Belohnungen blockieren die Motivation

Alle Menschen handeln immer sinnvoll. Ihr Handeln ist in jedem Augenblick voller Sinn. Aus ihrer Sicht. Mag es aus der Sicht eines anderen noch so verrückt aussehen. Aus ihrer eigenen Perspektive ist es wichtig und richtig, so zu handeln. Die Strategie „Belohnen“ und „Bestrafen“ kümmert sich nicht um Gründe. An dem Warum ist sie nicht interessiert. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Sie will Anpassung.“ Oft wird deshalb nicht getan, was sinnvoll ist, sondern was belohnt wird. Belohnungen verführen Menschen dazu, auch etwas völlig Sinn- und Freudloses zu tun, wenn nur die Belohnung hoch genug ist. Die Belohnung bestimmt, was zu tun ist. Das erzeugt gegenüber der Sache selbst eine Haltung der Gleichgültigkeit und des Desinteresses. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Gutscheine regen zu Lustkäufen an

Die Psychologie des Schenkens ist vielseitig und spannend, weshalb sich die amerikanischen Sozialpsychologen auf ihrer Jahreskonferenz in Long Beach 2015 zum Thema als Schwerpunkt gewidmet haben. Einige Erkenntnisse sind ebenso überraschend wie alltagstauglich – und bieten praktische Hilfe für die Wahl der Gaben an Weihnachten oder für den Geburtstag. Werner Bartens nennt ein Beispiel: „Wer für besonders wählerische Menschen Geschenke aussuchen muss, ist zumeist wenig motiviert und schiebt die Entscheidung gerne hinaus. Vermutlich hat der Schenkende den Eindruck, es dem anderen sowieso nicht recht machen zu können.“ Als Geschenk bekommen wählerische Zeitgenossen daher oft Gutscheine – oder genau das, was sie sich gerade gewünscht haben, was den meisten Menschen übrigens die größte Freude bereitet, auch wenn es vielen Schenkenden als einfallslos und nicht gerade kreativ gilt. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Aggression ist eine Reaktion auf negative Erfahrungen

Wenn man das Verhalten eines Menschen verstehen will, dann sind besonders seine Motive interessant. Das gilt auch für das Thema Aggression. So ist denn das „Tatmotiv“ ein fester Begriff in jedem Krimi und ebenso bei der Klärung und juristischen Bewertung realer Verbrechen. Die Frage nach Motiven betrifft aber nicht nur schwerwiegende Taten, sondern das gesamte Spektrum der Aggression. Auf die Frage, warum sich Menschen aggressiv verhalten, gehen die Antworten überwiegend in eine Richtung. Hans-Peter Nolting erläutert: „Aggressives Verhalten ist eine Reaktion auf negative Erfahrungen. Genannt werden unter anderem: Überforderung, Einengung, Armut, vor allem aber negative Erlebnisse mit anderen Menschen, zu Beispiel egoistisches, abweisendes, verständnisloses Verhalten.“ Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Viele Eltern lieben ihre Kinder nicht bedingungslos

Die Kindererziehung zeichnet sich heutzutage durch zwei bestimmende Merkmale aus. David Brooks kennt sie: „Erstens, Kinder werden heute in einem beispiellosen Maß gelobt. Schon Dorothy Parker scherzte, amerikanische Kinder würden nicht großgezogen, sondern angespornt – sie erhielten Nahrung, Unterkunft und Beifall. Das gilt heute noch viel mehr. Kinder bekommen unentwegt zu hören, wie besonders sie sind.“ Junge Menschen sind von so viel Lob umgeben, dass sie sich extrem hohe Ziele setzen. Laut einer Erhebung von Ernst & Young wollen 65 Prozent der Studenten Millionäre werden. Das zweite definierende Merkmal ist, dass Kinder heute in einem beispiellosen Ausmaß erzieherisch gefördert werden. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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George Eliot beschreibt das Schicksal junger Frauen

