Für Robert Spaemann gibt es kein Wort – außer dem Wort „Freiheit“ vielleicht –, das ein solches Sammelsurium an Bedeutungen in sich vereinigt, und zwar von einander diamentral entgegengesetzten Bedeutungen, wie das Wort „Liebe“. Es bezeichnet Gefühle, die Eltern ihren Kindern, Kinder ihren Eltern, Freunde ihren Freunden entgegenbringen. Robert Spaemann ergänzt: „Aber auch und vor allem das berühmte und nie genug gerühmte Gefühl, das einen Mann und eine Frau miteinander verbindet und das in den heiligen Büchern der Juden und der Christen ebenso wie bei vielen Heiden als Metapher zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Gott und seinem Volk oder zwischen Gott und den Frommen dient.“ Und dann gibt es noch den Begriff der „Vaterlandsliebe“. Robert Spaemann lehrte bis zu seiner Emeritierung Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Treue
Die Moral ist ursprünglich weder friedlich noch angenehm
Moral ist, was bei der Normativität des Alltags herauskommt: ein mehr oder weniger buntes System von „Werten“, Anforderungen, Zumutungen und Beurteilungen. Thomas Fischer ergänzt: „Moral entspringt, soweit man das beurteilen kann, nicht einer „Seele“ des Menschen, sondern seinem wirklichen Leben.“ Sie spiegelt es wider und ändert sich mit ihm; ist daher auch weder zufällig noch inhaltlich vorbestimmt, wenn man von wenigen Grundstrukturen absieht, welche die gemeinsame Existenz betreffen und daher zumindest außerordentlich nah bei der „Natur“ angesiedelt sind: Fürsorge, Mitleid, Zuneigung, Rache. Aus der Sicht des Strafrechts sind das Bedürfnis und die Fähigkeit zum Motiv der Rache besonders wichtig. Moral ist keineswegs im Ursprung oder ihrer Natur nach konstruktiv, friedlich oder angenehm. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.
Jeder Mensch sollte den souveränen Umgang mit der Liebe lernen
Man kann sich durchaus vorstellen, die Menschen werden in Sachen Liebe endlich vernünftig. Flexibel, tolerant und ehrlich. Matthias Horx ergänzt: „Nach all den Tränen der Eifersucht, der Enttäuschung, der Trennung, die aus nichts anderem stammen als dem unerfüllbaren, ja perversen Anspruch an den Einzigen oder die Einzige im Leben, würden wir uns endlich eines Besseren besinnen. Eine neue Liebeskultur entstünde, in der wir uns vor der komplexen Realität der Liebe verbeugen und uns die menschliche Fähigkeit, vernünftige Verträge zu schließen, ins Gedächtnis rufen.“ Die Menschen würden einsehen, dass es keinen Zweck hätte, auf Normen und Sexualkontrakten zu beharren, di ein der Steinzeit oder im 19. Jahrhundert entstanden sind. Sie akzeptieren: Es gibt ein großes, unstillbares Bedürfnis nach lebenslanger Treue, Verlässlichkeit. The one and only! Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.
Die Sexualität ist mit existentiellen Fragen des Lebens verbunden
Das Buch „Eros, Wollust, Sünde“ von Franz X. Eder gibt erstmals einen Überblick über die Geschichte der europäischen Sexualität von der Antike bis in die Frühe Neuzeit. Der Autor spannt anhand zahlreicher Beispiele und Quellen einen Bogen von der Politisierung und Sozialisierung des Eros in der griechischen und römischen Antike über den skeptischen Umgang mit dem Sexuellen im frühen Christentum und die ambivalente Sexualwelt des Mittelalters bis zu deren Regulierung und Disziplinierung während und nach der Reformation. Das Thema Sexualität ist unter anderem so spannend, weil es ein irritierender Teil des menschlichen Lebens ist. Viele Menschen sind davon überzeugt, eine individuelle sexuelle Begierde zu besitzen, die in den Tiefen ihres Körpers als Gene und Hormone und in den Grundstrukturen der Psyche verankert sind. Franz X. Eder ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien.
