Martha Nussbaum fordert Gerechtigkeit

Um die Frage, was für ein gutes Leben wichtig ist, geht es Martha Nussbaum und Amartya Sen, die den „capabilities“-Ansatz maßgeblich entwickelt haben. Katia Henriette Backhaus erklärt: „Nussbaum versteht ihre Variante als Teil des politischen Liberalismus. Es gibt jedoch grundlegende Unterschiede zur Debatte um „greening liberalism“. Soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und die Lebensqualität stehen im Kern von Martha Nussbaums Überlegungen, die sich darum drehen, was eine Person fähig ist, zu tun und zu sein. Davon ausgehend bildet sie ihre Gerechtigkeitstheorie. Eine Kombination interner Fähigkeiten und externer Möglichkeiten macht den umfassenden Charakter dieses Ansatzes aus. Dieser fordert von Gesellschaft und Staat, diese beiden Aspekte menschlicher „capabilities“ zu gewährleisten. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Humor ist ein Gegengift gegen Fanatismus

Die Hälfte der von der Menschheit erzählten Witze stützt sich auf nationale, ethische, religiöse, soziale oder sexuelle Beleidigungen. Timothy Garton Ash weiß: „Seit mindestens 2500 Jahren genießen Komödie und Satire eine besondere Freiheit, die Grenzen von Zivilität, Anstand und Schicklichkeit zu überschreiten. Und schon genauso lange versuchen die Mächtigen den satirischen Geist zu unterdrücken.“ Humor wirkt entspannend wie ein Sicherheitsventil. Er bietet die Möglichkeit, über Dinge zu sprechen, über die man sonst schweigt. Und er ist ein unschätzbar wertvolles Gegengift gegen jeden Fanatismus. Der israelische Schriftsteller Amos Oz stellte einmal fest: „Ich habe niemals in meinem Leben einen Fanatiker mit Humor gesehen.“ Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Der Zorn hat keine nützliche Funktion

Senecas Auffassung vom menschlichen Wohl empfindet Martha Nussbaum als zu simpel. Außerdem hat er ihrer Meinung nach eine verdrehte Vorstellung vom Nutzen des Zorns: „Es ist unplausibel zu bestreiten, dass dem Zorn überhaupt eine nützliche Funktion als Abschreckung oder Motivation zukommt.“ Zugleich erinnert Seneca mit Recht daran, dass Zorn in dieser Funktion heikel und unverlässlich sein kann und dass eine sorgsam beherrschte Aufführung sogar noch wirksamer, weil beherrschbar wäre. Selbst wenn man das Autofahren betrachtet, einen Bereich, in dem es so viel schlechtes Verhalten ohne Rechtsbestimmungen gibt, kann Zorn zwar manchmal abschreckend wirken, doch er kann auch provozieren oder zu einer gefährlichen Eskalation beitragen. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Zorn entsteht oft durch eine Statusverletzung

In der von der Psychologin Carol Travis vorgelegten umfangreichen empirischen Untersuchung des Zorns finden sich überall Belege für „Kränkungen“, „Geringschätzigkeit“, „herablassendes Verhalten“ und eine „Behandlung, als hätte man keine Bedeutung“. Die Menschen sind heutzutage wie auch in früheren Zeiten ungemein besorgt um ihr Ansehen. Und sie haben eine endlose Bereitschaft, sich von Handlungen, die sie dem Anschein nach darin bedrohen, in Zorn versetzen zu lassen. Diese Art der empfundenen Herabsetzung bezeichnet Martha Nussbaum als „Statusverletzung“. Allein die Idee der Statusverletzung schließt bereits die Vorstellung einer Unrechtmäßigkeit ein. Denn Statusminderung ist gemeinhin beabsichtigt, wie schon der griechische Philosoph Aristoteles wusste. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Hass ist umfassend und allgemein

