Timothy Garton Ash macht aus Europa eine persönliche Geschichte

Timothy Garton Ash ist Historiker, Kommentator und Zeitzeuge zugleich. Kenntnisreich, pointiert und sehr persönlich erzählt er in seinem neuen Buch „Europa“ die Geschichte des gleichnamigen Kontinents. Beginnend vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis auf den russischen Überfall auf die Ukraine. Timothy Garton Ash schreibt: „Dieses Buch ist eine persönliche Geschichte Europas. Es ist keine Autobiografie. Vielmehr ist es eine Geschichte, die durch persönliche Erinnerungen veranschaulicht wird.“ Dabei stützt sich der Autor auf seine eigenen Tagebücher, Notizhefte, Fotos, Erinnerungen, Lektüren, Beobachtungen und Gespräche während des letzten halben Jahrhunderts. Aber er greift dabei auch auf die Erinnerung anderer Menschen zurück. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Meinungsfreiheit dient der Wahrheitssuche

Eines der stärksten Argumente für die Meinungsfreiheit lautet, dass sie den Menschen bei der Suche nach der Wahrheit hilft. Auf den vielen Wegen dieser Suche sollte es so wenig Hindernisse und so viele offene Plattformen der Kommunikation wie nur möglich geben. Timothy Garton Ash betont: „Alles, was uns dazu befähigt, Wissen zu schaffen, zu erwerben und weiterzugeben, hat ein besonderes Anrecht auf Schutz und Förderung.“ Die Naturwissenschaften, in deren Geschichte sich illegitime Beschränkungen zuhauf finden, bieten einen guten Ausgangspunkt. Man denke nur an den italienischen Gelehrten Galileo Galilei. Ihn zwang die römisch-katholische Kirche im Jahr 1633, seine Behauptung zu widerrufen, die Erde drehe sich um die Sonne. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Ohne Vielfalt gibt es keine Alternativen

Vielfalt ist eine Bereicherung von Freiheit. Wenn es keine Vielfalt gäbe, hätten die Menschen keine Alternativen, zwischen denen sie wählen könnten. Doch das Leben mit einer solchen Vielfalt der Unterschiede hat auch seine Schwierigkeiten. Denn viele wollen vielleicht gerne wieder mehr „unter ihresgleichen“ leben. Das Problem ist nichts Neues. Die Kombination von Massenmigration und Internet hat zu einer atemberaubenden Zunahme der sichtbaren Vielfalt, sowohl materiell auf den Straßen der Weltstädte als auch virtuell auf den Seiten des Internets, geführt. Timothy Garton Ash ergänzt: „Wie nicht anders zu erwarten, geht es in einigen der heftigsten Konflikte um die Meinungsfreiheit um die Frage, wie Menschen sich in Bezug auf solche Unterschiede ausdrücken.“ Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Für viele Menschen ist nur die eigene Religion die einzig wahre

Wenn man akzeptiert, dass eine Religion etwas Besonderes ist, das nicht unbedingt eines besonderen Schutzes bedarf, aber sowohl zur Freiheit als auch zur Rede in einer besonderen Beziehung steht, muss man entscheiden, was als eine Religion gilt. Timothy Garton Ash erläutert: „Für viele Menschen in der ganzen Menschheitsgeschichte und nicht wenige in unserer Zeit gab und gibt es nur eine wahre Religion: die eigene. Alles andere ist und wahr Ketzerei oder Aberglaube.“ Doch es gibt auch begrenzte gegenseitige Anerkennung, etwa zwischen Christentum, Judentum und Islam. Nach einem eher pragmatischen und säkularen Verständnis von Religion werden alle Gemeinschaften mit einer erheblichen Zahl von Anhängern, die sich als religiöse Gruppe oder in Bezug auf eine Religion definieren, als Religion anerkannt. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Der Westen muss seine eigenen Prinzipien formulieren