Heimatstolz und Patriotimus dürfen nicht verwechselt werden
Heimatstolz und Patriotismus ist eine reizvolle, gefährliche und durch die Geschichte leidvoll beglaubigte desaströse Kombination zweier Ideen. Christan Schüle weiß: „Der Stolz auf eine Heimat ist eine leerlaufende Nichtigkeit, weil Heimat nichts außer dem Selbstzweck leistet, da zu sein, und das ewiglich.“ Genauso gut könnte man stolz auf den Himmel oder eine Felsformation sein. Patriotismus dagegen muss keineswegs Heimatstolz heißen. Der Patriot ist ja ein Mensch, der gegenüber seinem Vaterland Loyalität empfindet, manchmal Treue, manchmal den wohligen Schauer der Vertrautheit, jedenfalls verbindliche Zugehörigkeit, gemäß dem unverdächtigen Cicero: „Patria est, ubicumque est bene.“ Übersetzt: „Wo es gut geht, da ist Vaterland.“ Zeitgemäß variiert: „Wo es mir gut geht, da ist meine Heimat.“ Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.
Das Neue bricht plötzlich und unvorhergesehen in das Sein ein
Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 02/2018 beantwortet folgende Frage: „Woher kommt das Neue?“ Denn es existiert jener Punkt, an dem das Alte nicht mehr passt, Gewohnheiten schal werden, Routinen beziehungsweise Rituale einem Menschen die Kehle zuschnüren. Vielgepriesene Losungen der Gegenwart lauten: Bleib up to date! Erfinde dich neu! Sei kreativ! Der permanente Wandel in der modernen Zeit zwingt die Menschen zu einer ständigen Anpassung, die nicht wenige von ihnen überfordert. Sie wissen nicht, ob sie den Sprung ins Ungewisse wagen sollen, um das zu finden, was noch nicht vorhanden ist. Während das Neue für die einen gar nicht schnell genug kommen kann, fühlen sich andere von ihm chronisch erschöpft. Für Denker wie Martin Heidegger oder Alain Badiou ereignet sich das Neu im eminenten Sinne. Das heißt, es bricht so plötzlich wie unvorhergesehen in das Sein ein.
Wahre Liebe kennt auf Fragen keine Antworten
Der Volksmund sagt: „Liebe macht blind“. Der Verliebte macht sich ein Bild von der Geliebten, das die späteren Tests der Erfahrung nicht aushält. Andererseits transzendiert personale Liebe alle Bilder, alle Qualitäten der Geliebten und geht auf die Person jenseits dieser Qualitäten. Die Vorzüge sind es, an denen sich die Liebe entzündet. Aber wenn sie einmal entzündet ist, dann lässt sie die Qualitäten hinter sich. Robert Spaemann schreibt: „Wer auf die Frage, warum er diesen Menschen liebt, eine Antwort geben kann, der liebt noch nicht wirklich.“ Der Liebende ist deshalb bereit, sich auf alle künftigen Wandlungen des geliebten Menschen einzulassen und die eigenen Wandlungen, die eigene Biographie mit der des anderen unabänderlich, auf Gedeih und Verderben zu verknüpfen. Robert Spaemann war ordentlicher Professor für Philosophie an den Universitäten Stuttgart (bis 1968), Heidelberg (bis 1972) und München, wo er 1992 emeritiert wurde.
Matthias Horx stellt die die Zukunft von Liebe vor
Matthias Horx hat mit „Future Love“ das erste Buch vor, dass sich aus Sicht der Trend- und Zukunftsforschung dem Thema Liebe widmet. Er untersucht die Prozesse der Wandlung in Liebe, Partnerschaft und Familie und entwickelt ein Panorama der kommenden Liebeskultur, das von der totalen Digitalisierung der Leidenschaft bis zur „Liquid Love“ reicht. Zuvor erklärt Matthias Horx auf der Basis neuer Erkenntnisse von Psychologen, Neurologen und Sozialwissenschaftlern, welche Macht die Liebe über einen Menschen ausübt und was genau geschieht, wenn zwei Menschen ineinander verliebt sind. Der Zukunftsforscher hat sein Buch in drei große Abschnitte gegliedert. Teil 1: Vergangenheit: Wie die Liebe in die Welt kam. Teil 2: Gegenwart: Liebe in Zeiten der radikalen Individualisierung. Teil 3: Zukunft: Drei Szenarien der futuristischen Liebe. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.
