Erstaunlicherweise fand der sprunghafte Anstieg des Wohlstands, der in den letzten Jahrhunderten zu verzeichnen war, nur in einigen Teilen der Welt statt. Zudem löste er eine zweite große Transformation aus, die für die menschliche Spezies einzigartig ist. Nämlich die Entstehung einer immensen Ungleichheit zwischen den Gesellschaften. Oded Galor erklärt: „Man könnte mutmaßen, dieses Phänomen habe vor allem damit zu tun, dass der Ausbruch aus der Epoche der Stagnation weltweit zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden hat.“ Die westeuropäischen Länder und manche ihrer Ableger in Nordamerika und Ozeanien erlebten die sprunghafte Verbesserung ihrer Lebensbedingungen bereits im 19. Jahrhundert. Dagegen verzögerte sich ein entsprechender Fortschritt in den meisten Regionen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Oded Galor ist israelischer Wirtschaftswissenschaftler und mehrfach ausgezeichneter Professor an der Brown University, USA. Er forscht vor allem zum Thema Wirtschaftswachstum.
Lebensbedingungen
Das Klima formt Köper und Geist
Abgeleitet von κλίνω – das griechische Wort für neigen – meint Klima zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger als den Einfallswinkel der Sonne an einem gegebenen Ort. Klima ist also ursprünglich, bei Eratosthenes, Hipparchos und Aristoteles, eine geographische Kategorie, ein Breitengrad. Eva Horn fügt hinzu: „Es bezeichnet Zonen oder, mit einem Ausdruck des 18. … Weiterlesen
Jeder Mensch kann sein persönlichen Ängste regulieren
Gesunde Angst ist ein Mechanismus des Schutzes, der das Überleben eines Menschen sichert. Sie warnt und hält einen davon ab, unverantwortliche Risiken einzugehen. Georg Pieper ergänzt: „Zugleich mobilisiert Angst Kräfte, um eine Gefahrensituation zu überstehen und etwa bei einer Schlägerei oder einem Hausbrand schnell weglaufen zu können.“ Aber es gibt eben auch übertriebene Angst, die einen Menschen nicht schützt, sondern im Gegenteil eher Probleme macht. Sie hat einen negativen Einfluss auf das Lebensgefühl und die Lebensgestaltung, und sie vergiftet das Klima in der Gesellschaft. Dieser Angst sollte man deshalb nicht die Macht über sein Denken und Handeln überlassen, sondern dafür sorgen, dass sie von Stärke, Selbstbewusstsein, positiven Gefühlen und Zuversicht gelenkt werden. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.
Zum Glücklichsein braucht ein Mensch nicht viel
Durch seine Analyse verschiedener Kategorien von Bedürfnissen festigt Epikur seine Ansicht vom wahren Vergnügen als Freiheit von Schmerz und Sorge. Ludger Pfeil erläutert: „Wenn man die leibliche Unversehrtheit und den Seelenfrieden zum Maßstab nimmt, lassen sich die Begierden leicht sortieren. Weniges ist lebensnotwendig oder zur Erhaltung der Gesundheit erforderlich, zum Glücklichsein brauchen wir nicht viel mehr und schon gar keine unnatürlich erzeugten Genüsse.“ Wenn der Schmerz gestillt ist und die Wogen der inneren Unruhe geglättet sind, hat man das Entscheidende bereits erreicht. Die Freude kommt dann von selbst. Mehr sollte man laut Epikur nicht vom Leben erwarten. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.
Die Wähler sind unberechenbar geworden
Ein Phänomen erobert gerade die westlichen Demokratien: die Wutwähler. Die Wut richtet sich gegen die Eliten in der Politik und der Wirtschaft, gegen die etablierten Parteien, die Mainstream-Medien, gegen Freihandel und natürlich gegen Einwanderung. Viele Brexiteers in Großbritannien, Anhänger von Donald Trump in den USA oder Wähler von Marie Le Pen in Frankreich. „Take back control“, die Kontrolle zurückgewinnen, war die Parole der Befürworter des Brexits. Es könnte der Hilferuf aller Wutwähler weltweit sein. In einer Zeit, in der zunehmend komplexe Freihandelsverträge oder unbekannte EU-Kommissare über die eigenen Lebensbedingungen bestimmen, sehnen sie sich wieder nach Grenzen, nach nationaler Gesetzgebung, einer abgeschotteten Wirtschaft. Es gibt dieses Phänomen nicht erst seit gestern. Aber die Wut hat in diesem Jahr einen Siedepunkt erreicht, befeuert von der Finanzkrise und der Eurokrise, von der Destabilisierung des Nahen Ostens und den daraus folgenden Flüchtlingsströmen, vom Aufstieg Chinas und der Deindustrialisierung der vergangenen Jahrzehnte.
Niall Ferguson nennt fünf Gründe für den Populismus
Der in diesen Tagen um sich greifende Populismus versetzt die Regierungen in Europa und den USA in Alarmstimmung. Der Duden beschreibt dieses Phänomen „als eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft auch demagogische Bewegung, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen“. Im Klartext wird den Politikern die Bereitschaft abgesprochen, dem Volk zu dienen. Sie hätten keine Antworten auf die großen Probleme der Zeit. Die Populisten sind daher tief davon überzeugt, dass nur sie die wahren Interessen der schweigenden Mehrheit mit ihrem gesunden Menschenverstand vertreten. Wie konnte es überhaupt zu so einer, die repräsentative Demokratie gefährdenden Entwicklung kommen? Der amerikanische Historiker Niall Ferguson von der Harvard-Universität macht dafür fünf Faktoren verantwortlich.
