Oxytocin wirkt direkt auf die Amygdala

Bei einer Frau wird bei der Geburt ihres Kindes eine ganz bestimmte Substanz ausgelöst: Oxytocin wird im Nebenhirn kurz vor der Geburt in großen Mengen produziert. Selbst Männer kriegen eine ganze Menge davon ab. Wenn sie im Kreißsaal anwesend sind, eine etwa dreifach höhere Dosis als in der Kneipe. Matthias Horx erklärt: „Oxytocin ist eine Art „Lagerfeuer-Wirkstoff“. Der hat schon unseren Vorfahren dabei geholfen, sich gemeinsam am Feuer zu entspannen, Konflikte zu dämpfen, sich miteinander gut zu fühlen.“ Oxytocin lässt auch Tiere die Nähe ihrer Artgenossen suchen und blockiert Angst- und Fluchtreaktionen. Beim Menschen wirkt es direkt auf die Amygdala, den sogenannten „Mandelkern“. Dieser steuert die Reaktionen bei Angst und in Fluchtsituationen. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Oxytocin wird auch „Liebeshormon“ genannt

Oxytocin ist ein Hormon, das von stillenden Frauen und ihren Neugeborenen ausgeschüttet wird. Der Stoff wird auch von Frauen und Männern beim Orgasmus freigesetzt und daher häufig als „Liebeshormon“ bezeichnet. Als evolutionärer Mechanismus erhöht Oxytocin die Chancen, dass ein Neugeborenes überlebt und dass Gene von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Frauen wurden durch die Evolution mit einem Hormon ausgestattet, das die Entstehung einer Bindung zwischen Mutter und Kind rein instinktiv steuert. Eyal Winter fügt hinzu: „Das Hormon ermöglicht es dem Neugeborenen sogar, direkt nach der Geburt zu erkennen, wie wichtig es ist, die Brust der Mutter zu finden. Säuglinge werden mit dem Instinkt geboren, Milch aus der Brust der Mutter zu saugen.“ Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Die Erscheinungsformen und die Motive der Aggression sind vielfältig

Aggression ist nicht gleich Aggression: Die Erscheinungsformen sind vielfältig und ebenso die zugrunde liegenden Motive. Hans-Peter Nolting fügt hinzu: „Menschen unterscheiden sich in der Art ihrer Aggressivität, und es gibt beträchtliche Unterschiede zwischen individueller und kollektiver Aggressivität.“ Zudem hängt das Auftreten aggressiven Verhaltens nicht nur von Personen ab, sondern auch von den jeweiligen Faktoren der Umgebung, und ihnen wiederum kommt in einem Fall eine entscheidende, im anderen Fall nur eine unwesentliche Rolle für die Erklärung des Verhaltens zu. Weil der Begriff der Aggression ein breites, heterogenes Spektrum umfasst, erscheint es aussichtslos, eine allgemeine Antwort auf die Frage nach „angeboren oder erworben?“ zu geben. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Das Unbewusste entsteht vor dem Bewussten

Innerhalb des Rahmens der kognitiven Psychologie mit ihrem Primat des Bewusstseins konnte es einen unbewussten Prozess nur dann geben, wenn er zuerst bewusst und vorsätzlich wäre; erst nach beträchtlicher Erfahrung konnte dieser Prozess so reibungslos und effizient verlaufen – in der Psychologie benutzt man dafür den Begriff „automatisiert“ –, dass es keiner großen bewussten Steuerung mehr bedürfte. Bis zur Jahrtausendwende gingen John Bargh und seine Kollegen davon aus, dass dies die einzige Möglichkeit der Entstehung unbewusster mentaler Prozesse sei: Zu Beginn bewusst und aufwendig, gewinnen sie erst durch Erfahrung und Übung die Fähigkeit, unbewusst abzulaufen. Doch sie lagen falsch oder zeichneten zumindest ein unvollständiges Bild. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Das Kurzzeitgedächtnis kann Informationen 30 Sekunden behalten

