Weniger Besitz ist mehr Glück

Fumio Sasaki beschreibt in seinem Bestseller „Das kann doch weg!“ das befreiende Gefühl, mit weniger zu leben und gibt seinen Lesern 55 Tipps für einen minimalistischen Lebensstil. Minimalisten bringen ihr Lebensgefühl auf eine einfache Formel: weniger Besitz = mehr Glück. Fumio Sasaki schreibt: „Früher habe ich ständig über Dinge nachgedacht, die mir noch fehlen zu meinem vermeintlichen Glück.“ Eines Tages allerdings beschließt er sein Leben radikal zu ändern. Er reduziert seinen Besitz auf ein Minimum. Dadurch tritt bei ihm ein bemerkenswerter Effekt ein. Plötzlich fühlt er sich frei, denn er hat durch seinen neuen Lebensstil mehr Zeit, mehr Geld und ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit für jedes einzelne Ding, das er jetzt besitzt. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Gerlinde Unverzagt kennt die Probleme der Dauerpubertät

Eltern und Kinder stehen sich heute so nah wie nie zuvor. Noch nie in der Geschichte war Eltern und Kinder eine so lange Phase gemeinsamen Erwachsenenseins vergönnt: Die gestiegene Lebenserwartung verändert das Verhältnis zwischen den Generationen. Gerlinde Unverzagt erläutert: „Wir kommunizieren auf (vermeintlich) gleicher Augenhöhe und auch viel häufiger; die tägliche E-Mail, die launige Whatsapp, die SMS zwischendurch – die stetig pulsierende digitale Nabelschnur hat frühere Generationen nicht miteinander verbunden.“ Alte Modelle aus Respekt, Gehorsam und Tradition reichen nicht mehr, um die Beziehung zu beschreiben. Die Idee, in Kindern Freunde zu sehen, hat mit dem Paradigmenwechsel in der Erziehung nach 1968 – von der „Bestimmerfamilie“ zur „Verhandlerfamilie“ – zu tun, auch mit der Jugendbesessenheit der Gegenwart. Gerlinde Unverzagt hat folgende Bücher veröffentlicht: „Das Lehrerhasserbuch“, „50 ist das neue 30“ und „Generation ziemlich beste Freunde“.

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Nach 1918 brachen die europäischen Demokratien aus vier Gründen zusammen

In seinem Buch „Höllensturz“, das sich mit der Zwischenkriegszeit auseinandersetzt, beschreibt der britische Historiker Ian Kershaw vier Faktoren, die nach 1918 zum Zusammenbruch der europäischen Demokratien führten: Erstens die explosionsartige Ausbreitung eines ethnisch-rassistischen Nationalismus. Zweitens erbitterte und unversöhnliche territoriale Revisionsforderungen. Drittens ein akuter Klassenkonflikt. Viertens eine langanhaltende Krise des Kapitalismus. Philipp Blom schreibt: „Man muss nicht lange suchen, um in dieser Vergangenheit unsere Gegenwart zu erkennen. Keine Facette, die sich in dieser Aufzählung nicht spiegeln würde – von den nationalistisch-rassistischen Rechtspopulisten im Weißen Haus bis zur Krim und dem Krieg in der Ostukraine, von der täglich steigenden sozialen Ungleichheit bis zum Crash von 2008 und zur nächsten großen Finanzkrise eines immer weiter deregulierten Marktes.“ Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Die höchste Form des Mitgefühls ist die Theory of Mind

Mitgefühl ist eine im Lauf der Evolution des Menschen entstandene mehrschichtige Fähigkeit. Manfred Spitzer erläutert: „Sie ist klar zu unterscheiden von der automatisch ablaufenden und auch im Tierreich zu beobachtenden sozialen und emotionalen Ansteckung: Ein Vogel schreit aufgeregt, und der ganze Vogelschwarm hebt ab. Ein Mensch sieht, dass jemand Schmerzen hat, und verspürt daraufhin selbst ein ganz unangenehmes Gefühl.“ Dieses Phänomen wird als Sympathie bezeichnet. Sympathie bedeutet wörtlich genommen „mit-leiden“, das Wort hat allerdings im Laufe der Zeit einen Bedeutungswandel vollzogen. Diese Form des Mit-Fühlens läuft automatisch ab und ist nicht auf den Menschen beschränkt, sondern beispielsweise auch bei Mäusen und Ratten eindeutig nachweisbar. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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Francis Fukuyama verkündet 1989 das Ende der Geschichte

