Am Anfang war die Schönheit

Nichts ist für den Philosophen Konrad Paul Liessmann so verführerisch wie die Verführung: „Das Lockende und Verlockende, die Andeutungen und Versprechungen, die Eröffnung von bisher ungeahnten Möglichkeiten, das Verlassen eines sicheren Bodens, das Umgehen des Gewohnten, das Faszinosum des Neuen: Wer wollte dem widerstehen?“ Im Paradies muss es schön gewesen sein, so war es wohl. Am Anfang war die Schönheit, aber diese führte zu Wut, Trauer und Neid. Und der Schöpfer des Menschen ähnelte weniger einem Gott in seiner Machtvollkommenheit als einem Bastler. Dieser probiert einiges aus, um bei einem Produkt zu landen, das er nach kurzer Zeit wieder entsorgen muss. Die Erzählung vom Paradies ist von Anbeginn an eine Geschichte des Aufbegehrens und der Vertreibungen. Die Schöpfung in ihrer Schönheit provoziert den Widerstand desjenigen, dessen Licht diese Schönheit sichtbar macht, ohne selbst daran Anteil nehmen zu können.

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Emil Nolde erzielte allein mit den Farben seine größten Effekte

Emil Nolde war schon über dreißig Jahre alt, als er sich zum Maler ausbilden ließ. Schon in der Anfangszeit seiner Künstlerkarriere fiel auf, mit welcher Sicherheit er sich in den Genres, der von ihm besuchten dänischen Malschulen bewegt hat. Seine frühen Meer- und Strandbilder wirken in ihrer bleiernen Ruhe fast abstrakt. Weitere Motive, die ihm leicht von der Hand zu gehen scheinen, sind Menschen im blendend hellen Sommerlicht des Nordens, Spukwesen, die den Himmel des Morgens verdüstern sowie bürgerliche Interieurs und Porträts. Eine eigene künstlerische Handschrift entwickelt Emil Nolde erst um 1907 in seinen Ansichten von Wäldern und Feldern. Hier setzt sich der Maler mit den spontanen Farbsetzungen van Goghs und mit dem Divisionismus der Postimpressionisten auseinander. Die Ausstellung „Emil Nolde, Retrospektive“ ist noch bis zum 15. Juni im Frankfurter Städel-Museum zu sehen.

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Ernst Bloch entwirft eine Enzyklopädie der Hoffnung

Einer der Grundsätze des Philosophen Ernst Bloch war, es käme darauf an, zugleich siebzig und siebzehn zu sein. Er meinte damit, dass in der größten Erfahrenheit auch die Begierden, die Neugier und die Fragelust der Jugend lebendig sein müssten, von denen alle Erfahrungsfähigkeit ausgeht. Für ihn gab es keine größere Gefahr für die Wahrheit als das Erstickenwollen des Fragenwollens durch die Methoden des Abfragens anstelle einer Problemsichtigkeit für das Erlernte und Vorgesetzte im Verwundern fragwürdig macht. Ernst Bloch war ein Meister des tiefen Sinns, den er in scheinbar ganz kleinen Geschichten entwickelte. Er schreibt: „Es genügt, sie anzudeuten, als ein Spiel, das nicht verstärkt werden kann und letzthin puren Wunsch bedeutet, das aber darin immer merkwürdig ist, dass es als neue Fahne im Werk, nicht nur als Fahnenflucht aus der Welt möglich ist.“

Richard Wilhelm erklärt die Philosophie des Laotse

Laotse ist der Name, unter dem der Philosoph Lao Dan aus der Familie Li in die europäische Literatur eingegangen ist. Er stammt ganz aus dem Süden des damaligen Chinas und dürfte um 550 vor Christus geboren sein. Er arbeitet in Lo Yang als königlicher Bibliothekar. Das berühmteste Buch von Laotse ist das so genannte Taoteking, ein klassisches Buch vom Sinn und Leben, in der Form von Aphorismen niedergeschrieben. Richard Wilhelm erklärt: „Es enthält Zitate und Zusätze und ist in seiner heutigen Form sicher nicht von Laotse persönlich aufgezeichnet. Aber die philosophische Weltanschauung, die es enthält, ist vollkommen geschlossen und einheitlich.“

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Der russische Schriftsteller Konstantin Paustowskij

Konstantin Paustowskij, der am 31. Mai 1892 in Moskau geboren wurde, verdankt seinen literarischen Ruhm seinem anschaulichen, tief menschlichen Erzählstil. Er steht in der Tradition des Epikers Lew Nikolajewitsch Tolstoi und des Meisters der russischen Kurzgeschichte, Anton Pawlowitsch Tschechow. Vor allem ist Konstantin Paustowskij ein Schriftsteller, der in besonderer Weise dem irdischen Leben zugewandt ist. Er schreibt über Dinge, die dem flüchtigen Blick der Menschen normalerweise entgehen, will ihn zum Verweilen einladen. Vor allem die Schönheit der Natur versteht er in genialer Weise in Sprache zu verwandeln. Aber allem seinem Schreiben liegt immer die sorgsame Beobachtung des Lebens zugrunde, sei es, wenn er seelische Regungen im Menschen andeutet oder das Schicksalhafte hinter menschlichten Begegnungen deutet.

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