Niccolò Machiavelli war ein Lehrer des Bösen
Als Dacher Keltner vor 20 Jahren mit seiner Untersuchungen von Macht begann, wurden diese oft mit Zwang, Gewaltausübung und Herrschaft gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung der Macht mit Gewaltausübung fand ihren klarsten Ausdruck in Niccolò Machiavellis Buch „Der Fürst“. Dacher Keltner stellt fest: „Es gehört zu den hundert einflussreichsten Büchern, die je geschrieben wurden und hat die Handlungsweisen von einigen der mächtigsten Herrscher der Geschichte bestimmt.“ „Der Fürst“ ist auch heute noch ein wichtiger Text bei der Ausbildung von Führungskräften. Der Politologe Leo Strauss von der University of Chicago stellte allerdings fest, dass Niccolò Machiavelli ein Lehrer des Bösen war und dass der Gewinn und Erhalt von Macht nichts mit Ethik zu tun hat, wie so viele irrtümlich meinen. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.
Viele Affären werden durch Intuition aufgedeckt
Betrogene Partner unterscheiden sich sehr stark in dem Bewusstsein, dass es Untreue in ihrer Beziehung gibt. Manche Betrogenen sind, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, vollkommen ahnungslos. Manche übersehen subtile Hinweise, einige verdrängen offensichtliche Hinweise und wieder andere sind vollkommen damit beschäftigt, typische Anzeichen aufzuspüren. Shirley P. Glass erklärt: „Viele Affären werden dadurch entdeckt, dass die Intuition einem sagt, dass etwas nicht stimmt und dass viele Kleinigkeiten einfach nicht zusammen passen.“ Manche Menschen haben definitive Gründe für ihre Entscheidung, ihren Partner nicht zu konfrontieren oder weiter nachzuforschen. Sie fürchten vielleicht, dass ihre Ehe beendet wäre, wenn die Affäre ans Tageslicht käme. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.
Nutzen und Vergnügen sind die Aufgaben der Dichtung
Das Ende des höfischen Dichters bedeutete auch das Ende der höfischen Literatur. An deren Stelle trat eine neue Literatur, die die zentralen Kategorien der Aufklärung, Vernunft, Nützlichkeit und Humanität, auf alle Gattungen der Literatur zu übertragen versuchte. Johann Christoph Gottsched (1700 – 1766) war der erste, der die längst fällige Neuorientierung theoretisch und praktisch vollzog und wegweisend für die Entstehung der neuen Literatur wurde. In seinem bedeutenden theoretischen „Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen“ (1730) brach er mit den formalistischen, noch in der feudalen Gesellschaft verwurzelten Regel- und Anweisungspoetiken des Barock, verurteilte die Barockdichtung vom aufklärerischen Standpunkt aus und forderte eine Literatur, die aufklärerische Ideen auf gemeinverständliche und angenehme Weise vermitteln, Nutzen und Vergnügen verbinden und breite bürgerliche Bevölkerungsschichten erreichen sollte.
Bertrand Russell greift die Religion scharf an
Seine Ansichten über die Sexualität brachten den britischen Philosophen, Mathematiker und Logiker Bertrand Russell in Schwierigkeiten. Im Jahr 1929 veröffentlichte der ein Buch mit dem Titel „Ehe und Moral“. In diesem Werk beschäftigte er sich mit den christlichen Ansichten zur ehelichen Treue. Er fand nicht, dass man treu sein müsse, was zu der Zeit ziemliches Kopfschütteln verursachte. Aber daraus machte sich Bertrand Russell wenig. Nigel Warburton fügt hinzu: „Er hatte bereits sechs Monate im Gefängnis von Brixton verbracht, weil es sich 1916 als Aktivist gegen den Ersten Weltkrieg ausgesprochen hatte.“ In späteren Jahren war er Präsident der Campaign for Nuclear Disarmament (CND), einer internationalen Bewegung gegen Massenvernichtungswaffen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.
Vertrauen sollte die Basis einer jeden Beziehung sein
Nach schlechten Erfahrungen in einer Partnerschaft neigen viele Menschen zu Misstrauen und Angst vor Kontrollverlust. Dafür gibt es nur eine Lösung: Nur wenn man die Kontrolle abgibt, kann man wirklich vertrauen. Vertrauen spielt in fast alle Lebensbereichen eine wichtige Rolle. Man kann sagen, sie zählt zu den Grundpfeilern im menschlichen Leben. Ob es nun Mitarbeiter oder Vorgesetzte sind, Beziehungen oder gar die Politik und die Wirtschaft: Menschen sehnen sich nach dieser Geborgenheit, in der man einfach nur loslassen kann und das Beste erwartet. Der aktuelle Umgang mit der wirtschaftlichen und politischen Lage lässt allerdings vermuten, dass eher Misstrauen um sich greift. Die Folgen sind häufig kontraproduktiv und machen das Problem nur schlimmer. In zwischenmenschlichen Beziehungen ist das Thema Vertrauen nicht weniger komplex.
