Protektionismus wirkt sich immer negativ aus

Protektionistische Maßnahmen helfen weder den USA noch den von der Deindustrialisierung betroffenen Arbeitnehmern. Sie können sich aber durchaus negativ auf die Handelspartner der Vereinigten Staaten und die Weltwirtschaft auswirken. Joseph Stiglitz betont: „Während der letzten 70 Jahre hat die internationale Gemeinschaft eine regelbasierte Ordnung geschaffen, die Handel und Zusammenarbeit fördert. Die USA spielten beim Aufbau dieses Systems eine zentrale Rolle.“ Die Vereinigten Staaten haben dies nicht aus Uneigennützigkeit getan, sondern weil sie überzeugt waren, eine solche Ordnung sei besser für die ganze Welt, die USA eingeschlossen. Man glaubte, Handel und Austausch würden das gegenseitige Verständnis über Grenzen hinweg fördern. Und dies werde den Frieden festigen und Kriege, die eine Geißel des 20. Jahrhunderts waren, unwahrscheinlicher machen. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Die Evolution des Menschen beginnt vor rund fünf Millionen Jahren

Die Evolutionsgeschichte der ersten „Hominini“ ist die Geschichte der frühesten protomenschlichen Vorläufer nach der Abspaltung von dem Vorfahren, den die Menschen der Gegenwart mit den anderen heute noch lebenden Menschenaffen teilen. Hanno Sauer erläutert: „Diese kritische erste Phase unserer Evolution lässt sich ungefähr auf die Zeit vor fünf Millionen Jahren eingrenzen.“ Die erhaltenen Fossilien finden sich hauptsächlich im östlichen Afrika, Äthiopien, Kenia und Tansania. Die zweite Hauptkonfrontation von Fossilienfunden liegt in Südafrika. Heute sind die versteinerten Überbleibsel in paläoanthropologischen Forschungsinstituten auf der ganzen Welt zerstreut. Die Geschichte der Menschwerdung, die diese Funde erzählen, ist vorläufig. Sie bleibt in der „Geiselhaft empirischer Daten“ und droht jederzeit durch neue Entdeckungen revidiert, korrigiert oder überholt zu werden. Hanno Sauer ist Associate Professor of Philosophy und lehrt Ethik an der Universität Utrecht in den Niederlanden.

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Das fundamentale Prinzip der Natur lautet Kooperation

In seinem neuen Buch „Im Wald vor lauter Bäumen“ beschreibt Dirk Brockmann hochkomplexe Themen und Krisen der Gegenwart. Er vertritt die These, dass sie nur mit Blick auf ihre Vernetzung und Muster zu verstehen sind. Dabei schaut der Autor auf Phänomene wie Pandemien, Massenpanik und Verschwörungserzählungen. Er sucht nach Gesetzmäßigkeiten und verbindenden Elementen zwischen sozialen Phänomenen und komplexen Prozessen in der Natur. Die einzelnen Kapitel handeln von verschiedenen Phänomenen wie Kooperation, Kritikalität, Kipppunkten, komplexen Netzwerden, kollektivem Verhalten und Koordination. Wenn alles gut geht, sollte sich im Kopf des Lesers dann automatische das Bild „Natur und Gesellschaft aus der Sicht der Komplexitätswissenschaft“ ergeben. Dirk Brockmanns Fazit lautet: „Um die Krisen unserer Zeit zu bewältigen, müssen wir antidisziplinär denken und auf das fundamentale Prinzip der Natur setzen: Kooperation.“ Der Komplexitätswissenschaftler Dirk Brockmann ist Professor am Institut für Biologie der Berliner Humboldt-Universität.

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In der Demokratie geht die Herrschaft vom Volk aus

Auch wenn die Demokratie in vielerlei Gestalt auftritt, gibt es doch einen gemeinsamen Kern. Otfried Hoffe kennt ihn: „Dessen nähere Bestimmung kann man aus den drei Dimensionen mit insgesamt Gesichtspunkten aufbauen, wobei in der vollentwickelten Gestalt ein hohes Maß an Partizipation noch hinzukommt.“ Die erste legitimatorische Dimension ergänzt erstens einen formalen Gesichtspunkt, dass die Herrschaft von den Betroffenen ausgeht um zweitens den inhaltlichen Aspekt, dass sich die Herrschaft von jedem einzelnen Betroffenen und zusätzlich von der Gesamtheit rechtfertigen lässt. Zur formalen, herrschaftslegitimierenden kommt hier inhaltlich, als herrschaftsnormierende Demokratie, die universale Konsensfähigkeit dazu. Sie wird dort erfüllt, wo die Herrschaft als Gewährleistung der Freiheitsrechte jedem einzelnen und zusätzlich der Gesamtheit zugutekommt. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Macht verändert den Status anderer