Die englische Schriftstellerin George Eliot, die eigentlich 1819 unter dem Namen Mary Anne Evans geboren wurde, schrieb: „Ein Menschenleben, so meine ich, sollten in einem heimatlichen Flecken tief verwurzelt sein, wo es die Liebe zärtlicher Verbundenheit für das Gesicht der Erde erfährt, für die Arbeiten, die die Leute verrichten, für die Klänge und Akzente, für alles, was dieser frühen Heimat eine unverwechselbare Vertrautheit verleiht inmitten der Erfahrungen, die noch kommen werden.“ In dem berühmten Vorwort zu ihrem Roman „Middlemarch“ schreibt George Eliot von den Schwierigkeiten vieler junger Frauen, ihre Bestimmung im Leben zu finden. Sie spüren in ihrem Innern eine starke Sehnsucht, schrieb sie, eine geistige Inbrunst, ihre Energien auf ein gewichtiges, hohes und bedeutsames Ziel zu lenken. Sie werden von hehren moralischen Ambitionen angetrieben, dem dringenden Bedürfnis, ihr Leben in den Dienst einer heroischen gerechten Sache zu stellen.

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Gegenseitige Anziehung kann zu einer Affäre führen

Anziehung ist eine der zuverlässigsten Konstanten des menschlichen Lebens. In einem solchen Moment setzt die Möglichkeit von Intimität viele Menschen unter Hochspannung. Was ist es, das es einigen Menschen erlaubt, der Versuchung zu widerstehen, während andere ihr erliegen? Die Antwort liegt für Shirley P. Glass im komplexen Zusammenwirken von Gelegenheit, Anfälligkeit, Verpflichtung und Werten. Der Psychiater Frank Pittman sagt dazu: „Verliebt zu sein schützt Menschen nicht davor, Lust zu empfinden.“ Mit Sicherheit müssen die Umstände günstig sein. Man muss jemanden treffen, wenn man sowohl Gelegenheit als auch die Neigung hat, sich darauf einzulassen. Erwähnenswert hierbei ist allerdings, dass viele Menschen, die keine Zeit für ihre Ehe haben, es schaffen, Zeit für eine Affäre zu finden. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Die Sexualität hat sich in ein Konsumprodukt verwandelt

Dass Menschen in manchen Liebesportalen im Internet, ähnlich wie Automobile, nur noch nach ihren Eigenschaften und Aussehen beurteilt werden, dass es bessere und schlechtere gibt, begehrenswerte und unattraktive – dieses Denken ist so tief in die Köpfe vieler Menschen eingedrungen, dass es die meisten kaum noch infrage stellen. Ulrich Schnabel fügt hinzu: „Ebenso akzeptiert scheint die Ansicht, dass man die Attraktivität der eigenen Person erst durch entsprechendes Outfit und Styling herzustellen habe.“ Von diesem Denken leben große Teile der Wirtschaft: nicht nur die Illustrierten, die die unwiderstehlichsten Frisuren, die zehn besten Schminktipps und endlich – das perfekte Liebesglück versprechen, sondern auch die Hersteller von Kleindung, Schmuck oder Kosmetik, die Schönheitsindustrie, Mediziner, Berater und Therapeuten und nicht zuletzt alle Firmen, die Statussymbole wie Autos, Uhren oder Handys zur Profilierung anbieten. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Das Verbot eines Marktes ist ungeschicktes Marktdesing

Alvin E. Roth nennt eine Transaktion abstoßend, wenn einige Menschen diese tätigen wollen, während andere sie davon abhalten wollen. Die Arten abstoßender Transaktionen, die Alvin E. Roth am meisten interessieren, sind diejenigen, bei denen ist nicht leicht ist, genau zu bestimmen, warum einige Menschen an ihnen Anstoß nehmen. Ökonomen sagen, dass Transaktionen „negative Externalitäten“ haben, wenn sie Menschen schaden, die nicht an den Transaktionen beteiligt sind. Dabei ist zu beachten, dass „abstoßend“ nicht das Gleiche ist wie „ekelhaft“. Zudem kann etwas in einer Region als abstoßende empfunden werden, während es in einer anderen ganz in Ordnung ist, und es kann abstoßend für manche Menschen sein, für andere dagegen nicht. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Wettbewerbe produzieren Neid und Missgunst