Im 18. Jahrhundert beginnt die moderne Zeit
Das 18. Jahrhundert ist von den Zeitgenossen und später von Historikern als eine Epochenwende und als Beginn der modernen Zeit empfunden worden. Das Deutsche Reich war seit dem Dreißigjährigen Krieg in eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Territorien zersplittert und war in seiner Form weit von einem modernen Staat entfernt. Neben über dreihundert souveränen Territorien gab es eine Fülle von halbautonomen Gebieten und Städten, die eine kaum zu entwirrende Parzellierung des Reichsgebietes bewirkt hatten. Die Reichsgewalt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation lag zwar bis zum Jahr 1806 beim deutschen Kaiser, sie war aber auf ganz wenige Rechte beschränkt und hatte eine mehr symbolische Bedeutung. Die wichtigen politischen Entscheidungen lagen bei den Territorialstaaten, die ihre Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit, Landesverteidigung, Polizeigewalt und so weiter unabhängig von der Reichsgewalt ausübten.
Der Ursprünge des modernen Menschen liegen in Ostafrika
Auf die Frage, wann der erste Homo sapiens das Licht der Welt erblickte, gibt es keine eindeutige Antwort, nur einige Theorien. Die meisten Wissenschaftler vertreten die Meinung, dass in Ostafrika vor rund 150.000 Jahren die ersten „anatomisch modernen Menschen“ lebten. Die Forscher sind sich außerdem einig, dass der Homo sapiens vor etwa 70.000 Jahren von Ostafrika nach Arabien wanderte und sich von dort aus rasch über weite Teile Europas und Asiens ausbreitete. Als der Homo sapiens nach Arabien kam, lebten in Europa und Asien jedoch schon andere Menschenarten. Yuval Noah Harari stellt sich die Frage, was mit denen passiert ist. Dazu gibt es zwei widerstreitende Theorien. Yuval Noah Harari erklärt: „Die Vermischungshypothese erzählt eine pikante Geschichte von gegenseitiger Anziehung, Vermischung und Sex.“ Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.
Ulrich Beck untersucht das Verhältnis von Natur und Gesellschaft
Mit der industriell beschleunigten Zerstörung der ökologischen und natürlichen Grundlagen des Lebens wird laut Ulrich Beck eine historisch beispiellose, bislang völlig unbegriffene gesellschaftliche und politische Entwicklungsdynamik freigesetzt. Diese zwingt in ihrer Konsequenz auch zum Umdenken des Verhältnisses von Natur und Gesellschaft. Ulrich Beck postuliert nicht mehr und nicht weniger als das Ende der Gegenüberstellung von Natur und Gesellschaft. Das heißt: „Natur kann nicht mehr ohne Gesellschaft, Gesellschaft kann nicht mehr ohne Natur begriffen werden.“ Am Ende des 20. Jahrhunderts ist für Ulrich Beck Natur weder vorgegeben noch zugewiesen, sondern ein geschichtliches Produkt geworden. Die Natur ist in den natürlichen Bedingungen ihrer Reproduktion zerstörte oder gefährdete Innenausstattung der zivilisatorischen Welt. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.
Tomáš Sedláček erklärt den blinden Konsum zur Droge
Die Gier ist für den Ökonomen Tomáš Sedláček auf der einen Seite der Motor des Fortschritts, auf der anderen Seite aber die Ursache des Absturzes der Wirtschaft. Schon in den ältesten Geschichten der Menschheit wird davon erzählt, dass die Gier stets diesen Januskopf besitzt. Tomáš Sedláček erklärt: „Ständig unzufrieden zu sein, mehr zu begehren, scheint ein angeborenes Naturphänomen zu sein und das Herz unserer Zivilisation zu bilden. Die Ursünde des ersten Menschenpaares im Garten Eden war die Folge von Gier.“ In seinem Bestseller „Die Ökonomie von Gut und Böse“ legt der tschechische Wirtschaftswissenschaftler Tomáš Sedláček die Verwurzelung der Wirtschaft in der Kulturgeschichte der Menschheit frei.
Revolutionstheorien von Ralf Dahrendorf und Karl Marx
In gewisser Weise ist Revolution für Ralf Dahrendorf ja nur ein anderes Wort für Hoffnung, jenes unentbehrlichen Prinzips des Lebens. Die Fragen und Erwägungen, ob die Amerikanische Revolution oder die Revolution von 1989 in den kommunistischen Ländern Europas ein Erfolg waren sind für ihn im Grunde gleichgültig. Ralf Dahrendorf schreibt: „Menschen werden nicht gefragt, ob sie Revolutionen wollen oder nicht. Revolutionen finden statt, wenn es keinen anderen Ausweg gibt. Sie sind in der Tat wie ein Gewitter oder ein Erdbeben.“ Revolutionen werden zwar von Menschen gemacht, aber diese handeln laut Ralf Dahrendorf immer unter Umständen, die sie nur höchst bedingt unter Kontrolle haben.“