Liebe ist die Verantwortung eines Ichs für ein Du

Die Beziehung zum Du ist unmittelbar. Zwischen Ich und Du steht keine Begrifflichkeit, kein Vorwissen und keine Fantasie; und das Gedächtnis selber verwandelt sich, da es aus der Einzelung in die Ganzheit stürzt. Martin Buber ergänzt: „Zwischen Ich und Du steht kein Zweck, keine Gier und keine Vorwegnahme; und die Sehnsucht selber verwandelt sich, da sie aus dem Traum in die Erscheinung stürzt.“ Alles Mittel ist Hindernis. Nur wo alles Mittel zerfallen ist, geschieht die Begegnung. Dass die unmittelbare Beziehung ein Wirken am Gegenüber einschließt, ist an folgendem offenbar: die Wesenstat der Kunst bestimmt den Vorgang, in dem die Gestalt zum Werk wird. Das Gegenüber erfüllt sich durch die Begegnung, es tritt durch sie in die Welt der Dinge ein, unendlich fortzuwirken, unendlich Es, aber auch unendlich wieder Du zu werden, beglückend und befeuernd. Martin Buber (1878 – 1965) war ein österreichisch-israelischer Religionsphilosoph.

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Echte Liebe zeichnet vorbehaltlose Exklusivität aus

Die Liebe gibt der geliebten Person die Möglichkeit, Person zu sein, und zwar auf eine einmalige, unverwechselbare Art Person zu sein. Robert Spaemann fügt hinzu: „Und es sind die Augen des Liebenden, die diese Einzigartigkeit wahrnehmen, eine Einzigartigkeit, die mehr ist als die Kombination empirischer Qualitäten.“ Der kolumbianische Philosoph Nicolás Gómez Dávila schreibt: „Jemanden lieben heißt den Grund verstehen, den Gott hatte, diesen Menschen zu erschaffen.“ In diesem Sinn macht Liebe sehend: Sie lässt den Geliebten in einem Glanz erscheinen, den niemand sonst wahrnimmt. Und wenn der Glanz in der Alltäglichkeit zu verblassen beginnt, dann heißt das nicht, dass nun langsam die Wirklichkeit so erscheint, wie sie ist, sondern im Gegenteil. Der Liebende wird die Erinnerung an den gesehenen Glanz bewahren. Robert Spaemann lehrte bis zu seiner Emeritierung Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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Die Liebe ist die schönste Form der Selbsterfahrung

Ein in Vergessenheit geratener Weg zu sich selbst ist für Uwe Böschemeyer die Begegnung mit der Welt außerhalb des eigenen Selbst. Einen solchen Weg beschreibt der Religionsphilosoph Romano Guardini wie folgt: „Wir sehen ein Ding, empfinden seine Eigenart, seine Größe, seine Schönheit, seine Not – und sofort, wie ein lebendiges Echo, antwortet darauf etwas in uns selbst, wird wach, erhebt sich, entfaltet sich. Kann man doch den Menschen geradezu jenes Wesen nennen, das fähig ist, mit seinem inneren Sein auf die Dinge der Welt zu antworten und eben darin sich selbst verwirklichen.“ Im Jahr 1975 erwarb Uwe Böschemeyer bei Prof. Viktor Frankl sein Zertifikat in Logotherapie und Existenzanalyse. 1982 gründete er das Institut für Logotherapie in Hamburg. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Wertimagination und die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung.

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Viele Menschen befinden sich auf der Flucht vor dem Eros

Das griechisch Wort Eros, das in alle europäischen Sprachen übernommen worden ist, ist für Josef Pieper weit weniger eindeutig, als es mancher Interpret behauptet. Sein Bedeutungsfeld ist reich dimensioniert. Platon zum Beispiel nennt all das folgende Eros: „Die am Leibhaftig Schönen sich entfachende Zuneigung; den rauschhaften gottgesandten Wahnsinn; den Impuls der philosophierenden Bedenkung von Welt und Existenz; die Kraft des Aufstiegs zur Schau des Göttlich-Schönen.“ Sophokles gebraucht das Wort Eros im Sinne der „leidenschaftlichen Freude“. Dabei wird hier die wesentliche Zusammengehörigkeit von Liebe und Freude in den sprachgebräuchlichen Sinn von Eros mit hineingenommen. Für die alten Lateiner wie Aristophanes, Plautus oder Terenz war Sex kein Thema. Was sie interessierte, war amor. Josef Pieper, der von 1904 bis 1997 lebte, war ein deutscher christlicher Philosoph.

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