise Pascals „Wette“ ist für Nassim Nicholas Taleb die Annahme, der Glaube wäre als frei Option zu haben: „Zum Glauben gehört eine Symmetrie zwischen dem, was Sie zahlen, und dem, Was Sie bekommen. Andernfalls wäre es zu einfach.“ In der heidnischen Welt des östlichen Mittelmeerraums gab es keine Verehrung der Götter ohne Opfer. Die Götter ließen sich nicht mit leeren Worten abspeisen. Es ging darum, seine Prioritäten offenzulegen. Die Brandopfer wurden nur deshalb verbrannt, damit die Menschen sie nicht verzehren konnten. Allerdings stimmt das auch wieder nicht ganz: Der Hohepriester erhielt durchaus seinen Anteil; das Priestertum war eine recht lukrative Berufssparte, und im vorchristlichen, griechischsprachigen Ostmittelmeerraum wurden die Ämter der Hohepriester häufig versteigert. Nassim Nicholas Taleb ist Finanzmathematiker, philosophischer Essayist, Forscher in den Bereichen Risiko und Zufall sowie einer der unkonventionellsten Denker der Gegenwart.

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Ein starker Mensch träumt nicht von Vergeltung

Martha Nussbaum betont, welche Rolle die Hilflosigkeit bei der Vergeltung spielt: „Vergeltungswünsche sind häufig Ausdruck verdrängter grundlegender Machtlosigkeit und vermitteln die Illusion, man könnte an seiner schlechten Situation etwas ändern.“ Entsprechend ließe sich vermuten, dass Menschen und auch Institutionen desto eher Gnade walten lassen könnten, je mehr Vertrauen sie in die eigene Stabilität und ihre eigene Macht haben. Und in der Tat hat der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche eine solche Verbindung überzeugend dargestellt. Wie der römische Philosoph Seneca vertritt er die Auffassung, dass die Rachemoral, die er im Christentum erkennt, psychologisch mit einem Gefühl der Schwäche und der Machtlosigkeit verbunden ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Aggressives Verhalten im 3. Lebensjahr ist keine Verhaltensstörung

Menschen unterscheiden sich erheblich darin, wie häufig, auf welche Weise, aus welchen Motiven und bei welchen Anlässen sie andere Menschen angreifen – kurz: Sie unterscheiden sich in ihrer Aggressivität. Hans-Peter Nolting ergänzt: „Diese Aggressivität ist einerseits eine ganz individuelle Eigenschaft, andererseits ist jeder Einzelne nicht nur eine einzigartige Persönlichkeit, sondern gehört stets auch zu Kategorien wie Geschlecht und Altersgruppe.“ Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich nur mit Zögern bestätigen, dass das Jugendalter der aggressivste Altersabschnitt ist. Knapp formuliert müsste man eher sagen: In der Gewaltstatistik ist das Jugend- und frühe Erwachsenenalter tatsächlich überrepräsentiert, aber die hohe Zahl der Taten geht im Wesentlichen auf das Konto einer Minderheit von Jugendlichen. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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In Deutschland findet ein Kulturkampf statt

Im Kulturkampf um die Hoheit über eine neue Identität bilden sich zunehmend Extremismen aus. Christian Schüle stellt fest: „In unfreiwilliger Ironie der Weltgeschichte lässt die politische Linke es zu, dass die Verteidigung der freien Welt heute an Nationalkonservative und die Neue Rechte delegiert wird: als Befreiung von Kulturfremdheit und Heimatschutz vor unerbetener Wanderschaft.“ Gegen die Bewegung der teils gewaltbereiten radikalen Rechten hat die Linke keine progressive Gegenkraft aufzubieten. In der Aversion gegen Europa – und gemeint ist die Europäische Union – sind extreme Linke und extreme Rechte einander bestens verbunden. In Deutschland laufen erstaunlich viele bisherige Wähler der Linkspartei, der SPD und Grünen zur AfD über, und es geht dabei nicht um Fremdenfeindlichkeit allein. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