Die Praxis des westlichen Universalismus war den größten Teil seiner Geschichte alles andere als universell. Er schloss viele Menschen im eigenen Land und fast alle Menschen im Ausland aus. Die Frauen und die Mitglieder der „niedrigeren“ Gesellschaftsschichten wurden als Menschen zweiter Klasse behandelt. Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, hielt sogar Sklaven. Timothy Garton Ash ergänzt: „Ab etwa 1500 manifestierte sich der westliche Universalismus für den größten Teil der Welt als Kolonialismus.“ Für einige hat sich diese Geschichte des westlichen Universalismus, der sich als Imperialismus manifestiert, bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Der Staat muss die Meinungsfreiheit schützen

Der Staat muss das einsetzen, was der Soziologe Max Weber als „Monopol auf legitime physische Gewaltsamkeit“ bezeichnet, um diese Menschen zu beschützen und diejenigen zu verfolgen, die sie zu töten drohen. Timothy Garton Ash ergänzt: „Das ein Rund-um-die-Uhr-Schutz teuer ist, muss eine demokratische Regierung ihren Worten auch Taten, sprich Geld, folgen lassen, selbst wenn manche Steuer zahlenden Wähler das nicht gutheißen werden.“ Das setzt natürlich voraus, dass nicht der Staat selbst offen oder verdeckt die Quelle gewaltsamer Einschüchterung ist, sondern sie vielmehr entschlossen und mit allen Mitteln bekämpft. Doch selbst wenn ein Staat alles in seiner Macht unternimmt, um gefährdete Personen zu schützen, wird deren persönliche Erfahrung dennoch traumatisch sein. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Todesgefahr ist die extremste Bedrohung der Meinungsfreiheit

„Wenn du das sagst, bringen wir dich um.“ Dieser Satz verkörpert die extremste Bedrohung der Meinungsfreiheit. In Europa leben Tausende von Menschen versteckt oder fürchten um ihr Leben, weil sie von gewaltbereiten Islamisten, Mafiosi unterschiedlicher Couleur, mächtigen Interessengruppen, gewalttätigen Verwandten oder unterdrückerischen Regimen Todesdrohungen erhalten haben. Noch sehr viel höher sind diese Zahlen in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Timothy Garton Ash formuliert dagegen folgendes Prinzip: „Weder drohen wir mit Gewalt, noch akzeptieren wir gewaltsame Einschüchterung.“ Doch in der Politik kann eine solche Strategie der Beschwichtigung am Ende auch den gegenteiligen Effekt bewirken. In diesem Sinne kann, wer sich gewaltsamer Einschüchterung beugt, eben dadurch den Anreiz liefern, noch mehr mit Gewalt zu drohen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Postmoderne hält das Gerede von Identität für einen Wahn

Um kaum einen Begriff herrscht seit Jahrzehnten solch ein Gezerre wie um das Wort „Identität“. Die Linke trägt ihn stolz vor sich her, wenn sie „Identitätspolitik“ betreibt. Die Rechte, allen voran die „Identitäre Bewegung“, versucht, ihn neuerdings für ihre Zwecke zu kapern. Die Postmoderne hält jegliches Geschwätz von Identität für einen Wahn. Vielleicht kann die Wissenschaft hier für mehr Klarheit sorgen. Thea Dorn schreibt: „Die Freiheit der Forschung ist ein weiteres hohes Gut, auch in unserem Land. Ebenso wie die Freiheit des Glaubens.“ Aber sobald im politischen Diskurs wissenschaftliche Annahmen – keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse – und religiöse Überzeugungen als vermeintlichen Totschlagargumente aus der Tasche gezogen werden, sind sie tatsächlich nur noch eins: Totschläger. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Geistige Unabhängigkeit setzt ruhige Tapferkeit voraus

„Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter“, schrieb Kurt Tucholsky, „als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“ Zunächst einmal ist es intellektuell und psychologisch schwierig, sich außerhalb des tradierten Wissens seiner Zeit und eines Ortes zu stellen. Timothy Garton Ash fügt hinzu: „Die normative Kraft des Faktischen bringt uns dazu, dass wir die Bedingungen in unserem Umfeld, die alle anderen für normal zu halten scheinen, in mancher Hinsicht auch als ethische Norm betrachten.“ Zahlreiche Studien in Verhaltenspsychologie beweisen, dass eine individuelle Überzeugung, was wahr oder richtig ist, durch den massiven Druck der Mitmenschen erschüttert wird. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Ein zentrales Prinzip der Aufklärung ist die Vernunft

