Es gibt viele Spielarten des Rassismus

Der Begriff „Rassismus“ ist für viele in Deutschland ein rotes Tuch für den gerne extremistische Menschen verantwortlich gemacht werden. Man redet nicht gerne darüber, weil viele ihn mit den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus assoziieren. Hadija Haruna-Oelker weiß: „Doch finden sich rassistische Menschen, Strukturen und Sprache bis heute in unserer Mitte. Rassismus zeichnet sich durch seine Permanenz, Vielgestaltigkeit und Widersprüchlichkeit aus.“ Nach dem Soziologen Robert Miles machte man mit dem Rassismus-Begriff erstmals auf die rassistischen Vorgänge im 18. und 19. Jahrhundert aufmerksam. Das damalige Europa war das Zentrum in der Entstehung rassistischer Ideologie. Er etablierte sich als europäische Denktradition unter dem Schirm der Wissenschaft. Hadija Haruna-Oelker lebt als Autorin, Redakteurin und Moderatorin in Frankfurt am Main. Hauptsächlich arbeitet sie für den Hessischen Rundfunkt.

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Abhängigkeit beinhaltet Verletzlichkeit

Gleichheit ist ein Merkmal sozialer Beziehungen und ihre Artikulation basiert auf der zunehmend anerkannten Interdependenz. Die menschlichen Grenzen kann man als relationale und soziale Einschränkungen betrachten. Für Judith Butler ist „Verletzlichkeit“ kein subjektiver Zustand, sondern ein Merkmal des geteilten oder interdependenten Lebens. Menschen sind niemals einfach nur verletzbar. Sondern sie sind immer verletzbar durch eine bestimmte Situation, eine Person oder eine soziale Struktur. Menschen sind angreifbar durch jene Umwelt- und Gesellschaftsstrukturen, die ihr Leben erst ermöglichen. Und wo diese versagen, scheitern auch die Menschen. Judith Butler weiß: „Abhängigkeit impliziert Verletzbarkeit. Wenn die sozialen Strukturen, von denen man abhängt, versagen, gerät man in eine prekäre Lage.“ Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Der Staat übt rassistische Gewalt aus

Nach der Auffassung des Amerikanisten Chandan Reddy gründet der Staat in rassistischer Gewalt. Diese übt er nach wie vor systematisch gegen Minderheiten aus. In den Vereinigten Staaten und anderswo bezeichnet die Polizei People of Colour als „gewalttätig“. Selbst da, wo sie einfach weggehen oder weglaufen, sich beschweren wollen oder einfach nur tief schlafen. Judith Butler kritisiert: „Es ist schon sehr merkwürdig und empörend zu sehen, wie man Gewalt unter solchen Umständen rechtfertigt. Diejenigen, auf die sie abzielt, müssen als Bedrohung, selbst als Träger realer Gewalt dargestellt werden, damit tödliche Polizeieinsätze als Selbstverteidigung erscheinen können.“ Hat die fragliche Person überhaupt nichts sichtbar Gewalttätiges getan, galt sie einfach nur als gewalttätig. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Der Nationalismus ist eine Inszenierung der Macht

Die Gründe für den Aufstieg des Rechtspopulismus sind für Jan-Werner Müller keineswegs identisch. Radikale Rechtspopulisten haben allerdings ähnliche Strategien entwickelt. Und vielleicht könnte man sogar von einer gemeinsamen autoritär-populistischen Regierungskunst sprechen. Vereinfacht gesagt basiert diese auf Nationalismus, durch die Aneignung des Staates durch eine Partei und auf der Nutzung der Wirtschaft als Waffe zur Sicherung der politischen Macht. Das führt zu einer Mischung aus Kulturkampf, Patronage und dem, was Politikwissenschaftler Massenklientelismus nennen würden. Wobei der Nationalismus oft mehr eine Art Stimulierung von Souveränität ist. Er ist eine Inszenierung der Macht des „Volkswillens“ in Form von vermeintlich starken Gesten starker Männer. Tatsache ist, dass die heutigen Gefahren für die Demokratie mit vielen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts kaum noch etwas gemein haben. Jan-Werner Müller ist Roger Williams Straus Professor für Sozialwissenschaften an der Princeton University.