Moderne Unternehmen sind um die Idee der Zusammenarbeit gebaut. Man kommt immer mehr zu der Erkenntnis, dass exzellente Leistungen das Ergebnis gut funktionierender Teams sind, in denen Fähigkeiten geteilt, Wissen ausgetauscht, Fertigkeiten zusammengefügt werden. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Man baut dabei auf Teams mit einem sozialen Klima, in dem die Teammitglieder sich wechselseitig stimulieren, helfen und ermutigen, ihr Bestes zu geben. Bei Stellenbesetzungen ist Teamfähigkeit daher eine der meistgesuchten Qualitäten.“ Dagegen basiert das deutsche Schulsystem zu weiten Teilen auf einem individualisierten Belohnen und Bestrafen. Belohnungen allerdings fördern alles Mögliche, aber nicht Zusammenarbeit und Gemeinsinn. Kinder werden nicht mit der Einstellung des Gegeneinanders geboren, und viele entwickeln diese Einstellung auch später nicht. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Gute Vorsätze sind eigentlich Selbstbetrug

„Gute Vorsätze“ heißt: „Ich will eigentlich etwas anderes.“ Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, verhält es sich ähnlich wie mit dem Konzept „Versuchen“. Vorsätze sind nichts anderes als ein Ersatz für das klare „Ich will es nicht!“ Es fehlt aber der Mut, diese eindeutige Aussage zu machen. Nicht einem selbst gegenüber und nicht anderen gegenüber. Deshalb erzählen viele Menschen davon, was sie sich vorgenommen haben. Reinhard K. Sprenger nennt das Selbstbetrug: „Und Sie können sicher sein: Die anderen interessieren sich für alles Mögliche, nur nicht für das, was Sie sich alles vorgenommen haben.“ Menschen sind Gleichgewichtswesen, denn sie können nicht lange in einer belastenden seelischen Situation leben. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Die Natur ist weder Feind noch Lehrmeister

Beim Thema „Natur“ prallen zwei Meinungen hart aufeinander. Für die einen gilt uneingeschränkt: „Macht euch die Erde untertan.“ Sie wollen den Pfad der Technik weiterbeschreiten und die Natur so vollständig wie möglich beherrschen. Bernward Gesang fügt hinzu: „Natur erleben sie vorrangig als eine Grenze. Eine Grenze unserer Freiheit und unseres Körpers, die uns Krankheiten und Tod bringt.“ Die Menschheit hat die Natur in der Geschichte der Zivilisation enorm verändert, und in der westlichen Welt, also da, wo der Mensch die Natur konsequent beherrscht, geht es fast jedem besser als je zuvor. Das ist das Fazit: Keiner muss mehr hungern, viele Seuchen sind verschwunden und die Lebenserwartung steigt stetig. Hat der Wohlstand die Menschen nicht glücklicher gemacht? Professor Dr. Bernward Gesang lehrt Philosophie mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsethik in Mannheim.

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Menschen fällen Urteile häufig mittels Heuristik

Die Deutung von Objekten und Ereignissen wird nicht nur von den Schemata beeinflusst, die in bestimmten Kontexten aktiviert werden, sondern auch durch das Framing, die Einbettung oder Formulierung, der Urteile. Eine Art von Framing ist beispielsweise die Reihenfolge, in der ein Mensch verschiedene Informationen erhält. Richard E. Nisbett fügt hinzu: „Beim Framing kann es auch auf die richtige Wahl zwischen gegensätzlichen Etiketten ankommen.“ Und diese Etiketten sind nicht nur wichtig, wie Menschen über Dinge denken und sich ihnen gegenüber verhalten, sondern auch für den Erfolg von Produkten auf dem Markt und den Ausgang öffentlicher politischer Debatten. Was für den einen zum Beispiel ein „nicht erfasster Arbeiter“ ist, ist für den anderen ein „illegaler Einwanderer“. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Die Wissenschaft will im Idealfall auf die Wahrheit stoßen

Die Wissenschaftler lernen genau wie andere Menschen aus ihren Fehlern. Die Wissenschaft macht dann Fortschritte, wenn die Forscher erkennen, dass eine bestimmte Denkweise in Bezug auf die Wirklichkeit falsch ist. Dies war, kurz gesagt, Karl Poppers (1902 – 1994) Ansicht, wie die größte Hoffnung der Menschheit, Wissen über die Welt zu erlangen, funktioniert. Bevor er seine Ideen entwickelte, glaubten die meisten Menschen, dass die Wissenschaftler zunächst eine Vermutung hätten, wie die Welt ist, und dann Beweise sammeln, um zu belegen, dass ihre Vermutung richtig ist. Nigel Warburton erklärt: „Laut Popper jedoch versuchen die Wissenschaftler vielmehr zu beweisen, dass ihre Theorien falsch sind.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Alles wirklich Wichtige kann der Mensch selbst bestimmen