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Die Postmoderne hält das Gerede von Identität für einen Wahn

Um kaum einen Begriff herrscht seit Jahrzehnten solch ein Gezerre wie um das Wort „Identität“. Die Linke trägt ihn stolz vor sich her, wenn sie „Identitätspolitik“ betreibt. Die Rechte, allen voran die „Identitäre Bewegung“, versucht, ihn neuerdings für ihre Zwecke zu kapern. Die Postmoderne hält jegliches Geschwätz von Identität für einen Wahn. Vielleicht kann die Wissenschaft hier für mehr Klarheit sorgen. Thea Dorn schreibt: „Die Freiheit der Forschung ist ein weiteres hohes Gut, auch in unserem Land. Ebenso wie die Freiheit des Glaubens.“ Aber sobald im politischen Diskurs wissenschaftliche Annahmen – keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse – und religiöse Überzeugungen als vermeintlichen Totschlagargumente aus der Tasche gezogen werden, sind sie tatsächlich nur noch eins: Totschläger. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Strafrecht ist Kommunikation und Gewalt

Thomas Fischer lotet in seinem neuen Buch „Über das Strafen“ die Wechselwirkungen von Strafrecht und Gesellschaft aus. Einer seiner hervorstechenden Thesen lautet: „Strafrecht ist Kommunikation und Gewalt.“ Denn im Strafrecht manifestiert sich erstens das Gewaltmonopol des Staates. Es steht im Fokus der politischen Bemühungen der Steuerung. Und zweitens ist die Kommunikation über das Strafrecht die Oberfläche sozialer Prozesse. Thomas Fischer vereint soziologische, philosophische und juristische Erkenntnisse zu einer so gehaltvollen wie provokativen Antwort auf die Frage nach dem Gleichgewicht von Rache und Prävention, Sicherheit und Freiheit, Affekt und Rechtsstaatlichkeit. Dabei erscheint das Strafrecht manchmal wie eine eigene Wirklichkeit, als eine mögliche, häufig sogar naheliegende Lösungsinstanz, die man aus der Unübersichtlichkeit der Lebenswelt und der gesellschaftlichen Problemlagen anrufen kann. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Oxytocin wird auch „Liebeshormon“ genannt

Oxytocin ist ein Hormon, das von stillenden Frauen und ihren Neugeborenen ausgeschüttet wird. Der Stoff wird auch von Frauen und Männern beim Orgasmus freigesetzt und daher häufig als „Liebeshormon“ bezeichnet. Als evolutionärer Mechanismus erhöht Oxytocin die Chancen, dass ein Neugeborenes überlebt und dass Gene von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Frauen wurden durch die Evolution mit einem Hormon ausgestattet, das die Entstehung einer Bindung zwischen Mutter und Kind rein instinktiv steuert. Eyal Winter fügt hinzu: „Das Hormon ermöglicht es dem Neugeborenen sogar, direkt nach der Geburt zu erkennen, wie wichtig es ist, die Brust der Mutter zu finden. Säuglinge werden mit dem Instinkt geboren, Milch aus der Brust der Mutter zu saugen.“ Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Der Gedanke an Vergeltung ist nur ein kurzer Traum

Die Vorstellung, dass Vergeltung ein sinnvolles Unternehmen ist und eine Verletzung auszugleichen man, ist allgegenwärtig und wahrscheinlich evolutionär ererbt. Vergeltung hat häufig auch eine psychische Funktion. Martha Nussbaum erklärt: „Wenn Menschen kulturell bedingt der Vorstellung anhängen, dass Vergeltung gut ist, werden sie Befriedigung empfinden, sobald sie ihre Rache bekommen. Diese Befriedigung wird häufig als „Abschluss“ bezeichnet.“ Martha Nussbaum vertritt in dieser Frage allerdings etwas sehr Radikales. Ihrer Meinung nach ist der vom Zorn umfasste Gedanke an Vergeltung oder Heimzahlung bei einer vernünftigen und nicht übermäßig ängstlichen und statusfokussierten Person nur ein kurzer Traum, eine Wolke, die bald durch vernünftigere Vorstellungen vom Wohl des Einzelnen und der Gemeinschaft vertrieben wird. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Man darf sich vom Hass der anderen nicht anstecken lassen

