Mathias Binswanger stellt die Tücken des Marktwettbewerbs vor

Nur wenn der von der ökonomischen Theorie beschriebene Idealfall der sogenannten vollständigen Konkurrenz gilt, führt dies dazu, dass Markt und Wettbewerb zusammentreffen. So wie viele Ökonomen diesen Marktwettbewerb definiert haben, ist dort von einer aktiven Konkurrenz im eigentlichen Sinn allerdings nicht viel zu bemerken. Mathias Binswanger erläutert: „Der Marktwettbewerb erscheint eher als eine sich ewig wiederholende Routine, bei der sich alle Beteiligten brav an die durch den Markt vorgegebenen Preise anpassen.“ In dem sich aus dem Marktwettbewerb unter der Bedingung vollständiger Konkurrenz ergebenden allgemeinen Gleichgewicht sind sowohl die privaten Haushalte als auch die Unternehmen Preisnehmer. Die Marktpreise sind stabil und können durch einen einzelnen Anbieter oder Nachfrager weder erhöht noch gesenkt werden. Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Solothurn.

Weiterlesen

Das Geschehen an den Finanmärkten bestimmt den Alltag

Wolfgang Hetzer vertritt die These, dass der Lauf der Dinge heutzutage maßgeblich durch das Geschehen an den Finanzmärkten bestimmt wird. Umso denkwürdiger ist seiner Meinung nach, dass die Logik der Ereignisse in diesem Bereich zum Teil höchst umstritten ist. Dies gipfelt in der Frage, ob sich auf den Schauplätzen der internationalen Finanzwirtschaft ein effizientes Zusammenspiel vernünftiger Akteure oder ein Spektakel reiner Unvernunft vollzieht. Wolfgang Hetzer fügt hinzu: „Es gilt jedenfalls nicht als ausgemacht, ob der beschworene kapitalistische Geist verlässlich und rational oder schlicht verrückt operiert.“ Selbst die Wirtschaftswissenschaft hilft auch nicht immer weiter, da sie völlig verschiedene und widersprüchliche Interpretationen bereithält, um die Stürme der Ereignisse im gegenwärtigen Finanzgeschäft zu erklären. Wolfgang Hetzer, Dr. der Rechts- und Staatswissenschaft, leitete von 2002 bis 2011 die Abteilung „Intelligence: Strategic Assessment & Analysis“ im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Brüssel.

Weiterlesen

Rahel Jaeggi stellt ihre Kritik der Lebensformen vor

In der traditionellen Philosophie sind Fragen nach dem individuellen guten Leben kein Thema. Die Berliner Philosophin Rahel Jaeggi beschäftigt sich dennoch mit ihnen. Denn für sie ist die Kritik an der eigenen Lebensführung überhaupt es die Voraussetzung aller individuellen Autonomie. Rahel Jaeggi ist Professorin für Rechts- und Sozialphilosophie an der Humboldt Universität in Berlin. Beim Suhrkamp Verlag ist gerade ihre Habilitationsschrift „Kritik von Lebensformen“ erschienen. In ihrem Werk wendet sie sich gegen die dominierende Meinung des aktuellen politischen Liberalismus in der Philosophie. Die bezieht dabei eine konträre Position zu John Rawls und Jürgen Habermas. Diese vertreten die Auffassung, dass sich der Staat ethisch neutral gegenüber der Vielfalt von Lebensformen in der modernen Gesellschaft zu verhalten hat. Laut John Rawls ließen sich nur so Konflikte des staatlich zu regelenden Zusammenlebens lösen und den Ansprüchen moderner Individuen auf Selbstbestimmung gerecht werden.