„Verlasse dich auf deine eigene Vernunft“: Dieses zentrale, aus der Aufklärung stammende Prinzip der Meinungsfreiheit gilt auch, wenn der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt werden müssen. Das Individuum ist souverän, und die individuelle Selbstbestimmung macht ein Land souveräner. Timothy Garton Ash fügt hinzu: „Natürlich kann es auch sinnvoll sein zu sagen, dass ein autoritärer Staat territoriale, politische und „informationelle“ Souveränität hat, doch in einem wirklich souveränen Staat stützt sich die Staatssouveränität auf die Souveränität jedes einzelnen Bürgers.“ Solche Staaten bezeichnet man als frei. Wer das Glück hat, in einem Staat zu leben, der dem Ideal nahe genug kommt, kann seine Ansichten über die angemessenen Normen, Grenzen und Bedingungen der Meinungsfreiheit durch eine Vielzahl unzensierter Medien und durch den politischen Prozess zum Ausdruck bringen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Überwachung ist das Geschäftsmodell des Internets

Im Internet ist es viel leichter als jemals zuvor, etwas bekannt zu geben, und viel schwerer als jemals zuvor, etwas für sich zu behalten. Daraus folgt, dass die größte Chance der Kosmopolis im öffentlichen Austausch von Wissen, Ansichten, Bildern und Tönen liegt und zugleich ihre größte Gefahr im Verlust der Privatsphäre besteht. Timothy Garton Ash schreibt: „Dies wäre selbst dann noch richtig, wenn das Internet nur von Engeln betrieben würde, denn die Überwachungsmöglichkeiten der heutigen Informations- und Kommunikationstechnologien übertreffen die wildesten Träume jedes Stasigenerals.“ Fast alle Menschen tragen Peilsender mit sich herum, die als Mobiltelefone bezeichnet werden. Und sie generieren eine Unmenge von Daten und sogenannten Metadaten. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Der Islam zeichnet sich durch vier besondere Merkmale aus

Zweifellos hat es in den letzten Jahrzehnten ein besonderes Problem mit dem Islam und der Redefreiheit gegeben. Timothy Garton Ash verweist auf zahlreiche Beispiele, in denen andere Glaubenssysteme und durch ihre religiöse Identität definierte Gruppen an gewaltsamer Unterdrückung der Meinungsfreiheit beteiligt waren: „Buddhisten in Birma, Hindus in Indien, christliche Milizen in der Zentralafrikanischen Republik, kommunistische Atheisten in Nordkorea.“ In mehreren dieser Fälle gehörten Muslime zu den Opfern. Das Problem mit dem Islam zeichnet sich jedoch durch vier besondere Merkmale aus: die Größe; die Wirkung auf liberaldemokratische Gesellschaften, die besonderen Wert auf freie Meinungsäußerung legen; die Verbindung mit dem Terrorismus. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Das Thema Pornografie ist stark ideologiegeprägt

Timothy Garton Ash stellt fest: „Pornografie ist seit einem halben Jahrhundert eines der umstrittensten und meistdebattierten Themen in der westlichen Literatur über die Redefreiheit.“ Was ist Pornografie? Ist sie Kunst? Ist sie „Masturbationsmaterial“, wie die feministische Schriftstellerin Catharine MacKinnon verkündete? Ist sie Meinungsäußerung? Ist sie Hassrede? Übernimmt man die Definition von Ogi Ogas: „Alles, was die sexuellen Regionen in unserem Gehirn stimuliert“, dann erstreckt sie sich wahrscheinlich über den Großteil eines täglichen Männerlebens und über eine ordentliche Portion Kunstgeschichte. Im Gegensatz dazu definieren Catharine MacKinnon und Andrea Dworkin den Begriff enger als „die grausame, sexuell explizite Unter-Ordnung von Frauen durch Bilder und/oder Worte. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Guter Journalismus versucht der Wahrheit auf die Spur zu kommen

