Der Tod ist noch immer mit einem Tabu belegt

Die meisten Menschen verdrängen und tabuisieren den Tod. Sofern es um den eigenen Tod geht und nicht um den Tod an sich. Michael Wolffsohn weiß: „Zur Kulturgeschichte der Menschheit gehört die Angst vor dem eigenen Tod ebenso wie vor dem Tod des oder der geliebten Menschen. Im Banne dieser Ängste lebt der Mensch heute, lebte er immer.“ Die „Angst vor dem Partnerverlust“ ist eine menschliche Urangst. Die Menschen sind von Natur aus gesellig und vertragen Einsamkeit in der Regel nicht sehr lange. Auch der Tod zerschneidet Bindungen und bringt für die Überlebenden die Gefahr der Vereinsamung. Hiergegen steuert die Kultur des Totengedenkens, auch natürlich die Zeremonie der Bestattung, kurz Trauer und Trauerrituale an sich. Prof. Dr. Michael Wolffsohn war von 1981 bis 2012 Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München.

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Vorhersehbarkeit ist eine fundamentale Dimension sozialer Interaktionen

Für den Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann ist die Reduktion von Komplexität und Ungewissheit ein grundlegender Bestandteil sozialer Prozesse. Eva Illouz erläutert: „Liebe ist – wie Wahrheit, Geld oder Macht – ein Kommunikationsmedium, das dabei hilft, Erwartungen zu erzeugen, eine Entscheidung unter vielen möglichen anderen auszuwählen, Motivationen mit Handlungen zu verbinden sowie Gleichheit und Vorhersehbarkeit in Beziehungen zu schaffen.“ Ein solches Medium der Kommunikation bringt Rollen hervor, die wiederum erwartete Ergebnisse produzieren. Vorhersehbarkeit ist eine fundamentale Dimension sozialer Interaktionen, die beispielsweise in Riten besonders deutlich zum Ausdruck kommt. Wenn Interaktionen ritualisiert werden, erzeugen sie Gewissheit über die Beziehungsdefinition der Akteure, über ihre Position in einer solchen Beziehung und über die dazugehörigen Verhaltensregeln. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

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Durch Morgenrituale tanken die Menschen Kraft für den Tag

Gewohnheiten sind eine alltägliche Übung, die jedem Tag eine Struktur verleiht. Viele Menschen setzen sich gerne an denselben Platz an einem Ort, den sie öfter besuchen und bestellen sich vorzugsweise das Gleiche in einem Restaurant. Sie sind froh, wenn sie die gleichen Dinge immer wieder tun können. Die meisten Menschen haben Morgenrituale, mit denen sie den Tag beginnen. Durch sie tanken Sie Kraft für einen langen Tag. Denn aufgepasst, ein Tag kann sich wirklich ganz schön in die Länge ziehen. Der Philosoph Clemens Sedmak, der unter anderem eine Professur am Londoner King´s College innehat, erklärt: „Am Anfang eines Tages liegt ein weißes Blatt vor einem Menschen, der dieses Papier dann Stunde um Stunde füllt.“ Jeder Tag ist eine Welt für sich. „Jeder Tag hat seine eigene Plage“, heißt es in der Bergpredigt.

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Wole Soyinka ist der einzige Literaturnobelpreisträger Afrikas

Der Schriftsteller Wole Soyinka, der aus Nigeria stammt, ist der erste und bis heute einzige Literaturnobelreisträger aus Schwarzafrika. Im Jahr 1986 nahm Wole Soyinka die Auszeichnung stellvertretend für ganz Afrika an, wobei er seine Dankesrede Nelson Mandela widmete: „Diese Vergangenheit muss sich ihrer Gegenwart stellen.“ Der Literaturnobelpreis katapultierte den Schriftsteller in die Weltöffentlichkeit, etablierte ihn als einen Mahner für die Freiheit, als einen „writer and fighter“, der sich für Nigeria und ganz Afrika einsetzt. Wole Soyinka war immer wieder im Gefängnis gelandet, weil er gegen die nigerianische Militärdiktatur protestierte. Zwei Jahre wurde er in Isolationshaft gesperrt, anschließend musste er für lange Zeit ins Exil gehen. Wole Soyinka erklärt dazu: „Letztlich bin ich lieber im Kampf gefangen als in der Entfremdung von meiner eigenen Gesellschaft.“ Am 13. Juli ist Wole Soyinka 80 Jahre alt geworden.

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Rebekka Reinhard klärt über die Selbstverliebtheit auf

Die Menschen der Gegenwart sind laut Rebekka Reinhard so auf sich selbst fixiert, dass es ihnen schwer fällt, daneben auch noch etwas anderes wahrzunehmen. Die Begriffe Ich und Selbst ziehen sich als Leitmotive durch den Grundwortschatz des modernen Menschen. Die Philosophin schreibt: „Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, ein gutes Selbstwertgefühl und eine gesunde Ich-Stärke gelten als Grundvoraussetzungen für ein glückliches Leben.“ Selbstbewusst wird man, indem man sein eigenen Ich herausstellt. Ihm muss eine Bedeutung zukommen, die es authentisch macht und von allen anderen Ichs unterscheidet. Authentisch wird ein Mensch, indem er Aussagen über sich selbst trifft, die eigenen Wüsche und Bedürfnisse formuliert und möglichst klarstellt, was einem nicht passt.

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Der älteste Feind des Menschen ist der Fremde

Für Alexander Mitscherlich ist es undenkbar, dass zwischen der menschlichen Aggressivität und den Kriegen in aller Welt kein kausaler Zusammenhang besteht. Als Beispiel nennt er die menschenverachtende Naziherrschaft im Dritten Reich, die der Verfolgung ihrer inneren Feinde den erklärten Eroberungskrieg gegen äußere Feindstaaten folgen ließ. Krieg ist für Alexander Mitscherlich eine eindeutige Form der kollektiven Aggression. Sobald sich allerdings eine historische Distanz zu einem Krieg herstellt, wird es für die Menschen in den allermeisten Fällen doch sehr fraglich, ob das erklärte Kriegsziel das Sterben des Einzelnen zu rechtfertigen vermochte.

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Im Tantra soll die Sexualität in die Ekstase münden

Tantra ist die kraftvolle, die Welt bejahende Seite Indiens. Um das Tantra-Prinzip zu verdeutlichen, hat der große Hindu-Heilige des 19. Jahrhunderts Ramakrishna folgendes Bild verwendet. Er sagte, dass er zwar gerne Zucker esse, aber nicht gerne Zucker werden möchte. In die Welt der Metaphysik übersetzt heißt das, dass er gern am Göttlichen Anteil habe, aber nicht Gott selbst sein wolle. In einem anderen Spruch beschreibt er die Welt als eine Stätte der Freude, in der man essen, trinken und fröhlich sein kann. Das hat große Ähnlichkeit mit einem Satz des Augustinus, der den Mensch aufforderte Gott zu lieben, aber dennoch nach freien Stücken zu handeln.

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