Der Hass stellte eine negative Emotion dar, der sich auf das Ganze der Person konzentriert statt auf die einzelne Tat. Obgleich auch der Zorn auf eine Person gerichtet ist, liegt sein Focus auf der Tat, und wenn die Tat irgendwie aus der Welt geschafft wird, kann man erwarten, dass sich auch der Zorn verflüchtigt. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Der Hass hingegen ist umfassend und allgemein, und wenn dabei Handlungen eine Rolle spielen, dann einfach deshalb, weil alles an der Person in einem negativen Licht gesehen wird.“ Aristoteles zufolge gibt es nur eine einzige Sache, die gegen den Hass hilft und ihn wirklich zur Ruhe kommen lässt: nämlich dass die Person zu existieren aufhört. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum macht auf falsche soziale Werte aufmerksam

Menschen werden einem Rechtssystem nicht lange ihre Unterstützung oder gar Gefolgschaft gewähren, wenn sie die ihm zugrunde liegenden Werte strikt ablehnen. Jedes Programm, das sich den Menschen gegenüber nicht rechtfertigen lässt, besteht keinen normativen Grundtest. In seinem Werk „Politischer Liberalismus“ erklärt John Rawls, um Legitimität beanspruchen zu können, müsse man zeigen, dass die vorgeschlagenen Werte Gegenstand eines übergreifenden Konsenses unter den Bürgern als den Vertretern der vernünftigen religiösen und säkularen Hauptlehren werden können. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Rawls besteht allerdings nicht darauf, dass der übergreifende Konsens in der Gegenwart bereits verwirklicht sein muss. Seiner plausibleren Auffassung nach muss lediglich gezeigt werden, dass es einen überzeugenden Weg gibt, wie sich solch ein Konsens mit der Zeit und durch Argumentation erreichen lässt.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum beschreibt einige menschliche Schwächen

Die Verachtung gleicht dem Zorn darin, dass sie ein Zielobjekt und einen Fokus hat: Ihren Fokus bilden eine oder mehrere Eigenschaften einer Person und ihr Zielobjekt ist die aufgrund dieser Eigenschaften als niedrig oder gering geltendes Individuum. In beiden Fällen handelt es sich bei dem Zielobjekt um eine Person. Martha Nussbaum ergänzt: „Der Fokus des Zorns aber liegt auf einer Handlung, jener der Verachtung auf einer oder mehreren relativ beständigen Persönlichkeitseigenschaften.“ Die Verachtung nimmt ihren Anfang in der angeblichen Niedrigkeit einer Person, der gewisse gute Charaktereigenschaften abgesprochen werden, seien es moralische oder soziale.“ Die ablehnende Haltung resultiert also aus der wahrgenommenen Niedrigkeit. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Dankbarkeit ist eine rückwärtsgewandte Cousine des Zorns

Bei der Dankbarkeit handelt es sich in vielerlei Hinsicht um eine rückwärtsgewandte Cousine des Zorns. Dennoch argumentiert Martha Nussbaum, dass sie in vertrauten Beziehungen wertvoll sein kann, weil sie hilft, das gegenseitige Wohlwollen zu festigen, um das es den Partnern in solchen Beziehungen richtigerweise geht. Dennoch gilt: So wie ein Mensch aufgrund der mannigfachen Verletzungen und Demütigungen, die ihm in so vielen Zusammenhängen des täglichen Lebens widerfahren, nicht wütend werden sollte, so soll er auch keine Dankbarkeit empfinden, wenn andere Menschen dafür sorgen, dass diese Dinge gut verlaufen. Martha Nussbaum weiß: „Eine solche Emotion verrät eine zu starke Abhängigkeit von äußeren Gütern.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Zorn lässt Menschen kindisch wirken

