Es herrscht Angst vor der Inflation

Die wachsende Verschuldung von Staaten und Unternehmen gehören zu den sichtbarsten Folgen der Coronakrise. Diese Schulden lösen große Sorgen aus. Es stellt sich die Frage, ob eine wirtschaftliche Erholung möglich ist, wenn viele Unternehmen einen Großteil ihres Eigenkapitals eingebüßt haben und hoch verschuldet sind. Und wo liegen die Grenzen der Staatsverschuldung? Clemens Fuest fügt hinzu: „Die Kombination aus hohen Staatsschulden und Anleihekäufen der Notenbanken schürt Angst vor Inflation. Dass es dazu kommt, ist aber eher unwahrscheinlich.“ Es spricht viel dafür, dass es nach der Coronakrise zu einer wirtschaftlichen Entwicklung mit niedrigem Wachstum, geringen Inflationsraten und nicht weiter fallenden, aber auch nicht steigenden Zinsen kommt. Staaten und Notenbanken reagierten auf die Coronakrise, indem sie viel Geld bereitstellten, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

Weiterlesen

In der Coronakrise geht die Liquidität zurück

Zu Beginn der Coronakrise schalten die Banken auf den Krisenmodus um. Wenn möglich kündigt man bestehende Kredite. Neue Kredite vergibt man nur noch an Unternehmen, die sie eigentlich nicht brauchen. Denn diese haben große finanzielle Reserven. Clemens Fuest stellt fest: „Diese Verknappung von Liquidität kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem viele Firmen zusätzliche Kredite brauchen. Sie wissen, dass ihre Umsätze in den nächsten Wochen sinken werden, weil sie, ihre Lieferanten oder ihre Kunden schließen mussten.“ In dieser Phase ist es wichtig, dass Regierungen und Notenbanken der Verknappung der Liquidität entgegenwirken. Hier ist es für Clemens Fuest naheliegend, zu fragen, warum der Staat einspringen sollte, wenn private Investoren sich zurückziehen. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

Weiterlesen

Der Optimismus der Menschen vor 1914 war schier grenzenlos

Karl Marx und andere progressive Denker haben ein Geschichtsbild geformt, in dem der Fortschritt zentral ist und alle historischen Hindernisse überwunden werden können. Philipp Blom erläutert: „Im 19. Jahrhundert war dieser Gedanke mehr als verständlich. Wissenschaft und Industrie schienen täglich neue Wunder zu vollbringen, und im Laufe der Jahrzehnte wurden Armut und Krankheiten immer weiter zurückgedrängt.“ Es schien, als sei die Zivilisation tatsächlich imstande, ein Neues Jerusalem zu bauen und Hunger, Armut, Unwissenheit und Krieg völlig auszurotten. Es ist heute schwer nachzuvollziehen, von welchem Optimismus viele Menschen in den westlichen Ländern vor 1914 getragen waren. Alles schien lösbar, alles schien möglich, die Kraft der Zivilisation schien unbegrenzt. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

Weiterlesen

Yuval Noah Harari stellt das neue Shopping-Zeitalter vor

Die moderne Wirtschaft setzt auf ein konstantes Wachstum der Produktion. Sie muss immer mehr produzieren, weil sie ansonsten in sich selbst zusammenfallen würde. Aber die Produktion alleine reicht natürlich nicht. Yuval Noah Harari erklärt: „Irgendjemand muss diese Erzeugnisse auch kaufen, denn sonst gehen Fabrikanten und Investoren pleite. Um diese Katastrophe abzuwenden und sicherzustellen, dass die Menschen die Masse aus produzierten Waren auch kaufen, entstand eine völlig neue Ethik: der Konsumismus.“ In früheren Jahrhunderten lebten die meisten Menschen in einer Situation des Mangels. Das Zauberwort war damals Sparsamkeit. Yuval Noah Harari nennt als Beispiele die asketische Lebensweise der Puritaner und Spartaner. Ein guter Mensch vermied den Luxus, warf keine Lebensmittel weg und reparierte Gegenstände, bevor er sich neue besorgte. Nur Könige und Adlige konnten es sich leisten, ihren Reichtum zur Schau zu stellen.

