Das erste Hauptfach der Lebensschule lehrt den Umgang mit der Welt, dem Schicksal, dem Geschick. Albert Kitzler erläutert: „Damit ist alles gemeint, was mehr oder weniger über uns hereinbricht. Und was wir entweder überhaupt nicht oder nur zum Teil beeinflussen können. Dazu zählen auch Bedingungen, in die wir hineingeworfen sind, ohne etwas dafür zu können.“ Albert Kitzler nennt als Beispiele die Gene, Eltern, Geschwister, Verwandte, Lehrer, sowie die Stadt und das Land, wo ein Mensch geboren wurde und wo er aufwächst. Ferner Schicksalsschläge wie der Tod nahe stehender Personen, schwere Erkrankungen oder Verletzungen, Trennung vom langjährigen Partner oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.
Sorgen
Ungewissheit zählt zur Grunderfahrung des Menschen
Sehr viele Menschen leben heute in Gesellschaften, in denen sich Veränderung mit einer so hohen Geschwindigkeit vollziehen, dass sie den Überblick zu verlieren drohen. Frühere Gesellschaften boten ihren Mitgliedern bei allen stürmischen Entwicklungen und Zumutungen immer noch einen relativ stabilen Orientierungs- und Entfaltungsrahmen, der für Überblick, Strukturierung, Klarheit, Abschätzbar- und Überschaubarkeit der individuellen Lebensführung einigermaßen Sorge trug. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Diese Lebensgewissheiten kann eine moderne Gesellschaft nicht mehr leisten. Ungewissheit und Unsicherheit sind zu Grunderfahrungen von uns allen geworden, ob wir dies nun gutheißen oder nicht.“ Der Historiker Heinrich August Winkler spricht von einem „Zeitalter der allgemeinen Verunsicherung“, der Philosoph Zygmunt Baumann von einer „fluiden“ Gesellschaft, in der alles im Fluss sei und keine Stabilitäten mehr Geltung hätten. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.
Viele Deutsche fühlen sich von Menschen aus fremden Kulturen bedroht
Da die Mittel im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen immer knapper werden, der Überlebenskampf in diesen riskanten Zeiten auch noch ihre letzten inneren und äußeren Ressourcenverbraucht, erfahren immer mehr Menschen die gesellschaftlichen Zustände als eine Bedrohung ihres Selbstwertgefühls. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Wenn persönliche und soziale Unsicherheiten infolge unberechenbarer Entwicklungen weiter zunehmen und gleichzeitig auf die politischen, sozialen und persönlichen Ressourcen kein Verlass mehr zu sein scheint, ist ein gesellschaftliches Radikalisierungsmoment erreicht, das eine Eigendynamik mit großer Sogwirkung entwickeln kann, sodass eine Radikalisierung von immer mehr Bevölkerungsgruppen in Deutschland kaum noch abzuwenden wäre.“ In den feindseligen Ablehnungen von Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden, wie sie spätestens seit Mitte 2015 ungehemmt auch öffentlich zur Schau gestellt wird, spiegeln sich tiefgreifende persönliche Erschütterungen in diesen Zeiten beschleunigter gesellschaftlicher Umbrüche wider. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.
Die Todesgefahr ist die extremste Bedrohung der Meinungsfreiheit
„Wenn du das sagst, bringen wir dich um.“ Dieser Satz verkörpert die extremste Bedrohung der Meinungsfreiheit. In Europa leben Tausende von Menschen versteckt oder fürchten um ihr Leben, weil sie von gewaltbereiten Islamisten, Mafiosi unterschiedlicher Couleur, mächtigen Interessengruppen, gewalttätigen Verwandten oder unterdrückerischen Regimen Todesdrohungen erhalten haben. Noch sehr viel höher sind diese Zahlen in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Timothy Garton Ash formuliert dagegen folgendes Prinzip: „Weder drohen wir mit Gewalt, noch akzeptieren wir gewaltsame Einschüchterung.“ Doch in der Politik kann eine solche Strategie der Beschwichtigung am Ende auch den gegenteiligen Effekt bewirken. In diesem Sinne kann, wer sich gewaltsamer Einschüchterung beugt, eben dadurch den Anreiz liefern, noch mehr mit Gewalt zu drohen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.