Seneca hat eine Reihe unterschiedlicher Einwände gegen den Zorn. Oft, so behauptet er, gelte die Emotion ziemlichen Belanglosigkeiten. Weit davon entfernt, nützliches Verhalten zu fördern, stelle der Zorn eine sehr instabile und unverlässliche Grundlage der Motivation dar. Er sei beileibe nichts Erfreuliches, sondern vielmehr äußerst unerfreulich und eine Ursache für noch mehr Unerfreuliches. Martha Nussbaum zitiert Seneca weiter, der über den Zorn noch folgendes zu sagen hat: „Auch dient der Zorn nicht zuverlässig der Abschreckung, sondern lässt die Menschen kindisch wirken, und mit einer solchen Ausstrahlung verbindet sich nichts Abschreckendes.“ Keineswegs erhaben, sei der Zorn vielmehr Ausdruck von Engstirnigkeit und niederer Gesinnung. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Gedanke an Vergeltung ist nur ein kurzer Traum

Die Vorstellung, dass Vergeltung ein sinnvolles Unternehmen ist und eine Verletzung auszugleichen man, ist allgegenwärtig und wahrscheinlich evolutionär ererbt. Vergeltung hat häufig auch eine psychische Funktion. Martha Nussbaum erklärt: „Wenn Menschen kulturell bedingt der Vorstellung anhängen, dass Vergeltung gut ist, werden sie Befriedigung empfinden, sobald sie ihre Rache bekommen. Diese Befriedigung wird häufig als „Abschluss“ bezeichnet.“ Martha Nussbaum vertritt in dieser Frage allerdings etwas sehr Radikales. Ihrer Meinung nach ist der vom Zorn umfasste Gedanke an Vergeltung oder Heimzahlung bei einer vernünftigen und nicht übermäßig ängstlichen und statusfokussierten Person nur ein kurzer Traum, eine Wolke, die bald durch vernünftigere Vorstellungen vom Wohl des Einzelnen und der Gemeinschaft vertrieben wird. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Eltern wollen Erfolg und Glück für ihre Kinder

Wenn Eltern tiefe Liebe für ihre Kinder empfinden, wenn sie es gut mit ihnen meinen und keine verdrehten Vorstellungen von einer Eltern-Kind-Beziehung haben, gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie in Zorn geraten können. Martha Nussbaum erläutert: „Die eine Möglichkeit ergibt sich aus einer stellvertretenden Investition ins eigene Ego: Das betreffende Elternteil sieht in dem Kind eine Erweiterung seiner selbst bzw. jemanden, die oder der die eigene Existenz fortsetzt. Ihm geht es darum, die eigenen Träume zu erfüllen.“ Die andere Möglichkeit ergibt sich aus der Sorge um das jetzige beziehungsweise künftige Wohl des Kindes. Beide Möglichkeiten überschneiden sich, weil Eltern häufig ein zentrales Interesse daran haben, dass ihr Kind erfolgreich und glücklich ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum erklärt die Beziehung zwischen Eltern und Kindern

Das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern ist vielgestaltig und in ständiger Entwicklung. Solange sie noch klein sind, haben Kinder in der Vertrauensfrage keine Mitsprache; sie hängen voll und ganz von den Eltern ab und müssen ihnen zwangläufig ihr Wohl anvertrauen – ob die Eltern vertrauenswürdig sind oder nicht. Martha Nussbaum ergänzt: „Kinder scheinen dazu noch eine Art natürlicher Vertrauensseligkeit zu besitzen, die sie mit den Eltern unwillkürlich eine Beziehung aufbauen lässt, es sei denn, sie sind wirklich schwerer Misshandlung oder Vernachlässigung ausgesetzt.“ Diese Haltung entwickelt sich mit der Zeit weiter, ebenso wie die durch sie begründeten Erwartungen. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Zorn in der Ehe rührt oftmals von ungerechtfertigten Geschlechterrollen her