Weiterlesen

Die Ursprünge der Philosophie liegen im antiken Griechenland

Der griechische Begriff der Philosophie der Antike, definiert als Liebe zur Weisheit oder Freude am Wissen, ist wesentlich umfassender, als der moderne Philosophiebegriff. Er bleibt immer eng verbunden mit den Naturwissenschaften und nimmt mit diesen um 600 vor Christus ihren Anfang in den Küstenstädten Kleinasiens, die für ihre Weltoffenheit bekannt waren. Das Viele aus Einem zu erklären, bleibt ein Grundzug der ionischen Philosophie. Thales nimmt zum Beispiel das Wasser als Ursprungselement an, Anaximenes die verdünnte oder verdichtete Luft, Anaximander das chaotisch Grenzenlose, ápeiron genannt, das sich in Festes und Flüssiges, Heißes und Kaltes ordnet. Alle diese Philosophen waren auch bedeutende Naturwissenschaftler und leisteten wesentliche Forschungsarbeit auf den Gebieten der Astronomie, der Geographie und der Mathematik. Im klaren Gegensatz dazu steht die aus der Mystik hervorgegangene elitäre Geheimwissenschaft, die Pythagoras aus Samos im unteritalienischen Kroton in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus entwickelt.  

Weiterlesen

Die Spontaneität der Jugend lockt und fasziniert die Erwachsenen

Henri Lefebvre will in einem Essay nicht die Situation der Jugend in der zeitgenössischen Gesellschaft, samt ihren Problemen, darstellen, sondern zur Zerstörung der Mythen über die Jugend beitragen und zugleich den Platz dieser Gruppe innerhalb der modernen Gesellschaft sowie die Vielfältigkeit der damit verknüpften Fragen darstellen. Henri Lefebvre schreibt. „Der Mythos der Jugend, gleich dem des Proletariats besteht in einer Reihe philosophischer Behauptungen und ontologisch operierender Überinterpretationen, also solchen, die sich auf ein vorgeblich zu definierendes Sein beziehen.“ In diesem Sinne käme der Jugend ein eigenes Wesen zu, das für sich und durch sich selbst definiert wäre. Sie brächte also ihre besonderen Werte mit, ihre ganz eigene Erfahrung, im Gegensatz zu den angehäuften Erkenntnissen des Erwachsenendaseins. Eine Erfahrung, die sich dem Faktum des Beginnens und dem Geheimnis der Spontaneität verdankt.

Weiterlesen

Lady Gaga ist der erfolgreichste Popstar der Gegenwart

Keine jüngere Popkünstlerin unserer Zeit hat in einem Jahr mehr verdient als Lady Gaga. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes hat sie zwischen Juni 2012 und 2013 rund 80 Millionen Dollar eingenommen. Seit sie zwei Kunststars als Helfer bei ihren Inszenierungen hat, redet sie in Interviews immer häufiger über den Begriff der Kunstreligion. Lady Gaga sagt: „Was ich von Jeff Koons und Marina Abramović gelernt habe, ist, dass Kunst für manche für uns Gott ist. Man erschafft sich seinen eigenen Glauben. Man bringt etwas zur Welt, das mehr bedeutet als alles andere um einen herum. Wie ist es nur möglich, dass man etwas mit seinen eigenen Händen und Ideen erschafft, das so groß ist und das man anfassen kann? Aber niemand traut sich das. Es wäre ja auch ein Sakrileg. Es wäre grundfalsch, eine Skulptur von Jeff Koons anzufassen.“  

Weiterlesen

Markus Gabriel seziert die Schwächen des Konstruktivismus

Die Menschheit befindet sich über ziemlich viele Dinge im Irrtum. Die Wissenschaft kann nicht einmal ermessen, wie weit das menschliche Nichtwissen reicht, da der Mensch in vielen Fällen überhaupt keine Ahnung davon hat, was er alles nicht weiß. Doch daraus folgt für Markus Gabriel nicht, dass alle Gegenstandsbereiche nur menschliche Projektionen, nützliche Einteilungen einer im Übrigen von der Erkenntnis weitgehend unabhängigen, homogenen Wirklichkeit sind. Friedrich Nietzsche hat zu diesem Thema eine berühmte Aussage gemacht: „Nein, gerade Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen. Wir können kein Faktum an sich feststellen: vielleicht ist es ein Unsinn, so etwas zu wollen.“ Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie an der Universität Bonn inne. Er ist Deutschlands jüngster Philosophieprofessor. Außerdem leitet er das Internationale Zentrum für Philosophie in Bonn.