Weiterlesen

Peter Bofinger warnt vor dem Zerbrechen des Euros

Sparen oder die Zahlungsunfähigkeit riskieren, das war lange Zeit die politische Devise in der Europäischen Union. Doch der Würzburger Ökonom Peter Bofinger, einer der fünf Wirtschaftsweisen, vertritt eine ganz andere Richtung und sagt: „Das strikte Spardiktat ist gescheitert. Volkswirtschaften stürzen in tiefe Rezessionen, breite Bevölkerungsschichten verarmen, und die Demokratie gerät in Gefahr – wir brauchen dringend einen Strategiewechsel. Oder der Euro zerbricht.“ Vor allem Anhänger des  britischen Ökonomen John Maynard Keynes halten nichts von der Sparpolitik, die von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel favorisiert wird. Zu den Keynesianern zählen die beiden amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman, Joseph Stiglitz, der deutsche Ökonom Peter Bofinger sowie der Leiter des Konjunkturforschungsinstituts IMK, Gustav Horn.

Weiterlesen

Der Homo oeconomicus dominiert den Neoliberalismus

Für Colin Crouch, dem Autor des Buchs „Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus“, das im Suhrkamp Verlag erschienen ist, sind nicht nur die Akteure der Finanzmärkte, sondern auch die politischen Anhänger des Neoliberalismus blind für einschneidende Erfahrungen mit der real existierenden Wirtschaft des Kapitalismus. Der oberste neoliberale Grundsatz lautet laut Colin Crouch, dass auf alle Fragen, welche Waren und Dienstleistungen wie hergestellt und gehandelt werden sollen, minimal regulierte Märkte stets die besten Lösungen hervorbringen. Wenn die Märkte nicht so funktionieren wie gedacht, liegt das nach Ansicht der Neoliberalen vor allem an Eingriffen des Staates in das Geschehen des Marktes. Der Neoliberalismus vertritt die These, dass Konsumenten, Investoren und Produzenten den Markt dank des Wettbewerbs wesentlich besser einschätzen können als diskutierende Bürger, Politiker, die sich dem Konsens verschrieben haben und planende Institutionen der Verwaltung.

Weiterlesen

Der Euro stärkt die Wirtschaftskraft in Deutschland

Frank Mattern, Leiter McKinsey Deutschland, meint, dass die Währungsunion die deutsche Wirtschaft beflügelt hat. Die Peripherieländer wie Griechenland, Irland, Portugal sind dabei allerdings einer Geldillusion erlegen. Sie brauchen seiner Meinung nach dringend so etwas Ähnliches wie einen Marshallplan. Die Debatte über die Eurokrise wird derzeit von der Rekapitalisierung der Banken und von immer neuen Rettungspaketen bestimmt. Diese Maßnahmen lösen aber laut Frank Mattern nicht das grundlegende Problem – die geringe Wettbewerbsfähigkeit der Peripheriestaaten und die daraus hervorgehenden negativen Leistungsbilanzen. Frank Mattern fügt hinzu: „Die Staatsschulden sind zu hoch, und es besteht ein Bedarf an Strukturreformen. Und wir haben zwar einen einheitlichen Währungsraum, aber immer noch jeweils nationale Regulierung.“

Weiterlesen

Die Philosophie muss wieder Alltagsfragen beantworten

Für Julian Nida-Rümelin geht es in der Philosophie um Fragen wie: Was ist gerecht?, Wirkt in der Welt eine Vorsehung oder ist alles durch den Zufall bestimmt? Dies sind uralte Fragen, die sich Philosophen zu jeder Zeit neu stellen müssen. Die Philosophie soll sich seiner Meinung nach nicht nur als akademische Disziplin verstehen, sondern einen Beitrag zu rationaler Handlungs- und Weltorientierung leisten. Vorbildlich haben sich Platon und Aristoteles verhalten, die sich zu allen Lebensfragen äußerten. Julian Nida-Rümelin sagt: „Erst in den vergangen 300 Jahren ist das in den Hintergrund gerückt. Und das Vakuum wird heute durch mehr oder weniger seriöse Angebote gefüllt.“