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Es gibt keine absoluten Wahrheiten

Die beste Wahrheitstheorie ist für Silvio Vietta die „Theorie der Richtigkeit“. Wahr ist eine Erkenntnis oder ein Satz, wenn er dem Sachverhalt, den er beschreibt, auch entspricht. Die heutige Wissenschaft weiß, dass es bei komplexen Sachverhalten keine absoluten Wahrheiten gibt. Wohl aber gibt es Annäherungen an wahrheitsgemäße Beschreibungen. Diese bewegen sich allerdings zumeist auf einem abstrakten Niveau der Formelsprache. Der österreich-britische Philosoph Karl Popper schlägt daher vor, wissenschaftliche Theorien nur nach dem „Falsifizierbarkeits“-Kriterium zu unterscheiden. Aber gerade bei einfachen Wahrnehmungen von Tatsachen ist das Prinzip der Richtigkeit der Aussage fundamental für eine zivile Gesellschaft. Das gilt für die Bereiche Rechtsprechung, Politik, und die Öffentlichkeitsarbeit der Medien. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Es gibt verschiedene Formen der Gewalt

Ein zentrales Problem für die Verteidiger Gewaltlosigkeit liegt darin, dass die Begriffe „Gewalt“ und „Gewaltlosigkeit“ umstritten sind. So sind beispielsweise verletzende Äußerungen für die einen Akte der Gewalt. Dagegen sind andere der Auffassung, dass Sprache nur im Fall expliziter Drohungen als „Gewalt“ im eigentlichen Sinn gelten kann. Judit Butler fügt hinzu: „Wieder andere möchten den Begriff der Gewalt restriktiver handhaben und den versetzten „Schlag“ als entscheidendes physisches Moment des Gewaltakts verstehen.“ Andere wiederum beharren darauf, dass wirtschaftliche und rechtliche Strukturen „gewaltsam“ sind und auf Körper einwirken. Selbst wenn diese Einwirkung nicht in jedem Fall die Form physischer Gewaltakte annimmt. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Judith Butler fordert radikale soziale Gleichheit

Wer sind wir und in welcher Welt wollen wir leben? Judith Butler gibt in ihrem neuen Buch „Die Macht der Gewaltlosigkeit“ folgende Antwort: „In einer Welt radikaler sozialer Gleichheit, die getragen ist von der Einsicht in die Abhängigkeiten und Verletzlichkeiten menschlicher Existenz.“ Diese Welt gilt es gemeinsam im politischen Feld zu erkämpfen – gewaltlos und mit aller Macht. In ihrer Einleitung weist Judith Butler darauf hin, dass Plädoyers für Gewaltlosigkeit im gesamten politischen Spektrum auf Kritik treffen. Ein zentrales Problem für die Verteidiger der Gewaltlosigkeit liegt ihrer Meinung darin, dass die Begriffe „Gewalt“ und „Gewaltlosigkeit“ umstritten sind. So sind zum Beispiel verletzende Äußerungen für die einen Akte der Gewalt. Während andere der Auffassung sind, dass Sprache nur im Fall expliziter Drohungen als „Gewalt“ im eigentlichen Sinne gelten kann. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Das Philosophie Magazin gibt 21 Impulse für 2021

Die aktuelle Sonderausgabe des Philosophie Magazins hat die 21 besten Essays zu aktuellen Fragen zusammengestellt. Verfasst haben sie internationale und deutschsprachige Denkerinnen und Denker, deren Reflexionen nicht nur inspirierend, sondern auch wegweisend sind. Gegliedert ist das Sonderheft in vier große Rubriken: Internationale Politik, Identität und Geschlecht, Technik und Gesellschaft sowie Rassismus. Zu den Herausforderungen unserer Zeit zählt momentan an erster Stelle die Coronaepidemie. Sie hat die gesamte Weltgemeinschaft vor eine gemeinsame Bedrohung gestellt. Für den Geschichtslehrer Paul Sebillotte existiert ein direkter Zusammenhang zwischen den Abholzungen der Regenwälder und der Hervorbringung von Epidemien. Die Zersiedlung verschlimmert die Abholzung noch und vervielfacht damit die Risiken einer Zoonose. Auch die industrielle Tierhaltung berücksichtigt nie die epidemiologischen Gefahren. Tritt dann doch eine Epidemie auf, werden die Kosten externalisiert: Die Staaten kommen für den Schaden auf, ohne die Kapitalisten zur Rechenschaft zu ziehen.