Weiterlesen

Markus Gabriel zeigt dem Materialismus seine Grenzen auf

Für Markus Gabriel ist eine klare Unterscheidung zwischen Physikalismus und Materialismus wichtig. Er definiert beide wie folgt: „Während der Physikalismus behauptet, dass sich alles Existierende im Universum befindet und deswegen physikalisch untersucht werden kann, behauptet der Materialismus, dass alles Existierende materiell ist.“ In seiner klassischen Spielart des Atomismus vertritt der Materialismus die These, dass es in Wahrheit nur Atome gibt. Etwa die gerade aktuellen „Gottesteilchen“, die Grundbausteine der Materie und die Leere drum herum. Alles Existierende besteht dem Materialismus zufolge aus grundlegenden Elementarteilchen, aus denen sich alles zusammensetzen lässt. Materialisten nehmen an, dass selbst Erinnerungen und Einbildungen als Gehirnzustände materiell sind, obwohl die Gegenstände, an die sich ein Mensch erinnert oder die er sich einbildet, nicht materiell sein müssen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie an der Universität Bonn inne. Er ist Deutschlands jüngster Philosophieprofessor. Außerdem leitet er das Internationale Zentrum für Philosophie in Bonn.

Weiterlesen

Der Geist des Menschen ist ein vollkommen offenes System

Wolfgang Prinz vertritt in seinem neuen Buch „Die Welt im Spiegel“ die These, dass der Mensch eine Maschine ist, die ihre kollektive Welt erfindet. Er beantwortet in seinem Werk Fragen, die sich auf den Aufbau des menschlichen Geistes beziehen, das menschliche Denken betreffen und sich mit dem umstrittenen freien Willen des Menschen beschäftigen. Wolfgang Prinz stellt in diesem Zusammenhang eine Theorie des Geistes vor, die den traditionellen Rahmen der Kognitionspsychologie entscheidend erweitert. Sein Ansatz bietet Anknüpfungspunkte zur Philosophie, zur Neurowissenschaft und zur Sozialwissenschaft. Wolfgang Prinz ist emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sowie Honorarprofessor an den Universitäten München und Leipzig.

Weiterlesen

Ernst Bloch entwirft eine Enzyklopädie der Hoffnung

Einer der Grundsätze des Philosophen Ernst Bloch war, es käme darauf an, zugleich siebzig und siebzehn zu sein. Er meinte damit, dass in der größten Erfahrenheit auch die Begierden, die Neugier und die Fragelust der Jugend lebendig sein müssten, von denen alle Erfahrungsfähigkeit ausgeht. Für ihn gab es keine größere Gefahr für die Wahrheit als das Erstickenwollen des Fragenwollens durch die Methoden des Abfragens anstelle einer Problemsichtigkeit für das Erlernte und Vorgesetzte im Verwundern fragwürdig macht. Ernst Bloch war ein Meister des tiefen Sinns, den er in scheinbar ganz kleinen Geschichten entwickelte. Er schreibt: „Es genügt, sie anzudeuten, als ein Spiel, das nicht verstärkt werden kann und letzthin puren Wunsch bedeutet, das aber darin immer merkwürdig ist, dass es als neue Fahne im Werk, nicht nur als Fahnenflucht aus der Welt möglich ist.“