Timothy Garton Ash ist seit 40 Jahren als Journalist und Wissenschaftler tätig. In dieser Zeit hat sich die Antwort auf die Frage „Was ist ein Journalist?“ dramatisch verändert, während die Antwort auf die Frage „Was ist guter Journalismus?“ völlig gleich geblieben ist. Es ist völlig gleichgültig, ob jemand als Journalist betrachtet wird oder nicht, er kann auf jeden Fall guten Journalismus machen. Im Oxford English Dictionary lautet die erste Definition von Journalist: „eine Person, die durch Redigieren oder Schreiben für eine oder mehrere Zeitschriften ihren Lebensunterhalt verdient.“ Das wirkt heute herrlich altmodisch. Denn sehr schlecht bezahlte freie Mitarbeiter und frisch entlassene Redakteure sind heute eher die Regel. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Machtfülle der Presse muss im Zaum gehalten werden

Durch die digitale Revolution haben heute Milliarden Menschen die Möglichkeit, Ansichten zu veröffentlichen und in diesem Sinne direkt zu allen Menschen zu sprechen, die mit dem World Wide Web verbunden sind. Timothy Garton Ash schränkt allerdings ein: „Stellt man jedoch die Frage, wessen Stimmen und Ansichten tatsächlich Gehör finden, erkennt man, wie weit wir immer noch vom Ideal einer voll repräsentierten Vielfalt entfernt sind.“ Der Fachausdruck für die Vielfalt in der Medienbrache lautet „Medienpluralismus“. Eine für die Europäische Union erstellte Studie postuliert fünf Dimensionen von Medienpluralismus: Besitz und Kontrolle; Medientypen und –genres; politische Standpunkte; kulturelle Ausdrucksformen; und lokale und regionale Interessen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Für die Meinungsfreiheit gibt es einige zentrale Begründungen

Dass die meisten Staaten auf der Welt internationale Abkommen ratifiziert haben, die unter anderem das Recht auf freie Meinungsäußerung festschreiben, und dass sie in ihren Verfassungen ein solches Recht garantieren, ist für Timothy Garton Ash keine Antwort auf die Frage, warum es überhaupt Meinungsfreiheit geben sollte. Man braucht Argumente, die solche Abkommen, Gesetze und politische Maßnahmen entweder rechtfertigen oder in Frage stellen. Timothy Garton Ash erklärt: „In der westlichen Denktradition gibt es für die Meinungsfreiheit vier zentrale Begründungen, jede in mannigfaltigen philosophischen, literarischen oder juristischen Ausführungen, aber mit bemerkenswert beständigen Grundgedanken. Ich verwende für sie die Abkürzung SWSV: Selbst, Wahrheit, Staatsführung, Vielfalt. Der britische Zeitgeschichtler Timothy Garton Ash lehrt in Oxford und an der kalifornischen Stanford University.

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Eine Demokratie kann ohne freie Presse nicht überleben

Der Begriff „Meinungsfreiheit“ ruft bei Timothy Garton Ash sofort zwei Assoziationen hervor: „Eine freie Presse in einem freien Land und Journalisten, die in unfreien Ländern mit staatlicher Zensur zu kämpfen haben.“ Vom 17. Jahrhundert bis in unser eigenes ist der Kampf für die Pressefreiheit eines der wichtigsten Elemente im Kampf um die freie Meinungsäußerung. In einem Brief aus dem Jahr 1787 schrieb Thomas Jefferson: „Wenn ich die Wahl hätte zwischen einer Regierung ohne Zeitungen und Zeitungen ohne Regierung, würde ich, ohne einen Moment zu zögern, letzteres vorziehen.“ Eine freie Presse ist ein bestimmendes Merkmal eines freien Landes, und Zensur ist ein bestimmendes Merkmal einer Diktatur. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Normen einer Gesellschaft muss man immer wieder infrage stellen