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Die Themen Heimat und Leitkultur darf man nicht den Rechten überlassen

Thea Dorn plädiert in ihrem neuen Buch „deutsch, nicht dumpf“ dafür, die Themen Heimat, Leitkultur und Nation nicht den Rechten zu überlassen. Und sie klärt ihre Leser darüber auf, ob sie ihr Land lieben und es sogar Heimat nennen dürfen. Die Autorin wendet sich den politischen Schicksalsfragen Deutschlands zu und will wissen, ob die Rede von Heimat und Verwurzelung oder gar Patriotismus ein rückwärtsgewandtes, engstirniges Denken befördert, das über kurz oder lang zu neuem Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus führen wird. Oder ist es nicht eher so, dass das Beharren auf den eigenen kulturellen, historisch gewachsenen Besonderheiten in Zeiten von Migration, Globalisierung und Technokratisierung nicht Grundbedingung dafür ist, jene weltoffene Liberalität und Zivilität zu wahren, zu der das heutige Deutschland inzwischen längst gefunden hat. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Das Vertrauen zwischen dem Staat und seinen Bürgern schwindet

In seinem neuen Buch „Schmutzige Demokratie“ vertritt Jürgen Roth die These, dass die liberale Demokratie überall auf der Welt angegriffen wird. Und er hegt Zweifel, ob ihre Werte, ihre Institutionen und ihre Funktionen diesen Angriffen standhalten. Auf der anderen Seite steht für den Autor fest, dass es einen brandgefährlichen Prozess der Entfremdung der Bürger von der parlamentarischen Demokratie gibt. Jürgen Roth stellt fest: „Es herrscht tiefes Misstrauen gegenüber den staatlichen Institutionen, weil Bürger erleben, wie sie getäuscht und belogen werden.“ Jürgen Roth, einer der bekanntesten investigativen Journalisten, legt eine umfassende und schonungslose Analyse der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage in Europa vor. Anhand konkreter Beispiele zeigt Jürgen Roth, wie ethische Werte dem Opportunismus geopfert werden und das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Staat und seinen Bürgern schwindet – mit fatalen Folgen für die demokratische Zivilgesellschaft.

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Der Begriff der Sünde ist aufgegeben worden

Heute hat das Wort „Sünde“ seine Macht und furchteinflößende Eindringlichkeit verloren. Es wird heute vor allem in Verbindung mit dick machenden Nachspeisen verwendet. David Brooks erläutert: „Die meisten Menschen sprechen in der alltäglichen Unterhaltung kaum über individuelle Sünden. Wenn sie überhaupt über das Böse sprechen, dann verorten sie dieses gewöhnlich in den Strukturen der Gesellschaft – in Ungleichheit, Unterdrückung, Rassismus und so weiter –, nicht im Einzelnen.“ Die Menschen haben den Begriff der Sünde aufgegeben, weil sie, erstens, die Auffassung, die menschliche Natur sei verdorben, hinter sich gelassen haben. Zweitens wurde das Wort „Sünde“ zu vielen Zeiten und an vielen Orten dazu verwendet, der Lust den Krieg zu erklären, selbst den gesunden Freuden der Sexualität und der Unterhaltung. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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In der direkten Demokratie ist das oberste Organ immer das Volk

Christoph P. Gloor, Präsident der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken, ist ein Anhänger der in der Schweiz vorgelebten direkten Demokratie: „Die direkte Demokratie sorgt dafür, dass die Politiker nicht abheben und nicht tun und lassen können, was sie wollen! Sie stellt auch das Verhältnis zwischen Bürgern und Regierung klar: Oberstes Organ ist immer das Volk. Die Regierung hat in dessen Interesse zu handeln.“ Es ist nicht vertretbar, dass der Steuerzahler klammen Banken aus der Bredouille hilft. Viel mehr sind laut Christoph P. Gloor diejenigen in die Pflicht zu nehmen, die für diese Misswirtschaft verantwortlich sind. Es ist nicht die Aufgabe des Staates Pleite-Banken zu retten, die nicht systemrelevant sind. Bei Privatbanken in der Schweiz tragen zum Beispiel die Bankiers die volle Konsequenz für ihr Handeln, gerade auch im Konkursfall.

