Carlo Rovelli sucht den Ursprung der Zeit

Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit. Zum Beispiel eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten. Es gibt eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Weinen und eine Zeit für den Tanz. Carlo Rovelli erläutert: „Bis hierher war die Zeit, die Zeit zu zerstören. Jetzt ist es an der Zeit, die Zeit unserer Erfahrung wieder aufzubauen. Nach ihren Ursprüngen zu suchen, zu verstehen, woher sie kommt.“ Wenn in der elementaren Dynamik der Welt sämtliche Variablen gleichwertig sind, was ist dann das, was die Menschen „Zeit“ nennen? Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die Zeit ist immer da

Zeit kann man weder sehen noch hören, weder schmecken, riechen noch fühlen. Sie ist immer da, mit uns, ohne uns und ist in das Leben der Menschen und in die Natur eingebunden. Nämlich als Wechsel, Rhythmus, Zyklus. Daniel Goeudevert ergänzt: „Tag und Nacht, Aussaat und Ernte, Ebbe und Flut, Frühling, Sommer, Herbst und Winter bestimmen das Leben der Menschen über viele Jahrtausende.“ Zeit, das war für eine lange Phase der Menschheitsgeschichte vor allem das Wetter. Doch dann löste sich die Zeit aus allen Lebenswirklichkeiten heraus und begann unabhängig von aller Natur zu ticken. Irgendwann im Verlaufe des 12. Jahrhunderts entstieg die Uhr aus dem Dunkel des Mittelalters. Daniel Goeudevert war Vorsitzender der deutschen Vorstände von Citroën, Renault und Ford sowie Mitglied des Konzernvorstands von VW.

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David Gelernter kennt die Themen des Traums

In Träumen ist eine endlose Zahl von Themen möglich, aber bestimmte Motive sind als Grundbestandteile anderer Gefühle allgegenwärtig. David Gelernter nennt ein Beispiel: „Das wichtigste davon ist eine bestimmte Form des Heimwehs, die Sehnsucht nach einer Heimat, die es nicht mehr gibt und nie mehr geben wird.“ Die Trauer um den Verlust der Heimatwelt, die Sehnsucht nach einer verlorenen Heimat, ist in gewisser Weise ein Zeichen, dass man Glück gehabt hat; wer sie erlebt, denkt voller Liebe oder Zuneigung – oder zumindest mit Nostalgie – an das vergangene Leben. Aber die Sehnsucht nach verlorener Heimat findet man selbst bei Menschen, die eine schlimme Kindheit hatten. Sie ist ein machtvoller und nahezu universeller Impuls, der nicht nur den eigenen Erinnerungen zugrunde liegt. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Die Sexualität hat sich in ein Konsumprodukt verwandelt

Dass Menschen in manchen Liebesportalen im Internet, ähnlich wie Automobile, nur noch nach ihren Eigenschaften und Aussehen beurteilt werden, dass es bessere und schlechtere gibt, begehrenswerte und unattraktive – dieses Denken ist so tief in die Köpfe vieler Menschen eingedrungen, dass es die meisten kaum noch infrage stellen. Ulrich Schnabel fügt hinzu: „Ebenso akzeptiert scheint die Ansicht, dass man die Attraktivität der eigenen Person erst durch entsprechendes Outfit und Styling herzustellen habe.“ Von diesem Denken leben große Teile der Wirtschaft: nicht nur die Illustrierten, die die unwiderstehlichsten Frisuren, die zehn besten Schminktipps und endlich – das perfekte Liebesglück versprechen, sondern auch die Hersteller von Kleindung, Schmuck oder Kosmetik, die Schönheitsindustrie, Mediziner, Berater und Therapeuten und nicht zuletzt alle Firmen, die Statussymbole wie Autos, Uhren oder Handys zur Profilierung anbieten. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Viele Menschen sind inzwischen süchtig nach ihrem Smartphone