Wenn die Sozialwissenschaften dazu tendieren, Macht über Geld, militärische Stärke und politische Teilhabe zu definieren, tun sie das aus gutem Grund. Denn Aktivitäten, die sich darauf stützen, können die Welt erheblich verändern. Dacher Keltner ergänzt: „Durchdringt aber Macht jegliche Art der sozialen Dynamik, müssen wir sie neu definieren. Um damit zu zeigen, wie Menschen die Welt verändern, ohne auf Geld, militärische Aktivitäten und die Politik zurückzugreifen.“ So definiert, ist Macht die Fähigkeit, den Status anderer zu verändern. Mit Status meint Dacher Keltner die Stellung einer Person oder einer Gruppe im weitersten Sinne. Der Status kann also viele Bereiche betreffen: den Stand des Bankkontos, den Glauben, die Emotionen, die Gesundheit und so weiter. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Erst mit den Märkten entstehen die modernen Städte

Ursprünglich bezeichnet das Deutsche mit dem Ausdruck „Markt“ den Hausiererbetrieb römischer Krämer, die seit den Zeiten Cäsars die Lande durchziehen. Allgemeiner heiß „Markt“ das öffentliche Feilbieten von Waren, der Handel oder öffentliche Verkauf, ferner der dafür reservierte große und freie Platz einer Stadt. Laut Max Weber entstehen soziologisch gesehen die modernen Städte sogar erst mit den Märkten; jede Stadt ist ein „Marktort“. Otfried Höffe stellt fest: „Wegen ihrer anthropologisch überragenden Bedeutung findet sich die Institution des Marktes in so gut wie allen Kulturen, im Orient beispielsweise als Basar.“ Spezialisierten sich die Märkte, so gibt es je nach Gegenstand den Fischmarkt, Kornmarkt oder Rindermarkt, außerdem den meist nicht ortsgebundenen Arbeits-, Geld- und Kapitalmarkt. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Der Geist ist auf einen Körper angewiesen

Über das mentale Leben – über Wahrnehmungen, Gefühle und Ideen, über die Erinnerungen, durch die Wahrnehmungen und Ideen festgehalten werden, über Fantasie und Vernunft, über die Worte, in die innere Narrative oder Erfindungen übersetzt werden und so weiter – wird häufig so berichtet, als wären sie ausschließlich Produkte des Gehirns. Antonio Damasio erläutert: „In solchen Berichten ist das Nervensystem von Anfang bis Ende der große Held, aber das ist eine grobe, übermäßige Vereinfachung und ein Missverständnis. Es hört sich so an, als wäre der Körper nur ein Zaungast, ein Gerüst für das Nervensystem, das Gefäß, in dem das Gehirn liegt.“ Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Eine gute Handlung fördert das Gemeinwohl

Die Idee des Gemeinwohls ist aus einer philosophischen Bewegung des 18. Jahrhunderts, dem Utilitarismus, hervorgegangen. Francis Hutcheson, Jeremy Bentham und später John Stuart Mill setzten damals auf Messungen und Quantifizierung, um zu bestimmen, ob eine Handlungsweise gut ist. Dacher Keltner kennt ihr Ergebnis: „Eine Handlung ist in dem Maße gut, in dem sie das Gemeinwohl fördert, also das, was man heute als kollektives Wohlergehen eines sozialen Netzwerks bezeichnen würde, oder auch das Vertrauen in eine Gesellschaft oder ihre Stärke.“ Francis Hutcheson hat es so formuliert: „Diejenige Handlung ist die beste, die das größte Glück der größten Anzahl zeitigt, die schlechteste ist die, welche in gleicher Weise Unglück verursacht.“ Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Johannes Steyrer erklärt das Prinzip der Gegenseitigkeit

