Die Ökonomie ist der Schlüssel zur Welt

Faulheit ist seit jeher ein Laster. Sie ist nicht gottgefällig, auch nicht vernunftgefällig, sondern eine Verschwendung der Talente. Doch nicht nur die Mönche und Protestanten beten und arbeiten. Auch für den Weltmenschen Johann Wolfgang von Goethe steht am Anfang die Tat. Und selbst Oblomows treuer Freund Stolz ein „Deutscher“ natürlich, sieht in der Arbeit den Sinn des Lebens. Sophie Loidolt stellt sich in diesem Zusammenhang folgende Frage: „Doch was heißt das eigentlich: Arbeit, Tat, tätig sein. Um darauf eine Antwort zu finden, beschäftigt sie sich mit einer von Hannah Arendts Grundfragen. In ihrem philosophischen Hauptwerk stellt sie die Frage: „Was tun wir, wenn wir tätig sind?“ Prof. Dr. Sophie Loidolt ist Gastprofessorin am Philosophieinstitut der Universität Kassel und Mitglied der „Jungen Akademie“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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Selbstüberforderung führt zu gesundheitlichen Einbrüchen

Jede Störung der Balance zwischen den kurzfristigen Bedürfnissen, die im Triebsystem verankert sind, und den längerfristigen Interessen, die man mithilfe des Präfrontalen Cortex verfolgt, kann die Gesundheit und das Glück eines Menschen beeinträchtigen. Joachim Bauer erklärt: „Aufgabe der Selbststeuerung ist es daher, auf eine gute Balance zwischen auf längerfristige Entwicklungsziele gerichteten Zukunftswünschen und Ansprüchen, die auf die Befriedigung aktueller Bedürfnisse zielen, zu achten. Die dunkle Seite des Präfrontalen Cortex ist seine Tendenz, weit über den Tag hinausreichende Vorhaben oder Vorgehensweisen zu entwerfen, welche die Menschlichkeit außer Acht lassen. Selbstüberforderungen durch überzogene Zielvorstellungen lassen sich in vielen individuellen Biographien erkennen und sind ein häufiger Grund für gesundheitliche Einbrüche, auch dafür, dass Menschen ärztlicher oder psychotherapeutischer Hilfe bedürfen. Der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut Joachim Bauer lehrt an der Universität Freiburg.

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Die Tugend des Muts kann niemand vortäuschen

Man kann zweifellos davon ausgehen, dass die Tugend mit dem Einsatz für das Kollektiv zusammenhängt, vor allem wenn ein solcher Einsatz mit seinen eigenen eng definierten persönlichen Interessen kollidiert. Man wird nicht dadurch tugendhaft, dass man einfach nur nett zu Menschen ist, um die sich auch andere Leute kümmern. Nassim Nicholas Taleb betont: „Wahre Tugend besteht ganz überwiegend darin, nett zu denen zu sein, die von anderen vernachlässigt werden – die weniger offensichtlichen Fälle, diejenigen, die im Wohltätigkeits-Business übersehen werden. Oder Leute, die keine Freunde haben und lediglich wollen, das sie hin und wieder von jemanden angerufen werden, der mit ihnen redet oder mit ihnen einen Kaffee aus frisch gerösteten Bohnen im italienischen Stil trinkt.“ Nassim Nicholas Taleb ist Finanzmathematiker, philosophischer Essayist, Forscher in den Bereichen Risiko und Zufall sowie einer der unkonventionellsten Denker der Gegenwart.

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Klatsch kann Menschen schwer verletzen und demütigen

Gruppen bestrafen diejenigen, die das Gemeinwohl der Gemeinschaft mit Klatsch untergraben. Für viele gehört Klatsch sogar zu den Todsünden. Der Heilige Paulus ordnete „üble Nachrede“, Überheblichkeit und Hochmut zusammen mit Mord und Unzucht unter die Laster ein, die schärfste Strafen verdienen. Dacher Keltner fügt hinzu: „Lehrer fordern ihre Schüler immer wieder auf, keine Gerüchte und Klatschgeschichten zu verbreiten und nicht verschwörerisch mit ihren Freunden zu flüstern.“ Dafür gibt es einen guten Grund: Klatsch kann in einer Weise verletzen und demütigen, die sogar das Leben verkürzt. Kein Wunder, dass sich die meisten Menschen dagegen sträuben, für ein Klatschmaul gehalten zu werden. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Faulheit wird fast reflexhaft als Gegensatz zur Arbeit bestimmt

