Pythagoras sucht das Konstruktionsprinzip der Welt

Schon mit der ionischen Naturphilosophie, die ihre Anfänge im Milet des 7. Jahrhunderts vor Christus hat, traten Gesetzmäßigkeiten neben Götter und Dämonen. Bernd Roeck nennt ein Beispiel: „Thales von Milet soll ein Erdbeben als Folge der Bewegung des Meeres – und eben nicht als Ausdruck von Poseidons Zorn – gedeutet haben.“ Anaximander von Milet (um 625 – 547 v.Chr.), Konstrukteur einer ersten Sonnenuhr, suchte nach einem „Urstoff“, aus dem alles kommen sollte. Das Universum wird bei ihm zu einem ungeheuren Organismus, der lebt, vergeht und wiederentsteht. Anaximander war der erste Mensch, der sich den Kosmos als ewig, mithin ungeschaffen vorstellte. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Meist ist die Natur bedrohlich und erhaben

Nur die Natur, oder vielmehr die Kulturlandschaft, die viele Menschen oft für die ursprüngliche Natur halten, kann von sich aus „schön“ sein. Meist allerdings ist die Natur vor allem bedrohlich und erhaben. Frank Berzbach weiß: „Natur ist nur dann schön, wenn sie zugänglich wird, wie es die Geschichte der Gärten, die Gartenkunst erzählt. Im Garten begegnen wir der Natur auf eine aushaltbare Weise wieder.“ Die ungefilterte Begegnung mit ihr – auf den Weltmeeren, in der Wüste oder im Hochgebirge – hat oft wenig mit Schönheit zu tun, sondern ist eher eine Erfahrung überwältigender Demut. Man kommt sich klein und unbedeutend vor. Der Mensch ist ein Mängelwesen. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

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Große Kulturen haben niemals autochthone oder nationale Wurzeln

Wie kein anderes Volk der Antike suchten die Griechen nach Erkenntnis und versahen die Dinge mit Namen. Schon das Wort „Philosophie“, „Weisheitsliebe“, entstammt der griechischen Sprache. Bernd Roeck erläutert: „Mit der ionischen Naturphilosophie zeigt sich das Fragen und Forschen, die Erkundigung, „historie“, erstmals als systematisches Unterfangen.“ Zur kommunikationsfreudigen Geografie des Mittelmeers, zu politischen und sozialen Umständen kam ein weiterer, das Gespräch bereichernder Faktor: die Beziehungen zum Orient. Große Kulturen haben niemals autochthone oder nationale Wurzeln. Sie entstehen durch Austausch und fruchtbaren Streit. So verdankt griechischer Geist dem Orient mehr, als das Geschichtsbild des humanistischen Gymnasiums wahrnahm. Die griechische Skulptur zum Beispiel nimmt mit Kulturtransfers aus Ägypten ihren Anfang. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Die Frühromantik will Poesie und Mythologie miteinander verbinden

Zu den zentralen Forderungen der Frühromantik gehört die nach einer neuen Mythologie. Dadurch unterschied sich die frühromantische Bewegung an einem entscheidenden Punkt von der Aufklärung, zu der sonst durchaus Verbindungslinien bestanden. Gerade die Skepsis gegen den Mythos gehörte zu den entscheidenden Elementen der aufklärerischen Weltanschauung. Die Frühromantiker versuchten, Poesie und Mythologie wieder miteinander zu verbinden. Friedrich Schlegel schrieb in seinem „Gespräch über die Poesie“ (1800) folgendes: „Dann das ist der Anfang aller Poesie, den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft aufzuheben und uns wieder in die schöne Verwirrung der Phantasie, in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur zu versetzen, für das ich kein schöneres Symbol bis jetzt kenne, als das bunte Gewimmel der alten Götter.“ Auch Friedrich Wilhelm Joseph Schelling wandte sich in seiner „Philosophie der Kunst“ (1802/03) ausführlich dem Verhältnis von Dichtung und Mythologie zu.

