Zum Tod des Ethnologen Claude Levi-Strauss

Seinen Weltruhm begründete der Ethnologe Claude Levi-Strauss mit dem Buch „Traurige Tropen“. Er beschrieb darin die Erinnerungen an seine Jahre in Brasilien, in das er 1935 aufgebrochen war, um die Indianerkulturen des südamerikanischen Landes zu erforschen. Großen Einfluss auf die Bewegung des Strukturalismus hatte die Veröffentlichung  von „Das Ende des Totemismus“ und „Wildes Denken“. Eine These zieht sich wie ein roter Faden durch das Gesamtwerk von Claude Levi-Strauss – dass der Mensch in seinem Unterbewusstsein Systemen mit Struktur unterworfen sei. Skeptisch beobachtete Claude Levi-Strauss während seines ganzen Lebens den Fortschrittsglauben des Westens.

Keine Kultur ist intelligenter als die andere

Für Claude Levi-Strauss ihn war es eine absurde Vorstellung, dass die westliche Zivilisation anderen Kulturen überlegen sei. Die unterschiedlichen Kulturen waren für Claude Levi-Strauss auf intellektueller Ebene ebenbürtige Partner. Den Strukturalismus bezeichnete er einmal als die Suche nach einer unerwarteten Harmonie.

Immer wieder stellte Claude Levi-Strauss das Verhältnis zwischen Linguistik und Sprache mit der Beziehung von Anthropologie und Kultur gegenüber. Die Kulturen fasste er wie menschliche Sprachen auf, deren Regeln nur ein Außenstehender erkennen und deuten könne. Claude Levi-Strauss vertrat die These, dass Kulturen, so sehr sie sich noch ihn ihrem Aufbau und Manifestation unterscheiden mögen, doch einem universalen Denkprinzip, oder anders ausgedrückt, einer identischen Struktur folgen.

Für Claude Levi-Strauss hatte das Leben keinen Sinn

In seinem Werk „Wildes Denken“ bewies Claude Levi-Strauss, dass das Denken der primitiven prälogischen Kulturen ohne Schrift, demjenigen der Menschen in der modernen westlichen Kultur in kognitiver Hinsicht auf keinen Fall unterlegen ist – das wilde Denken verfolgte lediglich andere Ziele. Die Erinnerung an die schriftlosen Kulturen aufzuschreiben und für die Nachwelt zu bewahren, war eines seiner dringendsten Anliegen.

Claude Levi-Strauss sagte dazu einmal: „Ich glaube, dass es einige Dinge gibt, die wir verloren haben und die wir vielleicht versuchen sollten, wiederzugewinnen. Trotz seiner Sensibilität vermochte Claude Levi-Strauss dem Leben an sich keinen Sinn abzugewinnen und sagte: „Ich bin fest davon überzeugt, dass das Leben keinen Sinn hat, dass nichts einen Sinn hat.“

In seinen letzten Lebensjahren fühlte er sich nur noch alt und selbst die große Kraft der Liebe ließ ihn kalt. Einzig vom Buddhismus fühlte sich Claude Levi-Strauss etwas angezogen wie er kurz vor seinem Tod gestand: „Zum einen, weil der Buddhismus keinen persönlichen Gott kennt, zum anderen weil er zulässt, dass in der Abwesenheit des Sinns, im Nicht-Sinn, die letzte Wahrheit liegt. Claude Levi-Strauss ist am Samstag, den 31. Oktober 2009, im Alter von 100 Jahren in Paris gestorben.

Von Hans Klumbies