Der Band 21 des Philosophicum Lech bietet wie immer einen anregenden Gedankenaustausch über gesellschaftlich fundamentale Fragen der Gegenwart. Der etwas provokante Titel lautete diesmal „Mut zur Faulheit. Die Arbeit und ihr Schicksal.“ Der breite thematische Bogen reicht von der Austreibung des Faulteufels und den Wonnen der Arbeit über ironisch-heitere Zukunftsvisionen einer Mußemaschine bis hin zu kulturellen Widersprüchen des Kapitalismus. Dennoch ist die Arbeit für viele Menschen offenbar die entscheidende Quelle für Wohlstand, Wert und Würde. Konrad Paul Liessmann, dem wissenschaftlichen Leiter des Philosophicum Lech ist es wieder gelungen, eine hochkarätige Referentenschar zu verpflichten. Dazu zählen unter anderem Univ.-Prof. Dr. Stephan Lessenich, Professor am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, den Bestsellerautor Ulrich Schnabel und Univ.-Prof. Dr. Martin Seel, Professor für Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

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Die Liebe entzieht sich der Kontrolle des Willens

Im philosophischen Denken spielt die Liebe seit jeher eine ganz wesentliche Rolle. Die großen Philosophen der Antike bis zu denjenigen Gegenwart stellten sich unter anderem folgende Fragen: Was ist das Wesen der Liebe? Ist sie eine Tugend oder ein Laster? Welche Bedeutung hat die Liebe für das Verhältnis eines Menschen zu seinen Mitmenschen, für seinen Zugang zur Welt, zu Wahrheit und Weisheit, ja sogar zu Gott? Und wie prägt die Gesellschaft, in der man lebt, die Formen, in denen die Liebe sich äußert? Der Reclam-Band „Was ist Liebe?“ vereint die wichtigsten Texte von Platon bis zu Eva Illouz. Obwohl die Grundlage der Philosophie ausdrücklich aus einer spezifischen Liebe, nämlich der „Liebe zur Weisheit“, besteht, ist es umso erstaunlicher, dass die Mehrzahl der akademisch tätigen Philosophen in der Liebe immer noch keinen eigenständigen Gegenstand des denkerischen Interesses sieht.

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Der Todestrieb kann das Lustprinzip verdrängen

Sigmund Freud erklärte, der mechanische Antrieb, ein frustrierendes und schmerzhaftes Erlebnis erneut zu durchleben, deute auf einen Zwang zur Wiederholung hin, der stärker als das Lustprinzip sei. Matthew B. Crawford erklärt: „Das Lustprinzip – der Trieb, unsere Bedürfnisse zu befriedigen und Schmerz zu vermeiden – sorgt dafür, dass wir ständig in Bewegung bleiben.“ Dies sind die motivierenden „Lebensinstinkte“, die Grundlage unseres Selbstseins. Aber daneben gibt es den primitiveren Trieb, dessen Ziel es ist, „in einen Zustand der Erholung, der Stille und des Friedens zurückzukehren“, wie Natasha Dow Schüll den Todestrieb beschreibt. Es geht darum, „die Aufregungen des Lebens zu beseitigen und wieder Stillstand herzustellen“. Matthew B. Crawford kann auch an sich selbst so etwas wie einen Todestrieb beobachten, wenn er vor dem Fernseher sitzt und sich von beliebigen Inhalten berieseln lässt. Matthew B. Crawford ist promovierter Philosoph und gelernter Motorradmechaniker.

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Ulrich Schnabel untersucht den Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl

Psychologen machen einen Unterschied zwischen den Begriffen „Mitleid“ und „Mitgefühl“. Das reine Mitleid ist dabei jene Art von teilnahmsvollen Kummer, die sich auf eine Zuschauerrolle beschränkt, passiv bleibt und einen sicheren emotionalen Abstand wahrt – es entspricht also jener Haltung, die die meisten Menschen zum Beispiel gegenüber Obdachlosen einnehmen. Ulrich Schnabel ergänzt: „Man fühlt sich betroffen, hat eventuell auch ein schlechtes Gewissen, spürt aber nicht den Antrieb oder hat nicht die nötigen Mittel, einzugreifen und die Situation des anderen substanziell zu verbessern.“ Anders hingegen ist es beim Mitgefühl, das mit der Bereitschaft einhergeht, sich persönlich zu engagieren – was zum beispielsweise der Fall ist, wenn ein naher Verwandter obdachlos wird. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Mit jeder Tugend geht ein Laster einher