Der Kapitalismus ist noch nicht in seine Endphase eingetreten

Wirtschaftskrisen sind für Wolfgang Hetzer wiederkehrende und prägende Ereignisse in der Geschichte der Ökonomie. Sie sind so vielfältig, das es schwerfällt, hierfür das Verhalten einzelner Menschen verantwortlich zu machen, geschweige denn eine aussagekräftige Theorie darüber zu entwickeln. Wolfgang Hetzer warnt davor, pauschal die Spekulation als Wurzel allen Übels zu bezeichnen, denn sie ist seiner Meinung nach ein wichtiges Moment allen wirtschaftlichen Handelns. Spekulation ist sogar eine notwendige Vorraussetzung dafür, dass es überhaupt zu wirtschaftlicher Entwicklung und nicht zu einer Wiederholung des bereits Bekannten kommt. Wolfgang Hetzer behauptet zudem, dass nicht nur in Kreisen der politischen Linken verzerrte Vorstellungen über das Wesen kapitalistischer Krisen herrschen. Wolfgang Hetzer, Dr. der Rechts- und Staatswissenschaft, leitete von 2002 bis 2011 die Abteilung „Intelligence: Strategic Assessment & Analysis“ im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Brüssel.

Weiterlesen

Freiheit ist der Anspruch auf ein Leben in Eigenverantwortung

Die Freiheit der Menschen bestimmt die Grenzen des legitimen staatlichen Handelns wie Wilhelm von Humboldt 1792 in seiner Schrift „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen“ schreibt. Programme, die den Wohlstand mehren sollen, gleichgültig, ob es sich dabei um das materielle oder um das moralisch-sittliche Wohl handelt, sind dabei immer Feinde der Freiheit. Sie drängen das Individuum durch eine Politik der Umverteilung oder durch sittliche Beaufsichtigung aus seiner Selbstverantwortung. Freiheit heißt in der Zeit des bürgerlichen Aufbruchs für Wolfgang Kersting Selbstbestimmung, Selbstbeanspruchung und Selbstständigkeit. Freiheit ist dabei ethische Autarkie und die Herausbildung einer eigenverantwortlichen Kompetenz der Lebensführung. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

Weiterlesen

Der Staat des Neoliberalismus muss ein starker Staat sein

Für den deutschen Liberalismus ist es charakteristisch, den Markt immer aus kulturgeschichtlicher und gesamtgesellschaftlicher Perspektive zu betrachten. Wolfgang Kersting erklärt: „Daher ist seine Analyse der Entwicklung des Kapitalismus und seiner Krisen immer eingebettet in großformatige geistesgeschichtliche Deutungen und umfassende zeitgeschichtliche Analysen.“ Die Gegenwart färbt dabei in den meisten Fällen den Blick auf die Vergangenheit: gegenwartsdiagnostische Interessen und zeitgeschichtliche Wertungen prägen die Darstellungen. Laut Wolfgang Kersting sind die Modernisierungstheorien durchwegs monokausale Krisentheorien der Moderne. Modernisierung ist für den deutschen Neoliberalismus stets Zerfall, Entartung, Zersetzung, Niedergang und Verlust. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

Weiterlesen

Politische Parteinen dominieren den demokratischen Staat

In einer entwickelten Demokratie müssen bei einer Analyse der politischen Klasse die Parteien ins Zentrum der Betrachtung gerückt werden. Ein großer Teil der Prozesse, die eine abgehobene politische Klasse erkennbar werden lassen, spielen sich im Bereich des Parteienstaats ab. Frühere Theorien über Eliten untersuchten Parteien meist von der inneren Organisation her, um den alles durchdringenden Prozess der Bürokratisierung in der Gesellschaft zu belegen. Heute funktioniert das nicht mehr. Klaus von Beyme fordert daher: „Eine zeitgemäße Theorie der politischen Klasse muss sich vor allem mit der Außenwirkung der Parteienorganisation befassen. Ins Zentrum rückt die Kolonialisierung von Staat und Gesellschaft durch die Parteien.“ Der deutsche Politikwissenschaftler Klaus von Beyme war von 1974 bis 1999 Professor am Institut für Politische Wissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Weiterlesen