Noch ehe die Berliner Mauer gefallen war, publizierte der amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama im Sommer 1989 in der Zeitschrift „The National Interest“ einen Aufsatz, der mit einer spektakulären These aufwartet: Die Geschichte ist an ihr Ende gelangt – wiewohl es weiterhin politische Ereignisse geben wird. Stefan Weidner zitiert Francis Fukuyama: „Die durch den absehbaren Zusammenbruch des Ostblocks symbolisierte weltanschauliche Klärung, gleichzusetzen mit dem Triumpf des Westens, der westlichen Idee, bedeutete den Endpunkt der ideologischen Evolution des Menschen und die Universalisierung der liberalen Demokratie des Westens als der endgültigen Gestalt menschlicher Regierung.“ Freilich vollzieht sich das Ende der Geschichte nur in der Vorstellung: „Der Sieg des Liberalismus hat sich vorrangig auf dem Gebiet der Ideen und des Bewusstseins ereignet. In der materillen Welt ist er noch unvollständig.“ Stefan Weidner studierte Islamwissenschaften, Philosophie und Germanistik in Göttingen, Damaskus, Berkeley und Bonn.

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Eine gute Handlung fördert das Gemeinwohl

Die Idee des Gemeinwohls ist aus einer philosophischen Bewegung des 18. Jahrhunderts, dem Utilitarismus, hervorgegangen. Francis Hutcheson, Jeremy Bentham und später John Stuart Mill setzten damals auf Messungen und Quantifizierung, um zu bestimmen, ob eine Handlungsweise gut ist. Dacher Keltner kennt ihr Ergebnis: „Eine Handlung ist in dem Maße gut, in dem sie das Gemeinwohl fördert, also das, was man heute als kollektives Wohlergehen eines sozialen Netzwerks bezeichnen würde, oder auch das Vertrauen in eine Gesellschaft oder ihre Stärke.“ Francis Hutcheson hat es so formuliert: „Diejenige Handlung ist die beste, die das größte Glück der größten Anzahl zeitigt, die schlechteste ist die, welche in gleicher Weise Unglück verursacht.“ Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Jede Art des Gehens entspricht einer philosophischen Erfahrung

Die neue Sonderausgabe der Philosophie Magazins hat sich Gedanken zum Thema „Wandern“ gemacht. Und ist dabei unterwegs mit Thea Dorn, Michel Serres, Frédéric Gros, Gerd Kempermann und vielen anderen. Der Leser geht spazieren mit Henry David Thoreau, flaniert mit Walter Benjamin und schweift umher mit Jean-Jacques Rousseau. Im Gespräch mit Catherine Newmark erklärt Kurt Bayertz, Seniorprofessor für Philosophie an der Universität Münster, welche Bedeutung das aufrechte Gehen in der Philosophiegeschichte hat: „Eine Gemeinsamkeit, die sich durch die ganze Ideengeschichte zieht, besteht darin, dass der aufrechte Gang niemals nur als ein bloß zufälliges Faktum angesehen, sondern immer mit dem Wesen des Menschen in Verbindung gebracht wurde.“ In der Antike ist vor allem das Denken, dass als menschliches Alleinstellungsmerkmal aufgefasst und mit dem der aufrechte Gang in Verbindung gebracht wird.

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Rolf Dobelli vergleicht den Hedonismus mit der Eudämonie

Im 5. Jahrhundert vor Christus vertrat eine Minderheit der Philosophen, die sogenannten Hedonisten, die Meinung, dass ein gutes Leben aus dem Konsum möglichst vieler unmittelbarer Genüsse bestehe. Rolf Dobelli erklärt: „Das Wort hedonistisch stammt aus dem altgriechischen „hedoné“, was Freude, Vergnügen, Lust, Genuss, sinnliche Begierde bezeichnet.“ Die meisten Philosophen vertraten allerdings den Standpunkt, dass unmittelbare Genüsse nieder, dekadent, ja tierisch seien. Was ein gutes Leben ausmache, seine vor allem die sogenannten höheren Freuden. Das Streben nach diesen höheren Freuden nannten sie „Eudämonie“. Viele Philosophen kamen zu dem Schluss, die Eudämonie sei vor allem ein Gefäß für guten Tugenden. Nur ein ehrenhaftes Leben sei ein gutes Leben. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Holger Volland kennt die kreative Macht der Maschinen