Als Daniel Klein Jean-Paul Sartre und seinen existentialistischen Mitstreiter Albert Camus zum ersten Mal las, war er hingerissen. Das war eine Philosophie, in der es um das Leben ging, um Sinnfindung und das persönliche Verhalten. Es war die Art von Philosophie, nach der er von Anfang an gesucht hatte. Jean-Paul Sartre sagt, dass menschliche Wesen im Unterschied zu den Gegenständen in der Welt nicht durch ihre Eigenschaften definiert werden können. Denn Menschen können über ihr ganzes Leben hinweg ihre grundlegenden Eigenschaften und Zwecke selbst erschaffen und verändern. Es ist also sinnlos zu sagen, ein Mensch hätte eine unveränderliche, ihn festlegende Essenz. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Soziale Verbundenheit senkt das Sterblichkeitsrisiko

Der menschliche Körper ist keine dumpfe Biomaschine, die stets im selben Rhythmus stampft, sondern ein sensibles System, das auf alle psychischen und geistigen Einflüsse empfindlich reagiert. Das hat William Harvey, der Entdecker des Blutkreislaufs, schon 1628 erkannt: „Jede Gemütserregung, die entweder von Schmerz oder Lust, Hoffnung oder Furcht begleitet wird, ist die Ursache einer Erregung, deren Einfluss sich bis auf das Herz erstreckt.“ Die enge Verbindung von Geist, Gefühl und Körper zeigt sich nicht nur bei schmerzhaften Trennungen, sondern genauso im umgekehrten Fall. Ulrich Schnabel nennt ein Beispiel: „Kaum etwas ist der Gesundheit zuträglicher als das freundvolle Zusammensein mit anderen Menschen. Wer etwa frisch verliebt ist, fühlt sich in der Regel nicht nur emotional, sondern auch körperlich grandios.“ Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Markus Gabriel stellt sich dem Problem mit dem Ich

Was ist das Problem mit dem Ich? Markus Gabriel weiß, worum es sich dabei handelt: um das Subjekt des Wissens. Ein Ich zu sein heißt, etwas zu wissen und es mitteilen zu können. Es bedeutet aber keineswegs, mit sich selbst allein zu sein und wiederum wie ein Homunculus im Gehirn zu hausen. Damit ist für Markus Gabriel schon einmal klar: „Ich ist nicht Gehirn.“ Johann Gottlieb Fichtes Ich-Philosophie bricht dadurch in sich zusammen, dass man die Frage stellen kann, wie eigentlich das Ich mit der Natur zusammenhängt. Zu Johann Gottlieb Fichtes Lebzeiten hat als Erster der Meisterdenker der Romantik, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, den alles entscheidenden Einwand formuliert. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Auktionen sind Matching-Märkte

Auf Stellenmärkten wie der der Paarvermittlung können Menschen ihr Interesse auf vielfältige Art und Weise signalisieren. Das Internet hat einige neue Möglichkeiten eröffnet, aber Menschen haben auch Zehntausende von Jahren damit verbracht, Mittel und Wege zu ersinnen, um leicht zu verstehende Signale des Interesses zu senden. Alvin E. Roth ergänzt: „Interessanterweise sind viele Signale, die sich am leichtesten interpretieren lassen, zugleich diejenigen, deren Sendung, in einem gewissen Sinne, auf aufwendigsten, am kostspieligsten sind.“ Auf Arbeitsmärkten kann ein Motivationsschreiben im Rahmen einer Stellenbewerbung ein starkes Signal des Interesses vermitteln. Es zeigt, dass der Bewerber sich die Zeit genommen hat, sich genauer über die Stelle zu informieren, für die er sich bewirbt. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Stress testet die eigenen psychischen Grenzen

Der Begriff Stress stammt ursprünglich aus der Physik und beschreibt die Belastungsgrenze von Materialien. Auch in der Psychologie ist die Bedeutung der Belastung zentral. Stress testet die eigenen psychischen Grenzen. Guy Bodenmann erklärt: „Während man in Zeiten normaler Belastung in der Regel eine größere Leistungsfähigkeit aufweist, ist diese in Zeiten von chronischem Stress niedriger, weil der Stress selbst Ressourcen beansprucht und entsprechend wenige Energie zur Verfügung steht. Stress führt beim Menschen wie bei Materialen zum Einbruch.“ Stress kann in verschiedenen Bereichen erlebt werden. In je mehr Bereichen man sich belastet fühlt, desto stärker wird im Allgemeinen das Stresserleben. Es kann aber auch sein, das man nur in einem Bereich Stress erfährt, doch diesen sehr intensiv empfindet, weil er eine große Relevanz aufweist. Guy Bodenmann ist Professor für Klinische Psychologie an der Universität Zürich.