Eltern wollen Erfolg und Glück für ihre Kinder
Wenn Eltern tiefe Liebe für ihre Kinder empfinden, wenn sie es gut mit ihnen meinen und keine verdrehten Vorstellungen von einer Eltern-Kind-Beziehung haben, gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie in Zorn geraten können. Martha Nussbaum erläutert: „Die eine Möglichkeit ergibt sich aus einer stellvertretenden Investition ins eigene Ego: Das betreffende Elternteil sieht in dem Kind eine Erweiterung seiner selbst bzw. jemanden, die oder der die eigene Existenz fortsetzt. Ihm geht es darum, die eigenen Träume zu erfüllen.“ Die andere Möglichkeit ergibt sich aus der Sorge um das jetzige beziehungsweise künftige Wohl des Kindes. Beide Möglichkeiten überschneiden sich, weil Eltern häufig ein zentrales Interesse daran haben, dass ihr Kind erfolgreich und glücklich ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.
Das Selbst wächst in der Auseinandersetzung mit sich und der Welt
Es gibt Menschen, die nur wenig von dem, was sie eigentlich ausmacht, wissen. Dies erlebt man zunächst in der Form eines Mangels. Georg Milzner ergänzt: „Eines Mangels an innerer Vielfalt und eines Mangels an Authentizität. Diese gründet sich nämlich darauf, dass wir uns als Ganzheit wahrzunehmen vermögen.“ Wo immer die Identifikation mit nur einem Teilbereich an die Stelle der Ganzheit tritt – etwa dem beruflichen Erfolg, der Abstammung, den sexuellen Erfolgen, der künstlerischen Begabung, der Sportlichkeit o. Ä. – spricht man in der Psychologie von einer brüchigen Konstruktion. Und sobald ein Teilbereich, auf den sich dieses künstliche Selbst stützt, zusammenbricht, bricht gleich die ganze Person mit ein. Georg Milzner weiß: „Doch ein gelungenes Selbst umfasst mich mit allem, was ich bin.“ Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.
Das Leben ist ein lebenslanger Lernprozess
In seinem Buch „Leben lernen – ein Leben lang“ erläutert Albert Kitzler, um was es im Leben geht, nämlich es nachhaltig und sinnvoll so zu gestalten, dass man es jeden Tag neu lieben und genießen kann. Der Autor gibt zu, dass dies nicht einfach ist, da nur wenige Menschen diese Kunst beherrschen. Denn die Lebensfreude der meisten Menschen ist getrübt von Sorgen, inneren Konflikten, Ängsten, Unruhe, Rastlosigkeit, Enttäuschungen, Sinnzweifeln und unerfüllten Sehnsüchten. Gerade um solchen Belastungen abzubauen, ist eine Weiterbildung in philosophischer Lebensbewältigung äußerst hilfreich, denn sie sorgt für Freude und neue Energie. Denn Glück und Unglück liegen in der eigenen Seele – das war die einhellige Überzeugung der großen Denker in der Antike. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.
Shirley P. Glass rät zwanghafte Gedanken aufzuschreiben
Es ist wichtig zu begreifen, dass zwanghaftes Denken keine krankhafte Reaktion auf ein Trauma ist. Es ist eine normale Reaktion. Shirley P. Glass rät: „Schreiben Sie ihre Gedanken auf. Aufschreiben liefert Ihnen ein Ventil, das ihnen beim „Loslassen“ hilft, zumindest für eine Weile. Nachdem Sie Ihre Gedanken dem Papier anvertraut haben, müssen Sie nicht länger Ihr Gehirn damit verstopfen.“ Aufschreiben bietet einen sicheren Weg, Gedanken und Gefühle auszudrücken und zu erforschen, ohne sich darum kümmern zu müssen, wie sie sich auf andere Menschen auswirken. Man muss sich dabei selbst die Erlaubnis erteilen, die Gedanken unzensiert niederzuschreiben und der eigenen Besessenheit bis an den Rand der Erschöpfung nachzugeben. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.
Ein wohlwollendes Betrachten des eigenen Selbst führt zu Gelassenheit
Der römische Philosoph Seneca verfasste ein Traktat zur Gelassenheit, mit der er auf die überaus aktuell klingenden Sorgen seines Freundes Serenus antwortete – ein Zeitgenosse, der auf der Suche nach dem guten Leben aus seiner Rastlosigkeit keinen Weg zur inneren Ruhe erkennen konnte und dabei sehr an modere Suchende erinnert. Ina Schmidt erläutert: „Serenus beklagt eine innere Unruhe, die ihm zwar keine existenzielle Not verursache, aber doch eine nagende Unzufriedenheit und das Gefühl, das eigene Leben nicht richtig anzugehen.“ Nicht, dass er nicht schon verschiedenste Möglichkeiten ausprobiert habe – seine Versuche von der materiellen Askese über innere Einkehr bis zu sozialem Engagement hätten die innere Unruhe aber nur noch gesteigert. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.