Holger Volland beschreibt in seinem neuen Buch „Die kreative Macht der Maschinen“ wie sich die „Künstliche Intelligenz“ (KI) bereits in das Leben der Menschen und ihrer Kultur eingeschlichen hat – und was sie mit ihnen macht. Dabei beantwortet der Autor unter anderem folgende Fragen: Wo profitiert der Mensch von kreativen Maschinen? Wo lauern auf das Individuum Gefahren? Und was kann man tun, um Herr im digitalen Haus zu bleiben? Denn eines steht fest: Immer klügere Algorithmen beeinflussen, wen man liebt, welche Nachrichten man liest und ob man einen Kredit bekommt. Algorithmen haben sich scheinbar zu wahren Alleskönnern entwickelt, da die technischen Fortschritte von Künstlicher Intelligenz atemberaubend sind. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Henri Bergson erweitert den Intellekt und die Intuition um den Instinkt

Der französische Denker Henri Bergson hat in seinem Werk „Schöpferische Entwicklung“ (1907) lange vor den maßgeblichen Erkenntnissen der Neurowissenschaften eine Philosophie des „Lebens“ entwickelt, in der er das Zusammenspiel von Intellekt und Intuition um den menschlichen Instinkt erweiterte. Der Instinkt ist nach Henri Bergson die Instanz, die das Material der persönlichen Erfahrungen, Erlebnisse und der Art und Weise, wie man diese wahrnimmt, bestimmt. Ina Schmidt ergänzt: „Er ist nicht an Zwecke oder Erkenntnisse gebunden, sondern beschreibt die unmittelbare Form der Wahrnehmung, die wir als Menschen haben. Dem Instinkt ist eigen, dass wir ihm folgen, ohne darüber nachzudenken beziehungsweise ohne logisch nachvollziehbare Gründe dafür angeben zu können.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Johannes Steyrer erklärt das Prinzip der Gegenseitigkeit

Johannes Steyrer gibt folgende Ratschläge: „Schenke Vertrauen, damit andere dir vertrauen. Liebe selbst, damit du geliebt wirst. Kooperiere, um produktiv zusammenzuarbeiten. Lasse dir aber Vertrauensbrüche, Lieblosigkeit und ausbeuterisches Verhalten nicht gefallen.“ Vertrauensbrüche, die von einem selbst als Erstschlag ausgehen, rechnen sich in einer Welt der Gegenseitigkeit nicht. Das zeigt eindrucksvoll die Spieltheorie, die seit vielen Jahrzehnten ein prominentes Element der Ökonomie und verwandter Disziplinen ist. Folgendes Beispiel: Zwei gefasste Bankräuber werden in getrennten Polizeiwachen verhört. Der Polizist verspricht demjenigen, der zuerst gesteht, Strafminderung. Beide Räuber wissen aber: Wenn sie schweigen, kann ihnen nur illegaler Waffenbesitz nachgewiesen werden. Jeder steht also vor folgendem Dilemma: Handle ich nach dem egoistischen Motto „Ich oder Du“ (in diesem Fall: „Ich verrate den anderen“), was aber nur dann von Vorteil ist, wenn der andere auch schweigt. Johannes Steyrer ist seit 1997 Professor für Organizational Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Ein sanftmütiger Mensch lässt sich nicht vom Affekt fortreißen

Wenn sich ein Mensch aus seiner narzisstischen Selbstverstrickung löst, wird ihm auf zweierlei Weise geholfen. Erstens ist er nicht mehr der Verzerrung eines Denkens unterworfen, das alles auf die eigene Person bezieht, und zweitens ist er gezwungen, das Wohl eines jeden zu berücksichtigen, nicht nur das der Partei, der Unrecht geschehen ist. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Aristoteles macht einen ergänzenden Vorschlag: Ihm zufolge vermeidet wir unangebrachten Zorn aufgrund des Statusdenken, indem wir den Standpunkt der Person einnehmen, die uns verletzt hat. Aristoteles gibt der tugendhaften Veranlagung eine Bezeichnung, die auf denkbar wenig Zorn hindeutet: „Sanftmut“. Das Kennzeichen der Sanftmut sind triftige Gründe. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Durch Meditation kommt man seinen Gedanken und Gefühlen näher