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Die Frage „Will ich zu viel – oder zu wenig?“ wirft viele Rätsel auf

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 05/2017 beschäftigt sich mit der Frage: „Will ich zu viel – oder zu wenig?“ Eigentlich beruht die gesamte Lebensweise der modernen Staaten des Westens auf dem Imperativ des immer Mehrwollens. Sowohl im privaten Bereich als auch im Beruf führt dieser Wille oft zu einer dauerhaften Selbstüberforderung. Die Lust am Leben wird so eher gemindert anstatt gesteigert. Aus beglückender Fülle werden Leere und Angst. Scheinbar ist also klar: Wer weniger will, wird seltener enttäuscht, ist also entspannter und lebt so möglicherweise zufriedener. Das Wollen selbst sei die Wurzel allen Unglücks – das behaupten zumindest Denker von der Stoa bis zu Arthur Schopenhauer. Doch ganz so einfach ist es nicht. Ist es nicht gerade die Suche nach mehr Intensität, die dem eigenen Leben erst Spannung und Sinn gibt?

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Markus Gabriel stellt sich dem Problem mit dem Ich

Was ist das Problem mit dem Ich? Markus Gabriel weiß, worum es sich dabei handelt: um das Subjekt des Wissens. Ein Ich zu sein heißt, etwas zu wissen und es mitteilen zu können. Es bedeutet aber keineswegs, mit sich selbst allein zu sein und wiederum wie ein Homunculus im Gehirn zu hausen. Damit ist für Markus Gabriel schon einmal klar: „Ich ist nicht Gehirn.“ Johann Gottlieb Fichtes Ich-Philosophie bricht dadurch in sich zusammen, dass man die Frage stellen kann, wie eigentlich das Ich mit der Natur zusammenhängt. Zu Johann Gottlieb Fichtes Lebzeiten hat als Erster der Meisterdenker der Romantik, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, den alles entscheidenden Einwand formuliert. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Erfindungen fördern die Bewegung der Aufklärung

Die Bewegung der Aufklärung wurde beflügelt durch die großen Erfindungen der Neuzeit wie Buchdruck, Seekompass, Schiffsuhr, Fernglas, Mikroskop und so weiter. Diese Innovationen trugen direkt oder indirekt zur Verbesserung der Erfahrungserkenntnis bei. Entdeckungsreisen erweiterten die Kenntnis der Erde und der auf ihr lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen in ungeheurem Ausmaß. Die Weltumsegelungen von James Cook, der von 1728 bis 1779 lebte, bildeten das eindrucksvollste Beispiel. Sein wissenschaftlicher Begleiter Georg Forster schrieb: „In einem gleichen Zeitraum hat niemand je die Grenzen unseres Wissens in gleichem Maße erweitert.“ Mithilfe von Fernrohr und Mikroskop eröffneten sich neue Makro- und Mikrowelten. Die Grenzen dieser Instrumente ließen aber auch ahnen, wie viele Dinge im Universum weiter verborgen bleiben müssen. Eine besondere Leitbildfunktion hatte die wissenschaftliche Revolution des 17. Jahrhunderts.

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Die letzte Form des Geistes ist für Hegel die Philosophie

Die umfassendste Dreieinigkeit des Gedankensystems von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) ist die Einteilung in Logik, Natur und Geist. Die Logik behandelt dabei im wesentlichen Begriffe, die sich selbst anordnen: der Begriff des Seins ist, während der Begriff des Raums, der erste der Naturphilosophie, selbst nicht räumlich ist. Daher nennt Georg Wilhelm Friedrich Hegel die Natur das Außersichsein der Idee. Doch sie ist auf zunehmende Verinnerlichung angelegt, die in der besonderen Seinsart des Organischen gipfelt, in dem die Teile um des Ganzen willen da sind und in dem schließlich sich so etwas wie Gefühl entwickelt. Vittorio Hösle ergänzt: „Der Geist schließlich entstammt zwar der Natur, transzendiert sie aber zugleich als Rückkehr zur Logik. Damit wird Hegel der doppelten Natur des Menschen gerecht, der einerseits zur realen Welt gehört, andererseits normative Geltungsansprüche erhebt, ohne doch deswegen den Dualismus Kants weiterzuführen. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ist der Philosoph der Natur