Die Lust selbst ist weder gut noch böse
Für Friedrich Nietzsche (1844 – 1900) gehört die zelebrierte Grausamkeit „zur ältesten Festfreude der Menschheit“. Die Lust am Anblick Gequälter rechtfertigte man lange damit, dass die Götter an Opfern und Märtyrern Gefallen fänden. Ludger Pfeil fügt hinzu: „Auch bei harmloseren Bosheiten geht es dem Täter nicht vorrangig um das Leiden der anderen, sondern um den eigenen Genuss daran, der dann allerdings den mitfühlenden Blick auf den anderen verstellt.“ Friedrich Nietzsche schreibt: „Schon jede Neckerei zeigt, wie es Vergnügen macht, am anderen unsere Macht auszulassen.“ Die Lust selbst ist weder gut noch böse; eventuell damit verbundene Unlust eines anderen macht den Menschen laut Friedrich Nietzsche nur im Hinblick auf mögliche Strafe oder Rache Sorgen. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.
Schlaflosigkeit geht mit einem permanenten Alarmzustand einher
Es gibt viele Menschen, die ein Schlafproblem haben, einige von ihnen schlafen fast überhaupt nicht mehr. Georg Milzner kennt einige der Gründe für dieses Phänomen: „Oftmals erkennt man bei Menschen, deren Schlaf gestört ist, eine Problemebene, die immerfort verdrängt wird: dass die Beziehung eigentlich nicht mehr befriedigt, dass man immer anders leben wollte, als man es jetzt tut. In den Zeiten, in denen die bewusste Kontrolle nachlässt, kommen solche verdrängten Inhalte leichter nach oben. Und reißen uns nachts aus dem Schlaf, scheinbar grundlos. Schlafstörungen dieser Art wären ein vertrautes klinisches Gebiet. Manche Menschen schlafen aber erst gar nicht ein. Wo beim gesunden Menschen ein sanftes Hinübergleiten von einer in die andere Sphäre eintritt, entsteht bei Menschen, die nicht einschlafen können, ein Feuerwerk von Gedankenblitzen, aufwühlenden Bildern und sinnlos kreisenden Sorgenfantasien. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.
Einsamkeit verursacht die verschiedensten Krankheiten
Einsamkeit ist eine weltweite Epidemie. Laut einer vergleichenden Umfrage hat sich zumindest in den USA die Zahl der Menschen, die keinen Vertrauten haben, mit dem sie über wichtige Dinge reden können, in weniger als zwei Jahrzehnten, von 1985 bis 2004, fast verdreifacht. Der Hirnforscher und Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto stellt fest: „Einsamkeit kann genauso wie Rauchen, Fettleibigkeit, Bewegungsmangel oder Luftverschmutzung zu einem frühen Tod führen.“ Die Einsamkeit schädigt den Körper eines Menschen und verändert seine Wahrnehmung der Welt und wie er mit ihr interagiert. Sie verursacht Erschöpfung und Schlafstörungen und geht einher mit Stress, Angst und Depressionen. Sie wird mit erhöhtem Blutdruck und Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems in Verbindung gebracht. Sei begünstigt zelluläre Entzündungsreaktionen und schwächt die Immunabwehr. Sie kann sogar zu geistigem Verfall und schließlich Demenz führen.
Georg Pieper beschreibt die neurotische Gesellschaft
Eine wirklich angstvolle, neurotische Gesellschaft reagiert in akuten Situationen der Bedrohung eher panisch als besonnen. Als Psychologe weiß Georg Pieper, dass ein angstgeprägter Mensch sich schnell angegriffen fühlt und zurückschlägt. Aus psychologischer Sicht ist es seiner Meinung nach nicht auszuschließen, dass eine neurotische, von Angst gelenkte Gesellschaft mit einer entsprechenden politischen Führung aggressiv wird und schlechte Entscheidungen fällt. Die Gesellschaft in Deutschland driftet auseinander, diese beunruhigende und bedrückende Entwicklung verfolgt Georg Pieper schon länger. In den vergangenen Jahren wurde die Kluft zwischen Arm und Reich ständig größer und im sozialen Klima immer deutlicher spürbar. Nun treibt die Angst vor Terror und anderen Unsicherheiten weitere Risse durch die Gesellschaft und ist auf dem besten Wege, sie in unversöhnliche Fraktionen zu spalten. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.
