Dogmen spielen in verschiedenen Religionen unterschiedliche Rollen

Religionsgemeinschaften sind geprägt durch religiöse Erfahrungen und Dogmen, also Glaubenssätze, die nicht zur Disposition stehen. Julian Nida-Rümelin ergänzt: „Das Verhältnis zwischen diesen beiden Grundelementen ist von Religionsgemeinschaft zu Religionsgemeinschaft sehr unterschiedlich gestaltet. In manchen spielen Dogmen die zentrale Rolle, in anderen kann von einem festen Bestandteil von Dogmen, die die Religionsgemeinschaft bestimmen, keine Rede sein.“ Auch die abrahamitischen Religionen, also Judentum, Christentum und Islam, unterscheiden sich diesbezüglich voneinander. Nicht-monotheistische Religionen verzichten oft ganz oder jedenfalls weitgehend auf Dogmengebäude. Wo immer aber religiöse Dogmen eine Rolle spielen, führt dies zur Unterscheidung zwischen denjenigen, die diese Dogmen nicht infrage stellen, und solchen, die sie anzweifeln oder nicht akzeptieren. Julian Nida-Rümelin gehört zu den renommiertesten deutschen Philosophen und „public intellectuals“.

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Christus liebte sogar noch seine Henker

Eine der Meistererzählungen der Liebe, ihrer Erfahrung, ihres Verständnisses oder Unverständnisses ist die vom Bruch zweier Kulturen. Peter Trawny erklärt: „Zunächst war da Eros, dieser geflügelte Gott, der ein Begehren hervorrief, das oft nicht anders als tragisch enden konnte: Phädra-mäßig, die sich in der Scham enttäuschter Liebe selbst erhängte.“ Dann die Agape, die jesuanische Gabe, Appell zum friedlichen Miteinander: Christus am Kreuz, der noch seine Henker liebt. Dazwischen soll ein Abgrund gähnen. Vermutlich gehört diese Erzählung zum Christentum, das offenbar ein Interesse hatte, die heidnischen Ausschweifungen zu verdammen. Denn einen Abgrund gibt es zwischen der erotischen Liebe und der Nächstenliebe wohl nicht, doch sind Unterschiede deutlich vorhanden. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.

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Für viele Menschen ist nur die eigene Religion die einzig wahre

Wenn man akzeptiert, dass eine Religion etwas Besonderes ist, das nicht unbedingt eines besonderen Schutzes bedarf, aber sowohl zur Freiheit als auch zur Rede in einer besonderen Beziehung steht, muss man entscheiden, was als eine Religion gilt. Timothy Garton Ash erläutert: „Für viele Menschen in der ganzen Menschheitsgeschichte und nicht wenige in unserer Zeit gab und gibt es nur eine wahre Religion: die eigene. Alles andere ist und wahr Ketzerei oder Aberglaube.“ Doch es gibt auch begrenzte gegenseitige Anerkennung, etwa zwischen Christentum, Judentum und Islam. Nach einem eher pragmatischen und säkularen Verständnis von Religion werden alle Gemeinschaften mit einer erheblichen Zahl von Anhängern, die sich als religiöse Gruppe oder in Bezug auf eine Religion definieren, als Religion anerkannt. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Beim „Russland-Feldzug“ war der Sieg fest eingeplant

Von allen Optionen, die sich für die deutsche Führung nach dem Scheitern des Luftkriegs gegen Großbritannien boten, war die Entscheidung für den „Russland-Feldzug“ die riskanteste, nicht nur weil sie die eigenen Kräfte maßlos über- und den Gegner unterschätzte, sondern auch weil sie dem extremen Zeitdruck, unter dem die deutsche Seite ohnehin stand, noch weiter zuspitzte. Ulrich Herbert erklärt: „Die Rote Armee sollte nach den deutschen Planungen in drei Monaten geschlagen sein. Die Siegeszuversicht war so groß, dass es nicht einmal nötig schien, den Rüstungsschwerpunkt komplett auf den Krieg gegen die Sowjetunion umzustellen.“ Sollte der Krieg länger dauern, das war sichtbar, wäre die gesamte deutsche Strategie hinfällig. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Bertrand Russell greift die Religion scharf an

Seine Ansichten über die Sexualität brachten den britischen Philosophen, Mathematiker und Logiker Bertrand Russell in Schwierigkeiten. Im Jahr 1929 veröffentlichte der ein Buch mit dem Titel „Ehe und Moral“. In diesem Werk beschäftigte er sich mit den christlichen Ansichten zur ehelichen Treue. Er fand nicht, dass man treu sein müsse, was zu der Zeit ziemliches Kopfschütteln verursachte. Aber daraus machte sich Bertrand Russell wenig. Nigel Warburton fügt hinzu: „Er hatte bereits sechs Monate im Gefängnis von Brixton verbracht, weil es sich 1916 als Aktivist gegen den Ersten Weltkrieg ausgesprochen hatte.“ In späteren Jahren war er Präsident der Campaign for Nuclear Disarmament (CND), einer internationalen Bewegung gegen Massenvernichtungswaffen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Die Wirkmacht der Europäischen Aufklärung ist bis heute spürbar

Das „Handbuch Europäische Aufklärung“ ist das erste deutschsprachige Werk, das dieser Epoche gewidmet ist. Die überwiegend deutschen Autoren der einzelnen Artikel, durchwegs Spezialisten für ihren Gegenstand, haben immer ihr Augenmerk auf die drei Hauptländer England, Frankreich und Deutschland gelegt, um von vornherein auf die europäische Dimension der Aufklärung aufmerksam zu machen. In ihren Beiträgen prüfen sie ferner die Hypothese von der Fähigkeit der Aufklärung zu ihrer Selbstaufklärung sowie den Funktionswandel ihrer Themen und Zukunftsvorstellungen. In der Regel bleibt die Wirkmacht einer Epoche spürbar, die vor rund 350 Jahren eine neue soziale, politische und geistige Formation großen Anspruchs ins Werk setzte. Den Abschluss der einzelnen Beiträge bilden jeweils Bibliographien zu den Quellen und zur Forschung. Diese sind mit der Argumentation der Darlegung verknüpft. Prof. Dr. Heinz Thoma war bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2010 lehrte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg französische und italienische Literaturwissenschaft.

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