Erdacht war das Smartphone vor allem einmal als Werkzeug, um den Alltag zu vereinfachen, heute ist es vor allem eine ständige Versuchung, eine effektive Maschine zur Vernichtung von Zeit, willkommener Füller von Pausen, manchmal auch ein Suchtmittel, das den Benutzer degradiert, vom Herrn zum Knecht. Das Smartphone besetzt den menschlichen Alltag und nagt an der Aufmerksamkeit der Menschen. Sein ständiges Klingeln, Piepsen und Vibrieren zertrümmert den Tag in immer neue Fragmente. Das Epizentrum der Erschütterung ist die Familie, das eigene Heim, hier wird am ausdauerndsten und verbissensten gekämpft um den Umgang mit diesem kleinen Wunderwerk der Kommunikationsindustrie. Smartphones wirken teilweise wie Heroin, denn sie machen sofort abhängig. Ein Leben ohne Smartphone ist für viele Menschen nicht mehr vorstellbar, ein Leben mit den Geräten aber in vielen Fällen eine Zumutung.

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Die Schichtarbeit ist ein extremer Raubbau an der Gesundheit

Der Wissenschaftsjournalist und Neurobiologe Peter Stork erwähnt es in seinem Buch „Wake up!“ immer wieder: „Chronischer Schlafmangel sowie Nacht- und Schichtarbeit gehören zu den größten Gesundheitsrisiken unserer Zeit. Wer regelmäßig nachts oder in wechselnden Schichten arbeiten muss, verringert seine Lebenserwartung.“ Außerdem riskiert er Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes oder Fettsucht, Herz-Kreislauf-Leiden, Schlaf- und Verdauungsstörungen, psychische Leiden aller Art und Krebs. Das Wochenmagazin „Der Spiegel“ schrieb schon im Jahr 1978, Schichtarbeit sei „Raubbau an der Gesundheit.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Berliner Chronobiologe Dieter Kunz bestätigt dies: „Schichtarbeiter haben ein erhöhtes Risiko für nahezu jede Erkrankung.“ Die britische Biologin Josephine Arendt urteilt: „Die Wechselschicht ist ein Killer.“ Sie hat schon viele Schichtarbeiter untersucht, unter anderem Menschen, die auf Ölbohrplattformen arbeiten und besonders stark rotierende, lange Schichten erdulden müssen.

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Peter Spork betrachtet die Sommerzeit als einen Fehler

Mit der Einführung der Sommerzeit in der Nacht vom 5. auf den 6. April 1980 erhoffte sich die Politik, das Tageslicht besser auszunutzen und Energie zu sparen. Durch die Umstellung wurden die Arbeits- und Schulzeiten um eine Stunde nach vorne verlegt, was zur Folge hatte, dass die meisten Menschen am folgenden Tag hundemüde waren. Ihre innere Zeitmessung ließ sich nämlich nicht so leicht austricksen wie die Zeitanzeige ihres Weckers. Peter Spork kritisiert: „Seit mehr als dreißig Jahren leidet also die Mehrheit der Bevölkerung alljährlich sieben Monate lang, bis am letzten Sonntag im Oktober die Uhr auf die Normalzeit zurückgestellt wird.“ Ende Oktober darf ein Volk von Schlaflosen endlich mal eine ganze Stunde länger schlafen, völlig unbeschwert und ohne jeden Druck der Rechtfertigung. Peter Spork arbeitet als Wissenschaftsjournalist und ist Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Bücher.

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Gewinne sind für Großkonzerne das einzige Maß der Dinge

Großkonzerne fürchten einen funktionierenden Markt genauso wie einen starken Staat, der Regeln zur Begrenzung wirtschaftlicher Macht setzt. Gerhard Schick erklärt: „Denn beide Kräfte würden dem Streben nach Gewinnen entgegenwirken. Gewinne aber sind bei Großkonzernen das einzige Maß der Dinge.“ Die Gewinnmöglichkeiten sind allerdings begrenzt, wenn es nur darum geht, vorhandene Konsumwünsche zu befriedigen. Jeder gute Verkäufer versucht, potentiellen Kunden Produkte schmackhaft zu machen, die sie ursprünglich nicht kaufen wollten. Das ist Teil des Spiels. Doch es verändert seinen Charakter, wenn große Unternehmen ihre Marketingkraft nutzen und gesellschaftliche Trends prägen oder Regeln wie Ladenöffnungszeiten oder den Umgang mit Kundendaten verändern. Das Verlangen der Kunden auf bestimmte Produkte zu etablieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln, ist die Aufgabe der Werbung, die sich zunehmend professionalisiert hat. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Die Wurzeln des Kapitalismus gehen auf drei Ereignisse zurück