Frühe Erinnerungen an die Kindheit sind physiologisch gesehen sehr anfällig für Verzerrungen. Wenn Wissenschaftler über die Reifung des Gedächtnisses sprechen, also über die Veränderung des Gedächtnisses im Laufe des Älterwerdens, sprechen sie typischerweise getrennt über die Veränderungen im Kurzzeitgedächtnis und im Langzeitgedächtnis. Julia Shaw erklärt: „Das Kurzzeitgedächtnis ist ein System im Gehirn, das kleine Informationsmengen für kurze Zeit behalten kann. Sehr kurze Zeit – nur ungefähr 30 Sekunden.“ Wenn man sich beispielsweise eine Telefonnummer merken will und sie im Stillen so lange vor sich hersagt, bis man sie wählt – sie also in der sogenannten phonologischen Schleife speichert – dann benutzt man sein Kurzzeitgedächtnis. Dieses System kann nicht viel Gedächtnisinhalt aufnehmen. Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

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Der Mensch ist ein soziales Wesen

Der Homo sapiens entwickelte sich über Jahrmillionen nicht als Einzelgänger, sondern im engen Zusammenleben in einer sozialen Gemeinschaft. Primär bot die Gemeinschaft dem Individuum Schutz. Überleben bedeutete, zusammen zu leben. Anja Förster und Peter Kreuz ergänzen: „Aber außerdem bot sie ihm die Chance zu einer enormen geistigen Entwicklung: Das durch immer mehr implizite und explizite Regeln und Normen bestimmte, komplexe soziale Miteinander forderte eine Anpassung der intellektuellen Fähigkeiten, forderte Sprache, Mimik und Gestik sowie komplexe Verhaltensmuster.“ Die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns nahmen immer weiter zu. Je differenzierter das Zusammenleben wurde, desto leistungsfähiger wurde auch das Gehirn. Insbesondere der frühkindlichen Bindung kommt eine extrem große Bedeutung zu. Erlebt ein Säugling nach der Geburt Urvertrauen und Sicherheit, stabilisieren ihn diese Gefühle sein Leben lang. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Das exzentrische Selbst spiegelt sich in anderen Menschen

Der Psychologe Martin Altmeyer schreibt: „Identität ist das seelische Hauptproblem unserer Zeit. Das individualisierte Ich strebt nach Selbstvergewisserung.“ Was der Frankfurter Soziologe und Psychologe Martin Dornes als postheroische Persönlichkeit bezeichnet, nennt Martin Altmeyer das „exzentrische Selbst“, ein neuer Sozialcharakter, der stärker denn je dazu neigt, sich anderen Menschen zu zeigen. Dabei geht es um mehr als gewöhnliche Eitelkeit. Martin Altmeyer erklärt: „Wer in dieser Welt unterwegs ist, tut das nicht als Einzelgänger, sondern sehnt sich nach einem sozialen Echo, möchte sich gespiegelt sehen. Er zeigt sich letzten Endes, um zu erfahren, was er kann, wer er ist und welche Bedeutung er für andere hat.“ Die mediale Selbstdarstellung ist quasi zu einer Art Existenzbeweis geworden. Die Identitätsformel der digitalen Modere lautet: Ich werde gesehen, also bin ich.

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Innige Zuwendung fördert die Entwicklung des Kleinkinds

Bekommen Kinder früh und viel Zuwendung, entwickeln sie sich schneller und umfassender – und zwar geistig wie körperlich. Kleinkinder registrieren viel mehr, als ihnen die meisten Menschen zutrauen. Werner Bartens erklärt: „Je mehr Zuwendung die Eltern einem Kind schenken, desto aufnahmefähiger wird es. Dann lernt es zum Beispiel früher sprechen und entwickelt rascher soziale Kompetenzen.“ Haben Eltern und Kinder ein frühzeitig gepflegte liebevolle und stabile Beziehung, macht das Kinder später widerstandsfähiger gegen Stress und Depression und begünstigt zudem einen gleichmäßigeren Herzrhythmus, der sie als Erwachsene weniger anfällig für Infarkte macht. Da der Tastsinn der erste Sinn ist, der sich entwickelt, kann er auch schon früh stimuliert werden. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Säuglinge besitzen sehr unterschiedliche Temperamente

