Eine Gesellschaft der Singularitäten kennzeichnet die Spätmoderne

Andreas Reckwitz entwickelt in seinem neuen Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten“ eine Theorie der Moderne, die eine spätmoderne Gesellschaft in all ihren Facetten beschreibt, in der das Singuläre überall die Herrschaft übernommen hat. Ein Mensch mit einer Normalbiografie mit seinem Durchschnittsleben ist im Ansehen seiner Mitmenschen ganz unten angesiedelt. An der Spitze der Gesellschaftspyramide stehen authentische Subjekte mit originellen Interessen und ungewöhnlicher Biografie. Nur noch das Besondere zählt, das Normale ist völlig out. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Guter und Events, die unverwechselbar sein müssen. Selbst Communities und Städte sind diesem scheinbar allesumfassenden Trend unterworfen. Die Gesellschaft der Singularitäten zeichnet sich nicht nur durch seine Dynamik und seinen durch nichts zu erschütternden Fortschrittsglauben aus. Sie hat auch ihre Schattenseiten, indem sie ihre ganz eigenen Ungleichheiten, Paradoxien und Verlierer produziert. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Der politische Begriff des Konservatismus

Der Konservatismus galt vor noch gar nicht so langer Zeit in Deutschland als Schimpfwort. Selbst rechte Politiker wehrten sich zuweilen als konservativ bezeichnet zu werden. Mit dem Konservativismus verbanden die Deutschen das Erstarrte und Autoritäre, das Korrupte und ewig Gestrige. Alle diese Behauptungen tragen sicher einen Kern von Wahrheit in sich. Doch eigentlich möchte der Konservatismus nur das Bewährte vor einem zweifelhaften Fortschritt bewahren. Der Konservatismus hat also zwei Gesichter – er kann sowohl etwas Schlechtes wie Vorurteile oder Privilegien schützen als auch etwa gutes wie Rechtsstaatlichkeit und Freiheit verteidigen.

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Zum Tod des Ethnologen Claude Levi-Strauss

Seinen Weltruhm begründete der Ethnologe Claude Levi-Strauss mit dem Buch „Traurige Tropen“. Er beschrieb darin die Erinnerungen an seine Jahre in Brasilien, in das er 1935 aufgebrochen war, um die Indianerkulturen des südamerikanischen Landes zu erforschen. Großen Einfluss auf die Bewegung des Strukturalismus hatte die Veröffentlichung  von „Das Ende des Totemismus“ und „Wildes Denken“. Eine These zieht sich wie ein roter Faden durch das Gesamtwerk von Claude Levi-Strauss – dass der Mensch in seinem Unterbewusstsein Systemen mit Struktur unterworfen sei. Skeptisch beobachtete Claude Levi-Strauss während seines ganzen Lebens den Fortschrittsglauben des Westens.

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