Glückliche Menschen sind ziemlich allein. Mit sich selbst im Reinen zu sein, genügt ihnen auch, weil sie dann mit allem verbunden sind. Gefühle sind immer Zustände des Sich-Selbst-Erlebens in Bezug auf die Umwelt. Klaus Biedermann erläutert: „Emotionale Qualität erreichen Sie durch bewusste Selbstwahrnehmung: durch Erkennen der jeweils vorhandenen Gedanken, der daraus resultierenden Emotionen und der sich daraus ergebenden notwendigen Veränderungen. Machen Sie sich bewusst, ob Gefühle wie Freude, Angst, Überraschung, Wut, Ekel oder Trauer etwas mit Ihnen machen oder ob Sie diese Gefühle beherrschen.“ Emotionale Intelligenz erfordert Verantwortungsbereitschaft sowie die Bereitwilligkeit, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten, in der man es sich so herrlich eingerichtet hat. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Der Wert des Eigenen gründet in der Homogenität

Wer seine Heimat, sein Land, seine Herkunft, für die beste der Welt hält, verschafft sich das Wohlgefühl einer Selbstbeheimatung, liefert andererseits aber auch einen Schlachtruf für die Maßgeblichkeit des Eigenen gegenüber dem Fremden, die durch nichts weiter als die subjektive Sehnsucht nach Großartigkeit gerechtfertigt ist. Christian Schüle fügt hinzu: „Als Einfallstor für Missverständnis und Missbrauch ist die Stilisierung der Heimatscholle als Faktor einer positiv konstruierten Identität immer in Gefahr der Abwertung.“ Der Wert, den man dem Eigenen zuspricht, gründet in der Homogenität: der durch keine Fremdheit kontaminierten Reinheit. Das Biotop wird zum Soziotop erklärt, und alles, was dieses als heimisch deklarierte Soziotop bedroht, wird dann „berechtigterweise“ abgelehnt. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

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Bei Platon ist die Liebe in erster Linie der Eros

Die Liebe versteht Platon ganz wesentlich als Eros, und der Text, in dem er diesen Eros diskutiert, ist das „Symposion“ oder „Gastmahl“. Der Liebesbegriff wird dabei im Kontext der Frage nach dem Schönen und Guten thematisiert, wobei sich im Verlauf des Werkes zusehends zeigt, dass diese eng mit der Frage nach dem Wesen der Philosophie überhaupt verbunden ist. Wie der Name des Werkes bereits nahelegt, bildet ein Gastmahl im Haus des Agathon den Rahmen, den Platon für die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Liebe gewählt hat. Der Text weicht von der sonst bei ihm üblichen Darstellungsweise insofern ab, als die Teilnehmer dieser Veranstaltung über weite Strecken Lobreden auf den Eros halten, welche die dialogische Form durchbrechen. Platon wurde 428/27 v. Chr. in Athen geboren und starb dort 348/47 v. Chr.

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Jeder Mensch kann sein persönlichen Ängste regulieren

Gesunde Angst ist ein Mechanismus des Schutzes, der das Überleben eines Menschen sichert. Sie warnt und hält einen davon ab, unverantwortliche Risiken einzugehen. Georg Pieper ergänzt: „Zugleich mobilisiert Angst Kräfte, um eine Gefahrensituation zu überstehen und etwa bei einer Schlägerei oder einem Hausbrand schnell weglaufen zu können.“ Aber es gibt eben auch übertriebene Angst, die einen Menschen nicht schützt, sondern im Gegenteil eher Probleme macht. Sie hat einen negativen Einfluss auf das Lebensgefühl und die Lebensgestaltung, und sie vergiftet das Klima in der Gesellschaft. Dieser Angst sollte man deshalb nicht die Macht über sein Denken und Handeln überlassen, sondern dafür sorgen, dass sie von Stärke, Selbstbewusstsein, positiven Gefühlen und Zuversicht gelenkt werden. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Der Homo oeconomicus entspricht nicht der Realität

Forscher, die sich der Ökonomie widmeten, gingen 200 Jahre von derselben Fehlannahme aus. Sie beriefen sich auf ein Denken, das den Menschen als Homo oeconomicus ansah. Johannes Steyrer erläutert: „Der Mensch folge, so die Mutmaßung, kompromisslos dem Credo „Minimaler Aufwand, maximaler Ertrag“ und versuche stets das Bestmögliche für sich herauszuholen.“ Alle Menschen seien geborene Opportunisten, rational agierend, bei der Durchsetzung ihrer Ziele ab und zu skrupellos, jedenfalls aber auf den bestmöglichen Deal für einen selbst aus. Begründet hat dieses Menschenbild Adam Smith (1723 -1790). Er gilt als Urvater der Ökonomie. Der Gedankengang seines Hauptwerks lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Für die Produktivität eines Landes ist die Arbeitsteilung ausschlaggebend. Die hat wiederum ihre tiefere Ursache in den menschlichen Neigungen zum Handeln und Tauschen.“ Johannes Steyrer ist seit 1997 Professor für Organizational Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Das Rätsel des menschlichen Intimlebens ist ein immerwährendes