Partnerschaften scheitern aus fünf wichtigen Gründen
Christian Thiel warnt: „Wer auch nur einen einzigen Tag vor dem Fernseher hinter sich hat, der hat mehr Unwahrheiten über die Liebe gelernt, als sich in einem Monat wieder verlernen lassen. Es ist ein unglaublich unrealistisches Bild der Liebe, das täglich über die Bildschirme flimmert. Ein Bild, dem jährlich viele Tausend Beziehungen zum Opfer fallen. Die Liebe ist für Christian Thiel zu wichtig, um sie den Quotenjägern des privaten Fernsehens und den auflagenheischenden Schlagzeilen der Skandalberichterstattung zu überlassen. Seiner Überzeugung nach sind auch heute noch Treue und Beständigkeit wichtige Voraussetzungen für eine langjährige Beziehung. Und ebenso das Wissen davon, was der Liebe Haltbarkeit verleiht und wie Paare schwierige Phasen bewältigen können. Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.
Die Ritter sind die sozialen Aufsteiger des Mittelalters
Die Feudalgesellschaft des Mittelalters wird von zwei Schichten beherrscht, dem weltlichen und dem geistigen Stand, vertreten durch Kaiser und Papst. In allen weltlichen Dingen ist der Kaiser Gott verantwortlich; ihm ist aber auch der Schutz der Kirche anvertraut, und gemeinsam mit dem katholischen Kirchenoberhaupt ist er für das Wohl und Wehe der abendländischen Christenheit verantwortlich. Der Kaiser ist aber auch ein idealer Vertreter des Standes der Ritter und des Volks seines Reichs. Der Ritterstand taucht nicht erst in der Epoche der Staufer auf, er ist eine gesamteuropäische Erscheinung. Der Ritter ist zunächst Krieger, ein Reiter in Rüstung und gibt den Ausschlag bei der Stärke eines Heeres. Ökonomisch gesehen ist er dem Landadel zuzurechnen, oder aber er besitzt als Ministerialer zumeist ein Lehen, das vielfältige Formen annehmen kann, ihm aber in jedem Fall regelmäßige Einkünfte sichert.
Große räumliche Distanzen hält nicht jede Partnerschaft aus
Sich vertragen heißt Verträge schließen, und: Verträge sind einzuhalten. Ein Vertragsbruch ist unehrenhaft. Vertragstreue auch unter widrigen Bedingungen ist hoch ehrenvoll. Kinder brauchen Sicherheit, Bindung, Stabilität, personell, aber auch räumlich. Auch Partnerschaften brauchen genau das, allerdings sind sie modifizierbar. Rotraud A. Perner ergänzt: „Nur hält nicht jede Beziehung große räumliche und zeitliche Distanzen aus; je größer der Abstand wird, desto eher kann sich etwas Fremdes dazwischenschieben und Ursprüngliches verdrängen oder zerstören.“ Was eine Partnerschaft aber gar nicht aushält, ist das Auseinanderdriften von Wertvorstellungen. Zum Beispiel bei der Frage: „Wo läuft die Grenze zwischen der Treue zu sich und Treue zu anderen.“ Rotraud A. Perner ist Juristin, Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin und absolvierte postgraduale Studien in Soziologie und evangelischer Theologie. Eines ihrer zahlreichen Bücher heißt „Die reuelose Gesellschaft“ und ist im Residenz Verlag erschienen.
Francis Bacon bewundert die Eigenschaften der Freundschaft
Francis Bacon versichert, dass die größte und traurigste Einsamkeit darin besteht, keine wahren Freunde zu haben, ohne die die Welt nur eine Wildnis ist. Wer durch seine Natur und seine Neigungen unfähig zur Freundschaft ist, gleicht seiner Meinung nach eher einem Tier als einem Menschen. Francis Bacon erklärt: „Eine wichtige Frucht der Freundschaft ist die Möglichkeit, sich von der Überfülle und Aufwallung des Herzens zu befreien, die Leidenschaften aller Art hervorrufen.“ Denn das Herz öffnet keine Medizin außer einem guten Freund, dem man seinen Kummer, seine Freude, seine Ängste und Hoffnungen, Überlegungen und alles andere mitteilen kann, was einem auf dem Herzen liegt. Der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der von 1561 bis 1626 lebte, trug mit seinen Schriften maßgeblich zur Begründung des Empirismus bei.