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Die Epoche der Gegenwart heißt Anthropozän

Die Geschichte der Entwürfe eines Neuen Menschen ist eine Geschichte der Selbstermächtigungen. In ihrem Kern geht es um das Projekt einer Überschreitung von menschlichen Grenzen: seien es die seiner Bewegung im Raum, die Limitiertheit seiner Lebenszeit oder die Einschränkungen seiner Wahrnehmungs- und Denkfähigkeiten. Eva Horn erklärt: „Die Imperative dieses Steigerungsprogramms reichen vom Gebot eines „Ausgangs des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ über die Anthropotechniken der Fremd- und Selbstdisziplinierung und die biopolitischen Träume einer forcierten Evolution bis zu den Versprechen einer technischen Auf- und Umrüstung des menschlichen Körpers und Geistes.“ Was sie hinter sich lassen, ist eine doppelte Natur: einerseits eine Natur des Menschen, die zur anthropologischen Grundausstattung erklärt wird, welche es zu überwinden oder zu erweitern gilt. Eva Horn ist Professorin für Neuere Deutsche Literatur und Kulturtheorie an der Universität Wien.

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Die Philosophen sind von der Sprache verhext

Die meisten Menschen, die den Philosophen Ludwig Wittgenstein begegneten, hielten ihn für ein Genie. Sein Kollege Bertrand Russell beschrieb ihn als „leidenschaftlich, tiefsinnig und sehr bestimmend“. Er prägte seinen Studenten ein, keine Zeit mit dem Lesen von Philosophiebüchern zu vergeuden. Nigel Warburton ergänzt: „Wenn sie, die Studenten, diese Bücher ernst nähmen, sollten sie sie durch den Raum werfen und selbst über die Fragen weiter nachdenken, um die es in diesen Büchern geht.“ Sein erstes Buch „Tractatus logico-philosophicus“ (1921) bestand aus einzelnen nummerierten kleinen Abschnitten, von denen viele eher wie Gedichte klangen und weniger als philosophische Erörterungen. Seine zentrale Botschaft lautete, dass die wichtigsten Fragen über Ethik und Religion außerhalb der Grenzen des menschlichen Verständnisses lägen, und dass man, wenn man nicht sinnvoll darüber reden kann, lieber schweigen sollte. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Eine Tragödie soll Furcht und Mitleid erregen

In den Dramen der französischen und englischen Schriftsteller fand Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781) die Aufhebung der alten feudalen Ständeklausel, die das erwachende bürgerliche Selbstgefühl beleidigte, bereits in die Praxis umgesetzt: Der Bürger war dort tragödienfähig geworden. Gotthold Ephraim Lessing überwand die feudale Ständeklausel dadurch, dass er den Menschen abgelöst von seiner ständischen Gebundenheit zum Handelnden machen wollte: „Die Namen von Fürsten und Helden können einem Stück Pomp und Majestät geben; zur Rührung tragen sie nichts bei. Das Unglück derjenigen, deren Umstände den unsrigen am nächsten kommen, muss natürlicherweise am tiefsten in unsere Seele dringen; und wenn wir mit Königen Mitleid haben, so haben wir es mit ihnen als mit Menschen und nicht als mit Königen.“ Diese Berufung Gotthold Ephraim Lessings auf das Menschliche hing eng zusammen mit seinem Bemühen um eine neue, differenzierte Funktionsbestimmung der Literatur.

