Die Liebe versteht Platon ganz wesentlich als Eros, und der Text, in dem er diesen Eros diskutiert, ist das „Symposion“ oder „Gastmahl“. Der Liebesbegriff wird dabei im Kontext der Frage nach dem Schönen und Guten thematisiert, wobei sich im Verlauf des Werkes zusehends zeigt, dass diese eng mit der Frage nach dem Wesen der Philosophie überhaupt verbunden ist. Wie der Name des Werkes bereits nahelegt, bildet ein Gastmahl im Haus des Agathon den Rahmen, den Platon für die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Liebe gewählt hat. Der Text weicht von der sonst bei ihm üblichen Darstellungsweise insofern ab, als die Teilnehmer dieser Veranstaltung über weite Strecken Lobreden auf den Eros halten, welche die dialogische Form durchbrechen. Platon wurde 428/27 v. Chr. in Athen geboren und starb dort 348/47 v. Chr.
Aristophanes schuf den Mythos vom Kugelmenschen
Eine der bekanntesten dieser Reden bildet dabei der vom Komödiendichter Aristophanes vorgetragene Mythos vom Kugelmenschen. Danach habe Zeus ursprünglich kugelförmige, ihren heutigen Nachfahren weit überlegenen Menschen ihrer „kugelichen Vollkommenheit“ beraubt, weil diese sich anmaßten, die Götter anzugreifen und den Olymp im Sturm nehmen zu wollen: Er zerschnitt die Kugelmenschen in zwei Hälften, zog die Haut am so entstandenen Bauch der heutigen Menschen zusammen und verdrehte ihre Köpfe und Schamteile in Richtung der Schnittkante.
Seitdem erfasst die Menschen ein ursprüngliches Verlangen nach ihrer anderen Hälfte, nach dem Menschen, für den sie gemacht sind. Dem platonischen Liebesbegriff kommt die Lobrede des Sokrates nahe, in welcher dieser eine von ihm erinnerte Unterredung mit Diotima, einer Priesterin aus Mantineia, wiedergibt. Sokrates vertritt die These, dass der Eros ein großer Gott sei und dass er zum Schönen gehöre. Diotima ist allerdings der Auffassung, dass der Eros weder schön noch gut sei. Das heißt allerdings nicht, dass wenn etwas nicht schön ist, notwendigerweise hässlich sein muss.
Der Eros steht zwischen Gott und den Sterblichen
Diotima hält den Eros für einen großen Dämon, denn alles Dämonische stehe zwischen Gott und den Sterblichen. Diese Dämonen sind zahlreich und vielfältig, und einer von ihnen ist der Eros. Diotima stellt fest: „Denn die Weisheit gehört ja zum Allerschönsten, Eros aber ist das Verlangen nach dem Schönen, sodass Eros notwendigerweise nach der Weisheit verlangt und als einer, der nach der Weisheit verlangt, in der Mitte zwischen einem Wissenden und einem Unwissenden steht.“ Sokrates hält den Eros für das Geliebte, nicht für das Liebende.
Deswegen erschien Sokrates der Eros wunderschön – denn das Geliebte ist das wahrhaft Schöne, Anmutige, Vollendete und selig zu Preisende, das Liebende ist aber mit einer anderen Gestalt versehen. Zusammengefasst ist also die Liebe darauf aus, sagte Diotima, immer das Gute zu besitzen. Die Verbindung von Frau und Mann ist Zeugung. Diotima sagt: „Diese Sache aber ist göttlich und wohnt dem sterblichen Lebewesen als Unsterbliches inne, die Zeugung und die Geburt. Es ist aber nicht möglich, dass dies im Unpassenden geschieht, unpassend aber ist das Hässliche im Verhältnis zu allem Göttlichen, das Schöne aber passend. Quelle: „Was ist Liebe? Philosophische Texte von der Antike bis zur Gegenwart“
Von Hans Klumbies