Die Liebe ist die schönste Form der Selbsterfahrung
Ein in Vergessenheit geratener Weg zu sich selbst ist für Uwe Böschemeyer die Begegnung mit der Welt außerhalb des eigenen Selbst. Einen solchen Weg beschreibt der Religionsphilosoph Romano Guardini wie folgt: „Wir sehen ein Ding, empfinden seine Eigenart, seine Größe, seine Schönheit, seine Not – und sofort, wie ein lebendiges Echo, antwortet darauf etwas in uns selbst, wird wach, erhebt sich, entfaltet sich. Kann man doch den Menschen geradezu jenes Wesen nennen, das fähig ist, mit seinem inneren Sein auf die Dinge der Welt zu antworten und eben darin sich selbst verwirklichen.“ Im Jahr 1975 erwarb Uwe Böschemeyer bei Prof. Viktor Frankl sein Zertifikat in Logotherapie und Existenzanalyse. 1982 gründete er das Institut für Logotherapie in Hamburg. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Wertimagination und die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung.
Bei Verliebten spielen Berührungen eine extrem wichtige Rolle
In Beziehungen kann die richtige Berührung zur rechten Zeit beeindruckende Wirkungen erzielen. Werner Bartens stellt zwei Beispiele vor: Freunde erscheint der Anstieg während einer Bergwanderung weniger steil, wenn sie dabei einander an der Hand halten. Paare tun ihrem Herz etwas Gutes und senken sogar ihren Blutdruck, wenn sie sich bei der morgendlichen oder abendlichen Begrüßung kurz in die Arme nehmen. Ob Paare zusammenbleiben und eine erfüllte Beziehung führen, hängt schließlich auch davon ab, wie innig und nah sie sich fühlen und wie intensiv sie sich voneinander berühren lassen. Werner Bartens fügt hinzu: „Sucht einer von beiden hingegen ständig Schutz und Behaglichkeit in Kissenlandschaften oder der Badewanne, ist das ein Alarmsignal.“ Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.
Ein weiser Herrscher vertraut sich klugen Ratgebern an
Der tiefste Ausdruck des Vertrauens zwischen zwei Menschen besteht für den englischen Philosophen und Staatsmann Francis Bacon darin, dass sie einander Rat geben und diesem Rat vertrauen. In der Regel legen die Menschen nur einen Teil ihres Besitzes in die Hände eines anderen, beispielsweise ihre Güter, ihre Kinder, ihr Ansehen oder die Abwicklung eines bestimmten Geschäftes, aber denen, die sie zu ihren Ratgebern küren, übereignen sie alles. Francis Bacon schreibt: „Um wie vieles mehr sind daher diese zu Treue und Glauben verpflichtet!“ Die weisesten Herrscher sehen es nicht als Herabsetzung ihrer Größe oder als Mangel ihrer Fähigkeiten, wenn sie sich einem Ratgeber anvertrauen. Francis Bacon zitiert den weisen König Salomo, der einst gesagt hat: „Pläne werden durch Beratung fest.“
Seneca singt ein Loblied auf die Freundschaft
Für den Philosophen Seneca gibt es keinen reineren und feineren Genuss als eine treue, herzliche Freundschaft. Wir gut und befriedigend ist es für einen Menschen, gleichgestimmte Herzen zu kennen, denen man jedes Geheimnis sicher anvertrauen kann, deren Mitwissen weniger zu fürchten ist als das eigene. Seneca schreibt: „Ihre Gespräche beruhigen uns, ihre Ratschläge helfen uns weiter, ihre Munterkeit vertreibt unsere trüben Gedanken, ihr bloßer Anblick macht uns Freude.“ Er rät allerdings, sich nur für solche Freunde zu entscheiden, die von lasterhaften Leidenschaften frei sind, denn diese schleichen sich unvermutet ein, greifen ganz leicht auf die nächste Umgebung über und richten gerade im persönlichen Umgang viel Schaden und Unheil an.