Zorn in vertrauten Beziehungen resultiert häufig aus einer der zahlreichen falschen Wertvorstellungen einer Gesellschaft in Bezug auf Fehlverhalten und die Schwere, mit der es ins Gewicht fällt. Beispielsweise das Streben nach Unabhängigkeit von Kindern und selbst ihre Suche nach bloßem Vergnügen häufig äußerste Missbilligung erfahren. Martha Nussbaum nennt ein weiteres Beispiel: „So verbindet sich auch der Zorn in der Ehe in vielen Fällen mit Annahmen und Erwartungen, die maßgeblich von ungerechtfertigten Geschlechterrollen herrühren; Männer haben namentlich das Streben der Frauen nach Unabhängigkeit und Gleichheit als besonders bedrohlich empfunden.“ Es ist oft schwierig zu trennen zwischen Fällen, in denen Zorn unangebracht ist, weil die betreffende Person gegen eine schlechte gesellschaftliche Norm verstoßen, aber nichts wirklich Falsches getan hat, und Fällen, in denen ein wirkliches Unrecht geschehen ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Vier Dinge zeichnen eine vertraute Beziehung aus

Was zeichnet vertraute Beziehungen im Besonderen aus? Laut Martha Nussbaum sind dies vier Dinge: „Erstens nehmen diese Beziehungen einen außergewöhnlich zentralen Platz in unseren Vorstellungen von einem gelingenden Leben ein, oder, um den Ausdruck vor Aristoteles zu verwenden, in unseren Vorstellungen von der eudaimonia.“ Die andere Person und die Beziehung selbst sind ein geschätzter Teil des eigenen guten Lebens – wobei die Beziehung wiederum weit in das Leben der durch sie Verbundenen hineinwirkt, sodass aus viele Unternehmungen gemeinsame Unternehmungen und aus Ziele geteilte Ziele werden. Eine Entzweiung bedeutet folglich in vielerlei Hinsicht einen Bruch in der eigenen Existenz. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Manchmal kann das Verlangen nach Rache gerechtfertigt sein

Zwar ermorden nur wenige betrogene Ehepartner wie Medea ihre Kinder, um den Betrüger zu verletzen, doch Schmerz zufügen wollen mit Sicherheit viele. Ihre entsprechenden Anstrengungen haben laut Martha Nussbaum nicht selten schwere Kollateralschäden zur Folge. Auch wenn die Selbstbeherrschung den betrogenen Teil davon abhält zu tun, was er in seiner Wut am liebsten tun würde, so gärt es doch weiter in ihm, und er setzt all seine Hoffnungen darauf, dass es dem betrügenden Teil und seiner neuen Familie irgendwie schlecht ergeht. Und wie oft geschieht es nicht, dass der böse Wille aufs Neue durchbricht – sei es in Gerichtsverfahren, in der subtilen Beeinflussung der Kinder oder einfach nur in der mangelnden Bereitschaft, Männer wieder Vertrauen entgegenzubringen. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Vor der Vergebung steht die Mäßigung des Zorns

Laut Charles Griswold ist Vergebung ein Prozess zwischen zwei Menschen, der eine Mäßigung des Zorns und das Aufgeben von Racheplänen umfasst. Aussicht auf Vergebung hat demnach nur, wer anerkennt, dass er der verantwortliche Täter war, sich von seinen Taten und von sich selbst als ihrem Urheber distanziert, dem oder der Verletzten gegenüber sein Bedauern ausdrückt, dass er ihr oder ihm diese Verletzung zugefügt hat und sich verpflichtet, jemand zu werden, der keine Verletzungen mehr zufügt, und diese Verpflichtung durch Taten und Worte unter Beweis stellt. Außerdem sollte er zeigen, dass er den durch die Verletzung zugefügten Schaden aus der Perspektive der verletzten Person versteht und glaubwürdig machen können, was ihn zudem Unrecht veranlasst hat, inwiefern sein Fehlerverhalten nicht alles über seine Person aussagt und was er unternimmt, um sich der Gewährung der Vergebung als würdig zu erweisen.