So nachvollziehbar Hass als Reaktion auf ein Verbrechen ist, so hält er leider einen Menschen in einem negativen Zustand gefangen und schwächt seine Seele. Georg Pieper weiß: „Hass führt zu Anspannung und einer eingeengten Sichtweise. Wir dürfen uns vom Hass der anderen nicht anstecken lassen.“ Weder vom Hass der Islamisten noch vom Hass der Rechtspopulisten oder der Rechtsextremisten. Er macht diese Menschen nach der Ansicht von Georg Pieper außerdem viel wichtiger, als sie eigentlich sind. Und wenn man sich dem Hass gegen sie hingibt, begibt man sich auf die gleiche Stufe mit Leuten, die man wegen ihrer Gewalttaten und ihrer Aggression gegen andere Menschen ablehnt und fürchtet. Dadurch verliert man den Kontakt zu seinen eigenen Stärken und schadet sich selbst. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Die Französische Revolution ist die Mutter aller Revolutionen

Es war und ist die Französische Revolution, an der sich das moderne Denken der Revolution überhaupt entzündet hat, die zum Maßstab, zum Angelpunkt und zum Referenzrahmen aller nachfolgenden Revolutionen werden wird, von den Revolutionen des Jahres 1848 über die Russische Revolution 1917, vom Pariser Mai des Jahres 1968 bis zum euphemistisch so genannten Arabischen Frühling. Konrad Paul Liessmann schreibt: „Im Jahre 1957 veröffentlichte der Philosoph Joachim Ritter an einem entlegenen Ort eine kleine Abhandlung mit dem Titel „Hegel und die französische Revolution“. Er sollte einer der einflussreichsten Texte der deutschen Nachkriegsphilosophie werden.“ Joachim Ritter, der später zum Oberhaupt einer gerne konservativ genannten Schule avancieren sollte, hatte darin den Versuch unternommen, Hegel vom Vorwurf, ein Verteidiger des reaktionären preußischen Staates zu sein, zu befreien. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Nassim Nicholas Taleb kennt das Risiko und seinen Preis

Bestsellerautor Nassim Nicholas Taleb zeigt in seinem neuen Buch „Das Risiko und sein Preis“ aus vielen Beispielen aus dem Alltag, wo Fairness, Verantwortungsgefühl, Anstand fehlen und stattdessen billiges Geschwätz, Verantwortungslosigkeit, Egoismus und Blenderei die Oberhand behalten. Es ist auch eine Kombination aus praktischen Erörterungen, philosophischen Geschichten sowie wissenschaftlichen und analytischen Kommentaren zu den Problemen der Zufälligkeit. Und es dreht sich um die Frage wie Menschen unter dem Vorzeichen der Ungewissheit leben, essen, schlafen, diskutieren, kämpfen, Freundschaften schließen, arbeiten, sich amüsieren und Entscheidungen treffen sollen. „Das Risiko und sein Preis“ handelt von vier Themen: a) Ungewissheit und die Zuverlässigkeit von Wissen; b) Symmetrie in zwischenmenschlichen Angelegenheiten: Fairness, Gerechtigkeit, Verantwortung und Gegenseitigkeit; c) Informationsaustausch bei Transaktionen und d) Rationalität in komplexen Systemen und in der Realität. Nassim Nicholas Taleb ist Finanzmathematiker, philosophischer Essayist, Forscher in den Bereichen Risiko und Zufall sowie einer der unkonventionellsten Denker der Gegenwart.