Johannes Steyrer gibt folgende Ratschläge: „Schenke Vertrauen, damit andere dir vertrauen. Liebe selbst, damit du geliebt wirst. Kooperiere, um produktiv zusammenzuarbeiten. Lasse dir aber Vertrauensbrüche, Lieblosigkeit und ausbeuterisches Verhalten nicht gefallen.“ Vertrauensbrüche, die von einem selbst als Erstschlag ausgehen, rechnen sich in einer Welt der Gegenseitigkeit nicht. Das zeigt eindrucksvoll die Spieltheorie, die seit vielen Jahrzehnten ein prominentes Element der Ökonomie und verwandter Disziplinen ist. Folgendes Beispiel: Zwei gefasste Bankräuber werden in getrennten Polizeiwachen verhört. Der Polizist verspricht demjenigen, der zuerst gesteht, Strafminderung. Beide Räuber wissen aber: Wenn sie schweigen, kann ihnen nur illegaler Waffenbesitz nachgewiesen werden. Jeder steht also vor folgendem Dilemma: Handle ich nach dem egoistischen Motto „Ich oder Du“ (in diesem Fall: „Ich verrate den anderen“), was aber nur dann von Vorteil ist, wenn der andere auch schweigt. Johannes Steyrer ist seit 1997 Professor für Organizational Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Liebe und Sexualität sind ausschlaggebend für das Glück

Liebe und Sexualität sind die bei weitem wichtigsten emotionalen Faktoren für das unmittelbare genetische Fortbestehen der Menschheit. So überrascht es Eyal Winter nicht, dass nahezu 80 Prozent der Studienteilnehmer, die Daniel Kahneman und seine Kollegen im Rahmen einer Studie über Glück untersuchten, angegeben haben, Sexualität und Liebe seien ich ihrem Leben am ausschlaggebendsten für ihr Glück. Die Institution der Ehe, die beinahe in jeder Kultur anzutreffen ist, verdeutlicht ganz stark die Haltung gegenüber Liebe und Sexualität, die für den Menschen charakteristisch ist. Denn das Aufziehen eines Kindes ist ein sehr langer und komplexer Prozess, der die Beteiligung von mehr als nur einem Elternteil erfordert. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Die Globalisierung ist weit vielfältiger als sie wahrgenommen wird

Die derzeitige Globalisierung ist weit vielfältiger, als sie üblicherweise wahrgenommen wird. Im Gegensatz zur verbreiteten ökonomistischen Verkürzung findet sie nämlich in drei Dimensionen statt, die Otfried Höffe als „globale Gewaltgemeinschaft“, als „globale Kooperationsgemeinschaft“ und als „globale Schicksalsgemeinschaft von Not und Leid“ bezeichnet. Längst lebt die Menschheit in einer Welt, in der das Netz wirtschaftlicher und sozialer, technischer und ökologischer, wissenschaftlicher und kultureller, nicht zuletzt rechtsmoralischer Kooperation immer enger geknüpft ist. Otfried Höffe ergänzt: „Leider trifft das auch auf das Netz krimineller und anderer Bedrohungen zu. In all diesen Bereichen taucht ein globaler Handlungsbedarf auf.“ Als Bespiele nennt Otfried Höffe den Umwelt- und Klimaschutz sowie den Kampf gegen den Terrorismus und die organisierte Kriminalität. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Viele Menschen sagen zu selten Nein

Wenn man um einen kleinen Gefallen gebeten wird, sagt man oft spontan zu. Viele Menschen ärgern sich allerdings nachträglich darüber, Ja gesagt zu haben. Als Rolf Dobelli vor einigen Jahren seine persönliche Statistik in dieser Sache machte, stellte er fest, dass er viel zu häufig auf kleine Bitten einging. Rolf Dobelli schreibt: „Oftmals war der Zeitaufwand dann beträchtlich höher und der Nutzen für allen Beteiligten bedeutend geringer, als ich mir das im ersten Augenblick ausgemalt hatte. Ich wollte den anderen doch nur einen Gefallen tun, was dazu führte, dass ich mir keinen Gefallen tat.“ Woher kommt diese Seuche, gefallen zu wollen? Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Noch nie gab es so wenig Gewalt wie heute