Weiterlesen

Griechenland braucht einen Schuldenerlass von 50%

Für den Ökonomen Thomas Straubhaar, Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) führt an einem Schuldenerlass für Griechenland kein Weg vorbei. Die einzigen Fragen, die noch offen bleiben sind, wann und in welcher Form das geschehen wird. Thomas Straubhaar glaubt, dass dieser radikale Schritt unumgänglich ist, da der Schuldenberg in Griechenland eine gigantische Höhe angenommen hat und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu schwach ist. Aber nicht nur Griechenland, auch für Portugal und Irland wird eine Umschuldung unvermeidlich sein. Thomas Straubhaar sagt: „Ohne einen Schuldenschnitt kommen auch sie nicht aus dem Teufelskreis: Wegen ihrer hohen Schulden gelten sie als unsolide, die Anleger fordern hohe Zinsen. Die gewaltige Zinslast aber macht alle Sparanstrengungen zunichte. Die Schulden wachsen weiter.“

Weiterlesen

In der Demokratie bleiben die Bürger meist Zuschauer

Das Misstrauen gegen Formen der direkten Demokratie ist in Deutschland tief verwurzelt. Laut Lutz Wingert werden Volksabstimmungen schnell mit der Herrschaft von Stimmungen der leicht erregbaren, launischen Bürger gleichgesetzt. Folgerichtig hat der Gesetzgeber Sicherungen gegen ein Übergreifen von unberechenbaren politischen Laien auf die komplizierte Gesetzgebung eingebaut. So müssen sich in Baden-Württemberg zum Beispiel 33 Prozent der Stimmberechtigten an einer Volksabstimmung über ein Gesetz beteiligen. Nur dann wird eine Mehrheit unter ihnen für ein Ja zu einem bindenden Volksentscheid. In Deutschland wird Demokratie scheinbar noch immer maßgeblich als Regieren für das Volk und nicht durch das Volk verstanden. Lutz Wingert ist Professor für Philosophie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und Mitglied des Zentrums für Geschichte des Wissens an der Universität und ETH Zürich.

Weiterlesen

Wesley Clair Mitchell erforscht den Konjunkturzyklus

Der amerikanische Ökonom Wesley Clair Mitchell, der von 1874 bis 1948 lebte, gehört zu den Vätern der Konjunkturforschung. Er wollte nicht mehr und nicht weniger, als die Ökonomie auf einem durch empirische Forschung gesicherten Fundament neu begründen, oder wie er selbst sagte, „die imaginäre Welt der Ökonomie rekonstruieren.“ 43 Jahre lehrte Wesley Clair Mitchell an amerikanischen Hochschulen. Seine Analysen von Konjunkturzyklen erweitere der Wirtschaftswissenschaftler im Laufe der Zeit zu einer umfassenden Untersuchung der Funktionsweise der kapitalistischen Wirtschaft. 1927 erschien sein Hauptwerk: „Der Konjunkturzyklus. Problem und Problemstellung“. Dieses Buch sowie weitere Forschungen zum Konjunkturproblem machten ihn zum international führenden Ökonomen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.

Weiterlesen

Heiner Flassbeck fordert eine neue Marktwirtschaft

Heiner Flassbeck stellt in seinem neuen Buch „Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“ die These auf, dass ein neues Wirtschaftswunder machbar ist, wenn man die vier großen Aufgabengebiete Finanzen, Handel, die soziale sowie die ökologische Absicherung erfolgreich miteinander verbindet. Gleichzeitig fordert der Autor eine radikale Reform der Parteiendemokratie und des Lobbyismus. Die Marktwirtschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn sie in ein System verwandelt wird, das nicht dazu da ist, einigen Wenigen Reichtum zu ermöglichen, sondern ganz im Gegenteil allen Bürgern eine systematische Chance auf die Verbesserung ihrer Lebensumstände gibt. Heiner Flassbeck arbeitet seit dem Jahr 2000 bei den Vereinten Nationen in Genf und ist dort als Direktor zuständig für die Division Entwicklung und Globalisierung.

Weiterlesen