Vittorio Hösle sagt über Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854), dass man seine Eigenart am treffendsten damit bezeichnet, dass dieser die vielleicht produktivste Phase seines Denkens bereits im Alter von 25 Jahren beendet hatte. Sein letztes wichtiges Buch veröffentlichte er mit 34. Doch noch bis zu seinem Tod hielt er bedeutende Vorlesungen. Dabei erkennt man immer mehr Kontinuitäten in seiner Entwicklung, auch wenn die sprunghafte Veränderung seiner Interessen und der Wandel seiner Positionen, von einem jugendlichen Pantheismus zu einer Form des Christentums, die der traditionellen Christologie eher entgegenkommt, unübersehbar ist. Vittorio Hösle erklärt: „Der Mythos faszinierte schon den Teenager, und die Spätphilosophie will die frühen Systementwürfe nur ergänzen, nicht ersetzen, Freiheit bleibt das Leben lang ein Hauptthema.“ Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Die Ursprünge der Philosophie liegen im antiken Griechenland

Der griechische Begriff der Philosophie der Antike, definiert als Liebe zur Weisheit oder Freude am Wissen, ist wesentlich umfassender, als der moderne Philosophiebegriff. Er bleibt immer eng verbunden mit den Naturwissenschaften und nimmt mit diesen um 600 vor Christus ihren Anfang in den Küstenstädten Kleinasiens, die für ihre Weltoffenheit bekannt waren. Das Viele aus Einem zu erklären, bleibt ein Grundzug der ionischen Philosophie. Thales nimmt zum Beispiel das Wasser als Ursprungselement an, Anaximenes die verdünnte oder verdichtete Luft, Anaximander das chaotisch Grenzenlose, ápeiron genannt, das sich in Festes und Flüssiges, Heißes und Kaltes ordnet. Alle diese Philosophen waren auch bedeutende Naturwissenschaftler und leisteten wesentliche Forschungsarbeit auf den Gebieten der Astronomie, der Geographie und der Mathematik. Im klaren Gegensatz dazu steht die aus der Mystik hervorgegangene elitäre Geheimwissenschaft, die Pythagoras aus Samos im unteritalienischen Kroton in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus entwickelt.  

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Henri Lefebvre singt das hohe Lied auf die Feste des Frühlings

Seit den Anfängen der Kunst und der Literatur preisen und loben die Dichter den Frühling in den höchsten Tönen. Sie nennen ihn die Zeit der Liebe, die gewaltige Brunst der Natur, die Tage der Fruchtbarkeit und den Zeitraum der Herrschaft Aphrodites und der Venus. Das expressive Thema des Monats Mai zählt Henri Lefebvre zu jenen, die unerschöpflich scheinen. Die Lobgesänge der griechischen und lateinischen Texte hallen noch in seinem Gedächtnis nach. Von Anbeginn an bemächtigt sich auf die französische Literatur des Themas des Frühlings. Henri Lefebvre fügt hinzu: „Der antiken Vorstellung zufolge, die sich bis in die Naturphilosophie unserer Tage hinein verlängert, ist die Natur eine grundlegende Macht – Physis.“ In Raum und Zeit mit sich selbst identisch bleibend, impliziert sie seiner Meinung nach die Endlichkeit des Kosmos.

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Richard Wilhelm beschreibt die Geburt der Philosophie

Für Richard Wilhelm entsteht Philosophie nicht voraussetzungslos. Vielmehr ist sie seiner Meinung nach stets zunächst ein Bewusstwerden eines Kultur- und Weltanschauungsbesitzes. Dieser beginnt anschließend durch irgendwelche historischen Ereignisse in Frage gestellt zu werden und bedarf deshalb einer gedanklichen Rechtfertigung, Weiterentwicklung oder Umgestaltung. Dazu kommt noch ein weiterer Umstand. Richard Wilhelm schreibt: „Wir finden nämlich um die Wende des 6. zum 5. vorchristlichen Jahrhunderts um die ganze Erde eine Welle geistiger Produktivität gehen, die unbewusst schlummerndes Weltanschauungsgut dem Individuum auf bisher ungekannte Weise zu eigen macht.“ Richard Wilhelm, der 1873 in Stuttgart geboren wurde und 1930 in Tübingen starb, war einer der bedeutendsten deutschsprachigen Sinologen. Zudem war er als Theologe und Missionar tätig.