Theodor W. Adorno reflektiert über die Klassentheorie

Geschichte ist, der Theorie zufolge, eine Aufeinanderfolge von Klassengkämpfen. Laut Theodor W. Adorno ist der Begriff der Klasse mit dem Auftreten des Proletariats verbunden. Noch als revolutionäre Gesellschaftsgruppierung nannte die Bourgeoisie sich den dritten Stand. Theodor W. Adorno fügt hinzu: „In der Ausdehnung des Klassenbegriffs auf die Vorzeit denunziert die Theorie nicht bloß die Bürger, deren Freiheit mit Besitz und Bildung die Tradition des alten Unrecht fortsetzt. Sie wendet sich gegen die Vorzeit selber.“ Der Schein patriarchalischer Gutmütigkeit, den jene seit dem Sieg des unerbittlichen kapitalistischen Kalküls angenommen hat, wird zerstört. Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Soziologie und war Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität.

Weiterlesen

Henri Lefebvre singt das hohe Lied auf die Feste des Frühlings

Seit den Anfängen der Kunst und der Literatur preisen und loben die Dichter den Frühling in den höchsten Tönen. Sie nennen ihn die Zeit der Liebe, die gewaltige Brunst der Natur, die Tage der Fruchtbarkeit und den Zeitraum der Herrschaft Aphrodites und der Venus. Das expressive Thema des Monats Mai zählt Henri Lefebvre zu jenen, die unerschöpflich scheinen. Die Lobgesänge der griechischen und lateinischen Texte hallen noch in seinem Gedächtnis nach. Von Anbeginn an bemächtigt sich auf die französische Literatur des Themas des Frühlings. Henri Lefebvre fügt hinzu: „Der antiken Vorstellung zufolge, die sich bis in die Naturphilosophie unserer Tage hinein verlängert, ist die Natur eine grundlegende Macht – Physis.“ In Raum und Zeit mit sich selbst identisch bleibend, impliziert sie seiner Meinung nach die Endlichkeit des Kosmos.

Weiterlesen

Für Sonia Laszlo ist die wahre Liebe nur eine romantische Idee

Die euphorische Liebe können die Menschen nicht selbst herstellen, da sie eben keine bewusste Entscheidung ist. Und genau darin liegt für Sonia Laszlo das Glück. Sie schreibt: „Wir sind einfach verliebt und so wird unser Bewusstsein von uns selbst glücklich gemacht.“ Ein großer Teils des Glücks in der Liebe liegt ihrer Meinung nach jedoch darin, dass die Menschen Vertrauen schenken und sich in der Sicherheit fallen lassen, der andere werde ihn auffangen. Die Menschen sehnen sich also nach mehr als nur einem Hormonfeuer der Gefühle. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

Weiterlesen

Die Demokratie ist immer erheblichen Gefährdungen ausgesetzt

Wolfgang Merkel macht auf ein kleines Büchlein aufmerksam, dass im Jahr 2004 unter dem Titel „Postdemokratie“ erschienen ist. Der Autor, Colin Crouch, behauptet darin, dass der demokratische Moment, der sich in den USA noch vor und in Westeuropa unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat, verschwunden ist. Die entwickelten Länder nähern sich laut Colin Crouch der „Postdemokratie“ an, die viele vordemokratische Züge trägt. Die Wortschöpfung von Colin Crouch hat vor allem in der Bundesrepublik Deutschland eine beachtliche Karriere gemacht. Wolfgang Merkel erläutert: „Sie gehört wie die Krisenrhetorik längst zum Alltag und hat sich zu einem anschwellenden Rauschen verdichtet. Nicht selten mutieren dabei präzise Begriffe zu leeren Worthülsen, normative Vorurteile lösten die werturteilsfreie Analytik ab.“ Professor Dr. Wolfgang Merkel ist Direktor der Abteilung „Demokratie“ am Wissenschaftszentrum Berlin und lehrt Politikwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin.