In einer überforderten Gesellschaft leidet die Psyche der Menschen
Die deutsche Gesellschaft ist heute „gefühlt“ und tatsächlich mit enormen Belastungen konfrontiert. Die als bedrohlich empfundenen politischen Entwicklungen haben nicht nur Auswirkungen auf die Psyche der Deutschen, sondern auch auf ihr Leistungsvermögen. Eine Beobachtung erstaunt Georg Pieper bei seinen Einsätzen als Notfallpsychologen immer wieder: „In realen oder vermeintlichen Gefahrensituationen haben wir nicht unbedingt Angst um uns selbst, sondern oft viel mehr um unsere Liebesten und unsere Mitmenschen.“ Selbst Menschen, die sich in höchst gefährlichen Situationen befanden, fürchteten viel weniger um ihr eigenes Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit als um das Wohlergehen ihrer Angehörigen. Das ist, glaubt Georg Pieper, ein angeborener Mechanismus des Menschen. Das man Angst um seine Lieben hat, ist natürlich an sich nichts Schlechtes. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.
Die meisten Männer haben keinen besten Freund
Die entscheidenden Schwachstellen des sogenannten „neuen Manns“ sind der untrainierte Zustand zu seinen Gefühlen und die alten Männlichkeitsbilder, mit denen er diesen Gefühlen begegnet. Richard Schneebauer fügt hinzu: „Was ihnen jedoch – von Beginn ihres Lebens an – dabei am meisten fehlt, sind offene und wertschätzende Gespräche mit anderen Männern.“ Das Fehlen ist ihnen aber zumeist gar nicht bewusst, denn sie erleben es ja als normal, dass Männer nicht über ihre Gefühle sprechen. Dadurch erleben sie den Druck, ihre Sorgen, Nöte und Ängste, das Versagen bei all diesen Ansprüchen als individuelles Phänomen, als persönliches Scheitern. Die wichtigste und größte Quelle für offene, wertschätzende Gespräche wären natürlich Freude. Da zeigt die Männerforschung aber ein trauriges Bild: 80 bis 85 Prozent der haben demnach keinen besten Freund, definiert als einen Mann, dem sie erzählen wie es ihnen wirklich geht. Dr. Richard Schneebauer ist Soziologe und seit 17 Jahren in der Männerberatung tätig.
Das Glück folgt nicht den Prinzipien der ökonomischen Maximierung
Selbst Geld als möglicher Maßstab für die Bedingung eines glücklichen Lebens ist kein hinreichendes Kriterium. Zumindest nicht dann, wenn ein Grundmaß an finanzieller Sicherheit gewährleistet ist. Die amerikanischen Glücksforscher Ed Diener und sein Sohn Robert Biswas-Diener haben in einer Studie gezeigt, dass das Glücksniveau nicht mit dem eigenen Wohlstand steigt. Auch Untersuchungen des griechischen Volkswirts Stavros Drakopoulos bestätigen diese Erkenntnis, der in seinen Forschungen den Zusammenhang von Werten und Wirtschaftstheorie herausarbeitet. Ina Schmidt ergänzt: „Diese Forschungen zeigen, dass wir, um glücklich sein zu können, zwar keine finanzielle Not leiden oder ständig finanzielle Sorgen mit uns herumtragen dürfen, sich das Glück aber dennoch einfach nicht an die Prinzipien ökonomischer Maximierung halten will.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.
Skeptiker werden von ihren Mitmenschen oft negativ bewertet
Pyrrhon aus dem griechischen Elis (ca. 360 – 270 v. Chr.) und seine Nachfolger professionalisieren das Zweifeln zur grundsätzlichen Skepsis, bei der heute ein deutlich negativer Beiklang mitschwingt. Ludger Pfeil nennt den Grund: „Der Skeptiker steht in unserer Welt der Effizienzanbetung, in der dem schnellen Entscheiden und Handeln gehuldigt wird, im Generalverdacht, zu lange zu zögern und damit den ganzen Betrieb aufzuhalten.“ Nicht wirklich zu Recht, denn aus eigener Erfahrung kann man wie die alten Griechen wissen: Die Dinge sind in Wirklichkeit nicht unbedingt so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Vieles nickt man leichtfertig ab, weil es die anderen behaupten, weil die Gewohnheit dazu verleitet oder schlicht weil es so in den eigenen Kram passt. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.
