Einer der Grundsätze des Philosophen Ernst Bloch war, es käme darauf an, zugleich siebzig und siebzehn zu sein. Er meinte damit, dass in der größten Erfahrenheit auch die Begierden, die Neugier und die Fragelust der Jugend lebendig sein müssten, von denen alle Erfahrungsfähigkeit ausgeht. Für ihn gab es keine größere Gefahr für die Wahrheit als das Erstickenwollen des Fragenwollens durch die Methoden des Abfragens anstelle einer Problemsichtigkeit für das Erlernte und Vorgesetzte im Verwundern fragwürdig macht. Ernst Bloch war ein Meister des tiefen Sinns, den er in scheinbar ganz kleinen Geschichten entwickelte. Er schreibt: „Es genügt, sie anzudeuten, als ein Spiel, das nicht verstärkt werden kann und letzthin puren Wunsch bedeutet, das aber darin immer merkwürdig ist, dass es als neue Fahne im Werk, nicht nur als Fahnenflucht aus der Welt möglich ist.“
Ernst Bloch kämpft für die Freiheit im Sozialismus
Zur Grundhaltung von Ernst Bloch zählte auch die Offenheit als Denkforderung und das Deuten der Geschichtszusammenhänge als Tendenzen, die von den gesellschaftlich zusammenwirkenden Menschen genützt oder versäumt werden. Er kämpfte für die Freiheit in der Ordnung gegen die Bürokratisierung und Technologisierung im Sozialismus. Ernst Bloch schreibt: „Wir wollen dies vieldeutige Thema eindeutig machen, das vieltönige jedoch nicht eintönig oder monoton. Und solche Monotonie freilich mag wieder nicht ganz vermieden worden sein, wenn Freiheit immer wieder nur als Einsicht in die Notwendigkeit definiert worden ist.“
Ernst Bloch stellte die sozialistische Gesellschaft der DDR nicht als Erfüllung dar, die das im Geist der Utopie realisiert hat, sondern fasste den sozialistischen Staat als Start und aktiv zu betreibenden Übergang dahin auf. Zu den Grundthemen seiner Philosophie gehörten die Geschichte, die Prozesse, die Utopie, die Gegenwart und die Arbeit. Sein Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ gestaltete Ernst Bloch als eine „Enzyklopädie der Hoffnungsinhalte“. Er formulierte Wunschlandschaften der Gesellschaftsordnung, der Medizin, der Technik, der Architektur, der Malerei, der Dichtung, der Musik, der Ethik, der Religion und der Natur, die immer auch einen Theorie-Praxis-Blick ihrer möglichen Realisierung enthalten.
Kurzbiographie: Ernst Bloch
Ernst Bloch wurde am 8. Juli 1885 in Ludwigshafen geboren. Von 1905 bis 1908 studierte er in München und Würzburg Philosophie, Physik und Germanistik. Er schloss sein Studium 1908 mit der Dissertation „Kritische Erörterungen über Rickert und das Problem der modernen Erkenntnistheorie“ ab. In den Jahren 1914 bis 1917 schrieb er in Grünwald bei München sein erstes Werkt „Geist der Utopie“. 1930 erschien sein einziges Erzählwerk „Spuren“.
Von 1936 bis 1938 lebte er in Prag und konnte kurz vor dem Einmarsch der Nazis nach Amerika fliehen. Dort entstand sein Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung, Subjekt-Objekt. Erläuterungen zu Hegel, Atheismus und Christentum.“ 1949 übernahm Ernst Bloch den Lehrstuhl für Philosophie in Leipzig. 1955 erhielt er den Nationalpreis der DDR und wurde ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften.
1957 wurde er zwangsemeritiert, da sich seine Lehre nicht mehr mit der Kurs der SED vereinbaren ließ. 1961 nahm Ernst Bloch eine Gastprofessur in Tübingen an. 1972 wurde er Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Ludwigshafen am Rhein. Ernst Bloch starb am 4. August 1977 in Tübingen.
Von Hans Klumbies