Augustinus, der lateinische Kirchenlehrer der Spätantike, glaubte nicht daran, dass die Welt feinsäuberlich in die Kräfte des reinen Guten und des reinen Bösen geschieden werden könne. Vielmehr gehe jede Tugend mit einem Laster einher – Selbstvertrauen mit Stolz, Aufrichtigkeit mit Brutalität, Mut mit Leichtsinn und so weiter. Der Ethiker und Theologe Lewis Smedes beschreibt die menschliche Natur der Innenwelt wie folgt: „Unser Seelenleben ist nicht so scharf geschieden wie Tag und Nacht – mit reinem Licht auf der einen Seite und totaler Finsternis auf der anderen. Unsere Seelen sind überwiegend Schattenräume; wir leben an der Grenze, wo unsere dunklen Seiten uns Licht blockieren und einen Schatten auf unsere inneren Plätze werfen. Wir können nicht immer sagen, wo unser Licht endet und unser Schatten beginnt und wo unser Schatten endet und unsere Finsternis beginnt.“

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Die Aufklärung will die Moral reformieren

Wie auf anderen Gebieten, so versteht sich die Aufklärung auch auf dem der Moral als eine Bewegung der Reform. Unzufrieden mit der herrschenden Moralität sowohl der Individuen als auch der gesellschaftlichen Institutionen sucht sie nach Möglichkeiten der praktischen Verwirklichung eines neuen Typs von Moral. Dieser sollte naturgemäßer, vernünftiger und nützlicher sein als der überkommene. Zu diesem Zweck werden soziale, ökonomische und politische Reformprogramme ausgearbeitet, vor allem eine Vielfalt von Erziehungskonzepten, in denen die Festigung und Verbesserung der Tugend zu den zentralen Zielen gehört. Aus demselben Grund werden neue Formen bürgerlicher Gesellschaft wie das Kaffeehaus, neue Formen der Organisation wie Freimaurerlogen und patriotischen Gesellschaften sowie neue Formen der Publikation wie Zeitschriften und Enzyklopädien genutzt und entwickelt. Besonderes Augenmerk gilt der medialen Verbreitung ihrer Ideen.

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Gewohnheiten veredeln oder verderben die Menschen

Gewohnheiten können als Ausdruck des Lernens, aber auch als Ausdruck der Automatisierung verstanden werden; sie können gerade durch den Effekt der Automatisierung unsichtbar werden. Henri Bergson, der in seinem philosophischen Denken die Vitalität und das Lebendige verteidigte, stand Gewohnheiten skeptisch gegenüber. Ja, er fürchtete sogar, dass alle Gewohnheit in einem stumpfen Automatismus endet. Die meisten Menschen finden es amüsant, wenn sie Tics oder Angewohnheiten von Personen beobachten, weil sie sich darüber lustig machen, wenn diese Person einer mechanischen Puppe gleicht und von Kräften gesteuert wird, die stärker sind als sie selbst. Für Clemens Sedmak ist es ein Paradox, dass die Verfestigung einer Gewohnheit zur Verflüchtigung derselben führt und sie dabei an Wahrnehmbarkeit verliert. Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat unter anderem eine Professur am Londoner King´s College inne.

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Der Weisheit sind alle anderen Künste untergeordnet

Die Natur erfüllt ihre Forderungen laut Seneca von selbst. Tägliche Zügellosigkeit, die über einen längeren Zeitraum hin ständig anwächst und mit viel Phantasie das Laster fördert, bedeutet die Abkehr von der Natur. Wenn ein Mensch seine Wünsche auf Überflüssiges oder sogar auf Naturwidriges ausrichtet, liefert er seinen Geist dem Körper aus und macht ihn zum Sklaven seiner Begehrlichkeiten. Wer das natürliche Maßgefühl verliert, das sich bei der Befriedigung von Wünschen mit dem Unentbehrlichen und Lebensnotwendige begnügt, gilt als zurückgeblieben und ärmlich. Selbst bedeutende Männer lassen sich gemäß Seneca durch den Wohllaut der Rede von der Wahrheit ablenken.

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Seneca gibt der Tugend den Vorzug vor der Lust

Seneca kritisiert die Menschen, die behaupten, Lust und Tugend seien gar nicht voneinander zu trennen. Sie sind der Meinung, dass niemand ein ehrbares Leben führen könne, ohne zugleich Vergnügen daran zu haben. Seneca kann dagegen nicht entdecken, wie zwei so verschiedene Dinge eine feste Verbindung miteinander eingehen können. Seneca erklärt: „Dazu kommt noch, dass es auch im erbärmlichsten Leben Lust gibt, Tugend eine schlechte Lebensweise gar nicht erst zulässt und dass es Unglückliche gibt, nicht an Mangel an Lust, sondern durch die Lust selbst, was unmöglich wäre, wenn Tugend und Lust so innig verbunden wären.“ Die Tugend muss oft ganz der Lust entbehren, ohne jedoch jemals aus sie angewiesen zu sein.