Martha Nussbaum macht sich Gedanken über den Zorn
Wie alle wesentlichen Emotionen hat auch der Zorn einen geistigen beziehungsweise intentionalen Gehalt, der unter anderem Beurteilungen und Bewertungen verschiedener Art einschließt. Häufig umfasst dieser nicht nur wertgeladene Beurteilungen, sondern auch Ansichten und Überzeugungen. Darüber hinaus sind die im Zorn beteiligten Beurteilungen und Überzeugungen in einem von Martha Nussbaum verwendeten Wort „eudämonistisch“: „Der Einzelne gelangt von seinem Standpunkt aus zu ihnen; sie sind Ausdruck seiner Auffassung von den wichtigen Dingen im Leben, und nicht irgendwelcher losgelösten und unpersönlichen Wertvorstellungen.“ Selbst wenn sich ein Zorn um Grundsatzfragen dreht, wenn Fragen der Gerechtigkeit, vielleicht sogar der globalen Gerechtigkeit eine Rolle dabei spielen, liegt der Grund dafür darin, dass ein Mensch solche Sorgen und Belange in seine Vorstellung davon hat integrieren können, worauf es im Leben ankommt. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.
Viele junge Menschen ziehen sich in ihr Privatleben zurück
Die schwache Wahlbeteiligung der jungen Generation in Großbritannien, der unter anderem zum Austritt des Landes aus der Europäischen Union (EU) führte, ließ eine alte Debatte büer die sogenannte „Generation Y“ wieder aufleben: Die zwischen 1985 und 2000 geborenen seien angepasst, verwöhnt, spießig, mutlos und vor allem unpolitisch. Während ihre Groß- und Elterngeneration Ende der Sechzigerjahre regelmäßig auf die Straße ging und gegen bestehende Konventionen rebellierte, machen es sich junge Erwachsene heute lieber in ihrem privaten Schneckenhaus bequem. Der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier beschäftigt sich seit Jahren mit den Wünschen und Sorgen von Heranwachsenden. In den Umfragen von 2016 mit mehr als tausend österreichischen jungen Menschen stach eine Zahl hervor: 75 Prozent sehnen sich nach einem Halt im Leben – nach einem verlässlichen Lebensentwurf, einer planbaren Zukunft.
Reinhard K. Sprenger empfiehlt ein Leben im Hier und Jetzt
Ganz wichtig für ein gelingendes Leben ist die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit willentlich auf eine gegenwärtige Aufgabe, auf die jetzige Erfahrung zu richten und sich dabei nicht ablenken zu lassen. Die Reise des Lebens zu genießen, auch wenn man das Ziel nicht kennt – gar nicht kennen sollte. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Wer Glück und Zufriedenheit nur bei etwaiger Zielerreichung erlebt, wer zwanghaft ein Ziel verfolgt – der ist nicht mit aller Energie hier und jetzt bei der Sache, sondern immer mit einem Teil seiner Energie woanders, im Morgen.“ Ein solcher Mensch erfährt das Hier und Jetzt als „Noch nicht“-Zustand, mithin als mangelhaft – und genau das ist der Grund für halbherzige Aktionen, suboptimale Ergebnisse und letztlich – Verfehlung der Ziele. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.
Der Traum ist der „Königsweg“ zum Unbewussten
Träume spielen sich nach Sigmund Freuds Auffassung nicht im Unbewussten ab, sondern im Gegenteil im Bewusstsein. Ihre Verbindung zum Unbewussten ist seiner Meinung nach anderer Natur. Philipp Hübl erklärt: „Die Trauminhalte, die bizarren Bilder und Eindrücke in Träumen, haben Sigmund Freud zufolge ihren Ursprung im Unbewussten. Um dem näher zu kommen, muss man die Inhalte der Träume sorgfältig analysieren, denn darin zeigen sich die unbewussten Wünsche.“ Weil Wünsche sich im Schlaf besonders auffällig umformen, hielt Sigmund Freud den Traum für den „Königsweg“ zum Unbewussten. Im Traum brodeln die Energien des Es so stark, dass der Zensor überlastet ist. Am Tag kann er zwar fast alle geheimen Wünsche zurückhalten, doch jetzt drängen sie mit Macht ins Bewusstsein. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.