In seinem Buch „Die Naturgeschichte der menschlichen Moral“ verteidigt Michael Tomasello, Direktor des Leipziger Mex-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, das Mitgefühl als Strategie eigennütziger Interessen. Zudem weist er auf die Tatsache hin, dass sich die Entwicklung der Moral, die das Wohl der Allgemeinheit über den kurzfristigen Lustgewinn des Einzelnen stellt, als gut für die Menschheit und gut für das Individuum herausgestellt hat. Simon Hadler zitiert Steven Pinker, der in seinem Buch „Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit“ folgende These eindrucksvoll darlegt: „Die Gewalt wird historisch gesehen immer wenige, ausgehend von den Jäger- und Sammlergesellschaften über Antike und Mittelalter und quer durch das 20. Jahrhundert bis zur heutigen Zeit, dem Terrorismus und den Kriegen zum Trotz. Noch nie gab es so wenig Gewalt.“ Simon Hadler ist seit 1999 Redakteur bei ORF.at, seit 2009 leitender Kulturredakteur.

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Vertrauen ist der Motor für die menschliche Kooperation

Spontaneität sowie automatisches und schnelles Reagieren gehören zu den wichtigsten Merkmalen emotionaler Rückmeldungen. Eyal Winter ergänzt: „In vielen Fällen ist schnelles Reagieren sogar einer der Vorteile, den emotionales Verhalten gegenüber bedächtigem Abwägen birgt.“ Schnelligkeit und Unwillkürlichkeit von Reaktionen sind im sozialen Umfeld äußerst wichtig. Vertrauen ist ein Motor für die Kooperation zwischen einzelnen Menschen. Kooperation wiederum ist ein Antrieb zu wirtschaftlichem Wachstum und gesellschaftlichem Wohlergehen. Und Vertrauen setzt Glaubwürdigkeit voraus. Ohne Glaubenswürdigkeit kann auf lange Sicht kein Vertrauen bestehen; und ohne Vertrauen wird Glaubwürdigkeit schließlich zerstört. Wenn in einem sozialen Umfeld praktisch kein Vertrauen existiert, ist es sinnlos, Glaubwürdigkeit aufbauen oder aufrechterhalten zu wollen. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Kollektive Emotionen bestimmten die Sozialgeschichte der Menschheit

Der evolutionäre Vorteil, der mit der Zugehörigkeit zu einer Gruppe einhergeht, ist offensichtlich. Mitglied einer Gemeinschaft zu sein, verleiht dem Einzelnen viel mehr Sicherheit bei Bedrohungen durch Feinde und anderen Gefahren und verbessert den Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen. Eyal Winter ergänzt: „Der Mechanismus, der Gruppenzusammenhalt erzeugt und aufrechterhält, ist im Grunde ein emotionaler Mechanismus, der kollektive Gefühle entstehen lässt.“ Wissenschaftliche, technologische und künstlerische Entwicklungen gehen in erster Linie auf kognitive und emotionale Fähigkeiten eines Einzelnen zurück. Die Sozialgeschichte der Menschheit wurde aber hauptsächlich durch kollektive Emotionen bestimmt. Kriege und Staatsverträge sowie Revolutionen und politische oder wirtschaftliche Umwälzungen werden größtenteils durch solche Emotionen angetrieben. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Babys programmieren den Geruchssinn ihrer Bezugspersonen um

Babys haben einen ganz besonderen, hypnotisierenden Geruch, sie verbreiten eine Pheromon-Wolke, die direkt in die tiefen Hirnareale dringt. Matthias Horx weiß: „Das Riechen am Nacken eines Kleinkindes setzt sofort Oxytocin frei. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass dabei eine Art neuronaler „Reset“ stattfindet: Babys programmieren den Geruchssinn ihrer Bezugspersonen regelrecht um.“ Was vor der Ankunft des Nachwuchses noch faszinierend nach Abenteuer und Abwechslung roch – Alkohol etwa, Schweiß oder Tabak, scharfe Speisen –, „stinkt“ plötzlich. Der Geruch anderer Menschen wird nun unangenehm, uninteressant. Umgekehrt verwandelt sich der Geruch der Babyscheiße in – nun ja – zumindest einen erträglichen Duft. Die biochemische Software, die die Evolution den Menschen mitgegeben hat, erweitert um die Geburt herum die Hirnareale für Planung, für Kooperation und Antizipation. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Eyal Winter stellt das Gefangenendilemma vor