Schon immer haben Eltern gewusst, dass ihre Kinder sehr unterschiedliche Temperamente besitzen, die sich bald nach der Geburt manifestieren. Walter Mischel erklärt: „Kinder kommen mit physiologischen Unterschieden in ihrer emotionalen Reaktionsfähigkeit, ihrem Aktivitätsniveau und der Fähigkeit, ihre Aufmerksamkeit zu steuern und zu regulieren, auf die Welt.“ Auch wenn diese Unterschiede genetisch „vorprogrammiert“ sind, wurden sie bis zur Geburt schon viele Monate durch die uterine Umgebung weiter ausgeformt. Diese Unterschiede beeinflussen erheblich ihr Fühlen, Denken und Handeln und prägen ihre Persönlichkeit – auch ihre Fähigkeit zur Selbstkontrolle und zum Belohnungsaufschub. Es dürfte kaum eine Neuigkeit sein, dass die meisten Säuglinge geradezu ein Bündel von Emotionen sind. Da gibt es zum Beispiel sehr aktive, die viel lächeln und lachen und schon früh im Leben intensive Freude zeigen. Walter Mischel gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Psychologen der Gegenwart.

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Umsetzungspläne bilden mit der Zeit neue Gewohnheiten heraus

Sobald „Wenn-dann-Pläne“ automatisiert werden, fällt es leichter das Verhalten zu kontrollieren. Solche Umsetzungspläne funktionieren nicht nur, wenn das „Wenn“ aus der äußeren Umgebung stammt, wenn zum Beispiel der Wecker läutet oder wenn ein Mensch eine Bar betritt. Die Umsetzungspläne gelingen auch, wenn der Auslösereiz ein innerer Zustand ist, wenn beispielsweise eine Person auf etwas Lust hat, wenn sie sich langweilt, wenn sie besorgt ist oder wenn sie wütend ist. Dadurch, dass man Umsetzungspläne aufstellt und immer wieder übt, kann man sein emotionales System dazu bringen, reflexartig wie gewünscht zu reagieren, sobald der Auslösereiz erscheint. Walter Mischer erklärt: „Mit der Zeit entsteht eine neue Assoziation oder Gewohnheit, wie das Zähneputzen vor dem Zubettgehen.“ Walter Mischel gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Psychologen der Gegenwart.

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In der Rolle des „Tramp“ erlangte Charlie Chaplin Weltruhm

Er ist die berühmteste Figur, die je für das Kino geschaffen wurde. Doch der „Tramp“ war nicht, wie man meinen könnte, das Ergebnis langer Planungen. Der gegen eine feindliche Umwelt kämpfende Vagabund entstand innerhalb kürzester Zeit, indem der damals noch unbekannte Charlie Chaplin in einem Hollywoodstudio ein paar zufällig gefundene Kleidungsstücke und Requisiten für Dreharbeiten verwendete. Dies geschah vor hundert Jahren. Damals schuf er den „Tramp“, jenen Landstreicher, der mit den Manieren und der Würde eines Gentleman auftritt. David Robinson beschreibt in seiner Biografie über Charlie Chaplin, aus welchen Bestandteilen sich das Kostüm des „Tramps“ zusammensetzte: „Charlie lieh sich Fatty Arbuckles riesigen Hosen aus, dazu die Jacke des winzigen Charles Avery, Fred Sterlings Schuhe Größe 48, eine zu kleine Melone, die Arbuckles Schwiegervater gehörte und einen Schnurrbart, der für Mark Swain bestimmt war.“

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