Der nationalkonservative Ökonom Werner Sombart, der den Begriff des Kapitalismus in Deutschland populär gemacht hat, lässt ihn mit dem Auftreten der ersten Unternehmer im 13. und 14. Jahrhundert beginnen. Karl Marx vermeidet das Wort, unterscheidet aber zwischen einfacher und kapitalistischer Warenproduktion. In der ersten verkauft ein Produzent, etwa ein Bäcker, seine Waren, um von einem anderen Hersteller, zum Beispiel einem Metzger, dessen Produkte zu erwerben. In der kapitalistischen Version dagegen handelt ein Geldbesitzer mit Waren, um noch mehr Geld anzuhäufen. Karl Marx schreibt im „Kapital“: „Die Bewegung des Kapitals ist also maßlos.“ Karl Marx verknüpft also den Kapitalismus mit dem Wirtschaftswachstum. Die Wurzeln dessen, was man heute als Kapitalismus bezeichnet, lassen sich auf drei Ereignisse zurückführen, die Europas Wirtschaft auf ihren spektakulären Sonderweg geführt haben.

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Das Leben ist ein Wechsel zwischen Ruhe und Aktivität

Das Leben ist bestimmten Rhythmen unterworfen. Peter Spork erklärt: „Ohne periodisches Auf und Nieder wäre Leben nicht möglich, denn nichts hassen biologische Systeme mehr als Gleichförmigkeit.“ Der Neurologe nennt Beispiele: Wenn die Augen eines Menschen so fixiert werden, dass sie immer auf den gleichen Fleck schauen müssen, wird der Betroffene in kürzester Zeit gar nichts mehr sehen. Im Dauerlärm verlieren die Ohren jegliche Sensibilität. Die Muskulatur geht zu Grunde, wenn sie sich niemals entspannen kann. Die Nerven verarbeiten keine Signale mehr, wenn sie ihre Erregung nicht mehr an die jeweilige Situation anpassen dürfen. Und auch das Gehirn muss regelmäßig vom Modus der Datenaufnahme (Wachheit) in jenen der Datenverarbeitung (Schlaf) wechseln, um leistungsfähig zu bleiben. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

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Alle Menschen verfügen über ein unbewusstes Gespür für Zeit

Auch die heutigen Menschen haben, seit ihrer Geburt, was schon ihre Vorfahren hatten, sogar jene, die noch gar keinen Wecker kannten, eine Art siebter Sinn, ein permanentes, unterbewusstes Gespür für Zeit. Peter Spork behauptet: „Wenn wir lernen, dieses Zeitgefühl für uns arbeiten zu lassen, wenn wir es noch besser verstehen und Teile unseres Lebens gezielt danach ausrichten, dann wird es uns gelingen, was in der jetzigen, auf Optimierung und Wachstum ausgerichteten Gesellschaft unmöglich erscheint: Wir werden mehr erreichen, obwohl wir weniger tun.“ Außerdem werden sich die Menschen, die so leben, besser fühlen sowie gesünder und fitter sein. Der Körper weiß ganz ohne Zutun des Bewusstseins, wann ein Mensch aufstehen soll. Knapp zwei Stunden bevor eine Person aufwacht, regt sich nämlich bereits das Zwischenhirn. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

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Die vielen inneren Uhren des Menschen sind äußerst lernfähig

Im menschlichen Organismus laufen alle Lebensprozesse nach bestimmten Rhythmen ab, die höchst unterschiedlich sind. Die Naturwissenschaft verfolgte allerdings bis Mitte des 20. Jahrhunderts das Dogma, dass sich Lebewesen nur deshalb rhythmisch verhalten, weil sie auf Signale ihrer Umwelt reagieren. Der deutsche Chronobiologe Jürgen Aschoff fand in den 1960er Jahren durch Bunkerexperimente heraus, dass der Mensch eine innere Uhr besitzt. Trotz völliger Isolation behielten die Versuchspersonen ihren Biorhythmus bei. Inzwischen wissen die Wissenschaftler, dass es bei den Menschen nicht nur eine, sondern Milliarden innerer Uhren gibt. Kurt Langbein erklärt: „Jede Körperzelle besitzt eine, jede mit ihrem eigenen Rhythmus. Die verschiedenen Uhren sind hierarchisch organisiert – so besitzt jedes Organ seine eigene Uhrengruppe, welche die interne zeitliche Koordination regelt.“ Kurt Langbein studierte in Wien Soziologie und ist seit 1992 geschäftsführender Gesellschafter der Produktionsfirma Langbein & Partner Media. Er ist unter anderem Autor des Bestsellers „Bittere Pillen“.