Das sogenannte „Gefangenendilemma“ ist das vielleicht meiststrapazierte Paradox in der sozialwissenschaftlichen Literatur. Eyal Winter betrachtet kurz die Elemente des Gefangenendilemmas: „Zwei des Bankraubs Verdächtigte werden verhaftet. Der Polizei fehlt es jedoch an ausreichenden Beweisen. Ohne Geständnis von mindestens einem der Tatverdächtigen muss die Polizei beide zwangsläufig freilassen.“ Beide Gefangenen sind in separaten Zellen eingesperrt. Dabei bietet man jedem folgenden Deal an: Wenn einer von beiden gesteht, während der andere schweigt, wird der Geständige freigelassen. Der Nichtgeständige wird verurteilt und muss eine fünfjährige Haftstrafe verbüßen. Wenn beide gestehen, werden beide verurteilt, allerdings nur zu vier Jahren Gefängnis. Die Verdächtigen wissen auch, dass die Polizei sie nicht des Bankraubs überführen kann, wenn beide schweigen, sondern sie nur wegen Raserei bei der Verfolgung belangen kann, wofür sie einen Monat absitzen müssten. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Der Unterschied zwischen den Kulturen hat ökonomische Gründe

Das Leben von Menschen, die in der westlichen Kultur aufgewachsen sind, ist durch beträchtliche Freiräume und Autonomie geprägt. Häufig können sie ihren Interessen nachgehen, ohne sich groß um die Belange anderer Personen zu kümmern. In zahlreichen anderen Kulturen ist das Leben sehr viel eingeschränkter. Richard E. Nisbett fügt hinzu: „Die Freiheit des Westens hat ihren Ursprung im bemerkenswerten Begriff der persönlichen Handlungsmacht (personal agency), der von den antiken Griechen geprägt wurde.“ Im Gegensatz dazu legte die ebenso alte wie hochentwickelte Zivilisation Chinas sehr viel mehr Gewicht auf Harmonie mit den Mitmenschen als auf die Freiheit individueller Handlungen. In China erforderte effektives Handeln stets die reibungslose Interaktion mit anderen – sowohl mit Vorgesetzten als auch im Gleichgestellten. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Die Familie ist ein Nest mannigfacher Widersprüche

Im Titelthema des neuen Philosophie Magazins 01/2017 dreht sich alles um die liebe Familie und um die Frage ob sie eher Zuflucht oder doch nur noch eine Zumutung ist. Anhänger der traditionellen Familie sehen in ihr ein Refugium, einen wärmenden Schutzraum, ja ein Bollwerk in Zeiten des zunehmenden Leistungsdrucks. Für sie ist sie zudem ein Ort der Selbstvergewisserung, des Rückzugs und der Geborgenheit. Menschen, die der Familie eher kritisch gegenüberstehen, betrachten sie als Enge, Unfreiheit und als einen Nährboden für Neurosen, Traumata und tiefe Verletzungen. Für Chefredakteur Wolfram Eilenberger ist die Familie für die erdrückende Mehrheit der Menschen ein Nest mannigfacher Widersprüche, Zumutungen und konkreten Enttäuschungen: „Doch zeitlebens eben auch dies: ein Nest. Das heißt, ein Ort der Zuflucht, Geborgenheit, Eigentlichkeit.“

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Jeder ist für die Erfüllung seiner Wünsche selbst verantwortlich

Niemand ist an den Plänen eines Menschen interessiert. Was ein Mensch tut – darauf kommt es an. Reinhard K. Sprenger betont: „Niemand schuldet Ihnen die Erfüllung Ihrer Wünsche.“ Manchmal braucht man allerdings die Kooperation anderer Menschen, um die eigenen Wünschen zu erfüllen. Das ist die unintelligenteste Art, sein Leben zu leben: darauf warten, dass sich die eigenen Wünsche von selbst erfüllen. Warten heißt: Man gibt den anderen, den Umständen, den Ereignissen viel Macht über sein Leben. Anerkennen, dass man allein für die Erfüllung seiner Wünsche verantwortlich ist, hat den großen Vorteil, dass man die Macht zurückgewinnt. Man hört auf zu warten und ist frei zu handeln. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Empathie stimuliert den Körper und den Geist

Da Mitgefühl und Anteilnahme ebenso vielseitig wie hilfreich wirken, ist es nicht verwunderlich, dass diese Emotionen auch in Bereichen positive Folgen haben, in denen man gar nicht damit rechnet. Werner Bartens nennt Beispiele: „Nicht nur in Partnerschaften, in der Familie und in gesundheitlichen Belangen zeigt sich das, sondern auch beim Sport – und sogar in … Weiterlesen