Weiterlesen

Tony Judt beschreibt die Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg

Die beiden Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg waren ökonomisch, nicht politisch oder ideologisch für Tony Judt eine unglaublich optimistische Epoche. Dieses Selbstbewusstsein war in zweierlei Form zu beobachten. Erstens vertraten Neoklassische Ökonomen und ihre Anhänger die Ansicht, dass der Kapitalismus blühe und auch weiterhin wächst und sich unablässig erneuern werde. Zweitens gab es die nicht minder an der Zukunft orientierte Meinung, dass der Kapitalismus, ob prosperierend oder nicht, unter der Last der eigenen Probleme zusammenbrechen werde. Tony Judt erklärt: „Von ganz unterschiedlichen Punkten ausgehend, waren beide sozusagen vorwärtsgerichtete, überaus selbstgewisse Analysen.“ Der britische Historiker Tony Judt, geboren 1948, studierte in Cambridge und Paris und lehrte in Cambridge, Oxford und Berkeley. Seit 1995 war er Erich-Maria-Remarque-Professor für Europäische Studien in New York. Er starb 2010 in New York.

Weiterlesen

Wolfgang Kersting untersucht die Gerechtigkeit des Marktes

Wolfgang Kersting beschreibt in seinem Buch „Wie gerecht ist der Markt?“ das schwierige Verhältnis von Markt und Gerechtigkeit. Gerechtigkeit herrscht seiner Meinung nach, wenn Menschen ein gleiches Recht auf politische Teilhabe haben und unter dem Schutz demokratisch erzeugter und wirksam durchgesetzter Gesetze ihre Freiheit genießen und ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Gerechtigkeit definiert Wolfgang Kersting wie folgt: „Gerechtigkeit herrscht, wenn das Recht alle gleich behandelt und das Eigentum sicher ist.“  Der Sozialstaat der Gegenwart gibt vor, den Menschen mehr Gerechtigkeit geben zu können, als Rechtsstaat und Marktgesellschaft ihnen zu liefern in der Lage sind. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

Weiterlesen

Henri Lefebvre setzt sich mit dem Naturbegriff auseinander

Der Missbrauch, den die kosmologische Romantik mit dem Naturbegriff trieb, hat diesen laut Henri Lefebvre in Misskredit gebracht, obwohl systematische Philosophie bislang nie auf eine Philosophie der Natur verzichten wollte. Naturalismus und Naturismus haben den Begriff der Natur regressiv in Beschlag genommen, haben ihn bald verschnörkelt, bald einem von Physik oder der Physiologie abgezogenen elementaren Szientismus unterworfen. Schließlich ist der Naturbegriff durch die bürgerlichen und technizistischen Verzückungen schier unerträglich geworden, angesichts der mit den modernen Hilfsmitteln eroberten Welten des Schweigens, der Abgründe und Höhen. Henri Lefebvre schreibt: „Die Natur ist vom Journalismus, von der Literatur, den Massenmedien und zugleich von einer dekadenten Ontologie okkupiert worden.“ Seiner Meinung nach hat man die Natur entschärft, indem man sie interessanter machen wollte. Die ihr angedichtete Pittoreskheit und das Geschwätz über Natur haben ihren Begriff trivialisiert.  

Weiterlesen

Henri Lefebvre stellt den griechischen Denker Sokrates vor

Im Lauf ihrer Geschichte haben die Griechen in der Antike nicht wenige philosophische und politische Projekte erprobt. So gründeten sie zum Beispiel die Polis und wagten sich an die Schaffung eines Staatsgebildes. Außerdem erprobten sie äußerst unterschiedliche Verhältnisse von Theorie und Praxis, einschließlich der Rhetorik, der Sophistik und der Dialektik, in der Praxis. Philosophische Probleme versuchten die griechischen Denker mit der spekulativen, logischen und ontologischen Methode zu lösen. Zudem haben sie die Umrisse des Systems an sich entworfen, die Lehre vom Sein. Henri Lefebvre schränkt ein: „Sokrates allerdings konfrontiert lieber die Lehrsätze, als dass er ihnen beipflichtete oder dagegen argumentierte.“ Er ist weder ein Anhänger der unwandelbaren Ontologie des Parmenides noch der dialektischen Philosophieauffassung eines Heraklit.  