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Michel de Montaigne analysiert das widersprüchliche Selbst

Für den Philosophen Michel de Montaigne sind die Menschen wandelnde Gegensätze: „Schamhaft und unverschämt, keusch und geil, schwatzhaft und schweigsam.“ Denn wer immer sich selbst aufmerksam prüft, entdeckt in seinem Inneren dieselbe Wandelbarkeit und Widersprüchlichkeit. Das philosophische Projekt von Michel de Montaigne lässt sich wie folgt zusammenfassen: Wandlungen beobachten, Widersprüche freilegen und die Selbsterkenntnis vorantreiben. Eine seiner Diagnosen über die Menschen lautet: „Wir gehen nicht, wir werden geschoben wie Treibholz, bald sanft, bald heftig, je nachdem, ob das Wasser aufgewühlt oder ruhig dahinfließt.“ Nichts glaubt Michel de Montaigne den Menschen schwerer als Beständigkeit, nichts leichter als Unbeständigkeit. Im ganzen Altertum findet man seiner Meinung nach kaum ein Dutzend Menschen, die in ihrem Leben stets einer bestimmten Richtschnur gefolgt wären, was doch das Hauptziel der Weisheit ist.

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Seneca singt ein Loblied auf die Freundschaft

Für den Philosophen Seneca gibt es keinen reineren und feineren Genuss als eine treue, herzliche Freundschaft. Wir gut und befriedigend ist es für einen Menschen, gleichgestimmte Herzen zu kennen, denen man jedes Geheimnis sicher anvertrauen kann, deren Mitwissen weniger zu fürchten ist als das eigene. Seneca schreibt: „Ihre Gespräche beruhigen uns, ihre Ratschläge helfen uns weiter, ihre Munterkeit vertreibt unsere trüben Gedanken, ihr bloßer Anblick macht uns Freude.“ Er rät allerdings, sich nur für solche Freunde zu entscheiden, die von lasterhaften Leidenschaften frei sind, denn diese schleichen sich unvermutet ein, greifen ganz leicht auf die nächste Umgebung über und richten gerade im persönlichen Umgang viel Schaden und Unheil an.

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Immanuel Kant ist am revolutionärsten in seiner Ethik

Immanuel Kant, der von 1724 bis 1804 lebte, publizierte sein erstes epochales philosophisches Werk, die „Kritik der reinen Vernunft“, 1781 im Alter von 57 Jahren. Um seine Ideen auszuarbeiten, brauchte Immanuel Kant also viel Zeit. Er nahm sich die Zeit, die er brauchte, um seine Philosophie neu zu strukturieren und zu begründen. Vorher hatte er nur seine „Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral“, 1764 veröffentlicht, einen zweiten Preis der Berliner Akademie der Wissenschaften erhalten. Vittorio Hösle empfiehlt dem Anfänger in der Philosophie dringend das Studium der Schriften Immanuel Kants, zudem diese nicht nur den Scharfsinn schulen, sondern zudem jenen sittlichen Ernst vermitteln, ohne den Philosophie selten mehr ist als das Lösen von Puzzles. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Viele Menschen sind oft die Feinde ihres eigenen Glücks

Die meisten Menschen wünschen sich vom Leben Dinge wie Glück, Harmonie, Gesundheit und Zufriedenheit. Glück gehört fast immer zu den menschlichen Wünschen. Für Andreas Salcher ist allerdings die Liebe das Wichtigste im Leben. Viele Menschen sehnen sich auch nach mehr Zeit für ihre Familie und sich selbst. Dennoch handeln die meisten gegen ihre Sehnsüchte. Andreas Salcher erläutert: „Stellt man sie tatsächlich vor die Wahl, auf einen Teil ihres Gehaltes zu verzichten und dafür weniger zu arbeiten, lehnt dies ein Großteil der Befragten ab. Das gilt sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige und ist unabhängig von der Einkommenssituation.“ Dr. Andreas Salcher ist Mitbegründer der Sir-Karl-Popper-Schule und initiierte die Waldzell Meetings im Stift Melk. Er ist einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs. Sein aktuelles Buch heißt: „Erkenne dich selbst und erschrick nicht.“

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Das Verhältnis des Menschen zum Tier ist höchst differenziert