Angelo Bolaffi fordert eine deutsche Hegemonie in Europa
Angelo Bolaffi hält in seinem neuen Buch „Deutsches Herz. Das Modell Deutschland, Italien und die europäische Krise“ den Italienern einige Dinge vor, die uneingeschränkt auch für die Griechen oder Spanier gelten. Er schreibt: „Mit den Eintritt in den Euro haben sie Modernisierungschancen und -pflichten erhalten, die sie nicht ausgefüllt haben.“ Den Deutschen die Schuld für die Krise in Italien, Griechenland oder Spanien den zu geben, ist für Angelo Bolaffi nur lächerlich. Allein vom Friedensprojekt Europa zu sprechen ist für den Deutschlandkenner zu wenig, denn mit dem Ende des Kalten Krieges und der damit einhergehenden Globalisierung ist für Europa längst ein anderes Ziel an die erste Stelle gerückt: nicht der Frieden im Inneren allein, sondern die Selbstbehauptung in der Welt. Angelo Bolaffi zählt seit einem Vierteljahrhundert zu den besten Deutschlandkennern Italiens. Er leitete von 2007 bis 2011 das Italienische Kulturinstitut in Berlin.
Die Überforderung der Europäischen Union ist nicht zu übersehen
Die Finanz- und Staatsschuldenkrise, die der Europäischen Union (EU) noch immer sehr zusetzt, ist für Hans Hugo Klein nur ein Symptom der eigentlichen Krise Europas. Diese ist seiner Meinung nach eine Krise des Vertrauens in die Autorität des Rechts, eine Krise der Demokratie, letztlich eine Sinnkrise. Laut dem Juristen und Politiker Walter Hallstein ist die EU in ihrem Wesen nach eine Rechtsgemeinschaft. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck erklärt: „Sie wird getragen von der Idee, dass Regeln eingehalten und Regelbrüche geahndet werden.“ Die mangelnde Treue bei Verträgen trifft die EU damit fundamental in ihren Grundsätzen. So wurde zum Beispiel bei der Aufnahme einiger Staaten wie Belgien, Italien und Griechenland in die Eurozone die Kriterien dieses Prozedere nicht beachtet, der verantwortungslosen Haushaltspolitik nicht weniger Staaten wurde tatenlos zugeschaut. Professor Dr. Hans Hugo Klein lehrte Öffentliches Recht in Göttingen, war CDU-Bundesabgeordneter und Richter des Bundesverfassungsgerichts.
Die Liebe verlangt Ausschließlichkeit
Die Idee der Liebe fordert die individuelle Überwindung der menschlichen Isoliertheit. Sie will laut Herbert Marcuse die erfüllende Hingabe der Individualität in der unbedingten Solidarität von Person zu Person. Diese Hingabe erscheint einer Gesellschaft, in der das gegeneinander der Interessen und die Individualität des Einzelnen die obersten Prinzipien darstellen, rein nur im Tode. Herbert Marcuse erklärt: „Denn nur der Tod beseitigt alle jene äußerlichen, eine dauernde Solidarität zerstörenden Bedingtheiten, im Kampf mit denen die Individuen sich aufreiben. Er erscheint nicht als das Aufhören des Daseins im Nichts, vielmehr als die einzige mögliche Vollendung der Liebe und so gerade als ihr tiefster Sinn.“ Während die Liebe in der Kunst zur Tragödie erhöht wird, droht sie im Alltag der Bürger zur bloßen Pflicht und Gewohnheit zu verkommen.
Karlheinz A. Geißler singt ein schönes Loblied auf den Sonntag
Karlheinz A. Geißler behauptet: „Eile macht unsozial, unbarmherzig und hart.“ Mit dem Zeitdruck sinkt die Bereitschaft zu fürsorglichem, prosozialem Verhalten. Eilende, gestresste und gehetzte Menschen zeigen weniger Hilfsbereitschaft als diejenigen, die sich nicht unter Zeitdruck fühlen. Dass Barmherzigkeit eine Sache des menschlichen Charakters ist, war bekannt, dass sie daneben aber auch eine Sache des Zeitdrucks ist, macht Karlheinz A. Geißler nachdenklich. Mit Recht sind die Europäer stolz darauf, was sie im Hinblick auf die Zivilisierung und Kultivierung bisher erreicht haben. Karlheinz A. Geißler stellt sich allerdings die Frage, was aus der Humanität, dem Sinn für Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe werden soll, wenn die Menschen immer mehr unter Zeitdruck geraten, kontinuierlich schneller werden und dazu noch alles tun, um mit noch mehr Geschwindigkeit durchs Leben zu rasen. Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.