Gelungene Integration von Migranten umfasst auch soziale Aspekte

Der niederländische Soziologe Ruud Koopmans definiert Integration wie folgt: „Integration bedeutet, dass sich die Lebensverhältnisse von Zuwanderern an die der Mehrheitsgesellschaft angleichen.“ Das heißt, dass die Arbeitslosenquoten von Migranten nicht höher sind, ihre Kinder die gleichen Bildungsabschlüsse haben und die Einkommen – entsprechend ihrer Qualifikation – nicht niedriger sind als die der Gesamtbevölkerung. Dieser Teil ist in der Wissenschaft unstrittig. Für Ruud Koopmans umfasst gelungene Integration auch soziale Aspekte: Leben die Migranten in Parallelwelten oder werden sie ein Teil der aufnehmenden Gesellschaft? Nicht integriert in diesem Sinne sind Zuwanderer, die weitgehend unter sich bleiben, die keine Freundschaften zur deutschen Bevölkerung knüpfen, vorwiegend Zeitungen und Fernsehsendungen in ihrer Heimatsprache nutzen. Der niederländische Soziologe Ruud Koopmans leitet seit 2007 die Abteilung Migration, Integration und Transnationalisierung im Wissenschaftszentrum Berlin (WBZ).

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Viele Politiker sind stark auf ihre persönliche Bedeutung fixiert

Horst Seehofer, Bayerischer Ministerpräsident, lebt nach den Wahlen im September 2013 laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung ganz in dem Bewusstsein, selbst das Volk zu sein. Zunehmend stellt er sich wie das Abbild eines Bürgerkönigs wie anno dazumal dar. Viele Politiker fallen aus Raum und Zeit, wenn sie erst einmal an die Macht gelangt sind. Thomas Rietzschel nennt ein Beispiel: „Als es um die Einführung der Euro-Bonds ging, um Staatsanleihen für Euro-Staaten, erklärte die deutsche Bundeskanzlerin, dazu würde es nicht kommen, solange sie lebe. Was ihr im Eifer des Gefechts entfuhr, verriet, dass sie sich eine Abberufung von der Entscheidungsebene nur durch den Gevatter Tod vorstellen kann.“ Thomas Rietzschel studierte Germanistik, Geschichte und Psychologie in Leipzig und ist Herausgeber mehrerer Bücher zur Kulturgeschichte der Moderne.

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Die Demokratie verkommt zur elitären Zuschauerdemokratie

Der Begriff der Krise ist für Wolfgang Merkel nicht nur umstritten, sondern auch diffus. Er wird überall inflationär verwendet, aber in den seltensten Fällen definiert. Zudem stellt kaum jemand die Frage, wo eine Krise ihren Anfang hat und wo sie endet. Wolfgang Merkel unterscheidet vereinfacht in den Krisentheorien zwei Verwendungen des Begriffs. Da gibt es zum einen die akute Krise, die die Existenz bedroht und entschiedenes Handeln erfordert. In einer Demokratie wird eine solche Krise als Vorbote eines Kollapses angesehen. Es geht um Demokratie oder Diktatur. Zum anderen gibt es die latente Krise, die für die entwickelten Demokratien der alten OECD-Welt meist ins Feld geführt wird. Professor Dr. Wolfgang Merkel ist Direktor der Abteilung „Demokratie“ am Wissenschaftszentrum Berlin und lehrt Politikwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Die Demokratie ist immer erheblichen Gefährdungen ausgesetzt

Wolfgang Merkel macht auf ein kleines Büchlein aufmerksam, dass im Jahr 2004 unter dem Titel „Postdemokratie“ erschienen ist. Der Autor, Colin Crouch, behauptet darin, dass der demokratische Moment, der sich in den USA noch vor und in Westeuropa unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat, verschwunden ist. Die entwickelten Länder nähern sich laut Colin Crouch der „Postdemokratie“ an, die viele vordemokratische Züge trägt. Die Wortschöpfung von Colin Crouch hat vor allem in der Bundesrepublik Deutschland eine beachtliche Karriere gemacht. Wolfgang Merkel erläutert: „Sie gehört wie die Krisenrhetorik längst zum Alltag und hat sich zu einem anschwellenden Rauschen verdichtet. Nicht selten mutieren dabei präzise Begriffe zu leeren Worthülsen, normative Vorurteile lösten die werturteilsfreie Analytik ab.“ Professor Dr. Wolfgang Merkel ist Direktor der Abteilung „Demokratie“ am Wissenschaftszentrum Berlin und lehrt Politikwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin.

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