Die Normen einer Gesellschaft und einer Kultur ändern sich mit der Zeit. Man muss sie immer wieder infrage stellen. Timothy Garton Ash erklärt: „Darum geht es bei der Redefreiheit: dass man die normative Kraft des Faktischen nicht ohne weiteres akzeptiert.“ Wenn man Probleme, die real sind oder von vielen für real gehalten werden, in der Öffentlichkeit und vor allem in der Berichterstattung nicht anspricht, etwa im Zusammenhang mit Einwanderern, dann bricht plötzlich etwas hervor – explosionsartig, wie zum Beispiel in Form dieses wirklich schlechten und giftigen Buchs „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin. Es wäre viel besser gewesen, diese schwierigen Themen viel früher anzusprechen, aber eben auf der Basis von Tatsachen und mit der Haltung robuster Zivilcourage. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Das Kerngeschäft bei Google bildet das Suchen im Internet

Wissen ist ein öffentliches Gut, das häufig durch private Mächte bereitgestellt wird. Das ist, für sich genommen, nichts Neues. Neu dagegen ist die schiere Größe, die globale Reichweite und die kleine Zahl der dominanten privaten Mächte, die diese Funktion innehaben und dabei „öffentliche Räume in Privatbesitz“ erschaffen. Timothy Garton Ash stellt fest: „In vielen westlichen Sprachen rufen die meisten Leute auf der Suche nach Wissen über eine Google-Suche einen Wikipedia-Artikel auf.“ Über die Jahre hinweg ist Google zu einem derart großen profitorientierten Unternehmen mit so vielen Produkten und futuristischen Forschungsabteilungen herangewachsen, dass sich der Gesamtkonzern im Jahr 2015 einen neuen Namen verpasste – Alphabet. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Redefreiheit ist in der gegenwärtigen Welt wichtiger denn je

Schon im Jahr 2011 hat Timothy Garton Ash eine Debatte über die Redefreiheit angestoßen. Teilnehmer aus der ganzen Welt diskutieren seitdem Konflikte, die aus der Kollision unterschiedlicher Überzeugungen entstehen. In seinem Buch „Redefreiheit“ hat er Prinzipien entwickelt, die das Recht auf Redefreiheit genauso wie die Würde Andersdenkender sichern sollen. Das Internet macht es leicht, mit der ganzen Welt Ideen und Meinungen auszutauschen. Doch nicht überall auf der Welt darf alles gesagt und gezeigt werden – was in den meisten Staaten Europas als legitime Meinungsäußerung gilt, kann beispielsweise in Ländern wie Russland oder China als schwerer Verstoß gegen politische oder kulturelle Regeln gelten. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Meinungs- und Redefreiheit sind der „Lebenssaft“ der Demokratie

Auf der einen Seite gibt es für Timothy Garton Ash tatsächliche eine Explosion der Hassrede im weitesten Sinn; das meiste davon kann seiner Meinung nach getrost ignorieren. Auf der anderen Seite besteht die pathologische Bereitschaft, sich sofort verletzt zu fühlen, schon bei der allerkleinsten Kränkung. Timothy Garton Ash stellt fest: „Das ist eine Infantilisierung des öffentlichen Diskurses, die ich leider bei meinen Studenten in Oxford und Stanford beobachten kann. Die Universitäten sollten Tempel der Redefreiheit sein, in denen alles, auch die anstößigste Meinung, auf zivilisierte Weise diskutiert werden kann.“ Selbst anstößige Geschichten sind kein Grund, jemanden von der öffentlichen Debatte auszuschließen. Es gibt verschiedene Hypothesen, die sich allerdings teilweise widersprechen, woher die Überempfindlichkeit vieler Menschen in liberalen Gesellschaften kommt. Der britische Zeitgeschichtler Timothy Garton Ash lehrt in Oxford und an der kalifornischen Stanford University.