In seinem wunderbaren Buch „Conditions of Love“ spricht der Philosoph John Armstrong von einem immerwährenden Rätsel des menschlichen Intimlebens. Er sagt, dass man oft einem Ideal der kompromisslosen Vereinigung von tiefer Liebe mit sexueller Erfüllung hinterherläuft, als könnte man, indem man die wahre Liebe in einer Person findet, für immer in ihm oder ihr die volle Befriedigung der eigenen sexuellen Wünsche finden. Der Hirnforscher und Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto ergänzt: „Das ist nicht unmöglich, und wenn es passiert, ist es ein tiefgreifendes Gefühl, ein starker Ausdruck der Hingabe.“ Wie jedoch bekannt ist, gibt der Sexualtrieb seine eigenen Motive dabei nicht auf. John Armstrong liefert eine kurze und schmerzhafte Lösung für dieses heikle Problem, vor dem die menschliche Natur steht. Er identifiziert zwei Wege, es zu umgehen.

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Die Menschen verdanken ihre Existenz dem Zufall

Jonathan Losos liefert in seinem neuen Buch „Glücksfall Mensch“ vollkommen neue Antworten auf die großen Frage nach der Entstehung und Entwicklung des Lebens. Die Evolution ist seiner Auffassung nach nicht langsam, sie läuft zuweilen in Windeseile ab – und sie wiederholt sich. Der Naturwissenschaftler erklärt, warum die Menschen ihre Existenz dem Zufall verdanken und man die Evolution dennoch vorhersagen kann. Jonathan Losos ist der prominenteste Vertreter der Experimentellen Evolutionsforschung, die er an Eidechsen, Schildkröten, Schlangen und Krokodilen betreibt. Die Experimentelle Evolutionsforschung bildet derzeit die Speerspitze der Evolutionsbiologie, und sie erlaubt, Theorien über Evolution in freier Natur, in Echtzeit zu überprüfen. In seinem Buch „Glücksfall Mensch“ geht es vor allem darum, in welchem Umfang sich das Leben wiederholt und in welchem Ausmaß verschiedene Arten ähnliche Anpassungen als Reaktion auf sich gleichende Umweltbedingungen entwickeln. Jonathan B. Losos ist Professor für Evolutionäre Biologie in Harvard.

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François Jullien verteidigt die kulturelle Fruchtbarkeit Europas

François Jullien verteidigt keine kulturelle Identität, sei es denn eine französische oder eine europäische, würde dies doch voraussetzen, dass man sie durch Unterschiede definieren, in ihrem Wesen fixieren oder in Begriffen der Zugehörigkeit bestimmen kann, also dass ich „meine“ Kultur besäße. François Jullien ergänzt: „Ich werde vielmehr die kulturelle Fruchtbarkeit Frankreichs und Europas verteidigen, wie sie sich durch erfinderische Abstände/Abweichungen entfaltet hat. Ich verteidige sie, weil ich ihr das wegen meiner Erziehung schulde und weil ich folglich für ihre Entfaltung und Weitergabe mitverantwortlich bin.“ Und dennoch wird sie François Jullien niemals besitzen. Ist es nicht offensichtlich, dass es oft Fremde sind, die für diese Ressourcen und diese Fruchtbarkeit ein besonderes Gespür haben? François Jullien, geboren 1951 in Embrun, ist ein französischer Philosoph und Sinologe.