Weiterlesen

Ironie setzt das geschärfte Bewusstsein eines Konflikts voraus

Die großen Ironiker wie Sokrates, Michel de Montaigne, Alfred de Musset und Heinrich Heine treten laut Henri Lefebvre in unruhigen, gestörten Zeitläufen auf, wenn sich die Menschen in ihrem Umkreis bedeutsamen Angelegenheiten widmen, wenn die Zukunft von großen Entscheidungen abhängt, wenn enorme Interessen im Spiel sind und die Menschen der Tat sich rückhaltlos in den Kampf begeben. Henri Lefebvre fügt hinzu: „Dann genau zieht der Ironiker sich auf sich selbst zurück, ohne sich freilich für immer einzuigeln.“ Er besinnt und stärkt sich nur, um anschließend dach draußen zum Publikum zurückzukehren, um die Akteure des Kampfes zu befragen, ob sie wirklich wissen, warum sie ihr Leben aufs Spiel setzen. Der Ironiker erkennt als erster die Grenzen der aufgebotenen Interessen und die Chancen der vorliegenden Taktiken.

Weiterlesen

Eine funktionierende Stadt wird zum Liebesobjekt ihrer Bürger

Soziales Denken muss sich laut Alexander Mitscherlich nicht mehr in erster Linie auf die materielle Armut beziehen, sondern es muss in erste Linie die Zahl der Bewohner eines Gebäudes ins Auge fassen. Denn in einem Wohnquartier mit den fünfstöckigen Giebelblocks, die zeilenweise angeordnet sind, kann sich städtische Humanität nur schwer entfalten. Alexander Mitscherlich schreibt: „Es ist ein Kapitalfall der Tötung des humanen Antriebes in und durch die verwaltete Welt.“ Er fordert Investitionen von erfinderischer Gestaltung, die solche Gebäudemassen fermentierend durchdringt. Alexander Mitscherlich stellt sich auch die berechtigte Frage, wer eigentlich die Bewohner von Massensiedlungen vertritt. Denn an den restaurierten und gedunsenen Städten sieht man, wohin Stadtplanung führt, wenn sie ohne den stattfindet, für dessen Bedürfnisse sie unternommen wird.

Weiterlesen

Die Angebote für das Erfolgsprojekt Kind sind grenzenlos

Neben Englisch lernen in der Schweiz in Privatschulen immer mehr Kinder schon im frühsten Alter Chinesisch. Denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass junge Kids eine Zweitsprache erstaunlich leicht aufnehmen. Doch die Forscher haben auch die klare Erkenntnis gewonnen, dass der Effekt solcher Anfangserfolge nicht anhält, wenn die Kinder die Sprache nicht in mindestens vierzig Prozent ihrer Zeit sprechen. Im Klartext heißt das: Es schadet nichts, bringt aber auch nichts. Dennoch glauben viele Eltern an die Theorie vom frühen Erlernen einer Fremdsprache. Während Chinesisch noch als exotisch gilt, steigt die Nachfrage nach Englisch für die Kleinsten seit Jahren. Edith Tribelhorn, Geschäftsführerin des Verbands Kindertagesstätten der Schweiz, erklärt: „Wir beobachten ganz klar einen Trend zu zweisprachigen Krippen.“ In der Stadt Zürich pflegen beispielsweise 22 der 268 Krippen ein Konzept mit Englisch und Deutsch.

Weiterlesen