Viele halten die Religion für etwas Besonderes

Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte hatten die Menschen das Gefühl, dass Religion und freie Meinungsäußerung in einem Spannungsverhältnis standen. Und dem größten Teil der Menschheit geht das auch heute noch so. Timothy Garton Ash weiß: „Bei den Kämpfen um die Meinungsfreiheit in Europa und Nordamerika des 17. und 18. Jahrhunderts war ein zentrales Anliegen die Freiheit, verschiedene Religionen predigen und praktizieren zu können.“ Erstaunlicherweise stehen bei vielen europäischen Ländern immer noch Blasphemievergehen im Strafgesetzbuch. Allerdings ahndet man sie nur selten. In Russland und Polen verurteilt man freilich Menschen wegen der „Verletzung religiöser Gefühle“. Irland führte im Jahr 2009 den Strafbestand der blasphemischen Verunglimpfung wieder ein. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Medien kommunizieren über das Strafen

Die Kommunikation über das Strafen findet ganz überwiegend durch die Vermittlung von technischen Medien statt: Presse, Film, Fernsehen und Internet. Thomas Fischer fügt hinzu: „Jedes dieser Medien hat spezifische Bedingungen und Wirkmechanismen. Jedes konstruiert Sinn anders.“ Zwischen Kunst-Medien wie insbesondere dem Film und einer Berichterstattung in Presse und Fernsehen bestehen für jeden sichtbare Unterschiede. Der symbolische Charakter der Kommunikation ist im Film nicht mehr so offenkundig wie im Theater, aber noch weithin rekonstruierbar. Im Fernsehen verschwimmen die Grenzen zwischen symbolisierender Fiktion und scheinbar authentischem Sprechen mit dem „lieben Zuschauer“ zusehends. Teilweise sucht man diese Grenzauflösung ausdrücklich. Etwa wenn Talkshows im Anschluss und mit unmittelbarem Bezug zu Kriminalfilmen gesendet werden. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Die meisten Menschen glauben an den freien Willen

Wenn nicht das schlichte Dasein von Übeln als Begründung für das „Strafen“ ausreicht und wenn auch das Eintreten von Schäden im Zusammenhang mit Menschen ein ziemlich grobes und „ungerecht“ erscheinendes Raster ist, muss man, wie auch immer, am Zweck der Handlungen anknüpfen und diesen ihrem Urheber irgendwie „zurechnen“. Thomas Fischer beschreibt dies mit folgenden Worten: „ Man kann einer Person ihre Zwecke oder Motive nur dann zum Vorwurf machen, wenn es auch tatsächlich ihre sind oder man dies jedenfalls annimmt.“ Das ist eine Überlegung, die einen schon recht entwickelten, „modernen“ Begriff vom Strafen hat. Bis vor wenigen Hundert Jahren unterschied man in Europa noch nicht genau zwischen „Verbrechern“ und „Irren“, denn das setzt voraus, dass man die Person als selbstbestimmten Urheber von Zwecken ansieht. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Durch harte Strafen wird kaum je ein Schaden repariert

Zorn wird in der philosophischen Tradition wie folgt aufgefasst: Es handelt sich dabei um eine nach Vergeltung strebende und mit Hoffnungen verbundene Bewegung nach außen, die auf das Leid des anderen aus ist, zum Zwecke und als Möglichkeit der Linderung des eigenen Schmerzes oder der Entschädigung dafür. Martha Nussbaum stellt in diesem Fall die Frage nach dem warum: „Warum würde eine intelligente Person die Ansicht vertreten, dass es ihren eigenen Schmerz lindert oder beendet, wenn dem Angreifer Schmerz zugefügt wird? Es scheint, als sei hier eine Art magisches Denken am Werk. In der Realität wird durch harte Strafen kaum je ein Schaden repariert.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Menschen lernen durch Beobachtung

Lernen ist die Veränderung von Wissen, Gewohnheiten, Vorlieben et cetera aufgrund von Erfahrungen. Allgemein bekannt und überaus bedeutsam ist das Lernen am Modell: Man lernt Verhaltensweisen, die man anderen abschaut. Hans-Peter Nolting stellt fest: „Leider beobachten manche Menschen in ihrer Umwelt sehr viele aggressive Modelle: Eltern machen vor, dass man sich bei einer Meinungsverschiedenheit heftig beschimpft, Mitschüler zeigen, wie man andere lächerlich macht, und in Filmen sind mitunter extreme Gewalthandlungen zu sehen.“ Selbstverständlich folgt auf die Beobachtung nicht automatisch eine Nachahmung. Zum einen beobachtet jeder Mensch zugleich ganz andersartige, darunter sehr friedfertige und konstruktive Verhaltensweisen, zum anderen ist längst nicht jeder Beobachter motiviert, das beobachtete Verhalten zu imitieren. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Kann der Zweck in allen Fällen die Mittel rechtfertigen?

Oftmals ist die Frage sehr schwer zu beantworten, ob ein Mittel den Zweck rechtfertigen kann. Wie zum Beispiel folgende: „Kann es richtig sein, unschuldige Menschen zu töten, um viele weitere Menschenleben zu retten?“ Darüber hinaus wird auch kontrovers darüber diskutiert, ob es statthaft ist, Formen der Folter zuzulassen, um an Informationen zu gelangen, die das Leben anderer Menschen retten könnten. Eine andere, weniger öffentliche Debatte wird laut Julian Baggini um die Rechtfertigung von Strafen geführt, wobei man immer berücksichtigen muss, dass kein Strafsystem vollkommen ist. Julian Baggini ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher`s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bestseller veröffentlicht. Zu seinen Werken zählen unter anderem die Bücher „Ethik“ und „Der Sinn des Lebens“.

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Der Opiumkrieg zwischen China und Großbritannien

Der Historiker David S. Landes war fest davon überzeugt, dass man sich mit China beschäftigen muss, wenn man die Geschichte der Weltwirtschaft verstehen will. Denn von Christi Geburt bis zum Beginn der Neuzeit schrieb das Land eine ökonomische Erfolgsgeschichte. Vor allem als geniale Erfinder taten sich die Chinesen hervor – sie entwickelten unter anderen das Schwarzpulver, das Papier, den Kompass und den Seismographen. Aber auch beim Brückenbau und der Errichtung von Straßen und Dämmen war China weltweit führend. Zudem beherrschten sie moderne Techniken der Bewässerung und die Konstruktion von Kanalsystemen. Noch 1820 wurden rund 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet. Westeuropa kam auf etwa 20 Prozent, die USA nicht einmal auf zwei Prozent.

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Augustinus schreibt die Geschichte der Theologie

In seiner Schrift „Vom Gottesstaat“ entwirft Augustinus eine Geschichte der Theologie, indem er die Geschichte der Menschheit als den Schauplatz des Ringens zwischen Glaube und Unglaube darstellt. Das Werk umfasst 22 Bücher, die sich in zwei Hauptabschnitte aufteilen lassen: die Bücher eins bis zehn widerlegen den Sinn und die Notwenigkeit an heidnische Götter zu glauben. Der Rest ist dem Kampf zwischen Glauben und Unglauben gewidmet. Die Bürgerschaft Gottes steht in einem ständigen Krieg der irdischen Bürgerschaft gegenüber. Augustinus ist der Meinung, dass dieser Kampf auf Erden nicht entschieden werden könne und sich erst vor dem Jüngsten Gericht entscheide, wer welcher Bürgerschaft angehört.

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