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Joris Luyendijk ist nicht von den Kursmanipulationen überrascht

Der Londoner Anthropologe Joris Luyendijk hat in den vergangenen zwei Jahren 200 Interviews mit Bankern geführt, die in der City und in Canary Wharf, den Bankenvierteln von London, arbeiten. Der Völkerkundler hörte vor allem zu, schrieb die Sorgen und Wünsche der Banker auf, erforschte ihr Selbstverständnis. Dass Devisenhändler Kurse manipuliert haben sollen, überrascht Joris Luyendijk nicht. Er sagt: „Für viele ist das Finanzgeschäft ein Wettstreit, bei dem man manchmal auch unfair kämpft. Es ist ein Spiel.“ Trotz Kontrollen sollen sich Händler über Devisenorder abgesprochen haben. Das ist erstaunlich, denn eigentlich herrscht unter den Händlern ein scharfer Wettbewerb, sogar innerhalb der Banken. Der Anthropologe Joris Luyendijk lebt und arbeitet in London. Vorher war er unter anderem Nahost-Korrespondent für niederländische und belgische Medien.

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Überall fallen die Grenzen und entwickeln sich neue Welten

Die Grenzen von Raum und Zeit sind in modernen Gesellschaften in Bewegung geraten. Ihr einstmals starres Regime steht laut Karlheinz A. Geißler zur Disposition. Beratung kann zum Beispiel heutzutage überall stattfinden, nicht nur allein in den dafür vorgesehenen Konferenzräumen. In der Europäischen Union lassen sich die Grenzen ohne Zwischenstopp überwinden. Karlheinz A. Geißler schreibt: „Weitestgehend entortet und entzeitlicht ist das, was man kauft, was man isst und trinkt, und vieles von dem, was es zu erfahren und zu erleben gibt.“ Dinge, die an Ort und Zeit gebunden sind, entwickeln sich als Reaktion auf diesen Trend immer öfter zur Folklore. Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Für Kinder hat die Zeit etwas Magisches und Spielerisches an sich

Den Begriff der Zeit definiert der deutsche Philosoph Hans Blumenberg wie folgt: „Zeit ist das am meisten Unsrige und doch am wenigsten Verfügbare.“ Der Mensch erfährt die Zeit stets qualitativ, aber er vermag dem Zeitlichen auch selbst Qualitäten zu verleihen. Für Karlheinz A. Geißler ist er deshalb nicht nur Opfer, sondern auch Täter des Zeitlichen. Der Mensch erfährt sich im Netzwerk der Zeit, er ist dabei zugleich Schauspieler und Zuschauer in einem Stück, dass er selbst geschrieben hat und immer weiter fortschreibt. Karlheinz A. Geißler zitiert in diesem Zusammenhang den argentinischen Schriftsteller Luis Borges: „Die Zeit ist ein Strom, der dich mitreißt, aber du bist der Strom; sie ist ein Tiger, der dich zerfleischt, aber du bist der Tiger; sie ist ein Feuer, das dich verzehrt, aber du bis das Feuer.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Karlheinz A. Geißler hat die Zeit zu seinem Lebensthema gemacht

In dem neuen Buch von Karlheinz A. Geißler mit dem Titel „Enthetzt Euch!“ geht es um die Zeit, und wenn es um die Zeit geht, handelt sein Werk von nichts Geringerem als vom Leben selbst und von dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Alle Menschen sind ihr ganzes Leben lang Zwangsabonnenten der Zeit. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Zeit spart. In Europa und Nordamerika ist dies sogar zu einem Volkssport geworden. Karlheinz A. Geißler schreibt: „Für nichts anderes nimmt man sich soviel Zeit wie fürs Zeitsparen, das die Gegenwart einer Zukunft opfert, die nie wirklich eintritt.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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