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Seneca verteidigt die Dreiteilung der Philosophie

Die Epikureer begnügten sich gemäß Seneca mit zwei Unterteilungen der Philosophie: Naturlehre und Sittenlehre. Von der Dialektik wollten sie nichts wissen. Doch als die Auseinandersetzung mit der Realität sie zwang, Zweideutigkeiten auszuschließen und die verborgenen Ursachen von Fehlern, die der Wahrheit so sehr ähneln, aufzudecken, nahmen auch sie die Dialektik in ihre Philosophie auf, wenn auch unter anderem Namen. Seneca schreibt: „Sie wählten dafür die Bezeichnung „Von Urteil und Regel“, betrachteten aber diesen Teil nur als Anhang zur Naturlehre.“ Die Cyrenaiker schieden Naturlehre selbst Dialektik aus und begnügten sich mit der Sittenlehre. Doch auch sie führten das Verworfene auf andere Weise wieder ein, denn bei ihrer fünffachen Untereilung der Sittenlehre beschäftigt sich der erste Teil mit dem, was der Mensch meiden und was er anstreben soll, der zweite mit den Affekten, der dritte mit den Handlungen, der vierte mit den Ursachen und der fünfte mit den Beweisarten.

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Hans-Peter Dürr ermutigt zu einem natürlichen Leben

Im Zentrum des neuen Buchs „Das Lebende lebendiger werden lassen“ von Hans-Peter Dürr stehen folgende Fragen: „Wie ließe sich Frieden schließen – mit uns und unseren Mitmenschen, Frieden aber auch mit der äußeren Natur, unserer natürlichen Umwelt?“ Der Autor ist davon überzeugt, dass vor allem die Erkenntnisse aus der modernen Quantenphysik den Weg in eine gute Zukunft weisen könnten. In eine Welt voller Möglichkeiten, die ganzheitlich, offen und lebendig ist. Dort ist alles mit allem verbunden, nichts in der Natur steht für sich allein, nichts ist isoliert. Auch die Menschen sind gemäß Hans-Peter Dürr nicht Teil einer Wirklichkeit, sondern beteiligt an einer Wirklichkeit, die jeden Augenblick neu geschaffen wird. Der Physiker Hans-Peter Dürr leitete in der Nachfolge Werner Heisenbergs fast zwanzig Jahre bis 1997 das Max-Planck-Institut für Physik in München. 

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Zum frühen Tod des Philosophen Andreas Kuhlmann

Andreas Kuhlmann war ein Philosoph, der sich nicht nur darüber im Klaren war, dass das Denken Folgen hat, sondern auch seine Konsequenzen daraus zog. Klarheit und Nüchternheit zeichneten den Denkstil von Andreas Kuhlmann aus. Die Stringenz, mit der er seine Argumente begründete und zu Ende führte, war streng und unerschütterlich. Dieser philosophische Denkansatz hatte allerdings nichts mit Starrsinn, blindem Eifer oder gar Prinzipienreiterei zu tun. Ebenso wenig konnte er mit dem typisch Deutschen anfangen. Er verehrte den Literaturnobelpreisträger Thomas Mann und dessen Romane sehr.

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Der Naturphilosoph Friedrich Wilhelm Joseph Schelling

Die einflussreichste und bekannteste Philosophie Friedrich Wilhelm Joseph Schellings ist seine berühmte Naturphilosophie. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling stellte die These auf, dass die Menschen nicht nur aus der Natur hervorgegangen sind, sondern auch ein Bestandteil der ewigen Prozesse bleiben, die in ihr stattfinden. Er stellte sich damit bewusst gegen die Theorie Johann Gottlieb Fichtes, der das Universum als eine Schöpfung des lebenden Ichs aus lebloser Materie betrachtete. Für Friedrich Wilhelm Joseph Schelling dagegen war das Leben eine Schöpfung der Natur, die einmal eine Welt lebloser Materie war.

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Ulisse Aldrovandi verfasst das erste Arzneibuch

Ulisse Aldrovandi erkannte die Notwenigkeit unmittelbarer, persönlicher Beobachtung und den Wert exakter Abbildungen in naturwissenschaftlichen Büchern. Das war im Zeitalter der Renaissance ein großer Fortschritt. Er sagte von sich selbst, dass er niemals etwas beschrieben hätte, ohne es zuvor mit den eigenen Augen gesehen und die Anatomie seiner äußeren wie inneren Teile untersucht zu haben. Ulisse Aldrovandi studierte im Alter von 17 Jahren an der Universität von Bologna Philologie, Jura, Logik, Philosophie, Mathematik und Medizin.

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