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Ein sanftmütiger Mensch lässt sich nicht vom Affekt fortreißen

Wenn sich ein Mensch aus seiner narzisstischen Selbstverstrickung löst, wird ihm auf zweierlei Weise geholfen. Erstens ist er nicht mehr der Verzerrung eines Denkens unterworfen, das alles auf die eigene Person bezieht, und zweitens ist er gezwungen, das Wohl eines jeden zu berücksichtigen, nicht nur das der Partei, der Unrecht geschehen ist. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Aristoteles macht einen ergänzenden Vorschlag: Ihm zufolge vermeidet wir unangebrachten Zorn aufgrund des Statusdenken, indem wir den Standpunkt der Person einnehmen, die uns verletzt hat. Aristoteles gibt der tugendhaften Veranlagung eine Bezeichnung, die auf denkbar wenig Zorn hindeutet: „Sanftmut“. Das Kennzeichen der Sanftmut sind triftige Gründe. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum beschreibt wichtige Facetten des Ekels

Martha Nussbaum schreibt: „Ekel ist eine starke Abneigung gegenüber Aspekten oder Teilen des Körpers, die als „animal reminders“ bezeichnet werden – das heißt Aspekten von oder Seiten an uns selbst, die uns daran erinnern, dass wir sterbliche und animalische Wesen sind.“ Seine primären Objekte sind Fäkalien und andere körperlichen Ausscheidungen, die Verwesung und Tiere oder Insekten, die schleimig, schmierig oder übelriechend sind bzw. anderweitig an die abgelehnten Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen erinnern. Der Kerngedanke des Ekels ist der an eine (potenzielle) Verunreinigung durch Kontakt oder Nahrungsaufnahme: Wer das Unedle, das Niedrige zu sich nimmt, zieht in das auf sein Niveau hinunter. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Dankbarkeit ist eine Verwandte des Zorns

Zorn geht mit der Überzeugung einher, dass das Zielobjekt mit seiner Tat einer Person oder Sache innerhalb des eigenen Sorgenkreises unrechtmäßig Schaden zugefügt hat. Martha Nussbaums Ansicht nach umfasst er ebenfalls den Wunsch, den Täter auf irgendeine Weise leiden zu sehen. Als ersten Verwandten des Zorns nennt Martha Nussbaum erstaunlicherweise die Dankbarkeit. Die beiden Emotionen werden in philosophischen Erörterungen – von den griechischen Epikureern und Stoikern bis zu Baruch de Spinoza und darüber hinaus – in der Regel eng zusammengehalten. Martha Nussbaum erläutert: „Die Dankbarkeit hat genau wie der Zorn sowohl ein Zielobjekt (eine Person) als auch einen Fokus (eine Tat).“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Durch harte Strafen wird kaum je ein Schaden repariert

Zorn wird in der philosophischen Tradition wie folgt aufgefasst: Es handelt sich dabei um eine nach Vergeltung strebende und mit Hoffnungen verbundene Bewegung nach außen, die auf das Leid des anderen aus ist, zum Zwecke und als Möglichkeit der Linderung des eigenen Schmerzes oder der Entschädigung dafür. Martha Nussbaum stellt in diesem Fall die Frage nach dem warum: „Warum würde eine intelligente Person die Ansicht vertreten, dass es ihren eigenen Schmerz lindert oder beendet, wenn dem Angreifer Schmerz zugefügt wird? Es scheint, als sei hier eine Art magisches Denken am Werk. In der Realität wird durch harte Strafen kaum je ein Schaden repariert.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum macht sich Gedanken über den Zorn

Wie alle wesentlichen Emotionen hat auch der Zorn einen geistigen beziehungsweise intentionalen Gehalt, der unter anderem Beurteilungen und Bewertungen verschiedener Art einschließt. Häufig umfasst dieser nicht nur wertgeladene Beurteilungen, sondern auch Ansichten und Überzeugungen. Darüber hinaus sind die im Zorn beteiligten Beurteilungen und Überzeugungen in einem von Martha Nussbaum verwendeten Wort „eudämonistisch“: „Der Einzelne gelangt von seinem Standpunkt aus zu ihnen; sie sind Ausdruck seiner Auffassung von den wichtigen Dingen im Leben, und nicht irgendwelcher losgelösten und unpersönlichen Wertvorstellungen.“ Selbst wenn sich ein Zorn um Grundsatzfragen dreht, wenn Fragen der Gerechtigkeit, vielleicht sogar der globalen Gerechtigkeit eine Rolle dabei spielen, liegt der Grund dafür darin, dass ein Mensch solche Sorgen und Belange in seine Vorstellung davon hat integrieren können, worauf es im Leben ankommt. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Zorn hat eine gute und eine schlechte Seite

