Die Demokratie lebt von der Kritik

Ausgewogene Kritik und Kritikfähigkeit sind wesentliche Werte und Voraussetzungen des zivilen Staates der Demokratie. Silvio Vietta ergänzt: „Sie sind auch notwendige Voraussetzungen zur Selbst-Bildung einer guten Individualität.“ Eine selbstkritische Einstellung ist nötig, um die richtige Schule und Berufsausbildung für sich auszuwählen. Sie hilft später dabei, den richten Beruf und vor allem auch den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Ein gutes Zusammenleben zwischen Menschen setzt Kritikfähigkeit voraus, den richtigen Blick für die Schwächen und Stärken des Partners – wie auch die eigenen Schwächen und Stärken. Kritikfähigkeit beinhaltet auch die Fähigkeit, berechtigte Kritik auszuhalten. Im Allgmeinen ist das eine Leistung einer stabilen Persönlichkeit. Kritik und Kritikfähigkeit setzen also die Bildung zu einer eigenen Urteilsfähigkeit voraus. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Fundamentalisten kämpfen gegen die Globalisierung

Der Fundamentalist ist eine Erscheinung der Gegenwart. Er bedient sich moderner Mittel, um die Moderne selbst auszulöschen. Die Fundamentalisten verschmähen kein Werkzeug der Globalisierung, inklusive Hollywood. In der fundamentalistischen Globalisierung gibt es für ihre Anhänger eine herzerwärmende patriarchische Hierarchie. Nadav Eyal stellt fest: „Seltsamerweise lehnen Fundamentalisten den Universalismus nicht ab. Sie betrachten liberale, universale Ideen vielmehr als Konkurrenz zu ihrer eigenen universalen Agenda.“ Fundamentalismus und Globalisierung sind nicht Materie und Antimaterie, sondern zwei Seiten einer Medaille. Fundamentalisten betrachten sich selbst als die würdigsten und tödlichsten Bannerträger im Kampf gegen die Globalisierung. Die große Stärke des Fundamentalisten liegt in seiner Entschlossenheit, ein apokalyptisches Szenario selbst gezielt herzustellen. Das Ziel ist eine Prophetie, die sich selbst erfüllt. Nadav Eyal ist einer der bekanntesten Journalisten Israels.

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Komplexität kann man nicht beliebig vereinfachen

Komplexität beschreibt das sinnvolle Zusammenspiel verschiedener Strukturen, die durch Interaktionen Verbindungen knüpfen und so einen sinnvollen Zusammenhang bilden: Menschen knüpfen lebendige Beziehungen. Je mehr Fäden ein persönliches Beziehungsnetz hat, beziehungsweise der Sinnzusammenhang, in den man eingebunden ist, desto komplexer ist das soziale Gebilde, das daraus entsteht. Der Psychologieprofessor Dietrich Dörner hat in seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ Komplexität als „die Existenz von vielen, voneinander abhängigen Merkmalen in einem Ausschnitt der Realität“ bezeichnet. Ina Schmidt ergänzt: „Komplexität erhöht sich demnach in Abhängigkeit der Anzahl der Merkmale sowie ihrer Verbindungen untereinander, die zu dem jeweiligen Realitätsausschnitt gehören.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Die europäische Demokratie kann erschüttert werden

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Demokratische und soziale Wertesysteme, die in den letzten Jahrzehnten das Fundament für politische Stabilität waren und zumindest in Europa für relativen Frieden sorgten, brechen auseinander. Jürgen Roth stellt fest: „Die Hoffnung, dass die pluralistische liberale europäische Demokratie so gefestigt sei, dass sie nichts erschüttern kann, scheint der bitteren Realität zu weichen.“ Viel zu wenig wird die Frage gestellt, was es für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft eigentlich bedeutet, dass bereits im Jahr 2012 EU-Steuer-Kommissionspräsident Algirdas Šemeta ausrechnete, dass der Europäischen Union (EU) Jahr für Jahr eine Billion Euro durch Steuerhinterziehung und Steuerumgehung verloren gingen. Diese Steuerflüchtlinge kommen den Bürgern weitaus teurer zu stehen als alle nach Europa Geflüchteten des Jahres 2015 zusammen. Jürgen Roth gilt als einer der bekanntesten Vertreter des investigativen Journalismus in Deutschland.