Unternehmen sollten mehr auf Co-Produktion setzen

Die Kommunikation ist ein Fundament der Kultur. Diese lässt sich zwar erweitern, durchaus auch unterdrücken, aber nie verändern oder gar auslöschen. Die Chinesen versuchen es seit sechzig Jahren erfolglos in Tibet. Alexander Goebel bedauert, dass nach wie vor und unverändert in sehr vielen Unternehmen die Unkultur vorherrscht, dass oben die Beschlüsse gefasst und nach unten befohlen werden. Alexander Goebel ergänzt: „Es wird erwartet, dass diese verstanden und umgehend umgesetzt werden. Geschieht das nicht, gibt es personelle Konsequenzen. So läuft Retro-Management.“ Nilofer Merchant sagt in ihrem Bestseller „The New How“, in dem sie für kollaborative Strategien in modernen Unternehmen wirbt, dass es wichtig wäre, keinen Einzelkampf mehr zu führen, sondern zur Co-Produktion zu finden. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Bertrand Russell stellt die moderne Ungewissheit an den Pranger

Bertrand Russell vertritt die These, dass es in der Weltgeschichte vier Arten von Zeitaltern gegeben hat. Epochen, in denen alle dachten, sie wüssten alles, Zeitalter, in denen niemand dachte, er wüsste etwas, Zeiten in denen kluge Leute dachten, sie wüssten viel, und dumme Leute, sie wüssten wenig, und Zeitalter, in denen dumme Leute dachten, sie wüssten viel, und kluge, sie wüssten wenig. Bertrand Russel fügt hinzu: „Die erste Art von Zeitalter zeichnet sich durch Stabilität aus, die zweite durch langsamen Verfall, die dritte durch Fortschritt, die vierte durch Katastrophen.“ Alle primitiven Epochen sind von der ersten Sorte, da niemand an der Stammesreligion, an der Weisheit alter Bräuche oder am Nutzen des Erntezaubers zweifelt. Deshalb sind alle glücklich, solange es keinen fassbaren Grund, als Beispiel nennt Bertrand Russell eine Hungersnot, zum Unglücklichsein gibt.

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Erfolgreiche Teams zeichnen sich durch eine spezielle Stimmung aus

Synchrones Handeln steigert das Gruppengefühl und damit die Bereitschaft zur Kooperation. Deshalb finden sich in allen Kulturen vielfältige Methoden, der explizit der Synchronisierung von Verhalten dienen. Ulrich Schnabel nennt Beispiele: „Gemeinsames Singen, Tanzen oder Marschieren sind altbewährte Techniken eines sozialen Gleichklangs.“ Auch der Erfolg von Arbeitsteams hängt oft mehr vom koordinierten Miteinander ab als von den individuellen Fähigkeiten und Talenten der einzelnen Mitglieder. Der Netzwerkforscher Alex Pentland erklärt: „Der beste Weg, um ein erfolgreiches Team zu bilden, besteht nicht darin, Individuen nach ihren einzelnen Leistungen auszuwählen, sondern darin (…), ihnen erfolgreich Kommunikationsstrategien beizubringen.“ Wirklich erfolgreiche Teams zeichnen sich durch eine spezielle gemeinsame Stimmung aus, die diese Gemeinschaft charakterisiert. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Die Abkehr vom Wachstum ist ein politisches Projekt

Mehr als je zuvor werden im Namen der Wirtschaftsentwicklung die Bevölkerungen ganzer Länder und ihr konkretes, lokales Wohlergehen auf dem Altar eines abstrakten, an keinen Ort mehr gebundenen Wohlstands geopfert. Serge Latouche stellt fest: „Wachstum ist heute nur rentabel, wenn seine Kosten auf die Natur, zukünftige Generationen, die Konsumenten, die Beschäftigten und vor allem die Länder des Südens abgewälzt werden.“ Deshalb ist seiner Meinung nach der Bruch mit der Wirtschaftsideologie notwendig. Aber genau das Gegenteil ist heute der Fall: Alle modernen Regime stützen sich auf die Steigerung der Produktivität. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich dabei um Republiken, Diktaturen oder totalitäre Systeme handelt. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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