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Toleranz muss zur Anerkennung führen

Zu den massivsten und erfolgreichsten Kampagnen der Aufklärung zielt auf Religionsfreiheit und Toleranz. Religiöse Toleranz ist als Postulat und als Praxis nicht auf die Frühe Neuzeit und die Moderne und nicht auf Europa und Nordamerika beschränkt, wie eine eurozentrierte Aufklärungshistorie oft unterstellt. Gleichwohl findet sich hier ihre ausdifferenzierteste Form. Die Toleranzdebatte zielt auf religiöse Freiheit sowie auf individuelle Freiheits- und Menschenrechte, ganz im Sinne des französischen Philosophen und Theologen Sebastians Castellios (1515 – 1563), der gegen die Intoleranz geltend gemacht hatte: „Einen Menschen töten heißt nicht, eine Lehre verteidigen, sondern einen Menschen töten.“ Sie verschränkt naturrechtliche, vertragstheoretisch akzentuierte, oft skeptisch getönte, und pragmatische oft ökonomische Überlegungen und richtet sich gegen die Vertreter religiöser Orthodoxie, die eine auf Einheit gerichtete Autorität im kirchlichen und staatlichen Bereich durchsetzen wollen.

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Das Leben wird stark vom Denken geprägt

Die meisten Menschen leben, was sie denken. Hinter den Phänomenen der Oberflächen ihres Einschätzens, Verhaltens und Entscheidens im Alltag erheben sich philosophische Denkgebäude, in denen sich dieses Geschehen abspielt. Ludger Pfeil erklärt: „Sie sind errichtet als Annahmen über die erfahrbare Welt und was über sie hinausgehen könnte, über richtiges Denken und Kommunizieren, über unser Zusammenleben in Beziehungen und in der Gesellschaft und bilden damit unausgesprochene philosophische Theorien, die maßgeblich prägen, was wir wahrnehmen und wie wir unsere Beobachtungen und Erfahrungen einordnen und miteinander verknüpfen.“ Was und wie ein Mensch denkt, beeinflusst, wie er die Welt betrachtet, wie er mit sich selbst, anderen Menschen und Dingen umgeht, was er für wichtig und unwichtig hält und wie er Entscheidungen trifft. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Immer mehr Bürger radikalisieren sich in ihrer Lebensführung

Der Sozialpsychologe Ernst-Dieter Lantermann benennt in seinem neuen Buch „Die radikalisierte Gesellschaft“ Ursachen und Handlungsmotive der Selbstverschließung vieler Menschen gegenüber allem Neuen und weist auf jene inneren Ressourcen hin, die einem Menschen hilft, nicht den Versuchungen radikaler und fanatischer Haltungen zu erliegen. Das Verschwinden von Gewissheiten ist ein Kennzeichen der Gegenwart. Viele Menschen fühlen sich von dem rasanten Tempo der gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen überfordert. Ihr Selbstwertgefühl leidet unter der Prekarisierung ihrer Lebensverhältnisse, für die sie ja selbst, so suggeriert der Zeitgeist, verantwortlich sind. Die Antwort vieler Bürger auf die wachsende Unsicherheit ist eine Radikalisierung ihrer Lebensführung. Ernst-Dieter Lantermann nennt Beispiele: Den Fremdenfeind, der alle Probleme dieser Welt aus der massenhaften Ankunft von Flüchtlingen herleitet. Den Fitnesstreibenden, der sich distanzlos allen digitalen Neuerungen der Selbstkontrolle unterwirft. Den Sicherheitsfanatiker oder den fanatischen Nostalgiker. Sie eint aus psychologischer Sicht mehr, als ihnen bewusst ist.

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Der Mensch wird am Du zum Ich

Die Liebe macht einen Menschen reifer. Diese Ansicht wird von der Forschung eindrücklich belebt, aber auch die allgemeine Lebenserfahrung legt das nahe. Wer sich auf eine längere Beziehung einlässt, der verändert sich in der Folge tiefgreifend. Christian Thiel betont: „Wer eine Beziehung eingeht, der wird weltoffener, gewissenhafter und selbstbewusster. Schüchternheit und neurotische Verhaltensweisen nehmen ab.“ Diese positiven Veränderungen der Persönlichkeit halten an, auch nachdem eine Partnerschaft zu Ende ist. Die Liebe kann also vergehen, die durch eine Partnerschaft erreichte persönliche Reife aber bleibt erhalten. Auch einzelne Verhaltensweisen und Charakterzüge verändern sich im Laufe einer Beziehung. Diese Veränderung hat in aller Regel eine für die Partner erfreuliche Richtung: Sie werden einander ähnlicher. Christian Thiel arbeitet seit vielen Jahren als Single- und Paarberater.

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