Konrad Paul Liessmann macht darauf aufmerksam, was das Tier für den Menschen schon alles gewesen ist: „Spiegelbild und Gegenbild, Figur der Sehnsucht und des Grauens, Ausdruck von Angst und Herrschsucht, Beute und Bestie, und immer wieder: Natur, Natur, Natur – in all ihrer Wildheit und Schönheit und im Wissen, dass diese Natur das Andere des Menschen und doch er selbst sein kann.“ Die Verbindung von Mensch und Tier hat eine lange, wechselvolle und ist zugleich eine Geschichte der Widersprüche. Dabei ist manchmal alles andere als klar gewesen, ob die Menschen Tiere sind oder Tieren auch Menschliches zugeschrieben werden könnte. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Die Existenz gewinnt ihre Schönheit durch das Unberechenbare

Die aktuelle Sommerausgabe des Philosophie Magazins stellt in seinem Titelthema die Frage, ob überwiegend der Zufall das Leben der Menschen bestimmt. Für die Philosophin Svenja Flaßpöhler ist der Zufall das metaphysische Rätsel an sich, das bis heute für die tiefsten Kränkungen des menschlichen Selbstbildes verantwortlich ist. Deshalb versuchen die Menschen mit immer raffinierteren Methoden den Zufall zu kontrollieren. Es gibt zwei Fiktionen, um sich über die Zufälligkeiten des Lebens hinwegzutrösten. Die erste ist der Glaube an das Schicksal, an einen übernatürlichen Willen, der alles fügt. Sonja Flaßpöhler erläutert: „Der schicksalsgläubige Mensch vertraut auf die schützende Hand, die er über sich wähnt und die ihn genau dorthin gestellt hat, wo er sich gerade befindet.“ Der zweite Trost ist der Glaube an die Selbstbestimmung, an die überwältigende Kraft des eigenen Tuns. An die Stelle des Gottvertrauens tritt das Selbstvertrauen.  

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Hermann Hesse liebt als einzige Tugend den Eigensinn

Für Hermann Hesse gibt es nur eine einzige Tugend, die er sehr liebt. Sie heißt Eigensinn. Von den anderen Tugenden hält der weltberühmte Schriftsteller nicht viel. Hermann Hesse nennt den Grund dafür: „Und doch könnte man alle die vielen Tugenden, die der Mensch sich erfunden hat, mit einem einzigen Namen umfassen. Tugend ist: Gehorsam.“ Es stellt sich nur die Frage, wem der Mensch gehorchen soll. Denn selbst der Eigensinn ist für Hermann Hesse, der 1946 den Nobelpreis für Literatur erhielt, nichts anderes als Gehorsamkeit. Der Eigensinn gehorcht allerdings einem anderen Gesetz, einem einzigen, unbedingt heiligen, dem Gesetz in sich selbst, dem Gesetz des Eigenen, während alle anderen mensachlichen Tugenden Gehorsam gegenüber Gesetzen sind, die von anderen Menschen erlassen wurden.

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Seneca erörtert den Wert und die Würde der Philosophie

Seneca ist davon überzeugt, dass die Menschen die Fähigkeit, ihr Leben sinnvoll zu gestalten, der Philosophie verdanken. Das gilt mit einer Einschränkung: Fertiges Wissen schenkt sie freilich keinem, die Möglichkeit es aber zu erwerben, allen. Kämen die Menschen vollendet klug zur Welt, hätte die Weisheit seiner Meinung nach ihren höchsten inneren Wert verloren, nämlich gerade kein Zufallsgeschenk zu sein. Seneca schreibt: „So aber besteht ihr Wert und ihre Würde gerade darin, dass sie sich nicht aufdrängt, dass jeder sie sich selbst verdankt, dass kein anderer sie uns verschaffen kann.“ Als Allerweltsgeschenk hätte die Philosophie den Menschen nicht viel zu bieten.

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Nur der weise Mensch kann wahre Freude empfinden

Die Philosophie ist für Seneca etwas so Heiliges und Ehrwürdiges, dass sogar trügerische Ähnlichkeit mit ihr Anklang findet. So hält die Masse jeden, der seiner Muße nach lebt, schon für einen Menschen, der zurückgezogen sein Leben in Geborgenheit, in Selbstgenügsamkeit und im Einklang mit sich selbst gestaltet. Dabei trifft dies nur auf einen Weisen zu. Denn nur dieser versteht es, mitten in aller Aufregung sich selbst zu leben, weil er allein überhaupt zu leben versteht. Seneca fährt fort: „Denn wer Welt und Menschen flieht, wer sich durch unglückliche Liebe in die Einsamkeit treiben lässt, wer es nicht ertragen kann, andere glücklich zu sehen, wer sich wie ein scheues und träges Tier verkriecht, der lebt nicht sich selbst, sondern – was das Allerschimpflichste ist – seinem Bauch, seinem Schlaf, seiner Lust.“

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