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Das Verhältnis des Menschen zum Tier ist höchst differenziert

Konrad Paul Liessmann macht darauf aufmerksam, was das Tier für den Menschen schon alles gewesen ist: „Spiegelbild und Gegenbild, Figur der Sehnsucht und des Grauens, Ausdruck von Angst und Herrschsucht, Beute und Bestie, und immer wieder: Natur, Natur, Natur – in all ihrer Wildheit und Schönheit und im Wissen, dass diese Natur das Andere des Menschen und doch er selbst sein kann.“ Die Verbindung von Mensch und Tier hat eine lange, wechselvolle und ist zugleich eine Geschichte der Widersprüche. Dabei ist manchmal alles andere als klar gewesen, ob die Menschen Tiere sind oder Tieren auch Menschliches zugeschrieben werden könnte. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Eine Demokratie braucht Widerspruch und Kritik

Wer hinter jeder politischen Dummheit mysteriöse Machenschaften vermutet oder dem System an sich die Schuld gibt, hat von der Politik nichts verstanden. Aber ohne Widerspruch und Kritik, da ist sich Tony Judt ganz sicher, auch wenn dies im Extremfall sehr anstrengend sein kann, kann eine offene Gesellschaft nicht existieren. Er schreibt: „Wir brauchen Menschen, für die es eine Selbstverständlichkeit ist, dass man seine Meinung sagt. Eine Demokratie, in der alle immerzu einverstanden sind, wird auf Dauer keinen Bestand haben.“ Anpassung ist verführerisch, weil das Leben in einer Gesellschaft viel einfacher ist, wenn alle sich grundsätzlich einig sind und Widersprüche durch Kompromisse bereinigt werden. Doch die Anpassung hat einen hohen Preis. Tony Judt erklärt: „Ein geschlossener Kreis, in den nie eine Stimme von außen eindringt und nur in genau festgelegten Grenzen zugelassen ist, verliert die Fähigkeit, auf neue Herausforderungen energisch und phantasievoll zu reagieren.“

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Nadine Gordimer schreibt Gesellschaftsromane

Nadine Gordimer ist die renommierteste Schriftstellerin Südafrikas. 1991 erhielt sie den Literaturnobelpreis. Die Ehrung galt einem Werk, das damals schon aus einem Dutzend Romanen, über zweihundert Kurzgeschichten, vielen Essays und Vorträgen bestand. 1979 erschien der Roman „Burgers Tochter“, den das Nobelpreiskomitee als eines ihrer Meisterwerke würdigt. Er handelt vom Schüleraufstand in Soweto 1976, bei dem fünfhundert Kinder und Jugendliche durch Polizeigewalt ums Leben kamen. Die Hauptfigur dieses äußerst komplexen Werks ist Rosa Burger, eine junge Weiße burischer Abstammung, deren Eltern im Gefängnis starben, weil sie als Kommunisten für die Freiheit kämpften. Im Laufe der Geschichte verliert sich die Heldin im Chaos ihrer Suche nach der eigenen Identität, zwischen ihren weißen und schwarzen Freuden, zwischen den Flügelkämpfen des African National Kongress (ANC) und der ständigen Bedrohung durch die Sicherheitsbehörden.

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Die Karriererollen des Hollywood-Stars Salma Hayek

Salma Hayek besitzt zwar ein Haus in Los Angeles, ist aber dort kaum anzutreffen. Mindestens die Hälfte des Jahres lebt sie in Paris. Vier Monate verbringt sie mit ihrem Mann François-Henri Pinault, dem CEO der Luxus-Konzerns PPR, auf Geschäftsreisen. Ihre dreijährige Tochter nimmt sie immer mit, da für sie das jeweilige Zuhause dort ist, wo sich ihre Familie gerade aufhält. Ihre Dreharbeiten finden seit geraumer Zeit meist in der näheren Umgebung statt. Sie dreht inzwischen mehr Filme in Europa als in Hollywood. Gerade nimmt sie einen Film in Paris auf, im Herbst wird einer in Spanien folgen. Salma Hayek erklärt: „Es ist ein wenig romantisch, Independent-Filme zu machen, kleine Filme mit kleinen Trailern, wenig Geld und wenig Zeit – aber mit ziemlich großen Themen.“

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