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Selbstkontrolle verhindert aggressives Verhalten

Um die sichtbare Aggressivität eines Menschen zu verstehen, reicht es nicht aus, nur auf die treibenden Faktoren zu schauen, sondern ebenso muss man auch die hemmenden Faktoren berücksichtigen, vor allem Angst vor negativen Folgen sowie moralische Einstellungen. Durch sie ist die sichtbare Aggressivität bei den meisten Menschen viel geringer als die inneren Tendenzen. Hans-Peter Nolting erläutert: „Bei einem Teil der hochaggressiven Personen sind solche Hemmungen nur schwach ausgeprägt. Psychopathen haben keine Angst vor negativen Folgen, ebenso wie Despoten, eine positive Einstellung zu Gewalt und aggressiver Machtausübung.“ In anderen Fällen aber sin die Hemmungen des betreffenden Menschen immerhin so gut entwickelt, dass er gewöhnlich unaggressiv, wenn nicht sogar liebenswürdig erscheint. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Furchtbare Bilder können einen Menschen schwer belasten

Viele Menschen unterschätzen die belastende und Angst auslösende Wirkung von Bildern. Davor kann Georg Pieper nur ausdrücklich warnen: „Wenn wir Bilder von einem schrecklichen Ereignis sehen, tragen wir sie noch lange als Ballast im Kopf mit uns herum.“ Sie wirken wie eine Bremse, weil sie immer wieder vor dem inneren Auge auftauchen und Alarm auslösen: „Vorsicht, Lebensgefahr!“ Bei schwer zu ertragenden Bildern empfiehlt Georg Pieper deshalb: „Wegschauen beziehungsweise ausschalten oder wegklicken.“ Wie stark furchtbare Bilder einen Menschen belasten können, kennt Georg Pieper von Lokführern. Ihnen passiert es immer wieder, dass sich jemand in Selbstmordabsicht auf die Gleise begibt. In der Regel kommt der Zug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen, wie er bei hohem Tempo einen sehr langen Bremsweg hat. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Problem und Lösung stehen in keinem Zusammenhang

Anstatt Probleme zu lösen, ist es besser Lösungen zu (er)finden. Die lösungsfokussierte Methode der Psychotherapeuten Steve de Shazer (1940 – 2005) und seiner Frau Insoo Kim Berg wurde von ihnen 1982 erstmals vorgestellt und als Schule von Milwaukee bekannt. Klaus Biedermann erläutert: „Sie ist keine Psychotherapie im eigentlichen Sinne, denn sie verändert Menschen nicht, sondern unterstützt sie zur Selbsthilfe, damit sie ihre Ziele aus eigener Kraft erreichen. Steve de Shazer war von der Philosophie Ludwig Wittgensteins sehr beeinflusst, der im „Tractatus“ bereits schrieb, Problem und Lösung stünden in keinem Zusammenhang. Zu wissen, wie der Karren in den Dreck gelangt ist, heißt noch lange nicht, dass man dann auch weiß, wie man ihn wieder herausziehen kann. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Das Gefühl der Unsicherheit ist in Deutschland massiv gestiegen

Einen erheblichen Anteil am massiv gestiegenen Gefühl der Unsicherheit in Deutschland hat der Umgang vieler Menschen mit den Medien, insbesondere mit digitalen Informationskanälen. Die Flut an negativen Nachrichten und belastenden Bilder, der man beinahe täglich ausgesetzt ist, hat eine verheerende Wirkung auf die menschliche Psyche. Georg Pieper weiß: „Diesen angstschürenden Effekt machen sich sowohl islamistische Terroristen als auch Rechtspopulisten gezielt zunutze. Bei ihren Aktionen – bei den einen sind es Anschläge, bei den anderen Provokationen – planen sie stets die anschließende Medienberichterstattung mit ein.“ Indem viele Menschen die Schlagzeilen, Berichte und Bilder wie gebannt aufsaugen, spielen sie ihr perfides Spiel mit und verleihen ihnen eine weitaus größere Wichtigkeit und zugleich Macht über das eigene Denken und Handeln, als sie normalerweise hätten. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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