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Das Internet ist die größte Kloake der Weltgeschichte

Die Möglichkeiten, die eigene Meinung frei zu äußern, waren wohl noch nie so groß wie heute. Und nie gab es eine Zeit, in der sich die Übel der schranken- und hemmungslosen Rede so leicht über die Welt verbreiten konnten. Die Hälfte der Menschheit kann über Internet oder mit dem Smartphone miteinander kommunizieren. Fast jeder kann heute Verleger, Journalist oder Autor sein. Die Diskussion in Deutschland konzentriert sich für den Geschmack von Timothy Garton Ash zu sehr auf die Gefahren. Dennoch lässt sich die Zunahme der Verrohung der öffentlichen Rede nicht abstreiten. Auch Timothy Garton Ash übt harsche Kritik am Internet: „Das Internet ist die größte Kloake der Weltgeschichte. Ungeheuer viel Scheiße fließt um die Welt.“ Der britische Zeitgeschichtler Timothy Garton Ash lehrt in Oxford und an der kalifornischen Stanford University.

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Deutschland fehlen die europäischen Partner

Timothy Garton Ash lobt Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesregierung, dass Deutschland gleich in zwei Krisen Führungsverantwortung übernommen hat. Erstens in der Ukraine. Wenn es überhaupt eine westliche Politik gegenüber Russland gab, dann war es eine deutsch-polnisch-französische. Aber vor allem deutsch und damit natürlich Angela Merkel. Timothy Garton Ash fügt hinzu: „Zweitens und unbestritten in der Flüchtlingskrise. Für mich als Historiker ist es unheimlich ergreifend, dass für diese armen Menschen aus dem Nahen Osten Deutschland das gelobte Land ist.“ Aber was Deutschland und damit der Kanzlerin fehlt, sind die europäischen Partner, denn Deutschland kann die Krisen nicht alleine meistern. Das ist ein klassisches geschichtliches Problem. Timothy Garton Ash lehrt in Oxford europäische Geschichte und ist einer der angesehensten politischen Kommentatoren aus Großbritannien.

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Europa muss Nationalismus und Kleinstaaterei über Bord werfen

Thomas Seifert stellt in seinem neunen Buch „Die pazifische Epoche“ fest, dass Europa und die USA noch die global dominanten Wirtschaftsblöcke sind. Doch die Volkswirtschaften Asiens entwickeln sich in einem rasanten Tempo. Dort ist eine breite Mittelschicht herangewachsen, die so große wirtschaftliche Chancen hat, wie keine Generation zuvor. Zu den größten Metropolen der Welt zählen inzwischen Shanghai, Jakarta, Beijing, Seoul, Delhi und Mumbai. Das Wachstum dieser Megastädte ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Längst begnügen sich die aufstrebenden Nationen in Asien nicht mehr mit Auftragsproduktionen für westliche Firmen, sondern entwickeln eigenes Know-how, speziell in den Branchen Biotech, Software und Design. Thomas Seifert beschreibt in seinem Buch die atemberaubenden gesellschaftlichen Entwicklungen in Asien und wie die Weltmacht Europa, die das aktuell noch ist, diesem Wandel in Asien begegnen kann. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Timothy Garton Ash analysiert die prekäre Situation in Europa

Europa steckt in Nöten und Entscheidungszwangslagen. Auf die Frage, ob Europa zu groß geworden ist oder zu zerfallen droht, antwortet der Historiker Timothy Garton Ash wie folgt: „Europa ist nicht zu groß, sondern zu klein. Die Europäische Union ist nicht an die Grenzen Europas gelangt.“ Aber eine ganz andere Frage ist seiner Meinung nach, ob die Eurozone nicht zu früh zu groß geworden ist. Timothy Garton Ash kritisiert an der momentanen Situation in Europa die zu große Staatsverschuldung vieler Staaten, die fehlende Kontrolle der staatlichen Haushalte sowie die nicht vorhandene Konkurrenzfähigkeit der südlichen Länder wie Griechenland oder Portugal. Timothy Garton Ash ist Historiker in Oxford und der große Europäer unter den britischen Historikern. Zu seinen bekanntesten Büchern zählt „Im Namen Europas“, in dem er sich mit der Geschichte Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt.

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