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Viele Menschen sind am Lebensabend nicht stolz auf ihre Biografie

Viele Menschen haben das Gefühl auf dem falschen Weg zu sein oder sind am Lebensabend nicht stolz auf ihre Biografie, sondern enttäuscht vom Leben. Ja, sie bedauern sogar, nicht „richtig“ gelebt zu haben. Das ist ein neues Phänomen. Anja Förster und Peter Kreuz schreiben: „Irgendwie schaffen sie es nicht, verworfene Optionen aus dem Gedächtnis zu streichen.“ Sie empfinden lang anhaltende Enttäuschung, denn ihre Zufriedenheit mit der getroffenen Entscheidung wird durch all die nicht gewählten Optionen getrübt. Und dann empfinden sie Reue und diese Reue ist zermürbend. Außerdem sollte man sich klarmachen, dass man die Dinge bereuen wird, die man unversucht gelassen hat, dass man im Nachhinein enttäuscht sein wird über das, dass man nicht gewagt hat, dass mangelnder Mut am Ende viel schlimmer ist als mangelnder Erfolg. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Untreue findet statt und zwar ausgiebig

Untreue und ob Menschen auf Monogamie oder Polygamie gepolt sind, ist eine große Frage, ein uralter Zwiespalt zwischen den Gesetzen der menschlichen Natur und Gesellschaftsnormen. Welche Seite man auch immer bei diesem Thema einnehmen möchte, eines ist sicher: Untreue findet statt und zwar ausgiebig. Deshalb spielt sie auch so eine bedeutende Rolle bei Scheidungen. Der Hirnforscher und Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto ergänzt: „Männer und Frauen haben Morde begangen als Vergeltung für Untreue und um den Ehepartner zu eliminieren, der sich widersetzt hat.“ Nach der grundlegenden darwinistischen Evolutionstheorie sind die Merkmale und Eigenschaften einer Spezies und eines Individuums sowohl körperlich als auch verhaltensbezogen vorteilhaft, wenn sie auch zum Fortpflanzungserfolg beitragen. Das heißt, wenn sie sich nicht störend auf die Generation des Nachwuchses auswirken, damit diese ebenfalls fähig ist, zu überleben und sich fortzupflanzen.

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Konrad Paul Liessmann betrachtet Europa unter ästhetischen Gesichtspunkten

Europa, so lautet eine gerne mit abwertendem Unterton vorgetragene These, sei in erster Linie ein ökonomisches Projekt, dem noch die Seele fehle; seit einiger Zeit sei Europa auch ein politisches Projekt, dem es allerdings noch an Demokratie und der Beteiligung der Bürger ermangele; und nicht zuletzt sei Europa ein moralisches Projekt, das den Nationalismus und seine Exzesse ebenso in die Schranken weisen werde wie Fremdenfeindlichkeit, soziale Ungerechtigkeit und jede Form von Ausgrenzung. Konrad Paul Liessmann stellt sich dabei folgende Frage: „Wie wäre es, das europäische Projekt einmal unter ästhetischen Gesichtspunkten zu betrachten?“ Welche Farbe trägt Europa? Nein, das EU-Blau ist nicht die einzige Antwort. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Veränderungen im Leben sind jederzeit möglich

Wer zu viel erwartet, was künftig sein soll, der übersieht, was an Gutem schon da ist. Er macht sich permanent unglücklich, weil er die Gegenwart als unzureichend erlebt. Oder anders gesagt: „Anspruch ist Ablehnung“. Für Reinhard K. Sprenger ist es Selbstbetrug, sein Leben in das aufzuteilen, was ist, und das, was sein sollte. Für ein glückliches Leben ist es sehr praktisch, zu sehen, dass es für das Erleben streng genommen nur den Schwebepunkt der Gegenwart gibt. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Der Augenblick stellt den einzigen Berührungspunkt mit der Wirklichkeit dar, ja er ist die gesamte Wirklichkeit. Die Vergangenheit ist vergangen, und Zukunft wird es im bewussten Erleben des Einzelnen nie geben.“ Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Der Islam zeichnet sich durch vier besondere Merkmale aus

Zweifellos hat es in den letzten Jahrzehnten ein besonderes Problem mit dem Islam und der Redefreiheit gegeben. Timothy Garton Ash verweist auf zahlreiche Beispiele, in denen andere Glaubenssysteme und durch ihre religiöse Identität definierte Gruppen an gewaltsamer Unterdrückung der Meinungsfreiheit beteiligt waren: „Buddhisten in Birma, Hindus in Indien, christliche Milizen in der Zentralafrikanischen Republik, kommunistische Atheisten in Nordkorea.“ In mehreren dieser Fälle gehörten Muslime zu den Opfern. Das Problem mit dem Islam zeichnet sich jedoch durch vier besondere Merkmale aus: die Größe; die Wirkung auf liberaldemokratische Gesellschaften, die besonderen Wert auf freie Meinungsäußerung legen; die Verbindung mit dem Terrorismus. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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