Die Würde eines Menschen sollte unantastbar sein

Tastsinn und Takt, Feinmotorik und Fingerspitzengefühl kommen in der Formulierung einer unantastbaren Würde zusammen. Verhärtungs- und Verpanzerungsansprüche gehören ab jetzt in ein vergangenes Kapitel der Geschichte. Svenja Flaßpöhler schreibt: „Die Sensibilität ist es, die von nun an die Geschichte bestimmt und den Schutzraum des Subjekts über dessen Leiblichkeit hinaus ausweiten soll.“ Tatsächlich ist mit dem Schutz der Würde, von dem das deutsche Grundgesetz spricht, weit mehr gemeint als nur der Schutz vor körperlicher Gewalt. Ja, was die menschliche Würde genau ist, ist keineswegs für alle Zeiten festgesetzt und klar umgrenzt. Sondern sie ist, je nach Grad der gesellschaftlichen Empfindsamkeit, hart umstritten und höchst wandelbar. Stand bis vor wenigen Jahren handfeste Gewalt im Zentrum des Sexualstrafrechts, kann seit der Reform im Jahr 2016 auch ein falsch gedeuteter Wille rechtliche Konsequenzen haben. Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des „Philosophie Magazin“.

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Intuitionen sind nicht gleichbedeutend mit Wissen

Das neue Philosophie Magazin 02/2023 diskutiert im Titelthema darüber, ob man seiner Intuition folgen oder eher auf die Kraft des Verstandes setzen sollte. Auf jeden Fall ist Vorsicht geboten, den Intuitionen sind nicht gleichbedeutend mit Wissen. Aber es gilt auch, wie Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler in ihrem Editorial feststellt: „Ganz ohne Intuition wären wir heillos verloren. Die Intuition ist es, die uns in Situationen des Nichtwissens ein Kompass ist; die es uns ermöglicht, uns in einer komplexen, unübersichtlichen Welt zu orientieren; die uns befähigt, unseren eigenen, individuellen Weg zu gehen.“ Alltagssprachlich setzt man Intuition oft mit Bauchgefühl gleich. Doch ein Blick in die Philosophiegeschichte zeigt, dass diese Kraft weit mehr ist. Ja, vielleicht sogar etwas ganz anderes. Übersetzt meint dieses Wort lateinischen Ursprungs: unmittelbare Anschauung.

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Judith Butler fordert radikale soziale Gleichheit

Wer sind wir und in welcher Welt wollen wir leben? Judith Butler gibt in ihrem neuen Buch „Die Macht der Gewaltlosigkeit“ folgende Antwort: „In einer Welt radikaler sozialer Gleichheit, die getragen ist von der Einsicht in die Abhängigkeiten und Verletzlichkeiten menschlicher Existenz.“ Diese Welt gilt es gemeinsam im politischen Feld zu erkämpfen – gewaltlos und mit aller Macht. In ihrer Einleitung weist Judith Butler darauf hin, dass Plädoyers für Gewaltlosigkeit im gesamten politischen Spektrum auf Kritik treffen. Ein zentrales Problem für die Verteidiger der Gewaltlosigkeit liegt ihrer Meinung darin, dass die Begriffe „Gewalt“ und „Gewaltlosigkeit“ umstritten sind. So sind zum Beispiel verletzende Äußerungen für die einen Akte der Gewalt. Während andere der Auffassung sind, dass Sprache nur im Fall expliziter Drohungen als „Gewalt“ im eigentlichen Sinne gelten kann. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Es gibt drei Dimensionen der Resilienz

Im Titelthema beantwortet das neue Philosophie Magazin 02/2021 die Frage: „Was macht uns resilient?“ An Krisen nicht zugrunde gehen, sie gar als Anlass für Fortschritt nutzen: Das meint das Konzept der Resilienz im Kern. Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt im Editorial: „Die resiliente Persönlichkeit oder Gesellschaft weiß um die Unvermeidbarkeit schlimmer Ereignisse. Nichts kann uns hundertprozentig vor Schicksalsschlägen, vor Trennung oder Tod schützen.“ Inzwischen hat auch die Soziologie die Resilienz entdeckt und fragt nach den Grundparametern gesellschaftlicher Stabilität. Ein resilientes System braucht eine gewisse Geschmeidigkeit, ja Plastizität. Es muss beweglich und dynamisch sein. Nur so kann es auf das reagieren, was ihm zustößt, sich auf kommende Krisen vorhersehen und sich flexibel auf sie einstellen. Dabei gibt es drei Dimensionen der Resilienz: Stabilisation, Transformation und schließlich Reduktion.

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