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Glückliche Paare gehen Konflikten aus dem Weg

Der amerikanische Psychologe und Partnerschaftsexperte John M. Gottmann hat in Jahrzehnten der Forschung in seinem Ehelabor in Seattle Paare beobachtet. Er und seine Mitarbeiter haben erlebt, wie Paare sich stritten und wieder versöhnten. Das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Arbeit ist eindeutig: Streit ist nicht die Lösung. Professor John M. Gottmann ist auch Paartherapeut und hat sich deshalb ganz besonders für Paare interessiert, die schon lange glücklich verheiratet sind. Christian Thiel kennt das Ergebnis: „Diese Paare haben keinen Kurs in fairem Streiten hinter sich, und sie verhalten sich auch nicht annähernd so, wie viele Paartherapeuten es immer wieder empfehlen. Sie diskutieren selten über ihre Probleme. Manchen Paare tun sogar etwas, was Kommunikationsexperten für das Schlimmste überhaupt halten: Sie gehen Konflikten aus dem Weg – und sind damit erfolgreich.“ Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.

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Ulrich Beck stellt die neuen Konflikte der Risikogesellschaft vor

Gerade mit der Entfaltung der Risikogesellschaft entwickeln sich für Ulrich Beck die Gegensätze zwischen denjenigen, die von den Risiken betroffen sind, und denjenigen, die von ihnen profitieren. Ähnlich wächst seiner Meinung nach die soziale und politische Bedeutung des Wissens, und damit die Verfügungsgewalt über die Medien, die Informationen zu gestalten und zu verbreiten. In der Risikogesellschaft verbirgt sich in diesem Sinne auch die Wissenschafts-, Informations- und Mediengesellschaft. Es entstehen in ihr auch neue Gegensätze zwischen denjenigen, die Definitionen von Risiken produzieren und denjenigen, die sie konsumieren. Diese Spannungen zwischen Risikobeseitigung und Profit, Produktion und Konsum von Risikodefinitionen ziehen sich durch alle gesellschaftlichen Handlungsbereiche hindurch. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Susan Cain kämpft für die Anerkennung der Introvertiertheit

Mehr als dreißig Prozent aller Menschen sind introvertiert. Obwohl sie sich durch so hervorragende Eigenschaften wie Ernsthaftigkeit, Sensibilität und Zurückhaltung auszeichnen, gelten diese laut Susan Cain heute eher als Krankheitssymptom, denn aus Qualitäten. In ihrem Buch „Still“ vertritt sie eine Gegenposition gegen den Trend vieler Ratgeber, die das Selbstbewusstsein über alles stellen. Die Autorin möchte mit ihrem Werk denjenigen Menschen Mut zusprechen, die bisher noch mit ihrem ruhigen Wesen unzufrieden und unglücklich sind. Zugleich wirbt sie bei den Extravertierten für mehr Nachsicht mit den Introvertierten. Susan Cain, die an der Harvard Law School und der Princeton University studierte, arbeitet als Trainerin für Verhandlungsführung und hat eine eigene Beratungsfirma, The Negotiation Company.

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Die Gesellschaft in Deutschland bricht auseinander

Die Mittelschicht in Deutschland hat Angst, Statusangst, Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg. Das hat der Hamburger Sozialwissenschaftler Berthold Vogel herausgefunden, der folgendes behauptet: „Auf der Tagesordnung vieler, die etwas zu verlieren haben, stehen nicht mehr Karriereplanung, Vorteilsnahme und Zugewinn, sondern der Kampf um Wohlstandssicherung und Klassenerhalt.“

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