Zorn hat einen zwiespältigen Ruf. Einerseits gilt er als wertvoller Teil des moralischen Lebens, als unerlässlich für die ethischen wie die politischen Beziehungen der Menschen. Der entschiedenen Auffassung mancher Philosophen ist der Zorn eng mit der Selbstachtung und dem Aufbegehren gegen Ungerechtigkeit verknüpft. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Andererseits durchzieht die Vorstellung vom Zorn als einer zentralen Bedrohung des vernünftigen Miteinanders die philosophische Tradition des Westens – unter anderem das politische Denken zu Zeiten des Aischylos, die Texte von Sokrates und Platon, der griechischen und römischen Stoiker, der im 18. Jahrhundert wirkenden Philosophen Joseph Butler und Adam Smith und diejenigen zahlreicher weiterer einschlägiger Denker.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Werte einer Beziehung sind durch den Zorn stark bedroht

Häufig heißt es, der Zorn – sei er bisweilen auch übermäßig und unangebracht – stellt in vertrauten und persönlichen Beziehungen einen wertvollen Ausdruck von Selbstachtung dar, der kultiviert werden soll, vor allem von Menschen mit leicht angreifbarem Selbstwertgefühl – Frauen werden oft als Beispiel angeführt. Martha Nussbaum wendet sich gegen diese Argumentation und behauptet, dass die für die persönliche Vertrautheit charakteristischen Werte auf den Zorn verzichten können und durch ihn sogar stark bedroht sind. Natürlich kommen Verletzungen und Vertrauensbrüche vor und sie sind oftmals Anlass für kurzeitigen Zorn oder langjährige Trauer. Dennoch ist die Trauer über einen Verlust besser als das sture Festhalten dran, den Verlust jemand anderem zuzuschieben. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum plädiert für eine Kultur der Gelassenheit

Martha Nussbaum kritisiert in ihrem neuen Buch „Zorn und Vergebung“ die Vergebung aus folgendem Grund: In zwischenmenschlichen Beziehung wird die Vergebung oftmals zu einem Mittel der Disziplinierung und Schuldzuweisung. Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass Vergebung nicht die richtige Antwort auf eine Kränkung ist. Ähnlich den griechischen Stoikern plädiert sie für eine Kultur der Gelassenheit. Martha Nussbaum fordert, dass der Mensch sich bewusst wird, wie belanglos die meisten Kränkungen sind, und so den Zorn erst gar nicht entstehen lässt. Eine große Gefahr sieht sie in dem zügellosen, unbändigen Zorn: „Von einem solchen Zorn ist man besessen, er ist zerstörerisch und nur dazu da, Leid und Verderben zu bringen.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Liebe kann die Quelle von Freude und Euphorie sein

Die Liebe ist für Julian Baggini in ihren unterschiedlichsten Formen von größter Bedeutung für die Menschen und macht das Leben erst lebenswert. Dennoch findet sich in den Werken der großen Philosophen nur wenig über die Liebe. Wichtige zeitgenössische Philosophen wie zum Beispiel Raimond Gaita und Martha Nussbaum philosophieren über die Liebe anhand der Literatur. Laut Julian Baggini gründet sogar der Wunsch, Gutes zu tun, nicht in der Vernunft, sondern in den verschiedenen Formen der Liebe. Er zählt dazu die Liebe zu einem Partner, die Liebe zur Familien oder die Liebe zu den Mitmenschen ganz allgemein.

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