Der Staat ist im Kampf gegen die organisierte Kriminalität machtlos
Im vergangenen Jahrzehnt haben die Einbrüche in Deutschland um ein Drittel zugenommen. Etwa 80 Prozent der Deutschen bereitet die steigende Eigentumskriminalität Sorgen. Diese beunruhigenden Zahlen nennt Olaf Sundermeyer in seinem Buch „Bandenland“. Seit dem Wegfall der Grenzkontrollen das Schengener Abkommen treiben international organisierte Verbrecherbanden in Deutschland ihr Unwesen. Nur die Polizei muss die nationalen Grenzen akzeptieren. Noch dazu bröckelt das polizeiliche Gewaltmonopol in den No-Go-Areas in deutschen Großstädten. Auf der Grundlage jahrelanger Recherchen erklärt Olaf Sundermeyer, warum organisierte Kriminelle aus dem Ausland in Deutschland weitgehend straffrei agieren können und zeigt, wie sie das Sicherheitsgefühl der Deutschen untergraben, den sozialen Frieden und die Demokratie gefährden. Olaf Sundermeyer arbeitet beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) als Experte zum Thema innere Sicherheit in der Redaktion Investigatives und Hintergrund.
Die Deutschen sind von einer kollektiven Verunsicherung ergriffen
Menschen mit einer anhaltenden Angst, die nicht auf bestimmte Auslöser in der unmittelbaren Umgebung beschränkt und durch deine große Anzahl von Sorgen und Vorahnungen bestimmt ist, leiden an einer generalisierten Angststörung. Georg Pieper vertritt die Ansicht, dass die Deutschen von einer kollektiven Verunsicherung ergriffen sind, die sich über die vergangenen Jahre aufgebaut und im Jahr 2016 ein alarmierend hohes Niveau erreicht hat. Die Ursachen für dieses Unsicherheitsgefühl sind vielfältig. Georg Pieper erklärt: „Ein wichtiger Aspekt aus psychologischer Sicht ist das Gefühl, nicht mehr Herr über das eigene Schicksal zu sein und sich immer weniger als selbstwirksam zu erleben.“ Außerdem leben die Menschen heutzutage in einer globalisierten Welt, in der die wirtschaftlichen Zusammenhänge für viele undurchschaubar geworden sind. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.
In Deutschland herrscht ein Klima der Angst
Im Zuge von Terror und Gewalt werden zunehmend immer mehr Menschen von ihren Ängsten beherrscht. Der Traumapsychologe und Experte für Krisenintervention Dr. Georg Pieper zeigt in seinem Buch „Die neuen Ängste“, was sie auslöst, welche Wirkung sie haben und vor allem, welche Gegenstrategien man als Einzelner oder Gesellschaft gegen die neuen Ängste entwickeln kann. Besonders treffen die neuen Ängste vor dem Terror, den Folgen der gewaltigen Migrationsbewegungen und vor politischem Extremismus vor allem Menschen, die ohnehin schon ängstlich sind. Zusammen mit den Sorgen um die Zukunft, der Furcht vor dem sozialen Abstieg, entsteht eine gefährliche Mischung aus Bedrohung, Lähmung und Stress. Wir alle müssen zwar lernen, die Unsicherheit als unvermeidlichen Teil der Gegenwart zu akzeptieren, doch trotzdem kann man seine Ängste besiegen und dabei persönliche Stärke gewinnen.
Der Mensch sollte das Leben als gut auffassen
Beim französischen Philosophen Alain (eigentlich Émile-Auguste Chartier, 1868 – 1951) war ein Glücksfinder bodenständiger Prägung. Für ihn steht am Beginn einer positiven Welterfahrung zunächst einmal der Wille, sein Wollen selbst zu bestimmen und sich zu entschließen, das Leben als gut aufzufassen. Ludger Pfeil erklärt: „Solche Eigenmächtigkeit verlangt, dass man seinen Geist umfangreiche Freiheits- und Gestaltbarkeitsgrade zugesteht und ihm Einfluss auf unser körperliches Wohlbefinden einräumt.“ Dem, der diese Voraussetzung mitträgt, präsentiert Alain eine reichhaltige Palette praktisch orientierter Ratschläge: „ Mimikry der guten Laune“ bedeutet, einfach mal so zu tun, als ob man fröhlich wäre – diese Idee hatte Alain lange vor der Verbreitung des Lach-Yoga. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.